Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1897 Nr. 21

Spalte:

568-569

Autor/Hrsg.:

Messer, August

Titel/Untertitel:

Die reform des Schulwesens im Kurfürstenthum Mainz unter Emmerich Joseph (1763-1774) 1897

Rezensent:

Knoke, Karl

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

5^7 Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 21. 568

weife keine Krönungsdaten und verleitet dadurch in
Fällen, wo zwifchen Wahl und Krönung längere Zeil

Bulle Eugen's IV. bisher überhaupt ganz vergeblich fuchte.
Thatfache ifl jedenfalls, dafs die Entfcheidung weder

verflofs, mehrfach zu falfchen Auflöfungen. | nach der einen, noch nach der anderen Richtung fiel

S. 39 t. giebt R. ,um der univerfalen Bedeutung der ; fondern dafs der Gebrauch beider Stile fortan wieder
Curie willen' eine Zufammenftellung der in Papfturkunden fchwankt. Aus dem J. 1471 konnte ich in meinen päpft-
üblichen Jahresanfänge. Aus demfelben Grunde fei es liehen Kanzleiordnungen S. 193—94 an einem Beifpiel
geftattet, gerade diefe Partie näher zu beleuchten. R. J nachweifen, dafs zu gleicher Zeit das Gratialbureau nach
beruft fich hier und an anderen Stellen wiederholt auf j St. Florent. und das Juftizbureau nach Weihnachtsepoche
die Einleitung in der erften Auflage der Jaffe'fchen Re- ! zählten. Diefe Scheidung fcheint in gleicher oder ähn-
geften. Nun ift es richtig, dafs die Einleitung der Neu- licher Weife bis in jüngfte Zeit feftgehalten zu fein. —
bearbeitung eine allgemeine zufammenfaffende Ueberficht S. 57 ift bei Aufzählung der deutfehen Wochentags-

über die Zeitmerkmale der Papfturkunden bis 1198 nicht i bezeichnungen die bayerifch-öfterreichifche Form Pfingft-
bringt, wohl aber find in den Vorbemerkungen zu den j tag = Donnerftag überfehen; da hier die Herleitung aus
einzelnen Pontificaten (die für diefe Fragen leider nicht j dem griechifchen jttvre ganz ficher ift, erhält auch die
gleichmäfsig behandelt find!) Jaffe's Angaben zum Theil j Erklärung von Eritag aus "Ageog f/fiega, der fich auch R.

überholt. Das bedeutfame Eindringen des Jahresanfangs
vom 25. März nach stilus Florentinus unter Nikolaus II.
erklärt fich aus der Perfönlichkeit des Papftes (vor der
Wahl Bifchof von Florenz). Durch 60 Jahre herrfcht

anfchliefst, eine Stütze.

S. 64 Z. 13 hat es zu heifsen: ,wenn fie die Jahreszahl
durch 28 dividiren' (ftatt 19). Infolge eines ähnlichen
lapsus calami find S. 224 für das Anfangsjahr des

dann Schwanken zwifchen Weihnachtsepoche, stilus Flo- j Gregorianifchen Kalenders 1582 die Sonntagsbuchftaben
rentinus und Pisanus. Nach Ulyffe Robert, Bullaire du vertaufcht: G vor der Ausfchaltung, C für den Reft des

pape Calixte IL 1, XLII, ift unter Calixt II. der Florenti-
nifche Stil fpeciell durch den Kanzler Aimerich vertreten.
Die Vermuthung, dafs überhaupt der perfönliche Einflufs
des Kanzleichefs dabei maafsgebend gewefen fein dürfte,
hat viel für fich; denn Aimerich, der im Mai 1123 die
Kanzleileitung übernommen hatte, blieb in diefer Stellung
bis Mai 1141, und während diefer Zeit bürgert fich
der stilus Florentinus als der herrfchende ein; feit Eugen
III. kann man ihn als den alleinherrfchenden bezeichnen
; die wenigen Ausnahmen fertigen die Regel
oder fallen der Ueberlieferung der Urkunden zur Laft.
Verunglückt ift die auf Papebroch, A. SS. Mai 8 S. 65, ge-
ftützte Behauptung, dafs unter Nicolaus IV. (1288—1292)
Ofteranfang üblich gewefen fei. Papebroch's in der That
fehr intereffante Belegftelle: ,Nicolaus papa obiit Romae
in parasceve saneta (1292 April 4) sepultusque fuit in S.
Maria Maiore terminante anno predicto 1291' flammt
aus der dem 14. Jahrh. angehörigen Compilation des
Franzofen Bernardus Guidonis und ift einer der vielen

Jahres vom 15. October ab, nicht umgekehrt.

Bedenklich ift S. 145 die falfche Formel für die

CIH IttCClftl ~~~ q

Concurrentenberechnung:tf«.z'»rYZr«. -{- 9 -]---—-—:--,

die Summe dividirt durch 7, der Reft giebt die Concur-
rente. Die Formel stimmt für Schaltjahre und die beiden
darauf folgenden Gemeinjahre, während fie für jedes dritte
Gemeinjahr eine um eine Einheit zu hohe Concurrente
ergiebt. Eine uneingefchränkt richtige Formel ift: an.

