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Ausgabe:

1897 Nr. 19

Spalte:

507

Autor/Hrsg.:

gatt, georg

Titel/Untertitel:

Die Hügel von Jerusalem 1897

Rezensent:

Schürer, Emil

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Seite 1

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5°7 Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 19. 508

pfohlen. Die Grundlage für den Cultus des dsbg vxpi-
ffrog ift freilich, wie auch Cumont anerkennen wird, nicht
nur im phrygifchen Sabazius-Cultus, fondern auch in den
phönicifch-fyrifchen Culten zu fuchen.

Göttingen. E. Schürer.

Gatt, Georg, Die Hügel von Jerusalem. Neue Erklärung
der Befchreibung Jerufalems bei Jofephus Bell. Jud.
V. 4, 1. und 2. Freiburg i. B., Herder 1897. (VII, 66 S.
gr. 8 m. e. Plane.) M. 1.50

Ueber gewiffe Hauptfragen der Topographie von
Jerufalem hat fich nach langem planlosen Hin- und Herrathen
feit etwa zwanzig Jahren in erfreulicher Weife ein
ziemlich allgemeiner Confenfus herausgebildet (f. meine
Gefch. des jüd. Volkes I, 154), Die Grundzüge diefes
Confenfus find: I. Der gröfsere weltliche Hügel, welcher
den Haupttheil der Stadt, die ,Oberftadt', trägt, hat in
vorchrifllicher Zeit nicht, wie fpäter, den Namen Zion
geführt. 2. Der Name Zion kommt vielmehr dem örtlichen
Hügel zu; diefer zerfällt wieder in eine nördliche
Hälfte, auf welcher ftets der Tempel gelegen hat, und
eine füdliche Hälfte, auf welcher früher die Davidsftadt,
fpäter die Burg der Syrer, die Akra, gelegen hat. Die
Gründe für diefe Anfätze find fo zwingende, dafs fie fich
gegenwärtig faft allgemeine Anerkennung verfchafft haben.
Einen ebenfo energifchen wie zähen Kampf dagegen
führt aber der verdiente Paläftina-Forfcher Gatt, der
feinen wiederholten früheren Frörterungen des Thema's
(Tüb. Theol. Quartalfchrift 1884, S. 34—84, und 1889,
S. 77—125) nun eine neue Monographie hat folgen laffen.
Er befchäftigt fich darin befonders mit der topographifchen
Hauptftelle bei Jofephus {Bell. Jud. V, 4, I—2). Diefe
hat fchon früher viele Forfcher irre geführt, weil fie für
fich allein nicht klar genug ift, um ein ficheres Refultat
zu ergeben. Tritt man an fie mit dem aus anderen Quellen
gewonnenen Schlüffel heran, fo erweift fie fich als correct
und verftändlich. Verbucht man es aber ohne diefen
Schlüffel, fo bietet fie ungelöfte Räthfel. Gatt fchlägt
nun eben diefen methodifch unglücklichen Weg ein und
giebt eine Erklärung, die ich nur als eine fchlimme Verwirrung
des Jofephus-Textes bezeichnen kann. Statt drei
Hügeln, von welchen Jofephus deutlich fpricht, findet er
bei ihm nicht weniger als fechs (!). Die Akra kommt
nach diefer Erklärung nicht füdlich vom Tempel fondern
nördlich von der Oberftadt (dem grofsen Welthügel) zu
liegen. Es ift unmöglich, den Knäuel, welchen Gatt uns
vorlegt, mit wenigen Worten zu entwirren; es bedürfte
dazu umfangreicher Erörterungen, für welche hier kein
Raum ift. Wir müffen daher diejenigen, welche fich diefen
Genufs bereiten wollen, auf die Schrift felbft verweifen.

Göttingen. E. Schürer.

The Assumption of Moses. Translated from the latin sixth
Century ms., the unemendet text of which is publi-
shed herewith, together with the text in its restored
and critically emended form. Edited with introduc-
tion, notes,and indices by R. H. Charles, M. A. London
, A. and Ch. Black, 1897. (LXV, 117, S. 8.) sh 7.6.

Der Eifer für die Apokryphen-Forfchung ift gegenwärtig
in England faft noch gröfser als in Deutfchland.
Einer der Rührigften auf diefem Gebiete ift Herr R. H.
Charles, der uns faft Jahr für Jahr neue Gaben bietet.
Es erfchienen von ihm: The book of Enoch (Theol. Lit-
ztg. 1893, 442), The Ethiopic Version of the Hebrew book
ofjubilees (Th. Litztg. 1895, 613), The book of the secrets
of Enoch [from the Slavomc] (Th. Litztg. 1896, 153), 77^
apocalypse of Barneh (Th. Litztg. 1897, 238).

