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Ausgabe: | 1898 Nr. 16 |
Spalte: | 435-438 |
Titel/Untertitel: | Abhandlungen, Alexander von Oettingen zum siebzigsten Geburtstag gewidmet 1898 |
Rezensent: | Goltz, Eduard Alexander |
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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 16.
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Bedeutung leider unbekannt ift. Unter den Zeugen er-
fcheint mehrfach, fo auch auf Steuerquittungen, ein Zitti-
nabu, der als dätabara des Artarimu bezeichnet wird. Das
Wort bedeutet ,Gefetzesträger' d. h. wahrfcheinlich ,Richter'
— wie aber der Titel in Verbindung mit einem Eigennamen,
wahrfcheinlich dem eines höheren Beamten, treten kann,
ift dunkel. Ift er vielleicht der richterliche Bevollmächtigte,
etwa der Rechtsanwalt des Artarimu? Auch fonft bieten
die Titulaturen noch viele Schwierigkeiten. So finden fich
nicht feiten (vgl. S. 33) Leute, die als mär biti ,Haus-
fohn' einer Privatperson, aber auch des Königs, bezeichnet
werden. Hilprecht erklärt es als ,im Haufe geborene
Sklaven'; doch fcheint es zugleich eine beftimmtere Function
, etwa die eines Hausverwalters und Gefchäfts-
führers, zu bezeichnen.
Die Gefchäfte, welche das Bankhaus abfchliefst, find
mannigfaltigfter Art. Unter den überfetzten Urkunden
finden fich Schuldfcheine, Quittungen, Pachtverträge,
Lieferungsverträge, z. B. von Ziegeln oder von Datteln —
offenbar hat der Kaufmann, wie das auch jetzt im Orient
allgemein üblich ift, die Ernte oder einen Theil derfelben
auf dem Felde aufgekauft und einen feften Lieferungstermin
gefetzt; wenn diefer verfallen ift, mufs der Schuldner
nach der S. 33 überfetzten Urkunde zwei Monate
fpäter das doppelte Quantum liefern (vgl. auch S. 36).
Befonderes Intereffe bieten ein Garantiefchein für 20 Jahre
über einen in einen goldenen Ring gefafsten Edelftein
(S. 30), eine Befreiung aus dem Gefängnifs gegen Bürgschaft
(S. 31), ein Verzicht auf eine Klage wegen Beraubung
durch Diener des Gefchäftes, nachdem dem Ge-
fchädigten fein Eigenthum zurückgegeben ift (S. 32).
Eine mir unlösbare Schwierigkeit bietet die Chronologie
. Die in vdiefem Bande publicirten Urkunden reichen
bis zum 17. Sebat des J. 41 des Artaxerxes. Dafs das
der erfte, nicht der zweite Artaxerxes ift, kann nicht zweifelhaft
fein, und das letztere Datum entfpricht fomit dem
Februar 423 v. Chr. Wir wiffen auch fonft, dafs die ba-
bylonifche Chronographie (und ebenfo der auf ihr beruhende
ptolemäifche Kanon) dem Artaxerxes 41 Jahre
gegeben hat (= Frühjahr 464—Frühjahr 423; die baby-
lonifchen Jahre beginnen bekanntlich mit dem I. Nifan
im Frühjahr). Eben fo ficher aber ift, dafs Artaxerxes I
thatfächlich nur 40 Jahre regiert hat und im Winter
425/4, alfo noch in feinem 40. Jahre geftorben ift
(Thuk. IV 50). Ihm folgte zuerft Xerxes II, der bereits
im zweiten Monat von feinem Bruder Sekydianos [die
Namensform ift unficher] ermordet ward. Diefer wird
wieder nach 7 Monaten von Darius II. befeitigt. Dafs
die officielle Chronographie wie in dem Falle des Smerdis
fo auch hier die Zwifchenregierungen »reicht und die Zeit
dem Vorgänger zurechnet, ift begreiflich genug; wie ift
es aber zu erklären, dafs man in Babylonien nicht nur
während des Reffes des Jahres 425/4 fondern auch während
des ganzen Jahres 424/3 nach Jahren des todten Königs
datirt hat?
Aufser den photographifchen Reproductionen einiger
Urkunden find dem Bande fünf Tafeln mit Abbildungen
der Ausgrabungen beigegeben, unter denen namentlich
die übereinandergehäuften Thonfarkophage fehr in-
ftructiv find, ferner vier Tafeln mit Terracotten, von
von denen die jüngeren (Taf. XIII 27.28 und Taf. XIV 31),
welche vom Herausgeber in die Zeit um 450 v. Chr. gefetzt
werden, deutlich einen gewaltigen Fortfehritt der
Behandlung und wohl zweifellos griechifchen Einflufs
zeigen.
Halle a/S. Eduard Meyer.
Abhandlungen, Alexander von Oeffingen zum siebenzigsten
Geburtstag gewidmet von Freunden und Schülern.
