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Ausgabe:

1898 Nr. 6

Spalte:

179-181

Autor/Hrsg.:

Kolde, Theodor (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte. 3. Bd 1898

Rezensent:

Bossert, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 6.

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vom 30. Dez. 1537 datirt, denn man rechnete das neue ! Sugenheim werden durch einen Auszug aus dem Index
Jahr von Weihnachten an. Ergreifend ift der vierte Ab- ; wefentlich herabgeftimmt, obfchon fich noch allerlei in-
fchnitt ,die Kataftrophe', welche fchon des Verf Grofs- tereffante Acten dort finden. Aber es ift doch fraglich,
vater, Hofrath Iffel, im ,Konftanzer Sturm' (Belle-Vue ob der Index vollftändig ift. Die Familie von Secken-
1846) eingehend behandelt hatte. dorff dürfte wohl einmal ihr Archiv öffnen, um Klarheit

Nabern G Boffert zu lcnaffen> wie viel der brave V. L. v. Seckendorff aus

den Familienarchiven gewann. Die Frage nach dem
Alter der Kirchenbücher wird durch J ordan's Unterfuch-
Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte, herausgegeben ungen über die Nürnberger Kirchenbücher gefördert,
von Prof. D. Theodor Kolde. III. Bd. (IV, 294 S. j Er weift ^ die Ehebücher Mich. 1524 zu S. Lo-

n t— 1 t o »« renz und Sebald beginnen, die laufbucher aber Anfang

gr. 8.) Erlangen, F. Junge, 1897. M. 4.— ; 1533, ais die Brandenburg-Nürnbergifche Kirchenordnung

Die Zeit bringt es mit fich, dafs nahezu 80% des reich- ins Leben trat, während das Bedürfnifs für Ehebücher
haltigen Bandes fich der Gefchichte des 16. Jahrhunderts j fchon hervorgetreten fein dürfte, als man fich von der
zuwenden. Denn wenn auch die Hochfluth der ultramon- ' Competenz des bifchöfiichcn Ehegerichts losfagte. Die
tanen Entftellung der Reformation fichtlich im Rückgang : Todtenbücher aber find zunächft nur Belege für Verrech-
ift, fo gilt es immer noch Gefchichtslügen genug zu I nung der für das keineswegs allgemein übliche Todten-
widerlegen und neues Licht zu fchaffen. Das Bild Janf- j geläute erhobenen Gebühren, daher fie auch weiter zu-
fen's von der Herrlichkeit der mittelalterlichen Kirche ' rückreichen. Intereffant ift die Vertheidigungsfchrift des
bekommt einen neuen Stöfs durch Braun ,Zur Gefchichte trefflichen Memminger Hans Ehinger gegen Verleum-
des Auguftinerinnenkloffers zu Memmingen', wozu Roh- ! düngen, an denen fich 1539 auch die Prediger Schuler
ling, Die Reichsftadt Memmingen in der Zeit der evgl. 1 und Wagner betheiligten. Braun giebt hier gutes Ma-
Volksbewegung S. 64 ff. zu vergleichen ift. Befonders zu terial für ein Lebensbild Ehinger's. Eine Gefchichtslüge
beachten find die Klagen der Nonnen über den Geiz befeitigt Ney, indem er nachweift, dafs es fich in Speier
der Auguftiner und ihre Saumfeligkeit im Gottesdienft 15726". um Kämpfe zwifchen Lutherthum und Kalvinis-

S. 235. S. 230 h Z. 13 Sti.....S. 232 Z. 8 v. u. 1. Zar- ' mus mit allerlei häfslichen Scenen, aber keineswegs um

gen (Mauerwerk) S. 233 1. ? entfetzt. Für die Reforma- I ,Aufruhr' handelte, an denen der Kalvinift G. Infantius be-
tionszeit fclbft giebt der 3. Band der Beiträge eine ganze j theiligt war. Die Gegenreformation im Herzogthum
Reihe Briefe, welche theils felbftftändig, theils als Beigabe j Sulzbach, welche Lauter behandelt, wirft auf das Wittels-
zu andern Arbeiten gedruckt find. Enders vollendete I bacher Regiment ein neues Licht. Eine lichtvolle Arbeit
das forgfältig erläuterte Briefbuch Löner's, das ebenfo 1 bietet H. v. Schubert ,der Streit über die Lauterkeit der
für die fchwäbifche wie für die fächfifche Reformation Nürnbergifchen Ceremonien in der Mitte des 18. Jahr-
von Werth ift. Paul Schnepf von Sulzbach S. 136 wird j hunderts'. S. 197—227, wozu noch die Bemerkungen
nach Crusius Annales Suevici ad 1552 am 9. Febr. 1552 i Kolde's gegen Smend zu vergleichen find S. 79ff. Hier
Magifter in Tübingen. Ref. freut fich befonders an dem j der gelehrte Nürnberger Diakonus Carl Chriftian Hirfch
Brief Frecht's v. 7. Juni 1545 S. 89 fr. und dem von Brenz ; als etwas fchwerfälliger Anwalt der im Wefentlichen aus
vom 27. Oct. 1545 S. 139. Kolde veröffentlicht 3 Briefe ' dem Jahr 1524 flammenden Nürnberger Gottesdienftord-
mit einer längeren Einleitung. Befonders verdient Billi- nung, dort ein in der Gefchichte der Reformation nicht

