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Ausgabe:

1898 Nr. 19

Spalte:

516-518

Autor/Hrsg.:

Vincent, Marvin

Titel/Untertitel:

The age of Hildebrand 1898

Rezensent:

Mirbt, Carl

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5T5 Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 19. 516

Potthast, Aug., Bibliotheca historica medii aevi. Wegweifer die Vormünder Heinrich's IV. und diefer Herrfcher felbft,

durch die Gefchichtswerke des europäifchen Mittelalters ohne den berechtigten Intereffen der Kirche und der

bis 1500. Vollftändiges Inhaltsverzeichnifs zu .Acta Sprengelbevölkerungen Rechnung zu tragen, das In-

c j. < -d 11 d ... ,t veltiturrecht zu perfönhchen und fiscahfchen Zwecken aus-

Sanctorum' Boll. - Bouquet - Migne - Monum. beuteten (S, _ Zu diefen Ausführungen bemerke ich,

Germ. hist. — Muraton —Rerum bntann. scnptores etc. 1 dafs das .hiftorifche Recht' des hildebrandinifchen Papft-

Anhang: Quellenkunde für die Gefchichte der europä- ! thums in allererfter Linie aus der kirchlichen Lage zur Zeit

ifchen Staaten während des Mittelalters. 2. verb u. Gregors zu erweifen fein würde. Was aber das .moralifche

verm.Aufl. 2. Bd. Berlin,W.Weber, 1896 (S. 801-1749). Gregor's in Bezug auf die Inveftiturfrage anlangt,

M h m 2 10 hatte der Verf. erft durch eine kntifche Prüfung der von

jvj. 24.-; geb. Jyl. 26.50 Heinrich IV. vollz ogenen, uns bekannten, Befetzungen

Die grofse Anerkennung, welche dem erften Band der 1 geifllicher Stellen den Boden für ein fo fummarifches

2. Auflage gezollt werden konnte (vgl.Theol. Lit.-Ztg. 1896 Urtheil fich fchafifen follen (vgl. meine Publiciftik im Zeit-

No. 17), gebührtauch dieferFortfetzung, die das monumen- 1 alter Gregor's VII. S. 362fr.). — Die Ausführungen des

tale Werk zum Abfchlufs bringt. Dafs freilich die Aus- 1 Verf. S. 5 ff. über die Berufung Pafchal's wie Gregor's auf

wähl der von Potthaft herangezogenen Schriftftücke, ab- 1 Cor. 6 giebt mir zu der Bemerkung Anlafs, dafs Citate

gefehen von den felbftverftändlich im Mittelpunkt flehenden ; aus der Schrift wie aus den Patres in der Zeit des grego-

hiftoriographifchen Leiftungen, unter dem Mangel einer 1 rianifchen Kirchenftreits nicht fo zu werthen find, als ob

fcharfen Abgrenzung leidet, dafs auch die Anordnung des ! nun wirklich aus Paulus oder aus Auguftin der gerade

gewaltigen Stoffes einer Umgeftaltung bedurft hätte, ift in Rede flehende Gedanke von dem citirenden Autor

von Holder-Egger in der fehrbeachtens werthen Befprechung gewonnen wäre. Wir haben es hier vielmehr fall aus-

des Buches in den Göttinger Gelehrten-Anzeigen 1898, No. 1 nahmslos mit typifchen Beweisftellen zu thun. Daher

S. 68—88 mit Recht betont worden. Auch die Literatur, hat es gar nichts Auffälliges, dafs Pafchalis wie Gregor

welche Potthaft unter dem Titel ,Erläuterungsfchriften'ge- auf dafselbe Wort fich berufen, jener um den Verzicht

fammelt hat, könnte natürlich in vielen Fällen eine Er- auf die Regalien feitens des Klerus, diefer um den Ver-

weiterung erfahren, wie fie auf der anderen Seite zu- zieht auf das Inveftiturrecht feitens der deutfehen Könige

weilen auch eine nicht unerhebliche Verkürzung ver- | dadurch zu rechtfertigen.

trüge. Aber trotz diefer Defiderien, die bei einer fpäteren Marburg Carl Mirbt.
Neubearbeitung zu berückfichtigen fein werden, ift der neue
Potthaft ein fo hervorragendes bibliographifches Hülfs-

mittel, dafs er allen Freunden der mittelalterlichen Kirchen- Vincent, Marvin R., D. D., The age of Hildebrand. (Ten

gefchichte unter den Theologen auf das Nachdrücklichfte epochs of church hiftory. Edited by John Fulton,

empfohlen werden kann. Es wird wenig Gebiete geben, D D j L D Vo, y ) New-York, The Chriftian

über welche nicht unter irgend einem, manchmal aller- ! T ' (, cot r u &

dings unerwarteten, Stichwort Auskunft gegeben würde, Literature Co., 1896. (XXII, 457 S. 8.) Geb. * 1.50

felbft die Gefchichte der Theologie wird zuweilen berührt. Das grofse Unternehmen, welchem das hier zur Be-

