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Ausgabe:

1897 Nr. 3

Spalte:

91-92

Autor/Hrsg.:

Keeser, Karl

Titel/Untertitel:

Unter dem Schirm des Höchsten 1897

Rezensent:

Mosapp, Hermann

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 3.

92

Clemens folgt dann eine folche des Origenes, des Areo-
pagiten, der Scholaftiker und Myftiker und zum Schlufs
eine volltönende Lobpreifung des Chriftenthums, das
von Müller erft in feinem wahren hiftorifchen Sinn erkannt
und dadurch auch mit unferen ,philofo-
phifchen Ueberzeugungen in vollkommenen Einklang
gebracht' worden fei (433 f.). Ganz am Ende
wiederholt Müller feine Lieblingswendung, dafs er zu
Correcturen bereit sei, wenn man ihn darauf aufmerkfam
machen könne, dafs er Thatfachen falfch angegeben oder
in den auf fie gegründeten Schlüffen gegen die Logik
fich verfehlt habe.

Dafs die logifche Durchdringung der Thatfachen
nicht die Stärke M.'s ift, hat bereits die Ueberficht über
den ganzen Gang und die Tendenz feines Unternehmens
gezeigt. Vor allem bleibt bis zum Schlufs völlig unklar,
weshalb die für einzigartig und alleinwahr erklärte Vedanta-
philofophie vom Chriftenthum foll übertroffen worden
fein. Aber auch die Thatfachen find höchft merkwürdig
wiedergegeben. Seine Darflellung der chriftlichen Entwicklung
ift ein wunderliches Gemifch von Wahrem und
Falfchem. Er hätte aus der ,wunderbarften Schatzkammer
gutbeglaubigter Thatfachen', wie er Harnack's Dogmen-
gefchichte nennt (S. XV), immerhin mehr lernen können
und hätte fich nicht auf die Entnahme von Kirchenväter-
Citaten zu befchränken brauchen.GelegentlicheEntdeckun-
gen, wie die Ableitung von Exod. 3,14 ,Ich werde fein,
der ich fein werde' aus dem Avefta find nicht geeignet,
das Vertrauen zu feinen Thatfachen zu vermehren (S. 51 ff).

Damit foll nicht geleugnet fein, dafs auch diefer
Band fehr viel Feines und Intereffantes enthält, dafs er
vor allem folchen, denen die Quellenwerke über die örtlichen
Religionen nicht zugänglich find, fehr viel Anregendes
darbietet und daher fehr empfohlen werden
kann. Aber es mufs doch betont werden, dafs die Leetüre
nur bei wachfamer Kritik wirklichen Nutzen bringen kann.

Die Ueberfetzung lieft fich gut. Ein finnftörender
Druckfehler ift: Gebet Gottes ftatt Gebot, S. 172.

Heidelberg. E. Troeltfch.

Keeser, Stadtpfr. Karl, Unter dem Schirm des Höchsten.

Morgen- und Abendandachten auf alle Tage des
Jahres nebft einem Anhang für befondere Fälle. Heilbronn
, Kielmann, 1897. (VIII, 848 S. gr. 8). M. 5.50;

geb. M. 7.—

Obwohl an guten Andachtsbüchern für das evan-
gelifche Haus kein Mangel ift, darf doch das Erfcheinen
diefes allerneueften, das eben noch vor Weihnachten und
Neujahr erfchienen ift, mit aufrichtiger Freude begrüfst
werden. Der Verfaffer, der vielen im deutfehen Vaterland
als der Feftprediger des VII. evangelifch-focialen
Kongreffes noch in befter Erinnerung flehen wird, wollte
in demfelben ein Parallelwerk zu dem Spenglerfchen
„Pilgerftab" fchaffen, der feit feinem erften Ausgang im
Jahre 1878 in vielen taufend Häufern ein lieber Hausfreund
geworden ift und, was ihm nicht genug zu danken
ift, durch feine Anordnung in vielen Familien die Freude
an der Hausandacht neu geweckt und wach erhalten
hat. Aber bei jahrelangem Gebrauch eines und desfelben
Andachtsbuchs entfteht naturgemäfs das Bedürfnifs nach
einem Wechfel; und Spengler war bisher das einzige
Buch in feiner Art. So hat fich denn Keefer mit Recht
an die äufsere Anlage von Spengler vollftändig ange-
fchloffen: einem kurzen Bibeltext — oft ift es nur ein
einzelner Vers — folgt eine gedrängte Betrachtung und
ein ganz kurzes Gebet mit einer oder einigen Lieder-
ftrophen. Aber in der Einzelausführung ift er ganz feinen
felbftändigen Weg gegangen. Die Bibelftellen find unter
genauer Beobachtung des Kirchenjahres ausgewählt. Für
die Sonntage wurden faft regelmäfsig die beiden erften
württembergifchen Perikopenreihen zu Grunde gelegt,

