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Ausgabe:

1898 Nr. 18

Spalte:

496-498

Autor/Hrsg.:

Böhmer, Julius

Titel/Untertitel:

Brennende Zeit- und Streitfragen der Kirche 1898

Rezensent:

Hans, Julius

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495

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 18.

4fL

Dagmar von Dänemark, die vorige Kaiferin, in die ortho- ! wenn ich das Thema ,Erkennen und Schauen Gottes' be-
doxe Kirche aufgenommen wurde. Der Uebertritt der handelte, aber ich habe das Werkchen mannigfach an-
jetzt regierenden Kaiferin ift bekanntlich relativ formlos regend und belehrend gefunden.

gefchehen. Die hiflorifch-dogmatifche Einleitung, die der Giefsen F Kattenbufch

Verf. diefem Bande giebt, ift ganz befonders ausführlich. |
Sie ift zum Theil apologetifch-polemifch geartet, fo be- }

fonders hinfichtlich der Euchariftie und Friefterweihe (bei ' Böhmer, Julius, Brennende Zeit- und Streitfragen der Kirche.

letzterer zumal auch wieder gegenüber der anglikanifchen Gefammelte Abhandlungen. II. I. Giefsen, J. Ricker,
Kirche). Ich kann dem Verf. nur das Zeugnifs geben, 1897. (gr. 8) ä M

dafs er überall von feinem Standpunkt aus correct und
lediglich fachlich verfährt. Seine Polemik hat daher nichts
Verletzendes. — In der Vorrede bemerkt M., der Band
enthalte unter den Beigaben auch den Begräbnifsritus.
Auf S. CLIII fpricht er vielmehr von einem befonderen

2.—

I. Auf altteftamentlichem Gebiete. Bedenken und Wünfche für eine
zukünftige Verdeutfchung des Alten Teftamcnts. Gegenwart und Zukunft
im Licht altteftamentlicher Prophetenworte. Das Alte Teftament
im chriftlichen Religionsunterricht (VI, 127 S.). — II. Zur chrift-

Giefsen. F. Kattenbufch.

Bande, der diefem vorbehalten fei. In der That findet lichen Glaubenslehre. Chriftus und der Glaube. Die heilige Schrift

er fielt in vorliegendem Bande nicht ün<^ der Glaube. Die Erlöfung im Sinne Jefu und feiner Apoftel. Für

das Apoftolikum. (147 S.).

Der Verf. hat eine Anzahl von Abhandlungen, die
zum gröfseren Theile fchon in verfchiedenen kirchlichen
Weis, L., Erkennen und Schauen Gottes. Beitrag zu einer Zeitfchriften, der ,Allg. Ev.-luth. Kirchenzeitung', der
neuen Erkenntnislehre für Theologen und Nicht- ,Neuen Kirchl. Zeitfchrift' u. f. w. zur Veröffentlichung
theologen. (Beiträge zum Kampf um die Weltan- gelangt waren, gefammelt und unter dem Titel ,Brennende
fchauung. 4. und 5. Heft.) Berlin, Schwetfchke & Sohn, Zdt* und Streitfragen der Kirche' aufs Neue erfcheinen

lallen. Wie er im Vorwort verdchert, hat er he vorher

1898. (XV, 230 S. gr. 8.) M. 3.—; geb. M. 4.—

,mehr oder weniger überarbeitet, zum Theil fogar durch-

Der Verf. ift von Haus aus Naturforfcher. Er hat 1 greifenden Aenderungen und Umgeftaltungen unterzogen.'
ein Lehrbuch der Mineralogie und Chemie veröffentlicht ; Trotzdem kann ich mich dem Urtheil feiner ,fachkundigen

und wie er diefes auch für Nichtfachleute beftimmt hat,
fo wendet er fich auch mit diefer philofophifchen Schrift
an alle Gebildete. Er bezeichnet fie als ,Beitrag zu einer
neuen Erkenntnifslehre'. Das könnte irreführen. Denn
es ift ihm doch letztlich nur um die concrete Frage nach

Freunde' nicht anfchliefsen, die ihm zu diefer nochmaligen
Veröffentlichung feiner Auffätze riethen. Abhandlungen
verfchiedenen Inhalts, die da und dort zerftreut erfchienen
find, nachträglich zu fammeln und auf's Neue herauszugeben
, rechtfertigt fich nur dann, wenn ihr Inhalt ein

