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Ausgabe:

1898 Nr. 8

Spalte:

223-225

Autor/Hrsg.:

Lossen, Max

Titel/Untertitel:

Der Kölnische Krieg. 2. Band 1898

Rezensent:

Trefftz, J.

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 8.

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des Weifen und feines Spalatin begründet. Jedenfalls
hat Melanchthon 1520 unter den Lectionen, die man
,in. artibus in allewege haben mufs', lectionem historicam
mit aufgeführt (Hartfelder, Melanchthoniana paedag. 76;
vgl. auch Corp. Ref. I, 362). Wenn irgendwo, fo fand
Luther gerade in Wittenberg die gröfste Anregung für
gefchichtliche Studien. — Zu dem Urtheil S. 19, wonach
Luther's Auffaffung vom praktifchen Werth der Gefchichte
als ,modern1 und in damaliger Zeit feiten bezeichnet wird,
mufs ich ein ftarkes Fragezeichen machen. Schon ein Blick
in Voigts ,Wiederbelebung des klaffifchen Altertums'
II, S. 495 hätte Sch. eines Befferen belehren können.
Doch ich breche endlich ab! Nur fei noch bemerkt,
dafs S. 46 Z. 8 v. oben ftatt ,vor dem zweiten Sylvefter' I
zu lefen in: ,vor den Zeiten Sylvefters' (es ift Sylvefter I.
gemeint). —

Wir fcheiden von diefer Arbeit mit dem Bedauern,
dafs fo ernftem Fleifse und fo gewiffenhafter Sorgfalt
es nicht gelungen ift, die geftellte Aufgabe vollkommen
zu löfen und fo einen vollen Erfolg zu erringen. Für
das Gute und Brauchbare feiner Arbeit wird ihm jeder
Lutherforfcher Dank wiffen.

Jena. Drews.

Lossen, Max, Der Kölnische Krieg. 2. Band. Gefchichte
des Kölnifchen Kriegs 1582—1586. München, G. Franz,
1897. (XVI, 694 S. gr. 8.) M. 10.—

Der erfte Band, des vorliegenden Werkes ift von dem
verdorbenen Zoepfel in diefer Zeitfchrift, Jahrgang 1883
No. 13 Sp. 298—302 befprochen worden. Er behandelte
die Vorgefchichte des Kölnifchen Krieges ,d. h. die Er-
eignifse und Verhältnifse, welche in den Jahren 1565 bis
1581 zur Schürzung des Knotens führten, der dann im
Kölner Krieg eine gewaltfame Löfung fand', und ift mit
Recht als eine tüchtige Leiftung auf dem Gebiete der
Gefchichte des 16. Jahrhunderts von den Fachgenoffen
anerkannt worden. Nunmehr, nach Ablauf von mehr
als 15 Jahren, ift der zweite Band gefolgt, der das Werk
zum Abfchlufs bringt. Angelegenheiten perfönlicher (
Natur, fowie Publicationen anderer Art, unter denen wir j
die Ausgabe der Mafiusbriefe hervorheben möchten, find j
es gewefen, die diefe lange Verzögerung herbeigeführt
haben. In diefer Zwifchenzeit ift nun aber gerade auf j
dem Gebiete, das Loffen behandelte, fleifsig gearbeitet 1
worden, fowohl was die Veröffentlichung von Quellen,
als auch die Darfteilung anlangt. Die Briefe des Pfalzgrafen
Johann Cafimir von v. Bezold, die Nuntiaturberichte
aus Deutfchland, welche Hänfen und Ehfes aus dem
Vaticanifchen Archive publicirt haben, bieten wichtiges J
Material über den Gegenftand in Fülle. Moriz Ritter hat
in feinem mit unbefangener Kritik gearbeiteten und gut
gefchriebenen grofsen Werke ,Deutfche Gefchichte im
Zeitalter der Gegenreformation' eine vortreffliche Ge-
fammtdarftellung gegeben, welche vorausfichtlich längere j
Gültigkeit behalten wird. Trotzdem ift Loffen's Arbeit
keineswegs als überflüffig zu bezeichnen; augenfcheinlich
mit grofser Liebe und Plingebung an den Gegenftand 1
bis ins kleinfte Detail hinein gearbeitet, erweitert fie
unfere Kenntnifs der verwickelten Verhältnifse, die in
Frage kommen, erheblich. Die gedruckte Literatur ift
vom Verfaffer in umfaffender Weife herangezogen, da- j
mit Hand in Hand geht die gewiffenhafte, manchmal
in der Gründlichkeit faft zu weit gehende Verwerthung
eines reichen ungedruckten Materials, das hauptfächlich
den Archiven in Dresden, Düffeldorf, München und Wien
entflammt. Verzeichnifse diefer Archivalien und der abgekürzt
citirten Werke dienen zur willkommenen Orien-
tirung; auch diesmal wieder ift vor jedem einzelnen Ca-
pitel das einfchlägige Material zufammengeftellt, wobei
allerdings etwas gröfsere Knappheit hier und daerwünfcht
gewefen wäre.

