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Ausgabe:

1898 Nr. 11

Spalte:

304-307

Autor/Hrsg.:

Stuhlfauth, Georg

Titel/Untertitel:

Die Engel in der altchristlichen Kunst 1898

Rezensent:

Hennecke, Edgar

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303 Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. II. 304

Cyrill deffen Ahhandlung De recta in Dominum nostrum
Jesum Christum Fide ad Thcodosium Imperatorem auf
Grund einer Copie, die ihm vom Autor gefendet worden
war, ins Syrifche überfetzte. Diefem Thatbeftande gegenüber
wäre man allerdings zu den kühnften Erwartungen
berechtigt und könnte hoffen, aus der fyrifchen Ueber-
fetzung eine Textgeftalt eruiren zu können, die der
Niederfchrift des Eufebius unmittelbar nahe ftünde, dagegen
von dem handfchriftlichen Texte fehr verfchieden
fei. Aber dies ift durchaus nicht der Fall. Vielmehr
fchliefst fich die fyrifche Ueberfetzung an den griechi-
fchen Text, obwohl diefer erft durch viel fpätere griechi-
fche Handfchriften uns überliefert ift, auf das engfte an.
Es kann fich darum für uns nur um die Frage handeln,
welcher der uns erhaltenen Handfchriften bezw. Hand-
fchriftengruppen der Text des Syrers am nächften fteht.
Dafür, dafs der Text des Syrers von unferem griechi-
fchen Texte nicht verfchieden ilt, find in erfter Linie
die Stellen beweiskräftig, wo man den griechifchen Text
für mehr oder weniger ftark interpolirt anfehen wollte (fo
z. B. II, 2522); denn auch hier geht die fyrifche Ueberfetzung
ganz mit dem griechifchen Texte zufammen (wogegen
von den Zufätzen, die fich nur in einzelnen Handfchriften
finden, in anderen dagegen ganz wie in der
fyr. Ueberfetzung fehlen, weiter unten die Rede fein
wird). Ebenfo ftimmen beide Texte auch 11,2320 genau
überein, wo Eufebius (nach dem Vorgange von Orige-
nes) etwas aus Jofephus vorführt, was in unteren Ausgaben
desjofephus fehlt, wo man alfo vermuthen könnte,
dafs diefes Plus auf fpätere Einfchaltung zurückgehe. Ferner
fehlt auch IV, 23 s am Ende die Stelle aus dem Briefe
der Gemeinde von Smyrna und ebenfo IV, 247 am Ende
der Ausfpruch des Sokrates, wodurch alfo erwiefen ift,
dafs Eufebius felber abfichtlich beide Stellen weggelaffen
hat. Weiter ftimmt die fyrifche Ueberfetzung mit dem
griech. Texte überein gegenüber dem Texte des Rufinus;
fo IV, 131 gegen Ende (wo Neander vermuthete, dafs
Rufin einen urfprünglicheren Text überfetzt habe), V,
21 ro (wo der Plural ,Propheten', den Rufin hat, auch von
Heinichen als urfprünglicher Text angefehen wird) und
V, 227 (bis zu 5 Löchern, flatt 7, wie Rufin hat). Schliefs-
lich ftimmt der Syrer auch an Stellen, wo neuere Gelehrte
(z. B. Valefius IV, 232 und IV, 251) anders lefen
wollten, mit dem uns vorliegenden Texte überein. Diefes
Refultat ift uns um fo wichtiger, weil andererfeits erfichtlich
ift, dafs fich der Syrer überall aufs engfte an feine Vorlage
anfchlofs, wie z. B. auch daraus hervorgeht, dafs er
von Eufebius fehr frei citirte Bibelftellen nicht nach
dem Pefchitthatexte corrigirt (fo z. B. Sap. Sah 619 f.
in V, los, wobei aber doch das mit dem Wortlaute von
V. 20 Uebereinftimmende auch in gleicher Weife wiedergegeben
ift), und dafs er auch der Verfuchung widerftanden
hat, da Zufätze einzufchalten, wo er jedenfalls beffer
als Eufebius unterrichtet war, fo z. B. IV, 37 in dem Ab-
fchnitte über Bardefan es).

Für die Frage nach dem Texttypus, der der fyrifchen
Ueberfetzung zu Grunde liegt, find in erfter Linie die
Zufätze entfcheidend, die verfchiedenen Handfchriften —
es find befonders A, Ea, H — gemeinfam find und die
fich auch bei Rufin finden. Alle diefe Zufätze fehlen
nämlich in der fyrifchen Ueberfetzung, fo dafs erwiefen
ift, dafs ihre Textvorlage einen älteren Typus als jene
Handfchriften repräfentirt. Es find dies die Zufätze in
I, 139 (aufser in A Ea FI auch in B, wenngleich hier nur
am Rande) nach Lämmer S. 72, Anm. 24; in I, 1311 (auch
in G, aber nur am Rande) nach L. 73 A. 38; in I,
1312 nach L. 74 A. 42; in I, 1313 nach L. 74 A. 46; in
III, 33 am Ende nach L. 223 A. 17; in III, 372 (auch in G:
am Rande); in VIII, 101 (auch in B, G, H: am Rande)
nach L. 629 A. ia (alfo die Ueberfchrift; doch fehlt im
Syr. auch der ganze vorhergehende Satz). Ferner fehlt
im fyr. Texte die Ergänzang zum S. Buche (Lämmer
S. 659—62), die in den Hs. A B C D Fa° H K N (aber

