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Ausgabe:

1897

Spalte:

649-651

Autor/Hrsg.:

Peter, Hermann

Titel/Untertitel:

Die geschichtliche Litteratur über die römische Kaiserzeit bis Theodosius I und ihre Quellen. 2 Bde 1897

Rezensent:

Schulten, A.

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark

N°- 25. 11. December 1897. 22. Jahrgang.

Peter, Die gefchkhtliche Litteratur über die Achelis, Hippolytfludien (Derf.). Bernus, Un la'ique du seizieme siecle: Marc

Tömifche Kaiferzeit, 2 Bde. (Schulten). [ Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum Perez (Schott).

Hippolytus Werke 1. Bd. Exegetifche und vol. XXVII, 2: Lactanti opera rec. Brandt Krarup, Grundrifs der chriftlichen Ethik

homiletifche Schriften, hrsg. von Bonwetfch | et Laubmann 11,2 (Krüger). (Ritfehl).

und Achelis (Jülicher). Caecilii liber ad Donatum confessorem de ., .._. f.

Bonwetfch, Studien zu den Kommentaren • mortibus persecutorum ed. Brandt (Derf.). "oiimann, BUUC (Werl.).

Hippolyts zum Buche Daniel und Hohen Liede ! Krumb acher, Eine neue Vita des Theophanes Elfenhans, Selbftbeobachtung und Experiment

(Derf.). Confessor (Dräfeke). in der Pfychologie (Ritfehl).

Peter. Dr. Herrn., Die geschichtliche Litteratur über die rö- Hiftoriker eine ftarke Abneigung gehabt: eine eingelegte

mische Kaiserzeit bis Theodosius | und ihre Quellen. 2 Bde.
Leipzig, B. G. Teubner, 1897. (XI, 478 u. VI, 410 S.
gr. 8.) M. 24. —

Die Frucht langjähriger Vorarbeiten legt H. Peter in
diefem umfangreichen Werke dem Publicum vor. Seine
Arbeiten über die Quellen Plutarch's (1865) und die Scrip-
tores historiac Augustae (,/üst. crit. scriptorum h. Aug.':
1860; die 6". //. Aug.: 1892) find frühere Ergebnisse desselben
Arbeitsfeldes: der Quellenforfchung. So fehr
man nun auch die berufsmäfsige Quellenanalyfe, die ja
genug unfruchtbare Productionen zeitigt, beargwöhnen
mufs, diefes Buch verdient eingehendes Studium, wie es
auf eingehendem Studium beruht. Eine Gefchichte der
Quellen zur römifchen Kaiferzeit ift jetzt, wo es gilt,
endlich einmal an die Materialien der Kaiferzeit, die
der grofse Meifter') zubereitet hat, Hand zu legen,
eine willkommene Gabe. Peter hat fein Werk in fechs

Urkunde hätte die Einheit des Stils geftört; lieber liefs
man fie ganz weg. So ift denn all das ungeheure Acten-
material aus den Archiven der Kaifer und der Beamten ungenutzt
untergegangen. Beffer fleht es mit den nicht
auf die literarifche Verwendung angewiefenen und auf
dauerhafteres Material gefchriebenen Urkunden. Auf
Stein und auf Kupfer find uns ihrer noch genug erhalten.
Gleichzeitige Urkunden find fchliefslich auch die anderen
Denkmäler, wie die Münzen und die Baudenkmäler mit
ihren Infchriften und Darflellungen (die Säulen des Tra-
jan und Marcus!).

Buch III behandelt die höfifche U"eberlieferung.
Typen diefer Art von Hiftoriographie find Nikolaos von
Damaskos (ßloq KaiOuQoc), Velleius, der Panegyriker des
Tiberius, und Jofephus, der des Titus. Zweifeitig war die
Aufgabe der fchlimmeren Vertreter diefes Genre: es galt
fowohl den regierenden Kaifer zu preifen, als mit den
ihm verhafsten Vorgängern eine literarifche ,damnatio

