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Ausgabe:

1897

Spalte:

170-173

Autor/Hrsg.:

Bovon, Jules

Titel/Untertitel:

Dogmatique chrétienne. Tome II 1897

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1S97. Nr. 6.

i/O

eine Reihe von Erkenntniffen entdeckt, die bei Zwingli Bovon, Prof. Jules, Dogmatique chretienne. Tome II. [Auch
/.um Theil fchon klar ausgefprochen, erft in fpäteren unter d. T.: Etüde sur l'oeuvre de la redemption,
Jahrhunderten zum Durchbruch kamen oder auch noch jetzt 2 partie. La Formuie dogmatique, Dogmatique chre-

nach Durchbruch ringen, fo entfpricht die vorhergehende „, ^o TT1 - ■___ n ° . , , „ n.

r- u X !■ ■ i? u ,1 j- r m c^ui ,rc^o«^,„ii,„= tienne, lome II. Lausanne, Georges Briedel & Cie.,
Linzeldarflehung nicht uberall diefem bchluispanegyrikus, 0 V o b eh

und man mufs es dem Hiftoriker danken, dafs er uns 1096. (5»4 gr- »•) M. 12.—

felber die Correctur oder doch die theilweife Herab- ]ja der allgemeine Character diefes rafch fortfchrei-

flimmung des Idealbildes ermöglicht, das er in feinen tcnden Werkes bereits hier zu wiederholten Malen geletzten
Seiten entwirft. Durch Einreihung diefer Unter- , fchildert worden (1894, Nr. 7; 1895, Nr. 3; 1896, Nr. 4) und
Eichung in einen gröfseren Zufammenhang, durch , der gegenwärtige Band dem urfprünglichen Standpunkte
Heranziehung der von Zwingli in den humaniflifchen ; treu geblieben ift, wird es genügen das vorliegende, den
Kreifen bereits vorgefundenen Grundfätze^ und Mufter, j zweiten Theil derchriftlichenDogmatikenthaltende Buch im'
durch lebensvolleVergleichemitdenübrigen Reformatoren, ; Einzelnen zu characterifiren, ohne auf die fchon früher dar-
vor allem mit dem Zwingli als Exegeten weit überragenden I gen-eiiten und geprüften Vorausfetzungen und leitenden
Calvin, hätte die folide und inftructive Schrift noch be- Grundgedanken nochmals zurückzugreifen. Der erfte Band

deutend an Intereffe und Werth gewonnen

Strafsburg i. E. P. Lobftein

hatte die Anthropologie und Theologie (Les origines:
riiomme, fils de Dien), die Lehre von der Sünde
(Le piche: l'homme,fils de Dien, rebelle) und die erfte

La Bible francaise de Calvin. Livres des Saintes Ecritures Abtheilung;der Lehre von der Gnade (Lagräce:l'homvie,
, . Y , . , , ,r , , fils de Dien, sauve) behandelt; der zweite Band bringt

tradu.ts ou rev.ses par le reformateur, tires de ses ! den Schlufs def Lehre VQn der Qnade und das

oeuvres et accompagnes de vanantes d'autres vcr- tologifche Lehrftück (L'homme, fils de Dien, dans
sions du i6e siecle par Ed. Reufs. Tom. I. Livres la gloire). Der gröfste Theil des Buches umfafst die
del'AncienTeftament Braunfchweig, C A. Schwetfch- 1 Lehre von der Erlöfung und dem Erlöfer. Zur Ge-
ke fc Sohn tSo7 (XVI 011 S er 8) M 10 - winnung und Begründung des Dogma's von Chrifii Perlon
ke & Sohn, 1897. (AVI, 911 ?j gr- fef iVi- 1U- und Werk fchlagt der Verf. den metliodologifch durch-
Wir müffen es dem Director des theologifchen aus richtigen Gang ein: da er die Würde des Heilands
Studienftiftes zu Strafsburg, D. Erichson, danken, dafs er aus den 'Heilswirkungen desfelben zu erkennen unt.r-
d:e Verleger der grofsen kritifchen Ausgabe der Werke ■ nimmt, f0 fchliefst er aus dem Beruf und der Art der
Calvins dazu beftimmt hat, in den Schlufsbänden des ; Berufserfüllung Chriftiauf die in diefem Berufe wirksamen
Corpus Reformatorum eine Arbeit abzudrucken , die , Anlagen und Eigenfchaften zurück. Es ift demnach nur cor-
Reufs noch einige Jahre vor feinem Tode mit der ihm 1 rect und confequent, wenn Bovon die Soteriologie vor der
eigenen Sorgfalt und Genauigkeit vollendet hatte: es Qmftologie zur Darftellung bringt. Das Werk Chrifli
ift die Zufammenftellung des franzöfifchen Textes entwickelt ernicht nach dem Schema des murin s Iriplcx-
der von Calvin in feinen Commentaren oder feinen j er unterfcheidet vielmehr in diefem Werke eine doppelte
Predigten und Homilien gebrauchten Bibel. Der ! Seite, fofern Chriftus als der Offenbarer Gott den Men-
vorliegende Band enthält in handlichem Format fcnen kund gibt, und fofern er als der Erlöfer die fün-
einen Separatabdruck der Bücher des Alten lefta- djRe Menfchheit mit Gott verföhnt. Die offenbarende
mentes, die allein der Oeffcnthchkeit ubergeben werden Thätigkeit Jefu umfafst das, was unfere alten Dogmaliker
follen, nämlich des Hexateuchs, der Pfalmen, des , das pr0phetifche Amt Chrifli nennen; auf diefes geht
Buches Hiob, des Jefaias und des Hofea. Das Neue 1 jndeffen B. fehr fummarifch ein, um dagegen bei dem
Teftament foll in einem zweiten Bande vollftandig, nur , Begriff der Incarnation länger zu verweilen Letztere
mitAusfchlufs der von Calvin niemals erklärten Apokalypfe, Ausführungen find zwar durch die kritifchen Seitenblicke
erfcheinen. Eine aus der Feder von Reufs herrührende, 1 weldie B. auf manche Verirrungen der früheren Theo-
am 11. November 1SS7 niedergefchriebene Vorrede, gibt , iogie wirft, beachtenswerth; ihr politiver Ertrag aber ift
die fpärlichen Data, welche über diefen bisher noch fehr ; ein fehr dürftiger, und es ift zu bedauern, dafs der
wenig aufgehellten Gcgenftand zu erreichen waren und durch ganz andere Intereffen beherrfchte Verf. fich durch
verbreitet einiges Licht über die Urfprünge der in den > die Gegner verleiten liefs, auf ihre Frageftellung einzu-
Krcifen des franzöfifchen Proteftantismus gebrauchten gehen und eine Unterfuchung anzuflehen, deren Refultat

