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Ausgabe:

1897

Spalte:

425-428

Autor/Hrsg.:

Zenner, J. K.

Titel/Untertitel:

Die Chorgesänge im Buche der Psalmen 1897

Rezensent:

Baentsch, Bruno

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark

N°- 16. 7- August 1897. 22. Jahrgang.

Zenner, Die Chorgefänge im Buche der Pfal- I fabers Sammlungen der Tifchreden Luthers Rogge, Aus heben Jahrzehnten, i.Bd. (Eck).

men (Baentfch).
Hümpel, De errore christologico in epistolis

Ioannis impugnato ejusque auctore (Schürer).
Eifenhofer, Procopius von Gaza (Dräfeke).
Meyer, Wilh., Ueber I.auterbachs und Auri-

(Kawerau). Koch, Die Pfychologie in der Religionswiflen-

Fritfchel, Gefchichte der lutherifchen Kirche

in Amerika, i. Tl. (Eck).
Humboldt's, AI. v., Jugendbriefe an Wilhelm

Gabriel Wegener (Eck).
Knöpfler, Johann Adam Möhler (K. Müller).

fchaft (Elfenhans).
Denison, Christ's idea of the supernatural
(Wendt).

Donald, The expansion of religion (Derf.).
Gordon, The Christ of to-day (Derf.).

Zenner, J. K., S. J., Die Chorgesänge im Buche der Psalmen, uns einen intereffanten Einblick in die Technik der hebr.
Ihre Exiftenz und ihre Form nachgewiefen v. Z. In j Poefie und der gottesdienftlichen Vorträge gewähren und
2Thln. (I. Prolegomen, Uebersetzgn. u. Erläutergn. ^^'^St^^lt^ ™
II. Texte.) Mit e. Titelbilde: Die Sängernegen des , in den prolegomena des t thls

erzählt Z. ausfuhr-

1. Tempels nach Kosmas Indicopleustes. (Cod. Vat. i lieh und nicht ohne Selbftgefälligkeit, wie er zu feiner

GfatC 69p.) Freiburg i/B., Herder, 1896. (VII, 92 u.
V, 72 S. gr. 4.) M. 10. —

Das vorliegende Werk erinnert nach Tendenz, Anlage
und äufserer Ausflattung auffällig an das Werk
D. H. Müller's: ,Die Propheten in ihrer urfprünglichen

Theorie gekommen ift. In dem grundfätzlichen Beftreben,
bei jedem Pfalm aufser der Wort- und Sinnerklärung
zugleich auch eine Darlegung feiner lyrifchen Einheit
oder eine äfthetifche Erklärung zu geben, fah er fich
bei Pfalm 132 zu mehrfachen Umftellungen veranlafst. Er
fchrieb fich deffen zwei Strophen in paralle Columnen

Form', cf. Th. Ltztg. 1896. 9. Wenn fich Z. auch auf I und (teilte in der rechten Col. v. 1 unter v. 10, um die
eigne Beobachtungen und felbftändige Ergebniffe berufen Refponfionen in v. 2 u. 11, 9 u. 16, 10 u. 17 fich genau
kann, fo ift doch der Einflufs des genannten Werkes auf gegenübertreten zu laffen. Darauffand er, dafs die vv.6.7
das vorliegende nicht zu verkennen, wie denn Verf. felbft jn der rechten Col. genau fo Hörend waren, wie die ent-
gefteht, dafs er fich durch Müller's Unterfuchungen der ; fprechenden vv. 13.14 in der linken. Er nahm diefe vv.
Tragweite feiner früher gemachten Beobachtungen erft ( zufammen, und indem er fie verfuchsweife in horizontaler
recht bewufst geworden ift. ftatt wie die anderen in verticaler Richtung las, fand er

