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Ausgabe:

1898 Nr. 7

Spalte:

191-192

Autor/Hrsg.:

Sachs, Hirsch

Titel/Untertitel:

Die Partikeln der Mischna. Diss 1898

Rezensent:

Schwally, Friedrich

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 7.

192

Textkritik kommt erft in zweiter Linie. Aber für diefe
fpringt längft nicht fo viel heraus als man vielfach glaubt.
Es find in den letzten Jahren mehrere Werke über Jefu
Mutterfprache erfchienen, und diefe Literatur fcheint mir,
wenn anders ich die Zeichen der Zeit verflehe, immer
mehr anzufchwellen. Diefe Verfuche haben mit einem
ziemlichen Fiasko geendigt; aber nicht in erfter Linie
deshalb, weil die Verfaffer fich noch längft nicht genügend
fyrifches Sprachgefühl erlefen hatten, fondern aus
Gründen, die in dem Verhältnifs des griechifchen Textes
zu den fyrifchen Verfionen liegen. (Vgl. hierzu meine Ausführungen
in diefer Zeitung vom 3. Febr. 1894.) Das
Wichtigfte ift, dafs der Exeget des neuen Teftamentes
die evangelifche Ueberlieferung zuweilen in fyrifchem
Gewände überhaupt auf fich wirken laffe. Da tritt die
eigenthümlich femitifche Färbung der Religion Jefu, die
ihr bei allem Univerfalismus doch anhaftet, viel fchärfer
hervor.

Indem ich mir vorbehalte, an einem anderen Orte
noch ausführlich auf die fchwierigen Stellen unferes
Lectionars zurück zu kommen, merke ich nur ein paar
Kleinigkeiten an. Karfchunifche Worte finden fich nicht
nur in der Ueberfchrift von Lection 34 (f. p. VII, 2),
fondern auch Lect. 23 (p. 22). — ,_io ,von Gott'

deutet den Sinn des paulinifchen jtgbq zbv d-töv in be-
merkenswerther Weife realiftifch um (Rom. 5, 1).
S. XXI unter 4.2 ift zu uoaia*j noch ^^.v „<.„.v.n

(^ULLw) anzuführen. S. XXVI zu 16, 11 die Ausfprache
qtjam'tha ift offenbar ältere Ausfprache als qejdmtä.
Dagegen ift es wahrfcheinlich, dafs die Lefung 1 a ■ . - nur

auf einem Verfehen beruht. Was auf S. XL f. über
zufammengeftellt ift, find Curiofitäten, die keinen

grofsen Werth haben. Die verfchiedenen dialektifchen
Ausfprachen des gemeinfemitifchen OKI ,Kopf gehen
natürlich fämmtlich auf ra's zurück.

Von grofsem Werthe ift die Thatfache, dafs ver-
fchiedene Perikopen mehr als einmal vorkommen, nämlich
Prov. 1, 1—9, Zach. ii, ij>—u, Phil. II, 5—11, Hebr. 2,

11—18, 9,11—15, 11,9—25.

Die Edition verdient das gröfste Lob. Und man
kann der verehrten Herausgeberin, Mrs. Lewis, fowie
ihrer treuen Mitarbeiterin, Mrs. Gibfon, nicht genug Anerkennung
und Bewunderung zollen. So lange es eine
orientalifche Wiffenfchaft giebt, werden ihre Namen un-
vergeffen bleiben.

Strafsburg Elf. Fr. Schwally.

Sachs, Hirfch, Die Partikeln der Mischna. Inaugural-Diff.
Berlin, Mayer & Müller, 1898. (51 S. gr. 8.) M. 1.50

Das ift eine fehr brauchbare Zufammenftellung, die
auch mit hinreichender Kenntnifs der einfchlägigen Literatur
und mit befonnenem philologifchen Takte unternommen
ift. Im Einzelnen ift aber Manches zu bean-
ftanden. S. 9 Anfang heifst es: ,Wie in den übrigen Dia- [
lekten, fo find auch im Mifchnifchen vielfach Nominalformen
als Adverbien im Gebrauch'. Das ift doch fehr
irreführend, da alle Adverbien fchliefslich Nominalformen
find und grammatifch nur zwifchen folchen zu fcheiden
ift, die noch wirklich als Nomina gebräuchlich find,
anderen, die nur noch adverbial gebraucht werden und
drittens folchen, deren nominaler Charakter durch Wegfall
von Silben oder durch Contractionen undurchfichtig
gewordenift. — S. Ii. Dafs -|8p bezw. -ftSpi* durch ,Laut-
wechfel' aus "ifitf entftanden fei, wird niemand glauben.
— S. 15 § 17 ift eine Meinung Nöldeke's irrig wiedergegeben
. Derfelbe leitet in Mandäifche Grammatik S. 202
Anm. 2 die fyrifche Partikel >c^ nicht aus m -f- 3
her, wie Sachs behauptet, fondern ganz richtig aus

