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Ausgabe:

1897

Spalte:

675-678

Autor/Hrsg.:

Volz, Paul

Titel/Untertitel:

Die vorexilische Jahweprophetie und der Messias 1897

Rezensent:

Kraetzschmar, Richard

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675

Schrift neben dem ,Buch der Urfprünge1 und nicht nur „Dafs die Meffiasidee dem Wefen des vorexilifchen

ein Theil derfelben, wie S. 64 gefagt ift. Aftruc führt Propfietismus fremd ift";

neben der Elohim- und Jehovah-Urkunde noch 10 andre
Stücke auf, und nicht nur neun, wie S. 46 zu lefen fleht.
In der Quellenfcheidung wäre öfter mit dem Verf. zu
rechten. So fchreibt er in Abfchn. XIII., um die Pofteri-
orität von J, im Verhältnis zu E nachzuweifen, der
erfteren Quelle Stellen zu, die ihr nicht oder doch nicht
mit genügender Sicherheit angehören, wie Ex. 3318. 22,
3230—34, 34G—9, Nu. 1125—29, 1418—20. Dogmatifche Befangenheit
zeigt fich in dem Beftreben, von dem Verf.
der Bb. PJsra Nehemia u. Chron. die Vorftellung, dafs
Mofes der Verf. des Pentateuchs fei, fern zu halten, weil
man fonft Gefahr laufe, die Irrthumslofigkeit und Canoni-
cität diefer Bücher in Frage zu ftellen S. 25. Auch
Jefus foll die Meinung feiner Zeitgenoffen, dafs Mofes

„Dafs fich in den Schriften der vorexilifchen Propheten
von Arnos bis vor Ezechiel keine Meffiasftelle
findet";

„Dafs die in Ezechiel vorhandene Meffiashoffnung
nicht aus dem urfprünglichen Wefen des vorexilifchen
Prophetismus, fondern aus der Verbindung desfelben
mit einer andersartigen Geiflesrichtung hervorgegangen
ift". — Man kann darüber Breiten, ob es rathfam ift,
einer wiffenfchaftlichen Unterfuchung das Ergebnis in
Form von Thefen voraufzufchicken. Auf jeden hall be-
fteht, wenn man es thut, die Gefahr, dafs der Lefer leicht
den Eindruck gewinnt, als feien die nachfolgenden Ausführungen
den Thefen zur Liebe gegeben und nicht diefe
aus jenen organifch hervorgewachfen, — was die Wirkung

den Pent. gefchrieben habe, nicht getheilt haben. Wenn der Beweisführung einigermafsen beeinträchtigt. Auch

er dennoch Mofes citire, fo entfpreche das nur einer bei j unfer Verfaffer ift diefer Gefahr nicht immer entronnen,

anonymen Büchern beliebten Citirungsweife feiner Zeit, In dem erften, allgemeinen Teile (S. 2—17) behandelt

aus der für literargefchichtliche Vorttellungen keine Con- 1 er fodann: Die vorexilifche Jahweprophetie im allge-

fequenzen zu ziehen feien S. 25 ff. Man fieht auch hier
wieder: der gefchichtliche Sinn des Verf. hat fich von
den Feffeln der traditionellen Betrachtungsweife noch
nicht frei gemacht. Diefe theilweife Gebundenheit ift die
Signatur des ganzen Buches. Damit foll feiner Bedeutung
für die Literarkritik des Pentateuchs keineswegs zu
nahe getreten werden. Es bleiben genug Partien übrig,
die vollen Beifall verdienen. Namentlich fei auf das in
dem umfangreichen Appendix mit grofser Sorgfalt zu-
fammengeftellte und mit grofser Umficht bearbeitete
reiche Quellenmaterial hingewiefen, deffen Studium reiche

meinen und die Meffiasidee. Der Meffias ift, fo führt er
darin aus, eine ganz überwiegend politifche Figur und
keineswegs ein direkt religiöfer Factor. Er ift für Israel
der Retter aus der Noth und der Herrfcher der Heilszeit
und hat als folcher eine doppelte Aufgabe: im
Innern Ordnung zu erhalten, nach aufsen Israel machtvoll
zu vertreten. In keiner Weife aber hat er dabei
fittlich-religiöfe Pflichten zu erfüllen, weder als Prophet
oder Priefter oder Lehrer unter feinem Volke Gottes-
erkenntnifs zu verbreiten (einzige Ausnahme vielleicht
Jer. 3021), noch auch die Heidenvölker fittlich zu unterAnregung
und Belehrung bietet. weisen oder zur Jahwereligion zu bekehren (auch nicht

Die Ausftattung des Buches ift prächtig, der Druck | nach Pf. 2n; Sach. ggf; Jef. 1110; Pf. 7217). Nirgends ift
forgfältig und correct. Aufser einigen kleineren Ver- die Meffiasidee mit dem religiöfen Univerfalismus eine
fehen ift Ref. nur auf S. 112 Z. 3 v. ob. ein finnent- I direkte Verbindung eingegangen (S. 2—7). So ift von
(teilender Druckfehler aufgefallen; für ,animall ift natür- i vorn herein nicht wahrfcheinlich, dafs die jahweprophetie
lieh ,annual' zu lefen. Die Citate im Buche find nach ' an der Ausgeftaltung und Vertretung der Meffiasidee leb-
der revidirten engl. Ueberfetzung gegeben. Das fei um j haften Antheil genommen hätte. Durch einen Vergleich der
deswillen bemerkt, weil Capitel- und Verszahlen in folge- einzelnen in der Meffiasvorftellung enthaltenen Momente
deffen nicht immer mit denen des M.T. übereinftimmen. | mit der vorexilifchen Jahweprophetie fucht der Verfaffer

Jena. B. Baentfch.

