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Ausgabe:

1897 Nr. 23

Spalte:

609-613

Autor/Hrsg.:

Ramsay, W. M.

Titel/Untertitel:

St. Paul the traveller and the roman citizen 1897

Rezensent:

Schmiedel, Paul

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609 Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 23. 6IO

Einen Irrtlium, der hoffentlich keinen weiteren speciell in Cap. 1 —12 mindeflens zwei mit geringen Aen-

Schaden anrichtet, hat Neffle von Gregory übernommen, derungen ineinanderfchiebe (S. 366). Z. B. der Bericht

Die phototypifche Ausgabe von B zeigt Act. 4c unzwei- über das Reden in Sprachen fremder Völker am erflen

deutiges tcoavvtjg ohne jede Spur von Rafur. Hier bleibt Pfingftfeft beruhe auf Volksphantafie, ebenfo der über

alfo D das Verdienft, allein das Richtige zu haben. das Ende des Verräthers (i, i8f.); letztere .Gefchichte

Jena. von Dobfchütz.

(story) möge dem Autor erzählt worden fein, als man
ihm bei des Paulus letztem Befuch in Jerusalem den
,Blutacker' zeigte (S. 367—370). Aber diefe ,Gefchichte'
Ramsay. Prof. W. M., D. C. L., L. L. D., St. Paul the tra- fleht doch in einer Rede, die Petrus ganz kurz nach dem
veller and the roman Citizen. 3. thousand. London, Pactum gehalten hat? Ob wortgetreue Wiedergabe
Hodder & Stoughton, 1896. (XXII, 402 S. gr. 8.) sicher phantafiegeborenen Reden (oder Gefchichten)

10 sh 6 d- . w en Runm des Thukydldes begründet haben würde?

! Was hilft die Verficherung S. 15 f., nie brauche man an-
Durch feine Historical geography of Asia Minor von zunehmen, dafs Lukas ohne Information etwas gefchrieben
1890, der 1895 der Anfang feiner Cities and bishoprics oj habe, und .volle Information' fei ihm erreichbar gewefen?
Phrygia folgte (f. Jahrg. 1892, Sp. 1 und 1896, Sp. 73 Indeffen erfährt man bald weiter, dafs Lukas auch feiner-
diefer Zeitung), hat fich der Verf. mit Recht den Ruf feits zunächft für Chronologie wenig Sinn hatte. Er oe-
eines der bellen Kenner des alten Kleinafien fowie über- , dachte fie nach S. 18 und 23 erft fpäter einzufügen ■).
haupt eines namhaften Archäologen erworben. Daher Lydia fei nicht, wie er es erfcheinen läfst, fammt ihrem
nahm man, als er 1894 in The church in the Roman Haufe gleich am erflen Sabbat bekehrt worden (S.215).
empire und 1895 in der erflen Auflage von St. PauP) : Sodann fehle die letzte Feile auch 16, 19 f., da aotoyteg
das Gebiet des Urchriftenthums betrat, fall allgemein und (jinarinyoL nur der officielle und der populäre" Name
von vornherein an, dafs ihre Refultate auf unanfechtbaren für dielelbe Behörde fei, und 17, 15, wo das aus I. Theff.
und für die Meiften uncontrolirbaren archäologifchen 3, 1—5 zu Erfchliefsende unerwähnt bleibe, dafs Silas und
Kenntniffen beruhten, und der Umfland, dafs The Church Timotheus auftraggemäfs nach Athen zu Paulus kamen
1895 fchon die vierte, St. Paul 1897 die dritte Auflage er- und von da wieder nach Macedonien entfandt wurden
lebt hat, zeigt deutlich die Wichtigkeit, die diefen Büchern ; (S. 232 f.). Die Epifode von den Johannesjüngern 19,
in England beigelegt wird. Nun gelangt er, nachdem er , 2—7 fei an fleh wie im Zufammenhang feltfam (S. 270);
noch im Vorwort zur vierten Auflage der Church den die Scene 19, 11—20 leide an Unbeftimmtheit und Unwahr-
Werth diefes Buches darein gefetzt, keine beftimmte An- j fcheinlichkeit, und wenn es mehr folche gäbe, würde R. an
ficht über die Entftehung der Apoftelgefchichte voraus- | die Zufammenfetzung der Apoflelgefchichte aus verfchie-
zufetzen, in demfelben Jahr (St. Paul S. 384 und 3 f. fchon denen Quellen glauben (S. 272 f.). 9, 27 f. nenne Lukas ,die'
in 1. Auflage) zu der ganz beflimmten Behauptung, fie Apoflel als anwefend ftatt nur die zwei in Gal. 1,18f. er-
fei von Lukas, dem Begleiter des Paulus, verfafst, die wähnten, weil er zum Hauptzweck hatte, die Harmonie
Wirflücke feien deffen frühere Notizen, und der Autor zwifchen Paulus und den Leitern der Urgemeinde im
gehöre neben Thukydides zu den Hiftorikern erflen Ranges. ! ganzen darzuftellen (S. 381). Ueberhaupt fei er Partei-
Wenn diefe Parallele dazu verwendet würde, die mann; die Abneigung der Juden gegen Paulus z. B. mufste
Reden der Apoftelgefchichte für freie Compofition des jhm als reine Bosheit erfcheinen. Doch da er nur die
Schriftftellers zu erklären (f. 1 huk. I 22, 1), fo hatte Ref Thatfachen reden zu laffen brauche, thue dies feiner EUen-
nichts dagegen einzuwenden. Allein als folche gilt nur fchaft als Hiftoriker keinen Eintrag (S. 14). Andere
die des Stadtrehreibers von Ephefus 19, 35—40 (S. 281 f.); werden hierüber anders denken und fich überhaupt veralle
anderen feien .verbatmv aus Quellen, z. B. die des wundert fragen, wie R. diefe Eigenfchaft angefichts fo
Stephanus aus dem mündlichen Bericht des Philippus vieler Zugefländniffe noch feflhalten könne zumal da er
(21,8) entnommen (S. 27 f.). Dafs in der des Jakobus nach S. 8 früher felbft die Anflehten der Tübinger Schule
IS, 16 f. die Septuaginta benutzt ifl, notirt R. S. 169 ,ge- getheilt hat.
legentlich'; die fo fehr anfechtbare des Paulus in Ephefus .