— Der Herausgeber hat fich noch der wohlwollenden ' fprechung gelangende Buch eingegliedert ift, kann uns

Aufnahme freuen können, welche der 1. Halbband fand 1 infofern faft mit Neid erfüllen, als es davon Zeugnifs ab-

und ihm, wie er in dem Schlufswort fchreibt, ,manche | legt, wie eifrig man in Amerika fich darum bemüht, das

herzerquickende und ermunternde Anerkennung' eintrug; grofse Publikum für die Gefchichte der chriftlichen Kirche

am 13. März diefes Jahres hat er fein arbeitsreiches Leben zu intereffiren und denen entgegenzukommen, welche gern

befchloffen. mit den Fortfehritten der raftlos arbeitenden Specialfor-

Marburg Carl Mirbt fchung in Fühlung bleiben möchten. Dafs die Wiffenfchaft

| in Amerika und in England durch Private die bekannte
kräftige Unterftützung findet, ift gewifs auch durchein folches

Willing, Oberlehrer Carl, Zur Geschichte des Investitur- Heraustreten der Fachgelehrten aus dem engen Kreife der

Streites. 1. Das Wormfer Concordat. 2. Die Berech- Zunft mit bedingt. Allerdings befitzen auch wir beifpiels-

tigung der gregorianifchen Forderungen. Liegnitz, ,veiae j° derOncken'fchen AllgemeinenGefchR

o • q £ 7 <z q . _ darftellungen und in der Bibliothek deutfeher Gefchichte

Reisner, 1896. (53 b. gr. 8.) M. I.— grofs angelegte Sammelwerke für die gebildeten Schichten

Die erfte der beiden Abhandlungen (S. 3—37), welche unferes Volkes, aber diefelben behandeln vorwiegend das

gleichzeitig als Breslauer Differtation erfchienen ift, bietet I Gebiet der politifchen Gefchichte. Die Kirchengefchichte

eine forgfältige Interpretation des Wormfer Concordats i hat, von dem veralteten Böhringer abgefehen, an gröfseren

in fortlaufender Auseinandei fetzung mit den Arbeiten von ! Darftellungen doch nur die Hafe'fchen Vorlefungen auf-

Bernheim, Ulich, Wolfram. Die Auffaffung des W. C., zuweifen. Dafs wir hier vor einer noch ungelöften Auf-

wie fie der Verf. empfiehlt, deckt fich im Wefentlichen gäbe flehen, ift auch fchon von anderer Seite und zwar

mit der von R. Schroeder, Lehrbuch der deutfehen Rechts- gerade auch im Blick auf die Fulton'fche Sammlung

gefchichte, 2. Aufl. S. 485 f. vertretenen. Intereffe erregt kirchengefchichtlicher Monographien ausgefprochen wor-

die Unterfuchung über die Stellung des Adalbert von den (Theol. Lit.-Ztg. 1897 S. 416).

Mainz bei dem Zuftandekommen des Ausgleichs (S. 24fr.). Der Titel diefes 5. Bandes ,The age of Hildebrand'

Die zweite Abhandlung unterfucht die hiftorifche Be- ! ift irreführend, denn wir erhalten nicht eine Monographie

rechtigung des Gregorianismus und findet diefelbe darin, über das Zeitalter Gregor's VII., fondern eine Skizze der

dafs er die confequente Fortentwickelung des Katholicis- Gefchichte der abendländifchen Kirche von dem Auftreten

mus der alten Kirche vertrat (S. 53). ,Erfcheinen die Zu- Hildebrand's (1049) an bis zum Tode Bonifacius'VIII. (1303).

ltände der römifchen Kirche zur Zeit der Völkerwande- Auch bei der höchften zuläffigen Schätzung Gregor's VII.

rung als die Verkörperung des urchriftlichen Ideals vom mufs es aber abgelehnt werden, die auf feinen Pontificat

Reiche Gottes im Rahmen der natürlichen Weltordnung, folgenden beiden Jahrhunderte durch die Beziehung auf

fo bildeten fie anderntheils zweifellos das Ideal, deffen ihn zu charakterifiren. Der Verf. rechtfertigt fich im Vor-

Verwirklichung Gregor VII. im Gebiete der gefammten wort damit, dafs the theory of papal absolutism, zuhielt is

Chriftenheit anftrebte' (S. 47). ,Das moralifche Recht, its Controlling factor, reeeived its definite and practical

den Anfpruch (der oberfte Herr der Chriftenheit zu fein) embodiment front that Pontiff, aber das genügt nicht,

dem Kaiferthum gegenüber geltend zu machen, erhielt Denn entweder braucht der Verf. den Begriff Hildebrandi-

Gregor VII. durch die Rückfichtslofigkeit, mit welcher nismus, wie es oft gefchehen ift, als Bezeichnung für die