Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1898

Spalte:

243-244

Autor/Hrsg.:

Delehaye, Hippolyte

Titel/Untertitel:

Eusebii Caesariensis De Martyribus Palaestinae 1898

Rezensent:

Violet, Bruno

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

243

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Xr. 9.

244

Galaterbrief einfach als Ausflufs göttlicher Offenbarung gedacht und mit
dem Evangelium unter den gemeinfamen Begriff von Bündnifsen gebracht,
andererfeits aber wird, wie im Galaterbrief, in beftimmtem Unterfchiede
von dem das Gefetz als geiftlich bezeichnenden Römerbrief die durch
das Gefetz hervorgerufene Wirkung des Todes mit der eigenen Unvoll-
kommenheit des Gefetzes felbft in Verbindung gebracht'. Aber eben
dies ift zweifelhaft, ja wegen V. 13 f. unwahrfcheinlich. während es im
Galaterbrief noch viel deutlicher hervortritt, als S. Wort haben will, und
auch im Römerbrief, wo er es beftreitet, doch nicht fehlt. Liegt nun
fchon danach vielmehr die Reihenfolge : Korinther-, Römer-, Galaterbrief
näher, fo noch mehr nach der in ihnen fich findenden Beurtheilung der
Befchntidung und der jüdifchen Felle. Oder ift wirklich L Kor. 7,18 f.
im Ton des Galaterbriefs gehalten und entfpricht es den Erklärungen des
Römerbriefs, wenn l'aulus nicht nur 16,8 Dach jüdifchen Feiten rechnet
(was gar nichts beweift), fondern auch 5,7 für Korinth die jüdifche
Paffahfeier vorausfetzt? Mit Bezug auf diefen letzteren Punkt hätte Paulus
vielmehr nach der jetzt herkömmlichen Chronologie zunächlt (im Galaterbrief
) die jüdifche Anfchauung fchlechterdings verworfen, dann (im
L Korintherbrief) einfach wieder aufgenommen und fpäter (im Römerbrief
) nur bei den Schwachen tolerirt, um fie fchliefslich (Kol. 2,16 ff.)
wieder durchaus zu verwerfen! Aber wie konnte er dann jedesmal das
Rechte zu thun vollkommen überzeugt fein? Wie konnte er den Vorwurf
der Augendienerei nicht befürchten? So ift vielmehr fchon danach
eine geradlinige Entwickelung anzunehmen, die auch S. eingangs für von
vornherein wahrfcheinlicher erklärt — ganz abgefehen von den andern
Gründen für meine Anordnung der paulinifchen Hauptbriefe, die meine
Kritiker bisher noch nicht widerlegt haben.

Der Druck der ganzen Feftfchrift ift meift forgfältig,
finnftörende Verfehen oder Druckfehler find mir S. 10
Z. 10 v. o. (L: (apo)cryphon), S. u Z. 3. 6 v. o. (1.: Se-
tnitic), S. 27 Note 3 Z. 2 (1.: JV. T. peoplc), S. 72 Z. 18
v. u. (1.: v. 22), S. 169 Z. 16 v. u. (1.: Gal. i,i2), S. 178
Z. 13 v. o. (1.: txovreg), S. 196 Z. io v. o. (ftreiche: t7/c),
S. 258 Z. 16 v. o. 1.: xolaxtiaq), S. 340 Z. i v. o. (1.:
Kollektenreife), S. 341 Z. 8 v. u. (1.: Gal. 5,i1), S. 349
S. 6 v. u. (1.: nicht zu feinem ufw.), S. 350 Z. 9 v. o.
(1.: nach feinem Briefe) aufgeftofsen. Die Auffätze von
Kühl, Weifs und Titius find auch feparat in dem-
felben Verlag erfchienen.

Halle a. S. Carl Clemen.

Delehaye, Hippolyte, S. J., Eusebii Caesariensis De Martyribus
Palaestinae, longioris libelli fragmenta. (Analecta
Bollandiana.tom.XVI fasc. II) Bruxelles 1897. (38 S. 8.)

Der berühmte Bollandift giebt hier die Früchte
feines angeftrengten Studiums über die Paläftin. Märtyrer
des Eufebius. Es ift ihm bei der Durchforfchung
mehrerer Bibliotheken gelungen, werthvolle Bruchftücke
des griechifchen Textes längerer Faffung zu entdecken.
Während ich (Texte und Unterfuchungen XIV, 4. 1896)
nur die Freude hatte, das Martyrium der Theodofia in
einer Münchener, am Ende verftümmelten Hdf. aufzufinden
, die lateinifche Ueberfetzung der Martyrien des
Apphianus und Aedefius nach Lipomanus wieder bekannt
zu machen und die werthvollen Stücke aus dem
Synaxarium Sirmondi herauszugeben, bietet uns D. jetzt
die Originalfaffungen der Martyrien des Apphianus und
Aedefius nach zwei, der Theodofia nach zwei, des Pam-
philus nach vier Hdf. und den lateinifchen Text des
Martyriums des Prokopius nach acht Hdf. Damit hat
er unfere Kenntnifs jener Texte ganz wefentlich vermehrt,
wenn auch zu beklagen ift, dafs nur die fchon bis dahin
beftbekannten Stücke jenes Werkes hiervon Vortheil
haben. Gerade D.'s verdienftvolle Durchforfchung der
Bibliotheken macht es wahrfcheinlich, dafs wir wenig
Ausficht haben, über die dunkleren Abfchnitte, befonders
über den Anfang und Schlufs der Originalfaffung Sicheres
zu erfahren.

