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Ausgabe:

1897

Spalte:

540-541

Titel/Untertitel:

Histoire de Jésus-Sabran, écrite par Jésus-yab d‘Adiabène 1897

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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539 Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. Zc. 540

dem er fchon vorher eine Schrift hatte erfcheinen laffen,
die die neueren Theorieen über die Entftehung des Atha-
nafianums geprüft hatte; diefe letztere Schrift kenne
ich nicht. Jene von 1880 hat den Namen Ommaneys
mit Recht zu einem der geehrteften bei allen denjenigen
gemacht, die das schwierige, complicirte Problem, welches
das Ath. darbietet, ernftlich mitbearbeitet haben. Es
enthielt die Refultate von Nachforfchungen handfchrift-
licher Art und bot ungewöhnlich viel neues Material.
O. hat dort das, was er aus den Bibliotheken zu Tage
gefördert, nur erft vorläufig verarbeitet; er fprach fich
Bios kurz dahin aus, dafs ,es niemand gebe, dem man
das Athanafianum mit einem fo hohen Grad von Wahr-
fcheinlichkeit zufprechen könne, als Vincenz von Leri-
num'. Dasgegenwärtige Werkbietet fichdarals eineoffenbar
auch auf nichttheologifche Kreife berechnete Darftellung
der ganzen Frage des hart umftrittenen Symbols. Es
bringt nicht viel Neues neben jenem älteren. Stofflich
durchaus auf diefem ruhend, enthält es immerhin zum
Theil im Einzelnen Zufätze und eben eine vollftändige
Beleuchtung aller Seiten des Problems. Wäre Burn's
Schrift — die aber auch zum guten Theile auf O.'s älterer
Schrift erbaut ift — nicht kurz vorher erfchienen, fo
würde es noch willkommener heifsen müffen; jetzt er-
fcheint es mannichfach wie ein Parallelwerk zu dem
Burn'schen. Doch Bimmen O. und B. ja nicht ganz im
Refultate und die Erörterung bei O. ift zum Theil umfallender
.

O.'s Werk enthält fowohl Unterfuchungen als Texte,
die letzteren in einem grofsen , Appendix'; die Mehrzahl der
Texte, die O. 1880 mittheilte, wird hier noch einmal (zum
Theil nach weiteren Handfchriften) kritifch edirt, daneben
find auch einige neue zum Abdruck gebracht. Der unter-
fuchende oder darfteilende Theil zerfällt in zwei Unterabtheilungen
: I. Documentary Evidence, II. Conclusions. In
der erften bietet O. eine Ueberficht 1) über die Testi-
monies d. h. die Werke, in denen das Ath. benutzt fcheint
oder ift (anhebend mit den Stellen bei Avitus); 2) über
die Canons and Ecclesiastical Injunctions d. h. über die
kirchlichen Beftimmungen, die der Erlernung bez. Verwendung
deffelben gelten (anhebend bei einer epistola
canonicd, die O. mit den Ballerini in's 6. Jahrhundert
fetzt); 3) über die Manuscript Copies, d. h. über die Handfchriften
— gröfstentheils Pfalterien —, in denen der
Text erhalten ift (anhebend mit Cod. Mil. O. 212 saec.
VIII); 4) über die Commentaries or Expositions, (anhebend
mit dem Commentar des Fortunatus, den O. zwar
nicht dem Venantius Fortunatus von Poitiers, doch aber
der Zeit bald nach diefem, wenn nicht noch feiner letzten
Lebenszeit zuweift). Alle Dokumente werden kritifch beleuchtet
. Auf dem fo bereiteten Boden läfst O. dann,
Schritt vor Schritt weitergehend, die ,Schlufsfolgerungen'
vor dem Lefer entftehen. In diefer zweiten Abtheilung
behandelt O. die Sprache, das Alter, den Verfaffer, die
Titel, den Wortlaut (bez. die Textvarianten; O. fagt mit
Recht, dafs die Handfchriften, deren Zahl nicht gering
ift, present a reniarkably small diversity of text, und dafs
no evidence vorhanden ift, um zu glauben, dafs der Text
eine „Entwicklung" durchgemacht habe), fchliefslich
Verbreitung und Anfehen bez. Gebrauch der Formel.
Auch diesmal vertritt O. die Thefe, dafs Vincentius Le-
rinenfis für den Autor der Formel zu erachten, der einzig
empfohlene Gedanke fei. Auguftin's Theologie fei vorausgefetzt
in der Formel; der Neftorianismus fei die letzte
chriftologifche Härefie, die fie verwerfe, bez. es fei erkennbar
, dafs fie in die Zeit der wenn auch entfehie-
denen, fo doch noch nicht überwundenen neftoria-
nifchen Streitigkeiten gehöre; mit der Terminologie und
überhaupt der Theologie des Vinc. biete fie foviel fpe-
zififche Uebereinftimmung, dafs kein anderer Schlufs fich
nahe lege, als der, dafs eben Vinc. fie aufgefetzt habe.