Bibel. Abgefehen von einigen Aeufserungen in Calvins
Briefen, geben uns zwei Vorreden der in Genf in den
Jahren 1546 und 1559 herausgegebenen Bibeln über diefen

auf kürzerem Wege zu erzielen war. ,Die vollkommene
Offenbarung Gottes, in einem vollkommenen Menfchen-
leben' (S. 21) hätte der Verf. wohl zu lebendigerer und

franzöfifchen Text näheren Auffchlufs. An der Her- j concreterer Anfchauung gebracht, wenn er an der Hand
ftellung der Ueberfetzung des Alten Teftamentes war | der neuteftamentlichen Urkunden das Bild des hiftori-
Calvin kaum betheiligt; er überhefs diefe Arbeit dem fci,en Chriftus in feinem Offenbarungswerth dem Lefer
der hebräifchen Sprache in hohem Mafse kundigen Oh- vergegenwärtigt hätte, ftatt diefen in der dürren Haide
vetan ; dagegen hat Calvin felbft an der Ueberfetzung des j unerfreulicher Speculationen herumzuführen. — Doch
Neuen Tcftaments fehr eifrig Hand angelegt. Auch die , das Hauptintereffe B.'s concentrirt sich auf das Ver-
Revifion des Olivetanifchen Werkes ift zu wiederholten föhnungswerk Chrifli. Sein Beftreben geht dahin, die

Malen unter Calvin's Aufficht vorgenommen worden. Der
Text der hier abgedruckten Ueberfetzungen ift fämmt-
licji aus Ausgaben entnommen, die vor Calvin's Tod cr-
fchienen und' die er zum Thcile felbft durchgefehen hat.

berechtigten Momente der juridifchen und der ethifchen
Theorie in eine höhere Synthefe aufzuheben. Zu diefem
Zweck unterzieht er beide Theorieen einer eingehenden
Kritik, die zu manchen Ausfteliungen Anlafs geben

Sehr werthvoll find die beigefügten Varianten aus Oh- j würde, wenn der uns befchiedene Raum uns geftattete,
vetan s Bibel und aus den verfchiedenen in Genf ver- | in eine Einzeldiscusfion einzutreten: fo dürfte z. B die
Öttenthchten Ausgaben von 1546, 1554, 1559. Auf Grund 1 bunte Reihe der unter die the0rie juri(fjquc (S. 24-42)
diefer wichtigen und^ fchwiengen Arbeit ift die bisher fubfumirten Namen (Irenaeus, Origenes, Gregor von Nvlia.

Athanahus, Cyrillus von Alexandrien, Anfelmus, lhomas
von Aquino, Duns Scotus, die Reformatoren, die fcholafti-
fche Orthodoxie) ein wohl berechtigtes Befremden erregen
; und nicht minder wird man (ich darüber wundern,
dafs unter den Vertretern der theorie vi oral'c (S. 42—55)
Hofmann mit Stillfchweigen übergangen ift; die Zufammen-

noch nicht gelöfte Aufgabe einer Gefchichte der Bibel
des franzöfifchen Proteftantismus ihrer Verwirklichung um
einen grofsen Schritt näher gebracht worden.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

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