Nach einem einleitenden Capitel, das die Schärfung
der religiöfen Gegenfätze im Reiche zur Zeit des Augsburger
Reichstages von 1582 behandelt, die in der Aachner
Sache und dem Magdeburger Seffionsftreit befonders
zum Ausdruck kamen, beginnt Loffen feine Darfteilung
im 1. Buche mit dem zuerft geheimen Uebertritt des Kur-
fürften Gebhard Truchfefs zum Proteftantismus, dem
bald dann der offene Abfall von Rom folgte. Bekanntlich
war es ein Liebesverhältnifs zur Gräfin Agnes von
Mansfeld, das diefen Schritt herbeigeführt hat. Während
aber fein Vorgänger, Salentin von Ifenburg, um fich zu
verehelichen, refignirt hatte, verfuchte Gebhard einmal
die kurfürftliche Würde beizubehalten, andererfeits für
fich und fein Erzftift die Freiftellung der Religion zu erlangen
. Ein derartiger Verfuch widerfprach aber dem
geiftlichen Vorbehalt des Augsburger Religionsfriedens
von 1555, dem die Proteftanten zwar nie zugeftimmt
hatten, den aber die katholifche Partei im Reiche, der
Kaifer an der Spitze, als bindend betrachtete. Der
glückliche Ausgang eines derartigen Verfuches hätte
weiter dahin geführt, den Proteftanten im Kurfürftenrath
die Majorität zu verfchaffen, dadurch wäre das Fort-
beftehen der Kaiferwürde beim Haufe Oefterreich ernft-
lich in Frage gehellt worden. Bald hellte fich aber heraus
, dafs das Domcapitel und die Stände des Stiftes in
der Mehrzahl dem Vorgehen Gebhard's feindlich gegenüber
handen; es kam — dies der Inhalt des 2. Buches —
zum offenen Kriege zwifchen dem Domcapitel und dem
Kurfürhen. In diefen Streit nun griffen, während Gebhard
bei den protehantifchen Fürhen der gröfsten Engherzigkeit
, Theilnahmlofigkeit und Zurückhaltung begegnete
, die grofsen katholifchen Mächte mit Ent-
fchiedenheit ein, vor Allem der Papft. Gebhard Truchfefs
wurde exeommunicirt und privirt, worauf, nicht ohne Anwendung
zweifelhafter Mittel, an feiner Statt Herzog
Ernh von Bayern, der als Bifchof fchon Freifing, Hildesheim
und Lüttich befafs, am 23. Mai 1583 zum Kurfürhen
von Köln gewählt wurde. Der neue Kurfürh fand bei
feinen Glaubensverwandten, feinem eigenen Haufe, ins-
befondere bei feinem Bruder, Herzog Wilhelm, und beim
Statthalter König Philipp's, Alexander von Parma, die
kräftighe, nachhaltighe Unterhützung, auf der anderen
Seite erfchien der kriegsluhige Pfalzgraf Johann Cafimir
mit einem Heere für Gebhard Truchfefs im Felde. Wie
bekannt, nahm der Kampf zwifchen Bayern-Spanien und
der Pfalz, den Loffen im 3. Buche fchildert, einen kläglichen
Ausgang für den Pfälzer. Damit war auch zugleich
die Niederlage Gebhard's, deren Darheilung das 4. Buch
gewidmet ih, fo gut wie befiegelt. Die wenigen fehen
Stützpunkte, wie Bonn und Godesberg, die der abgefetzte
Kurfürh im Erzhift noch befafs, fielen nach und nach
in die Hände der Feinde. Mit der Rückeroberung des
Herzogthums Wehphalen für Herzog Ernh und der
Flucht Gebhard's nach den Niederlanden endete der
Kampf zu Gunhen des Bayern, dem es nach einiger Zeit
auch glückte, ins Kurfürhencolleg aufgenommen zu werden
. In nur lofem Zufammenhange mit dem eigentlichen
Thema heht dann das 5. Buch, in welchem vornehmlich
die Befetzungsverhältnifse der wehphälifchen und nieder -
fächfifchen Hochhifter zur Zeit des Kölnifchen Kriegs
und die Wahl Kurfürh Ernh's zum Bifchof von Münher
behandelt werden. Die Darheilung des im Erzhift Köln
noch fortdauernden Kampfes und ein gut gefchriebener
Rückblick, der das ganze Thema in knappen grofsen
Zügen noch einmal an unfern Augen vorüberziehen läfst,
bringt das 6. und letzte Buch. Ein mit grofser Sorgfalt
gearbeitetes Regiher erleichtert die Benutzung des ganzen
Werkes wefentlich.

Die Gefahr, feinen Stoff von confeffionell einfeitigem
Standpunkte aus zu behandeln, die ziemlich nahe lag,
hat Loffen gefchickt und glücklich vermieden. Die Unter-
fuchung ih durchaus fachlich mit ruhigem, nüchtern abwägenden
Urtheile durchgeführt, eine Vorliebe für eine