20 18—« heilst S 297 einfach ,charakteriflifch für Paulus' « '« ^ die BeoWWone der Genauigkeit des Buchs in ar-

j • J ul k kl7 ' M,An ureil f,e wenirr enthält °, f }°&{chea D'"lsen davon zurückgekommen, und den Ausfchlag hat
und Wird nicht weiter befprochen, weil he ,Wenig entnalt, dabei die Auffüllung gegeben, dafs die Adreffaten des Galaterbriefs nicht
was unfern fpeciellen Zweck betrifft. Dagegen weilS K. lm alten Galatien in der Mitte von Kleinafien, fondern in den (Üdlichen
S. 27, dafs Lukas das ungenaue XQCOXOV für XQ01BQ0V 7, 12 Landftrichen zu fachen feien, in denen Paulus auf der Act. 13h berich-
aus dem Munde des Philippus beibehalten hat, während 'ete ". Miffionsreife die Gemeinden von Derbe und Lyftra (in dem zur
_ r„lkrt a 1 - .. x 1 mrrehp rlnfn er nicht blofs rro.'nz Galatien gefchlagenen Theile Lycaoniens) und von Iconium und

er felbft durch xomxov 1, I an?/;be> da s ei nicht diois antiochia m^ ^ 1 , p "

zwei, fondern drei Bücher fchreiben wolle. Und die Ab- gründete (s. 8g. *m dicfe (flldglJfttifcl5 xhenrie, durchzufüh3ha(

weichungen bezüglich der Bekehrung des Paulus in Act. ■ R. binnen einem Jahre folgende Deutungen von 16,6 und 18,23'ver-

22,9 und 26 12—18 gegenüber 9,7 follen genau nach fochten: 1) 16, 6 ätijXdov öe n)v •hgvyiav xal VttXtttiiefp ywgav: fie

deffen eienen Erzählungen beibehalten fein, an denen gFjWj1"-^ *• **ri^^WrW'.*a*™ n&

ueuen eignen crzamuiigci - ' . . (d. h. Provinztheil : eine geographica Kapitulation der Reife durch

Lukas Aenderungen zu dem Zwecke, Ue mit der inm Iconium un(, Antiochiai die 1Ö 4f neben'der durch Derbe und Lvftra

felbft als richtig erfcheinenden Darfteilung (9,7) in hin- (16, 1) „fit enthalten fein foll, obgleich Antiochia zuletzt 14 21 erwähnt

klang zu bringen, nicht vornehmen wollte (S. 379). Alfo war (fo noch Church »771.); 2) 16,6: fie durchzogen aber (ferner) die

diefer Hiftoriker erflen Ranges reproducirt getreulich phrygifche »tot galatifche «Ä-/<,, d. h. Iconium und Antiochia, nachdem

zwei fich widerfprechende Berichte des Paulus und ge- £

ftattet fleh daneben eine dritte, eigne Meinung, hat aber _^tr^derfelben Auflage S. XII und St. Paul S. .80 f.). ,8,23

Paulus nie ernftlich gefragt, wie die Sache nun eigentlich t) Def ^ warum d;es ^ ^ ^

gewefen fei. . ' tyrerthum unter Domitian'. Auch in fein Evangelium nämlich hat er die

Und dabei wird S. 4 als ,erfte und wefentllChe Dlgen- Chronologie erft nachträglich eingefügt. Denn Jefus ftarb ,nach unfrer
fchaft des grofsen Hiftorikers' ausdrücklich die Zuver- Anficht' ho Jahr 30, am 4. Pailä feiner öffentlichen Wirkfamkeit. Der
läffigkeit bezeichnet. Selbftverftändlich allerdings dürfe Taufa: trat alfo im Sommer 26 auf, und da Lukas (3,1) hierfür das 15.
T 1 TGri. I T,i,-ke„lnftiiikeil und Unzuläne- i J S Tlbenus angiebt, rechnet er deffen Regierung von feiner Er-

man Lukas nicht für die Lückenhaftigkeit und unzvMag , nennung zum Mltregeaten im Jahr I2 an Eine fofche Zä

hchkeit feiner Quellen verantwortlich machen, deren er erftmals unter Titus auf, der am 1. Juli 7. Mitregent feines Vaters wurde

Die ftaatsfreundliche Gefinnung des Lukas ift noch nicht durch eine Ver-
') Das uns vorliegende ,dritte Taufend' enthält S. XI—XVIII die folgung wie die unter Domitian getrübt; andererfeits zeigt fie fchon nicht
Vorrede zur 2 Auflage mit einer fehr nachahmenswerthen Aufzählung mehr diefelbe Freudigkeit wie die des Paulus (S. 22. 386—388). Act 14
aller darin übrigens ohne Verfchiebung der Seitenzahlen angebrachten J 22, eine der ganz wenigen perfönlichen Ausfprachen des Lukas ift' nur
Verbefferungen ' ln a "me '* sPecial ptrsecution verftändlich (S. 123).