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Ausgabe:

1898

Spalte:

505-508

Autor/Hrsg.:

Weissbach, F. H.

Titel/Untertitel:

Die Sumerische Frage 1898

Rezensent:

Jeremias, Alfred

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schüret", Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 19. 17. September 1898. 23. Jahrgang.

Weifsbach, Die Sumerifche Frage (Jeremias).
Smend, Das hebräifche Fragment der Weisheit

des Jefus Sirach (Neftle).
Torr, On portraits of Christ in the British

Museum (H. Achelis).
Zöckler, Askefe und Mönchtum, 2. Aufl. II. Bd.

(Grützmacher).
Acta martyrum et sanctorum, tomus VII vel

Paradisus Patrum, ed. Bedjan (Preufchen).

P o 11 h a (l, Bibliotheca historica medii aevi, 2. Aufl.
2. Bd. (Mirbt).

Willing, Zur Gefchichte des Inveftiturflreites

(Mirbt).

Vincent, The age of Hildebrand [= Ten
epochs of church history ed. by Fulton, vol.
V] (Mirbt).

Goetz, Beiträge zur Gefchichte Herzog Albrechts
V. und des Landsberger Bundes 1556
—1598 [= Briefe und Akten zur Gefchichte
des 16. Jahrhunderts, 5. Bd.] (Trefftz).

Reufch, Briefe an Bunfen von römifchen Car-
dinälen und Prälaten, deutfchcn Bifchöfen und
anderen Katholiken (Eck).

Meier, Als die Sterbenden und flehe wir leben,
Predigten, mit einem Lebensabrifs (Diegel).

Weissbach, F. H., Die Sumerische Frage. Leipzig, L C.
Hinrichs, 1898. (V, 184 S. gr. 8.) M. 10.—

ebenfalls israelitifcher wiffenfchaftlicher Gegner hat ihm
einmal erwidert: wir können darauf verzichten, den
Semiten ift Gröfseres zu verdanken, fie haben den

Mit einer ganz erftaunlichen, grundlichen Literatur- j Monotheismus ,erfunden' (!). Die völlig berechtigte
kenntnifs ausgerüftet, hat Weifsbach im erften 1 heile Abneigung gegen derartige Tendenzen dürften jedoch
feines Buches die Gefchichte der fumenfchen krage von , das Tjrtheil Weifsbach's über die unabweifsbaren Ver-
ihren Anfängen (1850) bis zur Gegenwart dargeftellt und djenfl.e Halevy's einigermaafsen getrübt haben. Halevy's
dadurch zunächft den Dank aller gegenwartigen und zu- ( fprachiiche Einwände gegen das nichtfemitifche Idiom
künftigen Affyriologen erworben, die ohne das Buch nur , find zwar hier und da abenteuerlich und unannehmbar,
mühfam in der verwickelten Gefchichte des wichtigen , aber fa wichtigen punkten doch recht bemerkenswerth.
Problems fich orientiren können. Zu den wenigen Druck- j S l?6 wird die Anficht H.'s, der Ausdruck .fumerifche
fachen, die dem Verf. nicht zu Geficht gekommen find Sprachei bei den Affyrern fei vielleicht ein anderer Name
(f. S. 12), gehört ein Auffatz des Katholiken J- Gr.vel in fur aflyr:fche Sprache', mit der Bemerkung abgethan:
der Revue de la Suissc cathohque 1871, der defshalb be- j darüber ift natürlich kein Wort zu verHere£ H meint
fondere Hervorhebung verdient, weil er das fumerifche , es doch ifs im Sinne von Dialekt> Nun ift abef ^
Problem zum erften Male populär dargeftellt und in . Gleichung Emeku _ Uiän himcri ebenfo wie die Be_
weiterer. Kreifen bekann.gemacht:hat. Lines der w.ch- dch des Landes Sumer Js Land

t.gften Stucke in der gefammten Literatur ift leider un- Land der furnenfchen Sprache' nur fpätaffyrifch übergedruckt
geblieben und auch handfchnftltch Weifsbach jjefert Wer bu an f p d f dafs nicht damit eine
wohl nicht zu Gef.cht gekommen: Pr.edr.ch Dehtzfchs | Landesgegend geBmeint ift in der ein gut femitifcher Dia-

