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Ausgabe:

1897 Nr. 25

Spalte:

662

Autor/Hrsg.:

Bernus, August

Titel/Untertitel:

Un laique du seizième siècle: Marc Perez 1897

Rezensent:

Schott, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 25.

662

auf den Chroniflen Theophanes' hat Krumbacher in der
vorgehend verzeichneten Schrift eine im Wefentlichen
der Ausgabe des Theophanes von C. de Boor zu Gute
kommende Ergänzung folgen laffen. Er wies dort auf
zwei noch unveröffentlichte Lebensbefchreibungen des
Chroniflen hin, die eine vom Patriarchen Methodios, die
andere von einem Unbekannten verfafst. Jene fand er
im Cod. Mosa. Synod. ijp, aber in fo verftümmelter und
fehlerhafter Verfaffung, dafs er davon Abftand nehmen
mufste, diefe Handfchrift einer erflmaligen Veröffentlichung
zu Grunde zu legen (S. 371/372). Zum Glück ifl
noch eine zweite Handfchrift derfelben Vita im Iberer-
klofter auf dem Athos vorhanden, von der freilich noch
nicht feftgeftellt werden konnte, ob fie aus dem Moskauer
Codex abgefchrieben ift. Dafs dort als Verfaffer der Patriarch
Michael genannt ift, der als folcher gar nicht in
Frage kommen kann, verfchlägt aus dem Grunde nichts,
da Michael, wie Ehrhard's ansprechende und ficher das
Richtige treffende Deutung diefes Umftandes lautet,
wahrfcheinlich der frühere Mönchsname des Patriarchen
Methodios war und auch andere Schriften deffelben unter
dem Namen Miyjuj). aQxi(iavö{>irijq vorhanden find. Die
von einem Unbekannten verfafste Vita des Theophanes
fand Krumbacher im Cod. Mosq. Synod. l83, den Ehr-
hard (Forfchungen zur Hagiographie der griechifchen
Kirche. Rom, 1897. S. 55), wohl nach Vladimir's Zählung
mit der Nr. 376 bezeichnet. Diefe Doppelbezeichnung
ift nicht fchön, weil fie leicht irreleiten kann, jedenfalls
immer zu befonderem Nachfchlagen und Aufmerken
nöthigt. Ebenfo empfand ich als eine Unbequemlichkeit
den Umftand, dafs Krumbacher für die Kennzeichnung
der allgemeinen Stellung diefer Handfchrift fich
auf Ehrhard a. a. O. S. 113ff., nämlich der Rom. Quar-
talfchr. f. chrifll. Alterthumskunde u. f. Kirchengefch.
Bd. XI, Jahrg. 1S97, beruft, wo S. 67—205 die eben angeführte
Abhandlung Ehrhard's abgedruckt ift, während
mir nur eine Sonderausgabe derfelben zur Verfügung
lteht, wo ich das Gemeinte nur etwa S. 32 vgl. mit S. 54
und 55 behandelt finde. Jene J'ita des Unbekannten
nun erweilt fich als eine erheblich verkürzte (nämlich
nur 7"2 Blätter im Verhältnifs zu den 29 Blättern des Me-
thodios-Textes in dem Moskauer Codex) Bearbeitung
einer ausfuhrlicheren Darfteilung, deren Urfchrift. höchfl
wahrfcheinlich die oben erwähnte, von Methodios verfafste
Lebensbefchreibung in der Athos-Handfchrift ift.
Krumbacher veranfchaulicht (S. 375—379) das Verhältnifs
diefes Auszugs, bezw. feiner Vorlage, der Schrift des
Methodios, zu den übrigen in de Boor's Ausgabe abgedruckten
Vitac des Theophanes und fucht fodann einzelne
Thatfachen aus dem Leben des Chroniften durch
vergleichende Betrachtung der Quellen feftzuftellen, was
mehrfach aus dem Grunde zu keinem ficheren, endgültigen
Ergebnifs führt, weil eben die Veröffentlichung der
Schrift des Methodios noch ausfteht, die, was fchon jetzt
mit genügender Sicherheit behauptet werden darf, als
das Werk eines Zeitgenoffen und z.T. Ohren- und Augenzeugen
, für die wichtigfte Grundlage aller jener Schriften
angefehen werden mufs. Erft nach ihrer Veröffentlichung
wird es möglich fein, eine wirkliche Lebensbefchreibung
des berühmten Chroniften zu geben. Dafs auch die
Moskauer Handfchrift — deren Text S. 389—399 genau
mit allen dort überlieferten Zeichen abgedruckt ift —
gleich der Münchener ftark von Lesepunkten und Kom-
maten durchfetzt ift, über deren Bedeutung bei der eben
«rwähnten Befprechung in diefer Zeitfchrift (1897, Nr. II,
Sp. 308) ausführlicher geredet ift, dürfte weniger für I
Theologen, als für Philologen von Wichtigkeit fein, die
in der Thatfache, dafs hier gerade die rythmifchen
Schlüffe dem von Meyer beobachteten Gefetze weit
weniger, als dies im Cod. Monas, der Fall ift, entfprechen,
Veranlaffung und Aufforderung fehen werden, jener by-
zantinifchen Gewohnheit, die doch wohl mit der viel
älteren Stichometrie, d. h. den in mehreren klaffifchen |

