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Ausgabe:

1898 Nr. 22

Spalte:

587-588

Autor/Hrsg.:

Sell, Karl

Titel/Untertitel:

Die Entwicklung der katholischen Kirche im neunzehnten Jahrhundert 1898

Rezensent:

Hegler, A.

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Seite 1

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587

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 22.

588

Schwefternfchaft entworfen hat, ehe fie durch Goffner in
den Befitz der katholifchen Regel kam. — S. 249 Z. 18 1.
Facultät ft. Univerfität. S. 319 ift der Studirende Knapp
ein Verfehen. Er war Profeffor feit 1782. S. 343 u. 345
dürften die Inftitutionen Calvin's (in Krummacher's Ueber-
fetzung) nach Ritfehl, Piet. 1, 590 Anm. berichtigt werden.

Rumpenheim. S. Eck.

Seil, Prof. Dr. Karl, Die Entwickelung der katholischen
Kirche im neunzehnten Jahrhundert. Vorträge. Leipzig,
J. C. B. Mohr, 1898. (112 S. gr. 8.) M. 1.50

Aus Vorträgen auf dem Bonner theologifchen Ferienkurs
im Herbft 1897 find diefe Schilderungen hervorgegangen
, deren leitender Gedanke ift, zu zeigen, wie die
Entwicklung der katholifchen Kirche in unferem Jahrhundert
zur Ausbildung der Papftgewalt als der die
Kirche völlig beherrfchenden und die Politik der Staaten
ftark beeinflufsenden Macht geführt hat. In fünf Ab-

fchnitten wird diefe ,Entwicklung von weltgefchichtlicher [ Culturbewegung hervorgehoben werden. Vielleicht kom-

lich und überdiefs wohl nur mit Einfchiänkungen richtig;
S. 38 f. ift die Verbindungslinie verwifcht, die von der
Romantik in Deutfchland — bei Görres u. A. — unmittelbar
zum Ultramontanismus führt. S. 48 ift der Ueber-
gang auf Lamennais' ,neues Programm' hart; S. 69 o.
doch wohl: das Bild des Papftthums gegenüber dem
romantifchen und liberalen Katholicismus. S. 76 Mitte
könnte über das Schickfal des öfterreichifchen Concordats
mit wenigen Worten noch etwas mehr mitgetheilt fein.
S. 82 fehlt die Erklärung für ,Nichtinterventionsprincip'.
S. 89, 3. Abfchn. ift nicht deutlich. In der Angabe der
Hindrances Manning's dürften Punkt 2, 5, 6 verständlicher
bezeichnet fein). In den grundlegenden Begriffen
hat der Begriff ,Katholicismus' als Gegenfatz zu ,Ultramontanismus
' (S. 6, 8, 59, 110, 112) etwas Schillerndes
an fich. Wenn ein Wunfeh für die zu Grunde gelegte
Auffaffung übrig bleibt, fo ift es der, es möchte noch
öfter und deutlicher, als es gefchehen ift, der Zufammen-
hang der katholifchen Entwickelung mit den geiftigen Veränderungen
auf proteftantifcher Seite wie mit der ganzen

Nothwendigkeit' dargestellt. Zuerft wird der Umfturz der men dadurch die inneren Motive der ganzen Machtent-
Kirche in der Revolution, das Concordat und die Säculari- faltung der katholifchen Kirche noch beffer zum Vorfchein
fation gefchildert, dann die Romantik und Restauration und damit auch das relative Recht derfelben, wenn z. B.
(1815 —1830); weiter der liberale und nationale Katholicis- angedeutet würde, in welchem Umfang in unferem Jahrmus
1830—48; .Demokratie und Unfehlbarkeit'1848—1870; hundert auch auf proteftantifcher Seite in der Religion,
zuletzt ,der Triumph des unfehlbaren Papftthums' feit der Wiffenfchaft, dem Kirchenthum auf die Vergangen-
1870. Nachdem Seil die aufsteigende Macht des Papft- heit der eigenen Kirche zurückgegriffen und ihre Neuthums
Stufe für Stufe verfolgt hat, dem im Grund alle belebung verfucht worden ift; ferner wie dem intenfiveren
grofsen politifchen und geiftigen Veränderungen Europa's I politifchen Leben und dem Bedürfnifs starker Einwirkung
im 19. Jahrhundert zu Gute gekommen find, das aus allen > auf die focialen Zustände in den letzten Decennien des

Revolutionen, wie aus jeder Periode der Reaction, aus
der Romantik, wie aus der Entwickelung der hiftorifchen
Wiffenfchaften, aus den liberalen Ideen und Institutionen,
wie aus dem Protest gegen die liberalen Principien Kraft
gefogen hat, wirft er am Schlufs die Frage auf, ob das
ganze fiegreiche System, deffen innerste treibende Kraft
der Wille zur Macht bildet, confequent ift. In drei Punkten
tritt ein Widerfpruch hervor. Die Unfehlbarkeit wider-
fpricht der gefchichtlichen Wahrheit und ist nur durch eine
Feffelung des freien Denkens aufrecht zu erhalten, deren
Folge wiederum die geistige Inferiorität der Katholiken

Jahrhunderts die festen politifchen Formen des Katholicismus
vortrefflich entgegen kamen.