Grammatik der nicht-femitifchen Sprachen des älteften
Babylonien', die wiederholt im Colleg — unter diefem Titel
zuletzt 1S82— affyriologifchen Zuhörern dictirt wurde. In

lect gefprochen wurde? Für Erörterung der philologifchen
Schwierigkeiten ift hier nicht der Ort. Die .fumerifche
Grammatik' der .bilinguen Texte' macht auch den Ref.,

der Gefchichte des Problems find die Vorlefungen be- ; der vonjeher (no'ch ehe die .Leipziger Schule' dem Anti'
fonders defshalb epochemachend, weil ihre Anfange in , fumerismus zuneigte, was unter Hinweis auf S. 115

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die Zeit fallen, in der Lenormant s mit Kecnt voüig anti- drücklich bemerkt fei) antifumerifch gef.nnt war, immer
quirte Eiudes accadienncs hzi den Sumerqlopn m hohem , vonNeuem in feiner Pofition wankend) Eine priefterliche
Anfehen ftanden, während f.e von Del.tzfch fcharf bekämpft Kunftfprache, in der auch Sufixe und andere grammatifche

wurden. Delitzfch's Vorlefungen bilden den Ausgangspunkt
der gefammten deutfehen fumerologifchen Forfchung.

Das fur Weltgefchichte, Religions- und Kulturge
fchichte unerhört wichtige Problem ift bisher faft aus

Beftandtheile durch Ideogramme wiedergegeben find, erfcheint
eben als etwas Ungeheuerliches. Auch mufs zugegeben
werden, dafs die Silbenfchrift mit ihrer ungenauen
Confonantenwiedergabe fchlecht zu einem femitifchen

fchliefslich vom philologifchen Gefichtspunkte aus be- ! Idiom ftimmt. Man müfste denn annehmen, dafs im
handelt worden: ift das fogenannte Sumerifche eine affy- Babylonifchen im Gegenfatz zur Gefchichte jüngerer
rifche Geheimfchrift bezw. eine Kunftfprache, oder die j Schriftfprachen die feinere Sprachentwickelung fich erft
natürliche Sprache eines nichtfemitifchen babylonifchen | nach der Schrifterfindung vollzogen hat, oder dafs die
Urvolkes? Der Vater des Antifumerismus ift bekanntlich ! Schrifterfinder fich begnügten, nur die ungefähre Sprach-
der ifraelitifche Gelehrte Jofeph Halevy, der feit 1874 die : weife, die gewifs von uralters her dialektifche Verwirrung
Nichtexiftenz eines nichtfemitifchen Urvolks und einer aufwies (z. B. bei Verwechslung der harten und weichen
fumerifchen Sprache behauptet und vertheidigt. Weifsbach's J Gutturale und Dentale), wiederzugeben. Abgefehen von
Buch fpricht am Schluffe die fefte Ueberzeugung aus, diefen Schwierigkeiten fei es verftattet, auf einige fach-
dafs die fumerifche Frage in den zwei Hauptpunkten auf- liehe Punkte hinzuweifen, die gegen die Exiftenz eines
gehört hat, eine P>age zu fein: dafs die Keilinfchrift die j nicht femitifchen protobabylonifchen Volkes, der Sumerer,
Erfindung eines nicht femitifchen Volkes und richtig als j fprechen.

,fumerifch' zu bezeichnen fei. Wir können dem Urtheil i ^ _ Von vornherein wird man zugeben, dafs die erwiefene
in feiner kategorifchen P"orm nicht zuftimmen. Für die j Exiftenz eines fumerifchen Urvolkes ein einzigartiges GeBehandlung
der Controverfe ift es von vornherein fehr fchichtsräthfel bilden würde. Wie ift es denkbar, dafs die
verderblich gewefen, dafs der Hauptvertreter des Anti- babylonifche Cultur, die ganz Vorderafien beherrfcht, fo-
fumerimus die femitifch-nationale Tendenz feiner For- weit wir rückwärts fehen können, und die von fo originaler
fchungen nicht verleugnen konnte (f. z. B. bei Weifs- Kraft ift, dafs fie die Cultur erobernder Völker, wie der
bach S. 48). Es gilt Halevy als Ehrenfache der Juden, Koffäer, Elamiter, Chaldäer, Affyrer völlig aufzufaugen im
dafs den Semiten die Schrifterfindung zukommt. Ein Stande ift, von fo unüberwindlicher Kraft, dafs fie nach

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