nicht bei Rufin) fich findet. Von fonftigen kleineren Zufätzen
und Lesarten werden am meiften die den Handfchriften
A und Ea (bezw. auch E&, die vielfach mit
Ea übereinftimmt) gemeinfamen nicht durch die fyrifche
Ueberfetzung bezeugt: S. 5 A. 4 (ebenfalls nach Lämmer)
'ivexev, S. 10 A. 9 der Zufatz, S. 15 A. 44 der Zufatz,
S. 15 A. 47, S. 18 A. 74 jtäOi, S. 22113 ixdoosiq (?),
S. 22 A. 5 (das Fehlen des xgcözog). Blofs mit Ea (nicht
zugleich mit A, wohl aber mit anderen Hs.) differirt der
Syrer z. B. in folgenden Stellen: S. 11 A. 17 öixatoovvrjg und
S. 15 A. 49 betr. des Plurals. Andererfeits ftimmt der
Syrer gelegentlich auch mit E» zufammen, z. B. S. 8 A. 25
betreffs des (auch in GHJ und O) fehlenden OmrvQ-a, S. 14
A. 32 betr. des fehlenden paorvQicöv, S. 71 A. 20, wo
ovxa/ia nur in Ea P und bei Rufin fteht, und A. 21 betreffs
des fehlenden 'EötGGnq. Aus den vorgeführten Bei-
fpielen erfieht man, dafs zwar eine faft durchgehende
Discrepanz mit einzelnen Handfchriften, vor allem mit
Ea, fodann mit A und H zu conftatiren ift; aber
eine gleichmäfsig durchgehende Uebereinftimmung mit
einzelnen anderen Handfchriften hat fich nicht nachweifen
laffen.1) Doch mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam,
dafs ich von vornherein keine durchgehende textkritifche
Erforfchung des fyrifchen Textes beabfichtigt, fondern
| nur einzelne Partien bezw. Stichproben herausgegriffen
j habe. Es ift fomit nicht ausgefchloffen, dafs eingehendere
Unterfuchungen ein fchärfer begrenztes und ficherer nachweisbares
Refultat ergeben als die meinige. Natürlich
mufs man auch hier, wie bei anderen derartigen Unterfuchungen
mit äufserfter Vorficht zu Werke gehen, da
den Abweichungen auch andere Gründe als abweichende
Textvorlage zu Grunde liegen können, wie z. B.
einerfeits Willkür des Ueberfetzers und andererfeits fe-
cundäre Textänderungen, von denen wir bereits oben
mancherlei Proben gegeben haben (ein intereffantes Bei-
fpiel für innerfyrifche Textverderbnifs ift z. B. auch dies,
dafs nach S. 320 Anm. 8 ftatt j. z-, = Masbothaei

L j.ÄÜ2uaio hat, was der Schreiber jedenfalls in feiner

Appellativbedeutung ,die Befleckten' gefafst hat). Auch
wird die textkritifche Arbeit nicht feiten dadurch beeinträchtigt
, dafs bei der Verkürzung des Ausdrucks gerade
charakteriftifche Wörter (wie z. B. S. 18 A. 81 xoQOg
bezw. xaQog) der ftiliftifchen Scheere des Syrers zum
Opfer gefallen find.

Wir möchten nicht fchliefsen, ohne Bedjan unteren
Dank für feine mühfame und forgfältige Arbeit ausge-
fprochen zu haben, deren Werth wir trotz mancherlei Aus-
(tellungen wohl zu würdigen wiffen.

Zürich. V. Ryffel.

Stuhltauth, Georg, Die Engel in der altchristlichen Kunst.

(Archäologifche Studien zum chrifflichen Altertum
und Mittelalter, herausgegeben von Johannes Ficker.
3. Heft.) Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1897. (VIII,
264 S. mit 2 Abbildungen, gr. 8.) M. 7.—

Die ausfichtsvoll unternommene Ficker'fche Sammlung
,Archäologifche Studien zum chrifflichen Alter-

1) Vgl. hierzu S. X der englifchen Ausgabe: .The testimony in
relation to Greek MSS is at first sight somewhat confusing, but 011
the TV ho Ii a noteworthy series of agreemtnts Ufiih Laemmer's favourite
MS. 0 [vgl. über diefes Lämmer p. 873 u. 877 sq. und hierzu Din-

j dorf p. IV] points to /hat as exhibiting a typt of ttxt at leasf as ne-
arly akin to the Syriac as any othtr. But the aecounts of many of the
MSS given on the one hartd by Button and on the other by Ladurner
and Heinichen are so diverse, that it seems at presentpremature to make

: any pronouncement on this subjict. — In diefem Zufammenhango fei
noch darauf aufmerksam gemacht, dafs in der Textvorlage des Syrers
auch Lesarten angenommen werden muffen, die fich in keiner der uns
erhaltenen Handfchriften nachweifen laffen: z. 13. I, 2, 23 yvtäoeojQ ftatt
yevtrfetoq (wo aber wahrfcheinlich nur der Zufammenhang, fpeciell das
unmittelbar folgende Siöucsxui.ittv, die Veranlagung war, dafs der Syrer
meinte, es miiffe yvuöaswq heifsen). Vgl. anderweitige Beifpiele a. a. O. S. X.