kan's Brief an Spalatin vom Sommer 1524 S. 83 mit der
Anm. 4 Beachtung (Ueberfetzung einer Schrift Luther's
de Missa durch Spalatin), wie die Bemerkungen über
Andreas Döber's Schrift ,Von der evangelifchen Meffe'
und die Gottesdienftordnung in Nürnberg S. 766". Ebenfo
veröffentlicht Kolde 13 Briefe zur Gefchichte der Reformation
in Rothenburg, wodurch die Correfpondenz von

genügend unterrichteter Anonymus, welcher die Bedürf-
nifse der Gegenwart mit ihrer praktifch gerichteten Frömmigkeit
vertritt, aber aber auch die alte Eiferfucht zwifchen
der Markgraffchaft Brandenburg-Ansbach und
Nürnberg nicht verleugnete. Lehrreich ift der Nachweis,
dafs die altehrwürdige Gottesdienftordnung nicht etwa
nur dem nüchternen und gefchmacklofen Rationalismus,

Brenz und Melanchthon bereichert und die Perfönlich- fondern auch dem Pietismus erlag, vgl. das Urtheil
keit des verdienten Bürgermeifters Jon. Hornburg ins Schöner's im Tagebuch des badifchen Vikars Rink, das
Licht geftellt wird. Zu S. 173 Anm. 4: Hornburg wird S. 190 von Kolde mitgetheilt ift. Die ganze Abhandlung
zu Heinrich von Braunfchweig bei deffen verheerendem 1 ift auch für die heutigen Beftrebungen lehrreich. Eine
Rachezug nach Franken, wo feine Schaaren bis nach | fehr dankenswerthe Gabe für die Kirchengefchichte des
Creglingen kamen, (Ranke 5, 247. Befchreibung des 19. Jahrhunderts bilden die von Mirbt mitgetheilten
O. Amts Mergentheim S. 5126) in Beziehung getreten fein. [ Briefe von Harlefs an feinen Schwager, den Naturforfcher
Ein Lebensbild des Bamberger Reformators Joh. Schwan- Rud. Wagner in Göttingen, von 1853—1863, welche nicht
häufen zeichnet Erhard, währendKawerau zu dem kur- j nur die Gefchichte Bayerns in jener Zeit und die kirch-
zen, aber mit fcharfen Zügen gezeichneten Lebensbild liehen und politifchen Ereignifse, wie auch hervorra-
von Joh. Draconites als werthvolle Beilagen 3 ungedruckte ! gende Perfönlichkeiten und literarifche Erfcheinungen beBriefe
an J. Jonas von Eoban Heffus und Draconites, wie leuchten, fondern auch den Lefer für Harlefs einnehmen.

des letzteren interefiante Gedächtnifsrede auf Luther
aus einem verfchollenen Druck giebt. S. 262 Z. 10 ift
Signum pänariutn wohl das Hungertuch, das man in der
Faftenzeit von einer geiftlichen Körperfchaft bezog, um
es in der Kirche aufzuhängen. Dann müfste Jonas da-

Man begegnet überall einem überrafchenden gefunden
Urtheil z. B. S. 27 über die Stellung ftädtifcher Pfarrer
gegenüber ländlichen, (was Harlefs über ,die menfeh-
liche Beigabe' fagt, läfst fich allenthalben beobachten)
über Löher S. 28, 40, über Stahl S. 29, über Frohfehammer

mals bei dem Vorftand jener Körperfchaft geweilt haben i S. 30, über den fakramentalen und minifterialen Amtsbe-

(liosßitem), welche das Hungertuch nach Erfurt lieferte
Kolde behandelt auch den evangelifchgewordenen Würz
burger Weihbifchof Joh. Bettendorfer und den Mathe
matiker und Geographen Jak. Ziegler aus Landau an der
Ifar biographifch. Die Arbeit von Weigel ,Zur Gefchichte

griff S. 32, über Hofmann's Protuberanzen und Extravaganzen
' S. 32, über Günther S. 34, Delitzfch und Fabri
S. 34 vgl. S. 46, über die Theofophen S. 38, ,das neue
Hochkirchenthum' S. 39, 41, 44 ff., Minifter Zwehl und
den ihm gefetzten Spitzel S. 40, Bunfen S. 29, 42. Viel

des Rothenburger Gymnafiums' hätte noch durch reichere Mutterwitz fteckt in diefen frifch gefchriebenen Briefen.
Mittheilungen aus der S. 2766 erwähnten Correfpondenz j Vgl. z. B. S. 29; In unferer Zeit bringen es die Hennen
gewonnen. Als Anhang giebt W. einen unbekannten vor lauter Gackern nicht zum Eierlegen. Brunner's BeBrief
von Jurt. Jonas v. 3. Juli 1553. Die Hoffnungen rieht über die deutfehen Handfchriften für bayrifche KG.
auf reiche Schätze im v. Seckendorff fchen Archiv zu '< in der franzöfifchen Nationalbibliothek beweift, dafs dort