München, C. H. Beck, 1898. (III, 262 S. gr. 8.) M. 7.—
Als Feftgabe zum 70. Geburtstag des berühmten
Dorpater Profeffors Alexander von Oeffingen ift vor-
I liegender Sammelband erfchienen, der werthvolle Auf-
fätze von Freunden und Schülern des Jubilars aus allen
Gebieten der Theologie vereinigt.
Im erften Auffatz giebt A. Berendts einen Beitrag
zur Chriftologie des apokryphen dritten Korintherbriefs,
auf den neuerdings die Aufmerkfamkeit durch C. Schmidt's
Entdeckung der Acta Pauli, als deren Beftandtheil der
Briefwechfel fich erwiefen, von Neuem gelenkt worden
ift. Nach einer Ueberficht über den Gedankengang des
apokryphen Schreibers fucht Berendts darzuthun, dafs
die Chriftologie des unbekannten Verfaffers mit der des
zweiten Clem.-Briefs und des Hermas die gröfste Ver-
wandtfehaft habe, aber nicht, wie meift gefchehe, als
adoptianifche, fondern als pneumatifche zu charakte-
rifiren fei. Der Geift, der Sohn Gottes erfcheint als
wirklicher Menfch auf der Erde zur Erlöfung der Menfch-
heit. Der Erhöhte aber ift nicht nur, wie vorher, der
göttliche Geift: Chriftus, fondern der zur Herrlichkeit
erhobene Jefus Chriftus. (S. 1—28.)
G. N. Bonwetfch giebt ein Referat über die Schrift
des Methodios von Olympos über den Ausfatz. Die
über denfelben Lev. 13 gegebenen Beftimmungen werden
von Methodios allegorifch gedeutet und auf die Sünde,
deren Vermeidung, Heilung und Büfsung angewandt.
B. zeigt, dafs Methodios nicht nur in der exegetifchen
Methode, fondern auch in einer Menge von Gedanken
über die aufrichtige Bufse, die Zugehörigkeit oder den
Ausfchlufs aus der Kirche und die feelforgerliche Behandlung
der Sünder mit Origenes übereinftimme. Seine
Gedanken über die Bewahrung der Reinheit der Kirche
und der einzelnen Chriften zur bräutlichen Vereinigung
mit Chriftus geben aber den Schlüffel zum Verfländnifs
feiner chriftlichen Auffaffung, von der aus er ein fehr
düfteres Bild der Kirche feiner Zeit entwirft. Zum Schlufs
macht B. auf die grofse Hochfehätzung der Lehrer und
Schriftkundigen bei Methodios aufmerkfam. (S. 29—53.)
Adolf Harnack giebt uns eine ausführliche Inhaltsangabe
, zum Theil Ueberfetzung des pfeudoaugu-
ftinifchen Tractats ,contra Novatianum', den er als Ver-
teidigungsfehrift eines römifchen Presbyters der katho-
lifchen Kirche gegen die damals (c. 370) in Rom fehr
angefehene novatianifche Gemeinde erweift. Die An-
fchauungen Novatians und feiner Anhänger giebt jener
Presbyter in feiner Polemik mit feltener Unparteilichkeit
wieder und vervollftändigt dadurch unfer Bild von
Novatian in zuverläffiger Weife. Aber nicht überall
läfst fich die Grenze ficher ziehen in der Strenge der
Grundfätze zwifchen Novatian felbft und feinen fpätern
Anhängern. Harnack knüpft an die Erörterung diefer
Fragen zum Schlufs einige allgemeine Bemerkungen über
,originale' und ,ecclefiaftifche Religion', von denen die
erftere in der perfönlichen Infpiration und einer ihr ent-
fprechenden Heiligkeit des Lebens, die letztere — eine
Religion zweiter Ordnung — in einem Heilsgute und
dem auf daffelbe gerichteten Glauben das Wefen der
Sache fehe: der Verfaffer des Tractats fei ein Vorläufer
Auguftin's in feiner mehr evangelifchen Auffaffung von
der Objectivität des Wortes Gottes, bei vollem Ernfte
fubjectiven Glaubens; der ganze Tractat dürfe aber zugleich
als Document gelten für den zeitweiligen äufsern
1 und innern Auffchwung, den die novatianifche Gemeinde
in Rom noch um das Jahr 370 erlebt hat. (S. 54—93.)
Ferdinand Hörfchelmann Hellt von lutherifchem
Standpunkt aus einige leitende Grundfätze zur Behandlung
des Katechismus im Religionsunterricht auf. Er
betont zuerft in Auseinanderfetzung mit Baffermann,
Gottfchick u. A. die Nothwendigkeit der .unverkürzten'
Wiedergabe des objectiven Heilsthatfachenbeflandes,
wie ihn der Katechismus nach dem unveräufserlichen
Bekenntnifs der Kirche darbiete. Ein wirklich innerliches
Verfländnifs und eine gläubige Aneignung diefes
Inhalts feitens der Kinder fei freilich nur zu erreichen
durch eine vom einfachften zum höchften langfam auf-