Bücher getheilt. Band I behandelt ,das Publicum und ! memoriae' vorzunehmen, wie es die Scriptores historiac
die Gefchichte der Vergangenheit'. Die Ergebnifse find j Augustae ausgiebig beforgt haben. Doch ift unfere Ueber-

für diefes Publicum nicht fehr fchmeichelhaft. Was an der
Gefchichte vergangener Zeiten intereffirt, war der Anec-
dotenkram, die ,curiositas'. Schon Valerius Maximus
(unter Tiberius) fah in der Gefchichte nur eine Sammlung
von exemPla, von moralifch wirkfamen Anecdoten.
Je weniger Hiftoriker, defto mehr Antiquare und Biographen
vom Schlage der Scriptores historiac Augustae
hat Rom hervorgebracht. Die Rhetorik, das Ferment
der römifchen Bildung, hatte feit Isokrates die Gefchichts-
fchreibung in ihren Dienft genommen. Nur ftarke Geifter,
wie Polybios, verachteten diefe Afterhiftorie. So war
denn dem Publicum nur mit rhetorifchen Prunkftücken
und mit moralifirenden Gefchichten gedient. Vollends
der Zeitgefchichte brachte man gänzliche Verftändnifs-
lofigkeit entgegen: höchftens die Kriege im fernen Offen
und Weften mochten intereffiren.

Die antiquarifche Forfchung hatte achtungswerthe
Leiftungen aufzuweiten (Asconius), aber die wenigen Goldkörner
verkamen bald in dem Wuft der Sammelwerke
eines Macrobius und Martianus Capella.

Das zweite Buch ift überfchrieben ,Die zeitgenöf-

lieferung im Wefentlichen nicht diefe höfifche, fondern die
von Tacitus und von Dio Caffius feftgelegte fenatorifche.
Nur Auguftus und Julian fliehen in unterer Ueberlieferung
fo da, wie fie es felbft wollten.

Stellte Peter in den erften drei Büchern (Band I)
feft, welche Zweige der Ueberlieferung für uns verloren
find, fo folgt in Buch IV die Pofitive, die ausführliche
Würdigung der uns erhaltenen Quellen als einer einheitlichen
fenatorifchen Tradition. Die Gefchichte des erften
Jahrhunderts lefen wir bei Tacitus, Sueton und Dio Caffius
fo wie fie unter Trajan, dem Idealkaifer der fenatorifchen
Anfchauung fixirt worden ift. Auch die Hiftoriker
der Decadence: Herodian und Marius Maximus — fo weit
wir ihn reconftruiren können — fcheinen als Vertreter
derfelben Tradition angefehen werden zu müffen. Die
den einzelnen Autoren (Tacitus, Sueton, Plutarch, Juve-
nal, Dio, Herodian, Marius Maximus) gewidmeten Ab-
fchnitte find fehr forgfältig gefchrieben und voll neuer,
anregender Betrachtungen.

Das fünfte Buch behandelt kurz die heidnifche,
gefchichtliche Literatur des vierten Jahrhunderts. Am-

fifchen Aufzeichnungen und gefchichtlichen Denkmäler'. | mian ift der einzige, freilich ein glänzender Hiftoriker in
Was an gleichzeitigen Aufzeichnungen, an ,commentarä' 1 der traurigen Zeit der Eutropius und Orofius. Für Eutrop,

geleiftet worden ift, hat in der uns erhaltenen Literatur
wenig Spuren hinterlaffen aufser etwa die Auguftus-Auto-
biographie, die Bulletins des Corbulo (bei Tacitus) und
weniges andere.

Gegen jede urkundliche Forfchung haben die antiken

l) Mommfen's Arbeiten find zum gröfsten Theile Vorarbeiten zur
Gefchichte der römifchen Kaiferzeit.

Aurelius Victor und Feftus (Ende des vierten Jahrhunderts)
weift Peter die Benutzung einer Quelle nach; für die
frühe Kaiferzeit ift es Sueton. Werth haben diefe Scri-
benten wohl nur in den Notizen über ihre eigene Zeit.

Dasfechfte — umfangreichfte: S. 177—383 — Buch
giebt e(ne .Allgemeine Würdigung der Gefchichtsfchrei-
bung d'er römifchen Kaiferzeit nach ihrer Aufgabe, Behandlung
des Stoffes und Darftellung'. Das erfte Capitel

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