welche, wenige Ausnahmen abgerechnet, mit den altkirchlichen
Peril^open fich decken. Die Bibelftellen der
Wochentage flehen vielfach in Beziehung zu den Sonntagstexten
, diefelben ergänzend oder von neuer Seite beleuchtend
. Auch die Bibelftellen der einzelnen Tage
korrefpondiren oft in finniger Weife miteinander. Die
Betrachtungen, die fich der gedrängteften Kürze befleifsen,
hat der Verfaffer faft durchweg der neueren und neueften
homiletifchen Litteratur entnommen; unter 76 Namen,
die das Autorenverzeichnifs aufzählt, gehören nur die 5:
Kempis, Luther, Rambach, Bogatzky, M. Fr. Roos, nicht
dem 19. Jahrhundert an, und unter den 71 übrigen befinden
fich 44 noch lebende, von ehrwürdigen Senioren
wie Beyfchlag an bis herunter auf die jüngfte Theologengeneration
. Hinfichtlich der Auswahl der Autoren war
dem Herausgeaer nur der Inhalt und nicht die theologifche
oder kirchliche Parteiftellung des Autors mafs-
gebend, und fo finden wir in dem Buch Männer der
verfchiedenften Richtungen einmütig, Jeden in feiner
Sprache die grofsen Thaten Gottes verkündigend; ein
fchöner Beweis dafür, dafs auch in unferer zerriffenen
Zeit das Wort noch Wahrheit ift: „Es find mancherlei
Gaben, aber es ift Ein Geift." Und was den Inhalt der
Betrachtungen anlangt, fo hat es der Verf. vorzüglich
verftanden, den Bedürfniffen des „modernen" Menfchen
(im edlen Sinn des Wortes) zu dienen, wie auch den
verfchiedenften Stufen fowohl der äufseren Bildung als
der religiöfen Erkenntnifs gerecht zu werden; jeder wird
immer etwas zum Nachdenken für den Verftand, etwas
zum Verarbeiten für Herz und Gewiffen mitnehmen.
Die Gebete wie auch die Lieder fchöpfen mit glücklicher
Wahl ebenfo aus den bewährten alten Schätzen wie aus
neueren Erzeugniffen. Dafs fie noch kürzer als bei
Spengler gehalten find, wird dem Verfaffer in vielen
Familien, wo die befchränkte Zeit eine möglichft kurze
Hausandacht fordert, nur gedankt werden. Der Anhang
für befondere Fälle berückfichtigt in ausgiebiger
Weife inneres und äufseres Chriftenleben in Freude und
Leid, von der Wiege bis zum Grabe. Fügen wir noch
an, dafs ein genaues Stellenregifter beigegeben ift, dafs
Papier, Druck und Einband gleich vorzüglich find, fo
dürfte zur Genüge dargethan fein, dafs das Keefersche
Buch fich in hervorragender Weife dazu eignet, gerade
in den Häufern, in welche diefe Zeitung kommt, Eingang
zu finden und gerne gebraucht zu werden, was es in
vollem Mafse verdient.

Heidenheim a. Brz. Dr. H. Mofapp.

Bibliographie

von Lic. theol. Paul Pape, Zehlendorf bei Berlin.
jDcutfcbe £itcratur.

Texte u. Unterfuchungen zur Gefchichte der altchriftlichen Literatur.
Archiv f. die v. der Commiffion der kgl. preufs. Akademie der
Wiffenfchaften unternommene Ausgabe der älteren chriftl. Schrift-
fteller, hrsg. von O. v. Gebhardt u. A. Harnack. Neue Folge. 1. Bd.,
1. Hft. Der ganzen Reihe XVI. I. Lpzg. 1897, J. C. Hinrichs.

12. —

1. Die Sacra paral/ela des Johannes Damascenus v. K. Holl. (XIV, 36a S. gr. 8.)
Analecta hymnica medii aevi. XXV. Historiae rythmicae. Liturgifche
Reimofficien des Mittelalters. 5. Folge. Aus Handfchriften und
Wiegendrucken hrsg. v. C. Blume, S. J. Lpzg. 1897, O. R. Reis-
land. (291 S. gr. 8.) 9. —

Bufchbell, G., Die Profeffiones fidei der Päpfte. Eine kirchenrcchtl.
Unterfuchg. Diff. [Aus: ,Röm. Quartalfchr. f. chriftl. Alterthumskde
, etc.'] Münfter 1897, Regensberg. (82 S. gr. 8.) 2. —
Beyfchlag, W„ Philipp Melanchthon u. fein Antheil an der deutfehen
Reformation. Feftfchrift zum 400 jähr. Geburtstag des Reformators.
Freib. i. B. 1897, P. Waetzel. (III, 82 S. 8. m. I Bildnis.) 1. —
Reuter's theologische Klaffikerbibliothek. 6. u. 7. Bd. Braunfchweig
1897, G. Reuter. (8.) ä i. —; geb. ä i. 30
6. Über den 1. Brief Pauli an Timotheus. Fin krit. Sendschreiben an J. C
Gass, v. D. E. D. Schleiermacher. (IV, 126 S.) — 7. Soli Deo Gloria.
Vergleichende Würdigg. evangelifch-luther. u. römifch - kathol. Lehre nacli
Augsburg, u. Tridentin. Bekenntnis m. befond. Hinficht auf Möhler's Symbolik
v. E. Sartorius. (VII, 264 S.)