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Ausgabe:

1897 Nr. 26

Spalte:

686-688

Autor/Hrsg.:

Stier, G.

Titel/Untertitel:

Die elf Synodalreden des Fürsten Georg des Gottseligen v. Anhalt 1897

Rezensent:

Cohrs, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 26.

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gang da genauer als bei Philoponos: Epdcpti de Mal <I>/.t-
ycov d xdq 'OXvumddaq (ovvayaycdv) stepi xmv avtcöv ev
xd} IJ Qi'jitaOiv adxolq xc'tde' und es fchliefst fich nach
cpavTjvai noch der weitere Satz an: osiOfioq de fityaq «ata
Bi&vvlav yevdfievog xd sro/.Zd Nixaiaq xaxeoxpetpaxo. Kai
xavxa uev d/j/.cofheiq dv/'jp. Der Umftand, dafs diefe
Worte Phlegon's von zwei verfchiedenen, durch zwei
Jahrhunderte getrennten Schriftftellern bezeugt werden,
von denen der eine — den Harnack a. a. O. allein be-
rückfichtigt — im Paläftinifchen Cäfarea, der andere in
Alexandria fchrieb, fcheint mir durchaus gegen Harnack's
Vermuthung zu fprechen, der in jenen Worten xal vv§
coQa — cpavT/vca ,eine Interpolation in den urfprünglichen
Text der Chronik Phlegon's' lieht, ,um ihre Uebreein-
ftimmung mit den Evangelien [d. h. Luk. 23,441!*., vgl.
Matth. 27,45. Mark. 15,33] zu verdeutlichen, und angebracht
, nachdem man jene Sonnenfinfternifs bereits auf
die in den Evangelien berichtete Dunkelheit bezogen
hatte'. Harnack fieht als Brücke für diefe Einfchwär-
zung ,das bei Lukas zugefetzte xov 7j?.lov exXe'movxod
an. Diefe Worte bezeugen im Anfang des 45. Verfes
bei Lukas 23 zwar Cod. XBC*L, Blafs hält fie aber (S. 107
feiner Ausgabe) für eine Einfchaltung ftatt des von der
römifchen üeberlieferung gebotenen (xai) e0xoxlo^7j 0
riXioq (D aber eox. de), fo dafs nach feiner Textesfaffung
der 44. und 45. Vers lauten: xai nv idöei (dpa exx7i, xai
oxoxoq eytvexo t<p oXi/v x>,v y/jv, xai ecoq copaq evaxrjq
eöxoxlott/j 0 rjXtoq, eoyio'hj de xd xaxajce'xaoita xov vaov
ueoov. Aber abgefehen von diefen Abweichungen in der
Üeberlieferung des Evangelientextes würde die Annahme
Harnack's doch wieder andre Annahmen, nämlich den
doppelten Umftand zur Vorausfetzung haben miiffen,
entweder, dafs jene Einfchaltung fchon in Phlegon's doch
wohl nach Rom als Entftehungsort zu verlegende Ur-
fchrift eindrang und von da in fämmtliche Abfchriften
überging, was im höchften Grade unwahrfcheinlich ift;
oder, dafs eben diefe Fälfchung etwa nur in der von Eu-
febios benutzten, wohl der» Bibliothek von Cäfarea an-
gehörigen Ausgabe der Olympiaden Phlegon's fich fand,
und dafs Philoponos Phlegon's Werk nur aus Eufebios
kannte. Gegen diefe zweite Annahme fpricht die That-
fache, dafs der gelehrte Erklärer, dem in Alexandria die
gefammte fchriftftellerifche Hinterlaffenfchaft des helle-
nifchen Volkes zu Gebote (fand, unverkennbar Phlegon's
Werk felbft in Händen gehabt hat, da er noch an zwei
anderen Stellen Mittheilungen daraus macht, d. h. II,
31. S. 100, 3 und V, 1. S. 208, 23fr., wo er aus Phlegon's
124. OL die Gefchichte von dem treuen Hunde des Makedonien
Lyfimachos erzählt, der viele Tage bei der
Leiche feines Herrn wachte, bis der Larifäer Thorax fie
zufällig fand und beftattete. Wenn wir alle von Harnack
a. a. O. angeführten Stellen aus des Origenes Contra Cel-
sum II, befonders die letzte c. 50 (ich bin nur im Belitz von
Spencer's Ausgabe, = S. 96): oiexai de (d. h. Celfus) xe-
paxelav elvai xai xov OttOadv xai xdv oxdxov jrepi cbv
xaxd xd dvvaxdv ev xolq dvioxtgco (c.jj = Spencer S. 80,
vgl. auchS. 69) djttXoynoduefra naowifuvet xdv cpXeyovxa
ioxopnoavra xaxd xdv yOOVOV xov ndirovq xov Ocoxt/Qog
xoiavxa djtijvx7jxtvai — in ihrer Gefammtheit erwägen, fo
fcheint es mir keinem begründeten Zweifel zu unterliegen,
dafs ,offenbar Phlegon im Zufammenhang mit der Sonnenfinfternifs
und dem Erdbeben auch von dem Tode
Jefu gefprochen', und zwar nicht blofs ,nach der Meinung
des Origenes', die Harnack als eine irrige anzufehen fcheint,
fondern wirklich und thatfächlich. Auf die aus diefem
mit Hülfe des Philoponos ermittelten Thatbeftande fich
ergebenden etwaigen Folgerungen, wie fie durch Philoponos
' Erörterungen S. [Ol, insbesondere auch die von
ihm mit jener evangelifchen Frage in Verbindung gefetzte
Nachricht des Dionyfios im Briefe an Polykarpos
(II, 21. S. 101, 1, desgl. III, 9. S. 129, 19—23: did vsiep
(pvoiv [repatetav nannte fie Celfus s. o.] 7) Isti xov oxav-
oov tov ömxTipoq t}Xtaxi) yeyovev ixXeirpiq, ev jtavoe/J/vcp

