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Ausgabe:

1898

Spalte:

553-559

Autor/Hrsg.:

Saussaye, Chantepie de la (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der Religionsgeschichte. 2. völlig neu gearbeitete Auflage. 2 Bde 1898

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

E f heint ^re's
alle'iA Tage Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark

NE- 21.

15. October 1898.



23. Jahrgang.

Chantepie de la Saussaye, Lehrbuch der
Religionsgefchichte, 2. völlig neu gearb. Aufl.
2 Bde. (Bousset).

Seydel, Die Buddha-Legende und das Leben
Jefu nach den Evangelien (Oldenberg).

Holzinger, Genesis [Kurzer Handkommentar

zum Alten Teftament I] (Lohr).
Meyboom, Het Chriftendom der tweede eeuw

(Hegler).

Güttier, Eduard

(Troeltsch).
Rade, Die Religi

(Troeltsch).

Lord Herbert von Cherbury
on im modernen Geiftesleben

Saussave's P D Chantepie de la, Lehrbuch der Religions- erklären. Somit entfpricht die Methode der Einzeldar-
.. ..' ' ,K^;i^i0 A,,flao-o Tn V>r- 1 ftellung der Religionen zum minderten dem Stande der

gesuchte. 2. völlig neu gearbe.tete Auf!age^ In Ver fa ^ Religionswiffenfchaft. Ausnahmen wird es ja
bindung mit DD. Edm. Buckley, Btbhoth. H. U. Dange, immerhin geben_ Bd dem Studjum der Religionen der
Frdr.Jeremias.Prof.J.J.P. Valeton, Prof.M. Th.Houtsma, , fo eng verwandten Völker der indoeranifchen Familien
Dr. Ed. v. Lehmann bearb. u. herausg. Subskr.-Ausg. wird man meift von vornherein gut thun, auch auf die
2 Bde. Freiburg i. B. 1896. 97, J. C. B. Mohr. (XII, 1 immerhin fehr fchmale gemeinfame Grundlage zu

* c; o M 20 _ ' achten. Und deshalb irt die Bearbeitung der indifchen

399 u. XVII 512 b. gr. ö.j • 1 und eranifchen Religion mit Recht einem unddemfelben

Die zweite Auflage des Lehrbuches der Religions- Rorfcher von S. zugewiefen. Eine Reihe von Religionen
gefchichte von de la Sauffaye bedeutet geradezu ein j ftehen ja aufserdem in deutlichem gefchichtlichen Zu-
Ereignifs auf dem Gebiete des Studiums der Rehgionsge- | fammenhang. SobildendieErfcheinungen der alten Veden-
fchichte in Deutfchland. Zehn Jahre nach dem Erfcheinen , religion, des Brahmanismus, Buddhismus und Hinduismus
der erften Ausgabe des Werkes war eine zweite nothwendig j eine gefchichtliche Reihe; eine andere die Erfcheinungen
geworden, immerhin ein Beweis, dafs allmählich auch j der mofaifchen,prophetifchen.jüdifchen und fpätjüdifchen
in Deutfchland der Eifer für rehgionsgefchichthches Stu- ; Religion und in diefen Strom der Entwickelung mün-
dium fleh zu regen beginnt. Der erften Auflage hafteten | den dann 7um Schlufs mehrere von Orten her kommende
begreiflicher Weife nocht recht viele Mangel an; es war , Nebenftröme ein. Das Chriftenthum — ich laffe das ge-
ja unmöglich, dafs eines Mannes Kraft bei dem erften nuine Evangelium hier einmal bei Seite — zeigt auch darin
Verflach das ungeheure Material hatte bewältigen können feinen univerfalen Charakter, dafs es eine ganze Reihe
Man konnte wohl auf die Abftellung mancher Mangel der verfchiedenften Religionselemente in fleh aufnimmt
in der zweiten Auflage rechnen Doch hat diefe untere | und verarbeitet. - Aber im grofsen und ganzen gefehen
Erwartungen übertroffen. -Sauffayeihatfleh in der^zweiten giebt es keine Gefchichte ,der'Religion und fo hat S mit
Auflage zur Arbeitstheilung entfchloffen und hat uns 1 der Arbeitstheilung in feinem Werk ganz das Richtige ge-
dadurch ein Werk gefchenkt, das feines Gleichen fuchen troffen und einen wirklichen Fortfehritt der Leiftung erdürfte
: eineReihenfolge abgerundetervondenbewahrtelten möglicht

