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Ausgabe:

1898 Nr. 13

Spalte:

376-379

Autor/Hrsg.:

Hardeland, August

Titel/Untertitel:

Geschichte der speciellen Seelsorge in der vorreformatorischen Kirche und der Kirche der Reformation. I. Hälfte 1898

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 13.

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gewinnt z. B. die dem Petrus gewordene Erfcheinung,
welcher Eck gewifs mit Recht eine hohe Wichtigkeit
beilegt, nahezu eine caufale Bedeutung für die Urge-
meinde felbft; die Reconftruction des Markusfchluffes
aus der Joh 21 vorliegenden Tradition erfcheint hier
mehr als eine blofse Hypothefe: die Notizen über das J
leere Grab und den dritten Tag werden kurzer Hand ;
als unhiftorifch abgethan; der rein galiläifche Charakter
der Erfcheinungen des Auferftandenen gilt hier als Homo-
logumenon aller neueren Forfchung. Denen, die ohne
weiteres diefen Ergebnifsen als durchaus kritifch ge-
ficherten Refultaten hiftorifcher Unterfuchung beipflichten,
möchten wir die Leetüre des Loofs'fchen Vortrags j
zur reifen Erwägung und Beherzigung empfehlen, —
nicht dafs wir dächten, das löfende Wort fei hier ge-
fprochen, aber weil die nach allen Seiten hin Umfchau
haltende, mit Vorficht und Umficht geführte Unterfuchung
geeignet ift, jedem vorfchnellen Urtheilen und
Abfchliefsen warnend vorzubeugen. — Im Uebrigen be- I
gegnen fich beide Verfaffer in der Ausfage, dafs die
Prüfung der Auferftehungsberichte rein gefchichtlich
nicht zum Abfchlufs zu bringen ift. Daher münden
beide hiftorifch-kritifche Erörterungen fchliefslich in re-
ligiöfe Ausführungen allgemeiner Tragweite aus. Eck
lebt der Ueberzeugung, dafs auf dem Wege zur Verwirklichung
des 1 Joh 32 angedeuteten Zieles, das moderne
Denken dem Vorbilde der Urgemeinde zu folgen
hat. ,Wie lebendig ihr der himmlifche Herr vor Augen
ftand, fie hielt fich doch an das, was ihr von dem irdi-
fchen geblieben war, die Herrenworte, deren Sammlung
und Bewahrung den fchönen Ruhm der armen Heiligen
vonjerufalem und ihres Hauptes Petrus bildet. Und wenn
es heute doch den Anfchein hat, als kehrten in feltener
Einhelligkeit, von ganz verfchiedenen Beweggründen j
getrieben, Wiffenfchaft und Praxis in dies Heiligthum
zurück, fo habe ich keine Sorge, dafs fie da auch den
Auferftandenen wiederfinden werden'. Loofs will fich
nicht mit derfelben Kühnheit den von den altkirchlichen
Anfchauungen forttreibenden Strömungen des modernen
Denkens anvertrauen. ,Wo wirklicher Glaube an den 1
Auferftandenen im Herzen ift, da follte, meine ich, der
Kopf zurückhaltend fein mit feinen dürftigen Verftandes-
argumenten. Denn wer wirklich daran glaubt, dafs göttliches
Leben irgendwie in dem Herrn Jefu Chrifto eingetreten
ift in diefe Welt des Todes, der wird doch nicht
denken können, dafs, was von ihm erzählt wird, fich nach
der Analogie lonftigen Gefchehens verrechnen liefse
„Werdet gute Geldwechsler", lautet ein deuterokanonifches
Herrenwort. Man foll nicht ungeläutertes Erz für Edelmetall
halten, aber auch nicht Gold umtaufchen gegen j
Kupfer, das nur durch feine Neuheit Glanz erhält'.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Wimmer, R., Gesammelte Schriften. In 2 Bänden. Freiburg
i. B., J. C. B. Mohr, 1897. (VIII, 392 u. VIII, i
386 S. 8.) M. 7 —

Es war ein glücklicher Gedanke des Verlegers, eine
Ausgabe der gefammelten Schriften R. Wimmer's zu
veranftalten. Die harmonifche Verbindung warmer, inniger i
Frömmigkeit und vorurtheilslofer Freiheit des Denkens ■
sichert diefen religiöfen Betrachtungen und Bekenntnifsen
einen bleibenden Erfolg. Den bereits früher bei Mohr
in Freiburg erfchienenen, in diefem Blatte angezeigten
Schriften Wimmer's, find in vorliegender Ausgabe einige
kleinere Arbeiten beigefügt, welche an verfchiedenen
Orten veröffentlicht worden find. ,Im Kampf um die
Weltanfchauung' (I, 3—102) und ,Liebe und Wahrheit' !
(II, I —140) erfcheinen unverändert. ,Der Weg zum Frieden'
und ,Die biblifchen Wundergefchichten' sind vereinigt
unter dem Titel: ,Nachträge zu „Im Kampf um die Weltanfchauung
" (I, 105—262). Dabei find in der erften Schrift [