-f- na. Was in aller Welt follte auch DI fein! Ob
Nöldeke's Bedenken gegen die Erklärung von 133 ,fchon'

aus der Wurzel "QD berechtigt find, ift mir nicht ganz
ficher. — S. 20 § 25. ift beffer als durch ,aberf mit
,doch' zu überfetzen. Sachs behauptet, dafs dies
eigentlich eine Fragepartikel fei. Ich glaube, dafs das
Umgekehrte richtiger ift. — S. 31 § 64, 1. Anm. Man darf
nicht kurzer Hand fagen, dafs die Wurzel n*ia mit arab.
identifch ift, da ein folcher Lautwandel fonft nicht

vorkommt. Diefe Vermuthung ift nur unter der Vor-
ausfetzung annehmbar, dafs MTS eine Verderbnifs oder
Spielform aus oijo darfteilt. — S. 38 § 79 würde es fich

empfehlen, auf das etymologifche Problem von fiüntt
näher einzugehen. Vielleicht bedeutet das Wort eigentlich
,aus Zorn über'. — Eine fehr gute Beobachtung des
Verfaffers ift die, dafs ,die Zufammenftellung von i~iH
,fiehe' mit La?oi und ^.sozjoi nicht ohne Bedenken ift, einmal
wegen des langen Vocales des 01, dann, weil neben
ihnen XDü und Qlnü flehen'. Ich felbft lehre fchon lange,
dafs sAm aus haEoi entftanden ift rnit Uebergang von L
in R. Wenn ^ZeZ'im auch keine Form mit L neben fich
hat, fo kommt doch <_iozE (analog J^E.) allein vor.

Strafsburg Elf. Fr. Schwally.

Buttenwieser, Dr. Mofes, Die hebräische Elias Apokalypse

und ihre Stellung in der apokalyptifchen Litteratur
des rabbinifchen Schrifttums und der Kirche. I. Hälfte.
Kritifche Ausgabe mit Erläuterungen, fprachlichen
Unterfuchungen, und einer Einleitung nebft Ueber-
fetzung und Unterfuchung der Abfaffungszeit. Leipzig,
E. Pfeiffer, 1897. (VII, 82 S. gr. 8.) M. 3.—

Eine hebräifche Elias-Apokalypfe hat Jellinek in
feinem Bet lia-Midrasch III, 1855, S. 65—68, nach einem
Saloniker Druck von 1743 mitgetheilt. Diefelbe exiftirt
aber auch in einer Münchener Papierhandfchrift des 15.
Jahrhunderts, welche Jellinek nicht berückfichtigt hat.
Da fie nicht ohne Intereffe auch für den chriftlichen Theologen
ift, fo ift es fehr dankenswerth, dafs Butten-
wiefer auf Grund der Münchener Handfchrift eine ver-
befferte Ausgabe veranftaltet hat und zugleich durch
Hinzufügung einer deutfchen Ueberfetzung und erläuternder
Anmerkungen das bisher wenig beachtete Schriftchen
dem Verftändnifs weiterer Kreife zugänglich gemacht
hat.

Der politifche Hintergrund charakterifirt fich durch
den Satz, mit welchem die eigentliche Weiffagung beginnt
: ,Der letzte König in Perfien (deffen Name
vorher Kefra genannt war) wird in drei aufeinanderfolgenden
Jahren gegen das römifche Reich (in den
Krieg) ziehen; fchliefslich wird er fich zwölf Monate lang
in demfelben ausbreiten. Und drei Kriegshelden werden
ihm entgegenziehen vom Meere; aber fie werden
in feine Gewalt überliefert werden'. — Die drei Feldzüge
werden nun näher befchrieben. Der niedrigfte unter den
Königen (welche gegen den König von Perfien ziehen)
ift der Sohn einer Sklavin und heifst Gigit. Den zweiten
Krieg führen Demetrus der Sohn des Poripus und
Anpholus der Sohn des Panpus. Den dritten Krieg
führen Mks .... Kirtlas. Nicht recht klar ift, was
aus dem Könige von Perfien wird, da bereits im zweiten
und dritten diefer Kriege der Meffias felbft als der fieg-
reiche Herrfcher erfcheint. Der Name des Meffias ift
Winon, wofür offenbar Jinnon zu lefen ift, denn dies
kommt auf Grund von Pfalm 72, 17 auch fonft in der
rabbinifchen Literatur als Meffiasname vor (die Verthei-
digung der Urfprünglichkeit von Winon durch Butten-
wiefer fcheint mir wenig glücklich). Nach Befiegung der
Heiden herrfcht der Meffias 40 Jahre lang. Dann kommen
Gog und Magog und fammeln alle Heiden um
Jerufalem. Aber fie werden vernichtet und alle Heiden-
ftädte zerftört. Hierauf bricht der jüngfte Tag an, der