Autoritäten geschriebener Darftellungen der einzelnen Gegenüber der erften Auflage haben faft alle einzelnen

Religionen. Es haben fleh geigen das Verfahren Sauffaye des Lehrbuches an Umfang gewonnen

freilich von mancher Seite Einwendungen erhoben. Man Dafs dennoch der Umfang des ganzen Werke im Vermeint
mit diefer neuen Auflage habe S. das Ziel und ; gleich mit der erften Aufl nur um etwa zwd ß
Ideal einer Rel.g.onsgefch.chte' ganz aufgegeben und | ftärker geworden ift, rührt daher, dafs S. den gefammten
es fei an Stelle deffen nun eine Darfteilung ,der einzelnen einleitenden Theil der erften Auflage (170 S) fortgelaffen
Religionen' getreten. Aber giebt es denn überhaupt hat ßefeitigt ift damit der in eine Religionsgefchichte auch
eine .Religionsgefchichte' in dem eigentlichen Sinne des nicht direct hineingehörende phänomenologifche Theil
Wortes? Sind nicht vielmehr die einzelnen Religionen , der allerdings, wenn er hätte wirklich brauchbar werden
harte felbftftandig- einfame Gebilde, die fleh nur an der | folienj noch fehr der Erweiterung und Vertiefung bedurft
Peripherie berühren oder hochftens in der Zeit der Zer- , hatte> Die UnterdrückUng desfelben ift alfo kaum zu
fetzung und Zerfaferung in einander verfl.efsen und eine bedauern. Doch werden wir einmal eine Phänomenologie
gemeinfame Gefchichte haben ? Auch da wo in ihrem des religiöfen Bewufstfeins haben müffen in der Art wie
Geflammtleben die einzelnen Volker mit einander langft , fie etwa Goblet d' Alviella in den Lectures on the orijn
in Berührung getreten ind, verharrt dies innerfte Leben and growth of the conception of God fur dnen Xheil fe'
,n mimofenhafter angftheher Abgefchloffenhe.t. Im all- religiöfen Phänomene geliefert hat. Allerdings wird voh
gemeinen gilt die Regel, dafs in jeder Religion das herüber- noch la e Zdt verftreichen müffen, ehe man fic an
genommene gemeinfame und allgemeine auch zugleich ; diefe Riefenaufgabe machen und fie lÖfen wird
das per.pher.fche verhaltnifsmafsig gleichgültige ,ft das In dem ^ Jh ü d w werden die Reli-

Und befondere aber zuglelch das centrale gionen der Sogenannten' Naturvölker, beffer würde wohl
una ieDencii&e. der negative Ausdruck ,gefchichtslofe Völker' fein — be-

Wer aber auch diefeSätze nicht zugeben will, der wird handelt. S. folgt bei der Eintheilung der Religionen
wenigftens das zugeben müffen, dafs die grofsen Erfolge 1 vorwiegend einem einfachanthropologifchen (oderRaffen-)
und Refultate der religionsgefchichtlichen Arbeit der Syftem. Doch zeigt gerade S.'s Eintheilung, dafs man
letzten Jahrzehnte dadurch erreicht find, dafs man die bei einer allgemeinen Religionsgefchichte ohne Heraneinzelne
Religion als lebendiges Gebilde für fich ge- ziehung von Werthurtheilen und die Hervorhebung von
nommen hat und die religiöfen Vorftellungen erft einmal , ftufenmäfsiger Verfchiedenheit der einzelnen Religionen
verfucht hat an dem Ort flehen zu laffen, wo man fie j kaum auskommen kann. Schon diefe Voranftellung der
fand, und fie aus der Umgebung diefes Ortes heraus zu Religionen der gefchichtslofen Völker beruht nämlich

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