Volz, Paul, Die vorexilische Jahweprophetie und der Messias.

In ihrem Verhältnis dargestellt. Göttingen, Vanden-
hoeck & Ruprecht, 1897. (VIII, 93 S. gr. 8.) M. 2.80

Die neuere altteftamentliche Kritik, die fchon mit fo
vielen althergebrachten Meinungen und Vorurteilen aufgeräumt
hat, hat auch in der Beurteilung der Meffiasidee lismus fleht in Widerfpruch mit dem engherzigen natio

nun nachzuweifen, dafs fich diefe zu den Vorausfetzungen,
auf denen jene fufst, durchaus ablehnend verhalte. Die
vorexilifche Prophetie ift weit überwiegend Gerichtspredigt
und nicht Heilsweisfagung, und wo fie Zukunftshoffnung
bietet, da wird das Hauptgewicht auf die fittlich-religiöfe
Seite gelegt, während die äufseren Segnungen zu denen
auch der Meffias zu rechnen ift, zurücktreten. Der ihr
innewohnende Zug auf den ethifch-religiöfen Univerfa-

einen völligen Umfchwung bewirkt. Denn während man nalen Particularismus, wie er in der Meffiasidee verfrüher
vom neuteftamentlich - erfüllungsgefchichtlichen körpert ift. Ueberhaupt ift es angefichts des Gegenfatzes,
Standpunkte aus die Verkündigung vom Meffias als die j in den fich die Jahweprophetie von vorn herein nicht
Hauptaufgabe der altteftamentlichen Prophetie aller Zeiten | blofs gegen das empirifche Königthum, fondern gegen
glaubte anfehen zu muffen, geht das Urteil jetzt vielmehr j die Idee des Königthums im allgemeinen geftellt hat,
dahin, dafs fie nur ein ädut<poQOv innerhalb der prophe-
tifchen Predigt bilde, ja neuerdings fcheint es, als wolle
fich die Anficht Bahn brechen, dafs die Geftalt des Meffias
überhaupt erft der nachexilifchen Zeit angehöre und der

wenig wahrfcheinlich, dafs fie für die Zukunft wiederum
eine ftaatliche Organifation mit einem Könige an der
Spitze erwartet hätte. Zumal die im Meffiasgedanken
liegende Erwartung des Grofskönigthums und der Welt-
gefamten vorexilifchen Prophetie fremd fei. Am fchärf- j machtftellung Israels wäre völlig dem entgegengefetzt,
ften formuliert ift diefe Anficht von Marti (Gefchichte was fonft ihr Zukunftsideal hinfichtlich Israels ift. Auch
der israel. Religion, S. 190) der den kühnen Satz aufftellt: < aus dem Grunde ift es nicht wohl möglich, den Meffias-
„Von einem Meffias ift bei den Propheten bis auf ■, gedanken auf fie zurückzuführen, weil für das in den

Propheten lebendige Gottesbewufstfein ein Meffias als
Vertreter Jahwes auf Erden unnöthig gewefen wäre, da
Jahwe der Himmelskönig ihnen Ein und Alles war.
Durch die Verkündigung von dem meffianifch-theokra-
tifchen Könige würden fie nur Jahwe felbft im Volks-
bewufstfein zurückgedrängt haben. (S. 7—17.)

Der zweite, fpecielle Theil (S. 17—88), betitelt: Die
einzelnen Propheten und die Meffiasidee, unterfucht der
Reihe nach die Schriften der vorexilifchen Propheten
(Arnos, Hofea, Jefaia, Micha, Zephanja, Jeremia, Nahum,

Deuterojefaia keine Rede". Es war fomit ein glücklicher
Gedanke von dem Verfaffer vorliegender Monographie
, einmal im Zufammenhang zu unterfuchen, wie
fich die vorexilifche Jahweprophetie zum Meffias verhalte
, und man wird ihm für feine Arbeit aufrichtig Dank
wiffen, auch wenn man, wie Schreiber diefer Zeilen, in
vielen und nicht unwefentlichen Punkten anderer Meinung
ift als er.

An die Spitze feiner Arbeit hat der Verfaffer drei
Thefen geftellt, deren Nachweis die folgende Unterfuchung

gewidmet ift. Sie lauten: i Habakuk, Ezechiel) auf ihren meffianifchen Gehalt hin;