. an. incarn. ui-rr j

incarn. -j-----(Quotient mit Vernachlafugung des

4

Reftes)-|-4, die Summe dividirt durch 7; Reft = Con-
currens (Wochentag des 24. März).

Marburg i. H. M. Tangl.

Messer, Gymn.-Lehr. Dr. Aug., Die Reform des Schulwesens
im Kurfürstenthum Mainz unter Emmerich Joseph
(1763—1774). Nach ungedruckten amtlichen Akten

Beweife für die Vorherrfchaft des Ofteranfangs in Frank- dargt.ftdit. Mainz p Kircheim, 1897. (XII, 173 S. gr. 8.)
reich (in diefem Sinne auch von Duchesne, Le Libre v 'J »T _ „

pont. 2, 467 A. 2 ins richtige Licht gerückt), mit dem
Brauch in Papfturkunden hat fie durchaus nichts zu
fchaffien. Die beiden einzigen concreten Fälle aus dem
Pontificat Bonifaz' VIII. (Potthaft 24297 und 25128) fowie
das einzige Beifpiel aus der kurzen Regierung Benedict's XI.
fprechen übereinftimmend für Neujahrs- (Weihnachts-)an-
fang; hier ift R.'s Einfpruch gegen Potthaft alfo durchaus
berechtigt. R. und Grotefend nehmen auch für die
Avignonefifche Zeit Weihnachtsanfang als herrfchend an.
Thatfächlich läfst fich dies weder beweifen noch widerlegen
. Die grofsen Privilegien, die allein Incarnations-
jahre in der Datirung führten, gehören in Avignon zu
den gröfsten Seltenheiten, und die wenigen Beifpiele, die
ich bisher kenne, fallen alle nach dem 25. März, find alfo
nicht beweiskräftig. Die päpftliche Kammer rechnete
meines Wiffens das Jahr vom 1. Januar ab; für den stilus
cancellariae ift auch diefer Brauch nicht maassgebend.
Von c. 1420 ab flehen uns wieder reichliche Belege zu
Gebote, da Incarnationsjahi e in Papfturkunden nun häufiger
und bald regelmäfsig aufgeführt werden, und fofort
zeigt fich der Florentinifche Stil wieder in fchönfter
Blüthe. Bei Eugen IV. berufen fich R. und Grotefend
in ganz widerfprechender Weife auf eine Verfügung
diefes Papftes über den Jahresanfang; während erfterer
in einer Bulle vom J. 1445 den 25. März als officiellen
Jahresanfang verkünden läfst, fpricht letzterer von einer
1440 erfolgten Sanctionirung des Weihnachtsanfangs.

M. 2.50

Wer fich eingehender mit der Gefchichte der Cultur,
insbefondere mit der Gefchichte des öffentlichen Unter-
richtswefens befchäftigt, wird die vorftehend genannte
Schrift nicht unbeachtet laffen dürfen. Denn in ihr wird
ein quellenmäfsiger Bericht über die Schulreform gegeben,
welche während der Jahre 1771—74 in dem Kurfürften-
thum Mainz unter der Regierung des Kurfürften Emmerich
Jofeph von Breidbach-Bürresheim in Scene gefetzt
worden ift. Die Reform war in die Hände einer aus
Geiftlichen und Laien gebildeten Commiffion gelegt, deren
Spiritus rector der Hof-Vice-Kanzler und Geheime Rath
Freiherr von Bentzel war. Sie erftreckte fich auf das ge-
fammte Schulwefen des Staates von der einfachen Dorf-
fchule bis zur Univerfität. Ein befonderer Eifer wurde
in ihr auf die Begründung und Organifation einer ,Schul-
lehrerakademie' (vulgo Schullehrerfeminar) verwandt. Das
ganze Unternehmen war ins Werk gefetzt und getragen
von dem Geifte der Aufklärung, welcher der Kurfurft
nicht minder wie die Männer der Commiffion huldigten.
Danach ift es natürlich, dafs man in der Hauptfache den
pädeutifchen und didaktifchen Grundfätzen folgte, welche
von Rouffeau, Bafedow und ihren Anhängern verfochten
wurden. Beachtenswerth aber ift es, dafs gewiffe Fi-agen,
um deren Löfung heute noch vielfach vergeblich geftritten
wird, bei diefem Reformverfuche einer gefetzlichen Beantwortung
entgegengeführt werden follten. Dahin geQuelle
für Beide ift die Art de verifier les dates 3, 403, hören z. B. die Fragen nach einer mehr wiffenfehaftlichen
und nur Grotefend (S. 205) hatte die Stelle richtig wieder- j Vorbildung der Volksfchullehrer, einer auskömmlichen
gegeben, während fie R. (S. 40) in ihr Gegentheil ver- Befoldung der Letzteren zur Hebung ihrer fozialen Stel-
kehrte. Ich mufs aber geftehen, dafs ich eine derartige ! lung, die Forderung eines einheitlichen Unterbaues für