Gott zu thun, wie das Werkchen denn auch in der Samm- , fehr bedeutender ift, oder wenn der Mann, der fie ge-
lung von ,Beiträgen zum Kampf um die Weltanfchauung' fchrieben, in weiten Kreifen ein grofses Anfehen geniefst,
erfchienen ift, die die Verlagsfirma herausgiebt. Aber der 1 fo dafs man fich auch für das weniger Bedeutende, das
Nebentitel, den Prof. Weis (in Darmftadt) feiner Schrift er gefchrieben hat, intereffirt. Im vorliegenden Falle
giebt, hat doch fein gutes Recht im Hinblick auf die fcheint mir weder das eine, noch das andere zuzutreffen.
Methode, die er einfehlägt. Er verfolgt die Erkenntnifs- Das Letztere wird der Verf. felbft nicht für fich in An-
theorien, um in kritifcher Auseinanderfetzung mit den ' fpruch nehmen. Was aber den Inhalt feiner Abhand-
wichtigften fich den Boden zu fchaffen, auf dem er zeigen I lungen betrifft, fo erheben fie fich meinem Urtheil nach
kann, dafs ein fchlichter, herzhafter, chriftlicher Gottes- ' durchaus nicht über das Mittelmaafs der in kirchlichen
glaube nicht im Widerfpruch flehe mit den Anfprüchen 1 Zeitfchriften erfcheinenden Artikel und fie würden mit ihrer
wiffenfehaftlichen Denkens. Verf. ift ein überzeugter erften Veröffentlichung ihren Zweck vollkommen erfüllt
evangelifcher Chrift, der fich offenbar keiner fpeciellen haben. Sie leiden insbefondere an einer ermüdenden Breite
kirchlichen oder theologifchen Richtung angefchloffen ' und ermangeln der originellen und fchlagenden Gedanken,
hat und weder als orthodox, noch als liberal im vulgären ! Die ganze Sammlung befteht aus 4 Abtheilungen, die
Sinne gelten will. Seine neue Erkenntnifslehre berührt j folgende Titel führen: I. Auf altteftamentlichem Gebiete,
fich, wie er felbft fagt, mit derjenigen von W. Wundt II. Zur chriftlichen Glaubenslehre. III. Aus dem prakti-
und Th. Ziegler, fofern er die Bedeutung des Gefühls fchen Chriftenthum. IV. Sociale Fragen. Mir liegen nur
für das Erkennen in jedem Acte betont. Das Gefühl ift j die zwei erften Abtheilungen vor. Den weitaus gröfsten

ihm derjenige Träger des Erkennens, dem auch das
Wunderbare noch zugänglich wird, fo dafs es ein ,Ver-

Theil des I. Heftes nimmt ein Artikel ein, der die Ueber-
fchrift trägt: ,Bedenken und Wünfche für eine zukünftige

mögen' ift, aus diefem ,Leben und fittliche Kraft zu ge- ] Verdeutfchung des Alten Teftaments'. Im Wefentlichen
winnen'. Ganz vollenden wird fich die Gotteserkenntnifs j enthält diefer Artikel eine Kritik der von Kautzfeh hei -
freilich erfl im Jenfeits im ,Schauen'. Verf. verfährt zum i ausgegebenen Ueberfetzung des Alten Teftaments und
Theil etwas elementar, aber er erreicht dadurch auch j der wiffenfehaftlichen Vorausfetzungen, auf denen diefelbe
für fchwierigere Sachen die Allgemeinverftändlichkeit. Er 1 ruht. Hier in das Einzelne einzugehen, ift natürlich im
ift gut bewandert in der Gefchichte der Philofophie und ( Rahmen diefer Anzeige unmöglich. Der Verf. ift befonders
bringt aus feinen naturwiffenfehaftlichen Kenntnifsen | gegen die Randbuchftaben, durch die die Quellenfchei-
manches Intereffante bei. Für den Verf. ift Gott die düng bezeichnet wird, eingenommen und will die Kri-
abfolut überweltliche Perfönlichkeit, die das Urbild der ! tik überhaupt aus einem Bibelwerk für die Gemeinde
Perfönlichkeit des Menfchen bildet, alfo auch wie diefe : ausgefchloffen fehen. Doch nein, ganz will er fie nicht
Denken, Wollen und Fühlen, aber jedes in feiner Art [ verbannen. Er verlangt, dafs nicht nur bei jedem Buch
unbefchränkt, verbindet. Er ift uns durch Chriftus, deffen des Alten Teftaments eine neue Seite beginne, fondern
Zufammenhang mit ihm fo wenig ganz zu erfaffen ift, dafs dies auch innerhalb mancher Bücher gefchehe, z. B.
als in anderer Weife das Verhältnifs zwifchen der Welt ; bei Jef. 40 oder bei den 5 Büchern der Pfalmen, und
und ihm, am nächften gekommen. Gott und die Welt 1 er bemerkt dazu: ,Das heifst auch Kritik in gewifsem
find in weitem Maafse unferem Verftändnifs zugänglich, j Sinne in den Text eintragen, aber eine Kritik, die keinen
und doch behält felbft die Materie ihre Wunder und Schaden anrichtet.' Ziemlich harmlos fcheint uns diefe
Räthfel für uns. Mit Ernft tritt Verf. denen entgegen, : Kritik allerdings zu fein, aber auch fie dürfte bei Rupp-
die das Jenfeits oder die Auferftehung Jefu meinen be- recht und Genoffen wohl Anftofs erregen. — Der Verf.
lächeln zu dürfen, aber er verfällt nirgends in kleinliche vergifst bei feinen Forderungen, die er ftellt, dafs man
Apologetik. Ich würde wohl vieles felbft anders anfaffen, bei einer Bibelüberfetzung verfchiedene Zwecke verfolgen