yevo(ievri' f/q xai 6 <PXeyo)v iv xatq 'OXvujtidoi fliuvijTOt,
cdq xai ev xd} Jtpd xovxov yeypdcpauev, xai d 'Apeojra-
ylx7]q dirp/elxai, itmqyeyove, Aiovvoioq) nahe gelegt werden,
kann natürlich hier nicht näher eingegangen werden. —
1 Nach Reichardt's forgfältigen, befonders auf fyrifche
Quellen genützten Unterfuchungen, die er in feiner Prae-
fatio (S. III—XVI) bietet, fchrieb Johannes Philoponos
fein Werk von der Weltfchöpfung innerhalb der Jahre
546—549, d. h. der Jahre, welche Sergios, dem er das-
felbe widmete, auf dem erzbifchöflichen Stuhle von An-
tiochia fafs (a. a. O. S. IX—XI). Sehr reiche und vollständige
Register erhöhen wefentlich die Brauchbarkeit
der fchönen Ausgabe. S. 309—312 findet fich ein Index lo-
coriun scripturac sacrae, S. 313—317 ein Index noininuni,
S. 318—339 ein Index verbonun et rerum meinorabilium,
S. 340—342 ein Index grammaticus.

Wandsbeck. Johannes Dräseke.

Krumbacher, Karl, Kasia. München, G. Franz in Komm.,
1897. (S. 305—370 der Sitzgs.-Ber. d. k. bayer. Akad.
d. Wiff. m. 2 Tafeln, gr. 8.)

Kafia ift eine Dichterin des neunten Jahrhunderts,
geboren 810, als Nonne unter den Kaifern Theophilos
und deffen Sohn Michael (842—867) dichterifch wirkfam,
die, von Krumbacher in der vorstehend genannten Schrift
zum ersten Male in die Gefchichte des byzantinifchen
Schriftthums eingeführt, um ihrer kirchlichen Dichtungen
willen auch die Beachtung der Theologen verdient. Ihre
epigrammatifchen Dichtungen hat Krumbacher nach den
drei in Betracht kommenden Handfchriften, einem Cod.
Lond., Marc, und Laur. a. a. ü. S. 357—368 veröffentlicht
, die Schreibart des erfteren durch zwei gute photo-
graphifche Nachbildungen von Fol. 93r und Fol. 94' ver-
anfchaulicht, und über Inhalt und Form jener und ihre
Stellung zur älteren und fpäteren Epigrammatik und Gno-
mologie fich eingehend verbreitet (S. 331—346). Von den
geistlichen Dichtungen theilt er zum ersten Male nach
Cod. Cryptoferr. V. ß. V nur einen Totenkanon mit (S.
347—356), der, wie er S. 322—323 ausführt, einen Vergleich
mit dem berühmten Liede des Romanos bei der
Leichenfeier eines Mönches: 'iiq dyajt/jxd xd oxi/vcdfiaxd
oov nicht aushält. Nikephoros Kalliftos bereits fchätzte
Kafia als kirchliche Dichterin. Georgios Monachos nennt
aber nur wenige Lieder (Kvpie, 1 ev jtoXXaiq dixagziaiq
= dem in Cod. Parts. 1788 überlieferten Elq xi/v stopvrjv,
und vielleicht — darin ftimme ich Krumbacher S. 321/322
zu — auch = Elq xd uvpov, und das Tetraodion für den
Charfamftag "Aojqojv y/jpaXee). Die bckannteften Kirchenlieder
der Kafia lind die drei Idiomela auf Chrifti
Geburt, auf die Geburt Johannes' des Täufers und den
Charmittwoch (letzteres = Elq xrjv ji6qv7]v), zugetheilt
werden ihr ausserdem ein Sticheron auf die Märtyrer
Gurias, Samonas und Abibos und zwei Stichera auf die
Märtyrer Euftratios, Auxentios und Genoffen. Eine zu-
fammenfaffende Schilderung der Kafia als Kirchenliederdichterin
ift zur Zeit nicht möglich, da eine Ausgabe,
welche die fehr weit zerstreuten, z. T. noch unbekannten
Dichtungen der Kafia vereinigte, noch nicht vorhanden
ist. Für das, was uns Krumbacher in diefer Beziehung
in der vorliegenden Schrift geboten, find wir ihm zu
Danke verpflichtet.

Wandsbeck. Johannes Dräseke.

Stier, Schulrath Dir. a. D. G., Die elf Synodalreden des
Fürsten Georg des Gottseligen v. Anhalt, geh. im Dome
zu Merseburg 1545 —1550. Eingeleitet und überf. von
St. Deffau, P. Baumann, 1895. (87 S. gr. 8.) M. 2. —

Unter den Männern, die des grofsen Reformators
Gefolgfchaft bilden, ift eine der anziehendften Perfön-
lichkeiten Georg der Gottfelige, Fürft von Anhalt. Mit