Nachdem ich in diefer Zeitfchrift auf Anlafs des Buches
von Burn im laufenden Jahrgang, Nr. 5, meine eigene

Auffaffung des Ath.'s dargelegt habe, darf ich es mir
erlaffen, auf das Buch von O. liier näher einzugehen. Es
hat feine Stärke in den Parthieen, die Swainfon's Hypo-
thefen ausfchliefsen. Ich komme ihm ja auch fehr nahe.
Nur noch etwas höher in der Zeit, als er, möchte ich
hinauffteigen; ich halte es für das Glaubhaftefte, dafs das
Ath. fchon zwifchen 410 und 420 entftanden ift. Warum
es verwehrt fein follte, zu denken, dafs Vinc, der in der
That die frappanteften Berührungen mit der Formel
bietet, diefe vorausfetze, von ihr als einer bereits geläufigen
, vielleicht in Lerinum fchon gottesdienftlich benutzten
Gebrauch mache, hat O. in keiner Weife gezeigt.
, Ich habe a. a. O. den Gedanken geäufsert, auch Auguftin
| habe die Formel fchon gekannt, und das ift mir feither
noch wahrfcheinlicher geworden. Man findet bei Aug.
nicht blos in einem Werke, etwa in de trinitate, fondern
bei ganz verfchiedenen Gelegenheiten genaue oder fehr
nahe Parallelen zu mehreren Verfen des Ath.'s. Ich kann
mir fchwer vorftellen, wie der Autor des Ath.'s hierbei
von Aug. abhängig fein follte. Er müfste fich eine Art
Sentenzenfammlung aus Aug. angelegt haben. Aber man
könnte dann erwarten, dafs er noch erheblich mehr aus
Aug. übernommen hätte. Er hat auch nicht einmal die
prägnanteften, fchärfften Sätze des Aug. verwendet.

Ich benutze die Gelegenheit zu einigen Nachträgen.
In der von Bianchini edirten Enarratio Pseudo-Atha-
nasiana in Symbolum, die dem 5. Jahrhundert angehören
kann, lieft man S. 38—39 folgenden Satz: Catholicae
fidei cauta praescriptio . . . ne forte . . . personar um
j aliqua confnsio crederetur, quas sub unius deitatis
| majestate discretas Immana salus est credidisse; quin
in sacramento aeternae spei Patris et Filii et Spiritus
saneti ita tres personae, ne tres dii, sunt, ita unus Dens
est, ne una persona sit. Die im Druck hervorgehobenen
Worte erinnern in ihrer Combination in einem Satz unvermeidlich
an $ 1, 3, 4, 6, 16, 17 des Ath.'s. In der
Schrift Defidc ad Petrum giebt Fulgentius von Rüspe
(t 533) über die Stücke, die zur vera fides gehören, An-
weilung, indem er vierzig yapitula' bildet. Ob hier
nicht das Ath. mit feinen vierzig Sätzen vorbildlich ift?
— Aus einem kurzen Artikel des Herrn Burn über
Nicetas habe ich erfehen, dafs ein englifcher Forfcher,
J. Shelly, die Kunftform, die das Ath. ficher hat, genau
1 zergliedert habe und denfelben Rhythmus, wie im Te
Deum, glaube nachweifen zu können, bis wird fehr
wichtig fein, ob diefer Nachweis gelingt. Soviel ich weifs,
hat Herr Shelly ihn noch nicht litterarifch vorgelegt. In
der Revue Bcnedictine diefes Jahres S. 102—103 hat Dom
Morin unter verfchiedenen Notes d'ancienne litterature
chretienne auch eine Bemerkung mitgetheilt, wonach er
geneigt fcheint, dem Ath. eine directe Beziehung zu der
| Controverse des Leporius zu geben und daraus zu con-
jiciren, dafs daffelbe in der Diöcefe von Trier entftanden
fei. Auch hier hat man abzuwarten, wie die Idee con-
cret ausgeführt wird.

Giefsen. F. Kattenbufch.

Histoire de Jesus-Sabran, ecrite par Jesus-yab d'Adiabene.

publiee d'apr-es le ms. syr. CLXI. de la bibliotheque
vaticane par J.-B. Chabot. (Archives des missions
scientifiques VII, p. 485—584 [1897).)

Neben den vielen Heiligen- und Märtyrergefchichten,
die namentlich Bedjan in letzter Zeit veröffentlicht hat,
ift die vorliegende fchon um ihres guten fyrifchen Stils
willen, dann wegen der Auffchlüffe, die fie über den
Parfismus um die Wende des 6. und 7. Jahrhunderts giebt,
des Druckes werth gewefen. Der Verfaffer, Jefudor PI,
war neftorianifcher Patriarch von 647—657 (oder 660),
fein Held Jefufabran (=Jefus unfre Hoffnung), fein Zeit-
genoffe; die Nachrichten über ihn bekam er hauptfächlich
von deffen Lehrer und Freund Jefuzekä (= Jefus hat gc-