Schriftftellern, z. B. Demofthenes und auch in den Un-
terfchriften neuteftamentlicher Schriften überlieferten
ftichometrifchen Angaben der Alten im Zufammenhang
ftehen wird, weiter nachzuforfchen. Wenn Krumbacher
(S. 389) darauf hinweift, dafs Lefepunkte fich auch im
Texte finden, die vor dem Auftreten des Gefetzes liegen,
wie im Codex Bczae Cantabrigiensis des Neuen Tefla-
ments, fo dürfte auch von theologifcher Seite diefe nur
feiten berührte Frage gar bald wieder aufgenommen und
weiter gefördert werden, da die photographifche Veröffentlichung
jenes berühmten Codex D demnächft be-
vorfteht. Uebrigens hat uns Ehrhard in feiner oben angeführten
Schrift fo viele noch nicht veröffentlichte Texte
kennen lernen laffen, dafs man mit ihm (S. 137) .bekennen
mufs, auch die rührigere Publicationsarbeit auf
dem Gebiete der griechifchen Hagiographie in den letzten
Jahren ftehe in keinem Verhältniffe zu den reichen
Schätzen, die hier noch zu heben find.' Den hagiogra-
phifchen Forfchern alfo ein fröhliches Glückauf!

Wandsbeck. Johannes Dräseke.

Bernus, Prof. Aug., Un laTque du seizieme siede: Marc Perez,

ancien de l'eglise reformee d'Anvers. Lausanne, G.
Bridel & Co., 1895. (56 S. gr. 8.)

Der fehr anziehende wohl durchgearbeitete und auf
genauer Sachkenntnifs beruhende Vortrag über einen der
bedeutendften Proteftanten Antwerpens verdient wohl
eine kurze Befprechung in diefen Blättern. Der reiche
und angefehene fpanifch-jüdifchem Blute entfproffene
Kaufmann hatte fich ziemlich frühe der Reform ange-
fchloffen, ihr Bellte er feine bedeutenden Mittel, feine
weitreichenden Verbindungen, feine ganze Thatkraft zur
Verfügung, in feinem gaftlichen Haufe fanden Glaubens-
genoffen aus Nah und Fern freundliche Aufnahme. Um
fo gefährlicher erfchien er der fpanifchen Regierung, die
Depefchen jener Zeit find voll Klagen über fein fchlimmes
Treiben; felbftverftändlich Band er auf der LiBe der Verdächtigen
, aber als vorfichtiger Gefchäftsmann rettete er
feine Familie und fich bei Zeiten vor dem drohenden
Sturme. In Bafel, wohin er fich geflüchtet, nahm er bald
auch eine angefehene Stellung ein; einer bedeutenderen
Wirkfamkeit entrifs ihn jedoch fein früher Tod, Frühjahr
1572. Aus den vorhandenen, fehr zerflreut liegenden
Quellen, denen der Verf. einige neue Dokumente
beizufügen wufste, hat er ein lebendiges und ziemlich
vollfländiges Bild entworfen, das neben dem Biographi-
fchen auch manches allgemein Wichtige darbietet. Wie
viel intereffanter Stoff fleckt doch in der niederländifchen
Reformationsgefchichte! Hier ifl noch ein reiches Feld
für die gefchichtliche Forfchung, und dem Freunde des
aufserdeutfehen Proteflantismus, dem feine Gefammt-
gefchichte am Herzen liegt, find folche Gaben, wie die
hier angeführte, Bets werthvoll.1)

Stuttgart. Theodor Schott.

Krarup, Lic. theol. F. C, Grundriss der christlichen Ethik.

Autorisirte Uebertragung aus dem Dänischen von M.
Carl Küchler. Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1897.
(VIII, 226 S. gr. 8.) M. 3.—

Hoffmann, Pfr. Dr. A., Ethik. Freiburg, J. C. B. Mohr,
1897. (IV, 120 S. gr. 8.) M. 2.50

1. Gegenüber verfchiedenen neueren ethifchen Syfle-
men, ,die beflimmt nachzuweifen gefucht haben, dafs
eine volle Anerkennung der idealen Werthe des Lebens
keineswegs auf religiöfe Vorausfetzungen zurückzuweifen
brauche', foll das erflgenannte Buch nach der Abficht

0 Vgl. auch die kleine, populäre Schrift: Marcos Perez par Pablo
Ilesson. Huenos Aires 1895.