der Auffatz ,Zur Lehre vom fittlichen und religiöfen
Leben' (I, 170—196) neu hinzugekommen; in der letzten
ift der Abfchnitt ,Gefchichten des Neuen Teftaments'
weggelaffen und einige unbedeutende Aenderungen vorgenommen
worden. ,Inneres Leben' (II, 245—333) ift unverändert
, aber um einen Anhang vermehrt, enthaltend
,Kleines evangelifches Gebetbuch' (II, 334—374) und einen
Tractat ,Krankentroft' (II, 375—386), zwei Schriften, welche
im Verlag des Badifchen evangelifchen Volksfchriften-
vereins erfchienen find. Die ,Bilder aus der Menfchen-
welt' (I, 265—392) und ,Gedanken und Beobachtungen'
(II, 143—244) bringen Auffätze, welche in den Jahren
1868—1871 in dem ,Beiblatt zum füddeutfehen evange-
lifch-proteftantifchen Wochenblatt' und fpäter in dem
Sonntagsblatt ,Die Kirche' veröffentlicht worden find. —
Wir können es hier unterlaffen, die Eigenart des Verfs.
näher zu charakterifiren. Diefelbe ift bekannt genug und
ift auch öfters in diefem Blatte gewürdigt worden. Die
Auffätze, Betrachtungen und Gebete, die zum erften Male
einem weiteren Leferkreife dargeboten werden, reihen
fich würdig den älteren Veröffentlichungen zur Seite.
Diefe aus einem Zeiträume von nahezu 30 Jahren (lammenden
, den Ertrag reicher Erfahrung, aufrichtigen
Suchens, feiigen Findens zufammenfaffenden Schriften
werden auch ferner manchem Zweifelnden und Fragenden
zur Belehrung und Förderung gereichen. Freilich darf
man bei dem Verf. nicht eine einheitliche, ftreng con-
fequente Anfchauung fuchen; er ift kein Syftematiker, der
feine Gedanken zu einem gefchloffenen Organismus zu-
fammenzufügen beftrebt ift; vielleicht würde es ihn wenig
anfechten, wenn man ihm einzelne gewagte, des Beweifes
bedürftige, wohl auch widerfprechende Aeufserungen
zum Vorwurf machte. Und doch weht aus allen diefen
Blättern, wie mannigfaltig und verfchieden ihr Inhalt
fein mag, derfelbe Geift echter Religiofität, evangelifcher
Freiheit, gefunder, zugleich innerlicher und thatkräftiger
Sittlichkeit. Werden auch Manche eine ftetigere und di-
rectere, bewufste und ausgesprochene Beziehung auf die
Perfon Chrifti, als Glaubensgrund und Lebensnorm, ver-
miffen, fo wird Niemand den wahren und warmen chrift-
lichen Sinn verkennen, der das Ganze eingegeben hat
und unwandelbar trägt und beherrfcht. Diefer aus dem
zugleich kindlichen und männlichen Verftändnifs des
Evangeliums entnommene Grundton klingt m. E. oft
reicher und voller aus den zuweilen ergreifenden, aus
dem vollen Menfchenleben gefchöpften Erzählungen des
erften Bandes, als aus den Gebeten und Andachten des
Krankenbuchs, oder aus den längeren Ausführungen
apologetifchen Inhaltes. Ueberall aber thut fich uns ein
religiöfer Charakter kund, deffen Grundzug, die volle Aufrichtigkeit
des Denkens und Empfindens, mit zum Ge-
heimnifs feiner Kraft und feiner Anziehung gehört. ,Ver-
hafst ift und bleibe mir jede gemachte Frömmigkeit, da
man meint mit Redensarten oder eingebildeten Gefühlen
Gott zu dienen. Man täufcht wohl manche leichtgläubige
Seele; man täufcht vielleicht auch fich felbft und hält für
wahr, was die Zunge zu reden fich angewöhnt, und die
Empfindung zu bemänteln gelernt hat. Aber was hilft
mir das? Bin ich denn dazu da, um etwas zu fcheinen?
um meine Seele fterben zu laffen und nachher die Leiche
mit Blumen zu fchmücken?' (II, 280). Das ganze Buch
beftätigt diefes Bekenntnifs: dem, der es gefprochen, fleht
das Reich Gottes nicht in Worten, fondern in Kraft.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Hardeland, Superint. Aug., Geschichte der speciellen
Seelsorge in der vorreformatorifchen Kirche und der
Kirche der Reformation. 1. Hälfte. Berlin, Reuther
& Reichard, 1897. (VII, 234 S. gr. 8.) M. 5.—

Die Gefchichte der fpeciellen Seelforge ift bis zu
vorliegendem Werk noch nicht monographifch behandelt