Gehen wir auf die Einzelheiten näher ein, fo ergiebt
fich für das Martyrium des Prokopius, dafs der bisher
vorliegende lateinifche Text mangelhaft war. Aus den
werthvollen Angaben S. 115 hebe ich nur den Satz:

,Dies erat Jidii mensis, quae septimum idus inlias dicitur
apud Latinos1, hervor, der endgiltig mit der falfchen Lesart
Desü septima aufräumt. Doch möchte ich vorfchlagen,

! ftatt yulii, iulias vielmehr jfiuiii, iunias zu lefen; nur
! dann ftimmt die occidentalifche Berechnung mit der
orientalifchen (7. Heziran) auf den 7. Juni überein,
während bei der Lesart der Hdf. der 9. Juli herauskäme.

Wichtiger als dies find die drei griechifchen Original-
ftücke zu Pamphilus, Theodofia, Apphianus. Für das
Martyrium des Pamphilus verbeffern die neuen Lesarten
den Text bedeutend, wenn ich auch glaube, dafs der
gelehrte Herausgeber den Werth der verwandten Hdf.
I WO gegenüber P manchmal überfchätzt hat. Einzelne
I meiner a. a. O. vorgefchlagenen Conjecturen werden
durch dieHdf.gebilligt,andere verworfen. Jedenfalls ermög-
j licht das vorliegende Material jetzt die in E. Preufchen's
j Recenfion meiner Arbeit (Jahrg. 1897 d. Bl.) gewünfchte
Herftellung eines guten Textes. Die neugefundene Hdf.
zum Martyrium der Theodofia hat den grofsen Vorzug,
[ vollftändig zu fein, während der von mir veröffentlichte
j Text der Münchener Hdf. nach der Rede abbricht,
j Sonft ftimmen beide wefentlich überein. Der neue Schlufs
beweifst, dafs die lange Rede Zuthat des Syrers (theil-
weife der Syrer) ift und dafs A dem Griechen häufig
j näher fleht als C. Befonders wichtig aber für die Kritik
ift das Martyrium des Apphianus. Hier zeigt fich in der
grofsen Mehrzahl der Fälle, dafs, wie ich behauptet habe,
die Zuverläffigkeit des Syrers C zweifelhaft ift. Als
feine Zuthaten erweifen fich jetzt, gegenüber dem
Griechen und Syrer A viele Zufätze erbaulicher und
1 perfönlicher Art, fo dafs ich mein Urtheil über das Ver-
j hältnifs der Texte ,längerer Faffung' unter fich und das
der Jüngeren' zur .kürzeren' Faffung im Wefentlichen
beftätigt fehe. Mein Vorgänger bei der Arbeit an den
Paläftinifchen Märtyrern und nachheriger Kritiker J. Viteau
! findet in der Veröffentlichung D.'s die ihm gebührende
Beachtung.

So find wir denn durch Delehaye's Arbeit in der
Kenntnifs des werthvollen Buchs bedeutend gefördert
1 worden und danken dem gelehrten Verfaffer für feine
' Mühen.

Berlin. Bruno Violet.

----.

Wilpert, Joseph, Die Malereien der Sacramentskapellen
in der Katakombe des hl. Callistus. Mit 17 Illuftrationen.
Freiburg i. B., Herder, 1897. (XII, 48 S. Lex. 8.)

M. 3.60

Jofeph Wilpert in Rom, fchlefifcher Abkunft, Mon-
fignore und Dr. theol. (von Münfter i. W.), hat fich feit
1891 durch die Veröffentlichung von Studien über die

| Katakombenmalereien bekannt gemacht, die, bei Herder
in Freiburg i. B. erfchienen (Folio), fämmtlich vorzüglich

[ ausgeftattet find (Die Katakombengemälde und ihre alten
Copien 1891. Ein Cyklus chriftologifcher Gemälde aus
der Katakombe der hl. Petrus und Marcellinus 1891.
Die gottgeweihten Jungfrauen in den erften Jahrhunderten
der chriftlichen Kirche 1892. Fr actio panis. Die
ältefte Darfteilung des euchariftifchen Opfers in der „Cappella
Greca" 1895). Der Hauptwerth feiner Arbeiten,
unter denen die erftgenannte wegen ihres kritifchen Gehaltes
den Vorrang verdient, liegt in der Sorgfalt, mit
der er die einzelnen Gemälde veröffentlicht (das hervor-
ragendfte findet fich auf Taf. I der „gottgew. Jungfrauen")
und in dem Eifer, mit dem er fich auf die Befchreibung,
aber auch Neuentdeckung derartiger Gemälde wirft.

Die Fresken der fogen. Sacramentskapellen, um die
es fich in dem vorliegenden Schriftchen handelt, find

I nahezu die bekannteften unter den Katakombengemälden.
Denn fie werden dem grofsen Publikum der Romfahrer
gezeigt, und ihre Deutung befchäftigt feit ihrer Auffindung
das Intereffe der Archäologen. Der Name fchreibt
fich, feit P. Marchi, dem Vorgänger de Rossi's, von dem

! eigenartigen Bilderfchmucke her, in welchem neben zwei

I Taufbildern mehrere Mahlbilder auftreten mit eucharifti-