Z. hat fich die Aufgabe geftellt, das Vorhandenfein auf einmal eine neue Strophe. Die eigenthümliche An-
von Choro-efängen in den Pfalmen und ihre Structur bis Ordnung diefer vv. erweckte ihm die Idee, dafs diefe
ins Einzefnfte hinein nachzuweifen. Dafs die Israeliten Strophe zum Vortrag durch zwei Chöre in der oben an-
Chorgefänge kannten und dafs im A. T. fich folche finden, 1 gegebenen Weife beftimmt fei. Damit war die .Wechfel-
war län"ft bekannt. Dafür fpricht die gefchichtliche ftrophe' entdeckt. Die übrigen Entdeckungen ergaben
Üeberlicferung (cf. Ex. 15.20. Neh. 12. i*. 27. 28. u. a. St.) fich nun von felbft. Die vv. 1 — 5 bildeten eine erfte
und die Structur vieler Pfalmen selbft (cf. Pfalm 24.91.118. Strophe für den erften Chor, die vv. na nb i2a I2b die
121. 136. u. a., zu Pfalm 91 und 118 auch das Targ.). Ein correfpondirende Gegenftrophe für den zweiten Chor,
ernftlicher Verfuch. die Structur diefer Chorgefänge aus In gleicher Weife vertheilten fich die vv. 8—10.1 u. 15—18
einem einheitlichen Princip heraus zu erklären, ift nach ! auf ein Schlufsftrophenpaar.

des Ref. Wiffen noch nie gemacht, wenigftens nicht in Die Entdeckung eines Chorgefanges fand eine will-

dem Maafse, in dem Z. es verfucht. Seine Ergebniffe find kommene Unterftützung durch eine zweite, mit der Z.
geradezu verblüffend. Das allen Chorgefängen zu Grunde nichts Geringeres als die endgültige Erklärung des vielliegende
Schema lautet: Strophe, Gegenftrophe —Wechfel- umftrittenen nbo = dtdtpaXfia verheifst. Diefe Erklärung
ftrophe — Strophe, Gegenftrophe. Diefcs Schema kann hat er in einer Stelle des Kosmas Indicopleustes
in diefer einfachen, aber auch in zufammengefetzter gefunden, der bei derBefchreibung eines eigenthümlichen
Form auftreten. Die Wechfelftrophe mufs dabei immer Bildes im Vät. Kosmas-Codex (cf. das Titelbild in Tl.I.)
in der Mitte einer Strophengruppe flehen. Die lyrifche die Bemerkung macht, iidtf/akfia fei das mufikalifche
Stimmung erreicht in ihr ihren Höhepunkt. Die vor- Merkzeichen für den Uebergang des Pfal men Vortrages
angehenden Strophen bereiten vor, die nachfolgenden von einem Chor zum andern. Damit ift für Z. die Chor-
laffen die lyrifche Stimmung beruhigt ausklingen. Zum j gefangstheorie wenigftens für alle Sela-Pfalmen bewiefen,
Wefen der Wechfelftrophe gehört es vor Allem, dafs und er ift nunmehr feiner Sache fo ficher, dafs er über-
fie nicht wie Strophe und Gegenftrophe von einem j quellenden Herzens in Dank gegen Gott ausbricht, ,der
einzigen Chor vorgetragen wird, fondern dafs zwei Chöre I folches zu erkennen die Gnade gab',
fich in ihren Vortrag'theilen in der Art, dafs fie vers- , Man kann folchen Entdeckungen nicht kühl genug
weife alterniren. Strophe und Gegenftrophe müffen gegenüber flehen. Die Notiz des chriftlichen Geographen
fich immer genau entfprechen. Dies wird erreicht durch Kosmas aus dem VI. Jahrh. über diaxpttkfia hat nur den
reichlichen Gebrauch der Refponfion und vor Allem M erth einer vagen Vermuthung, die felbft, wenn fie
durch regelmäfsige Verwendung einer gleichen Anzahl das rechte treffen follte, noch lange nicht über das hebr.
ftrophifcher Einheiten. Als diefe Einheit gilt nicht TOD entscheidet. Dafs übrigens gerade in Pfalm 132 das Sela
der Stichos, wie bei Müller, auch nicht ohne weiteres fehlt, hätte den Verf. doch ftutzig machen müffen. Nicht
der mafforet'ifche Vers, fondern in der Regel eine zwei- j viel beffer halten die äfthetifchen Erwägungen über
gliedrige Verszeile. Wir haben hier also eine conse- Pfalm 132 Stand. Selbft wenn Referent das Verfahren
quent und fcharf ausgebildete Theorie, die, wenn richtig, des Verf., einen modernen äfthetifchen Maafsftab an

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