Die neue Ausgabe der Assumptio Mosis wird wegen
der hier gebotenen englifchen Ueberfetzung vor allem

den englifchen Lefern willkommen fein; fie darf aber
trotz manches Problematifchen auch der Beachtung
deutfeher Theologen empfohlen werden. Die umfangreiche
Einleitung (LXV S.) orientirt über die bisherigen
Arbeiten, über den Character der lateinifchen Ueberfetzung
, über deren griechifche Vorlage, welche ihrtr-
feits wieder Ueberfetzung eines hebräifchen Originales
fei; ferner über den Titel des Buches, über den Parti i-
ftandpunkt des Verfaflers und die Entftehungszeit des
Werkes. Charles ftimmt mir darin bei, dafs das uns erhaltene
Stück eigentlich nicht die Assumptio, fondern das
Testamentum Mosis ift, wobei er freilich eine kleine Mo-
dification meiner Anficht anbringen möchte (S. XL VT.
the Testament and Assumption . . . are to be regarded
not as ,two separate divisions of onc and the same work'
with Schürer, but as two originally independent works
subsequently put together and edited in one). Man mufs
schon eine fcharfe Lupe anwenden, um einen nennens-
werthen Unterfchied zwifchen unferen beiderfeitigen
Auffaffungen zu entdecken, denn auch Charles wird
doch anerkennen, dafs beide Bücher vom Verfaffer
als zufammengehörig gedacht find (nachdem Mofes
dem Jofua fein Teftament hinterlaffen hat, wird er
in den Himmel erhoben). Die Polemik gegen die
homines pestilentiosi c. 7 bezieht Ch. auf die Sadducäer.
Der eigene Parteiftandpunkt des Verf. fei der phari-
fäifche; und zwar fei der Verf ,pharifäifcher Quietift'
(S. LI sqq.), der nicht activen Kampf, fondern paffives
Martyrium predige. Es fcheint mir nach wie vor wahr-
fcheinlich, dafs die Polemik c. 7 fich gegen die vornehmen
Pharifäer richtet (dicentes se esse justos, . . super-
dicent: noli [turne] tangere, ne inquines nie). Dafs
fie als Lebemenfchen und parteiifche Richter gefchildert
werden, fpricht nicht dagegen, denn Aehnliches findet
fich ja auch in der Polemik Jefu Chrifti. Dann war
alfo der eigene Standpunkt des Verf. nicht der phari-
fäifche. Dafür, dafs er Zelot war, fcheint mir nament-
' lieh die Schlufsweisfagung zu fprechen, welche in recht
I glühenden Farben den einfügen politifchen Sieg Israels
über den römifchen Adler fchildert. Die Abfaffung des
Buches fetzt Ch. bald nach der Abfetzung des Archelaus
, da der Verf. erwartet, dafs auch deffen Brüder nicht
lange regieren werden.

Auf die Einleitung folgt die englifche Ueberfetzung
mit eingehendem Commentar, dann der lateinifche Text,
und zwar in doppeltem Druck (ähnlich wie bei Fritzsche):
I auf der einen Seite genau nach der Handfchrift, auf der
andern Seite in emendirter Form; textkritifche Noten
rechtfertigen die Emendationen. Eine neue Vergleichung
der Handfchrift fcheint leider nicht ftattgefunden zu
haben. Für eine derartige Monographie wäre dies doch
wünfehenswerth gewefen. Bei der Emendation des Textes
nimmt Ch. manche guten Vorfchläge der früheren Herausgeber
auf, verfucht aber nicht feiten auch feine eigenen
Wege. Dafs er darin zuweilen etwas kühn, um nicht
zu fagen willkürlich, verfährt, wird nach feinen früheren
Publicationen nicht überrafchen. Doch find Text-Aen-
derungen, welche diefes Prädicat verdienen, nicht zahlreich
; und bei einem Text, der uns nur durch eine ent-
fetzlich corrumpirte Flandfchrift erhalten ift, kann man
ohne einige Kühnheit nicht auskommen. Beachtenswerth
fcheint mir die Vermuthung, dafs Cap. 8—9 nicht an
der richtigen Stelle flehen; fie gehören nach dem
jetzigen Texte zur Weisfagung über die Endzeit, fchil-
dern aber eigentlich die Verfolgung unter Antiochus
Epiphanes. Ch. nimmt daher an, dafs fie urfprünglich
hinter Cap. 5 geftanden haben (S. 28—30). Ich möchte
dies weiterer Erwägung empfehlen, glaube aber, dafs
mit der einfachen Verletzung des Abfchnittes der Schaden
noch nicht geheilt ift.

Sehr inhaltreich ift der fachliche Commentar, welcher
der englifchen Ueberfetzung beigegeben ift. Ich möchte
nur auf zwei Einzelheiten kurz eingehen. In der Stelle