Mögen die Vorträge bald in 2. Auflageerfcheinen,wobei
auch einige stehengebliebene Druckfehler befeitigt werden
können (S. 39 Z. 11 von u. 1. ,franzöfifchen'; S. 50 Z. 11
von u. .freundlich'; S. 54 Z. 3 u. 7 von u. 1. ,Herme-
fianer', .Hermefianismus'; S. 57 Z. 6 von o. 1. ,Wifeman';
S. 58 Z. 17 von o. 1. .Athanasius'; S. 59 Z. 9 von o. 1.
,Widerfpruchsvolle'; Z. 10 ,einflufsreichen'. S. 60 Z. 7
von o. 1. ,0'Connell'; S. 82 Z. 5 von o. ift der Bedingungs-
fatz unvollständig. In der Anm. 1. .Enchiridion'). Die Er-

ift, in dem Sinn, in dem fie Schell u. A. bezeugen. So- ; wägungen für die gegenwärtige Lage, die fich ihm aus

dann führt das Verlangen nach Wiedergewinnung der <■ dem hiftorifchen Ueberblick ergeben, hat Seil in der

weltlichen Herrfchaft zur tödtlichen Feindfchaft mit i Chriftl. Welt 1898 Nr. 1, 2, 4, 5, 6, 11, 12 ausgeführt.

Italien, zu unnatürlichen Bündnifsen und damit auf eine I Tübingen. A. Heeder.

Bahn, auf der die geiltige Unabhängigkeit, die das Papft- ,_______ '_ '

thum jetzt geniefst, wieder bedroht ift. Endlich ift das • _ .

Bündnifs des Papftthums mit der Demokratie ein innerer Kaftan, Prof. ü. Julius, Dogmatik. 1. und 2. Auflage.

Widerfpruch, da das Papftthum die Gewiffensfreiheit, die ' (Grundrifs der theologifchen Wiffenfchaften, bearbeitet

Glaubensfreiheit, die perfönliche Freiheit grundfätzlich von Achelis, Baumgarten, Benzinger u. f. w. 5. Theil,

verwirft- 1. Bd.) Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1897. (VIII,

Seil hat feine anerkannte Kunft, in knappen Rahmen : g S er 81 M 8 co

lebendige und gehaltvolle Bilder zu geben, auch in diefer _ ' o • . •) 1 • -5

Schilderung bewährt. Ueberall ift fie feffelnd und lehr- | Mit dem Erfcheinen von Kaftan's Dogmatik ift der
reich und wird ebenfo von denen, welche mit den ge- I J- C. B. Mohr'fche .Grundrifs der theol. Wiffenfchaften'
fchichtlichen Ereignifsen, von denen fie fpricht, fchon j um ein wichtiges Glied bereichert.1) Der dogmatifche
näher vertraut find, mit Dank aufgenommen werden, da .Grundrifs' ift ein Band von 640 Seiten geworden, kaum
auch das Bekannte in neuer Gruppirung, in grofsen Zügen ; weniger umfangreich, als das in der Lehrbücherfammlung
und in fcharfer Beleuchtung vorgeführt wird, wie fie | deffelben Verlags erfchienene,Lehrbuch der evangelifchen
einem weiteren Kreis von Lefern warm zu empfehlen ift. Dogmatik' von Fr. Nitzfeh. Schon angefichts diefes Um-
Sell fchreibt klar und prägnant, und dafs manchmal im fanges mufs die Klage über Grundriffe, die nur zum AusStil
die Entftehung aus dem gefprochenen Wort nach- wendiglernen verleiten, ftatt in das felbftftändige Studium
wirkt, wird man nicht für einen Fehler halten. Doch ift

vielleicht die Bitte nicht unberechtigt, es möchten für ') Einrichtung und Ausftattung des .Grundriffes' ift bekannt. Un-

den weiteren Leferkreis einzelne Abfchnitte noch etwas pf<j. ,l * _..dfs ™ vorliegenden Band lateinifche Termini und Sätze
, ... , , . . . j 1 r ir 1- 1 • 1 (z- H- der kirchlichen Dogmatik nicht durch Curfivfchrift hervorgehoben

deutlicher herausgearbeitet, der Gedankenfortichritt hie firKi. An Druckfehlern und Luftigen Verfehen notire ich Folgendes:
und da etwas klarer herausgeftellt, auch einzelne aus 1 S. 144,14 lies: ihnen (ftatt ihm); S. 180,2 v. u.: der Ausdruck .Gerechtigkeit

dem Zufammenhang nicht verftändliche Andeutungen | des Gottesreichs' ift nicht N. T.lich begründet (Mi. 6,33: äixaionvvrjv
entfernt oder erklärt werden (Beifpiele: S. 8 die Schilde- 1 avvoy); 236,4 lies: epikureifeh (ftatt epikuräifch); 283, n lies: in der (ftatt
rung der Lage der katholifchen Kirche vor der Revolution; ! _. *$ 385',!2 VVU- Vnd 3_-4^1 La°dicea (ftatt Laod.cäa); 477 25.

A v ^ c- , c, w.» -n. j c- «. 47»,8. 479,11 lies: fsazianz (ftatt Nafianz); 578,24 lies: Wichf und Hus

r Ii v"' b- 9 — v8'- S. 13 Mitte — Ift der Satz (ftatt Wicklif und Hufs); 602,12 lies: deffen (ftatt deren); 630,21 lies:

von Lenz doch aus dem Zufammenhang kaum verftänd- | der (ftatt dem).