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Ausgabe:

1897 Nr. 14

Spalte:

392-393

Titel/Untertitel:

Venerabilis historiam ecclesiasticam gentis Anglorum 1897

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 14.

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leitung zeigt, dafs der Verfaffer mit der ganzen Literatur
über das Diateffaron genau vertraut ift. Die Ueber-
fetzung ift auf Grund des arabifchen Textes veranftaltet
worden und erhält dadurch einen befonderen Werth, dafs
fie nicht, wie die lateinilche von Ciasca, der Vulgata
angepafst ift. Hogg hat fich ftreng an das Original gehalten
. Zwar weifs er fehr wohl, dafs feine Ueberfetzung
das Studium des Originals nicht überflüffig macht. Ja,
er warnt geradezu davor, fie für kritifchc Zwecke zu benutzen
. Auch weifs er, dafs die literarifche Gefchichte
des Diateffarons, fo Merkwürdiges fie uns auch jüngft
gebracht hat, doch noch keineswegs abgefchloffcn und
darum auch feine Ueberfetzung noch keine endgültige
ift. Für Forfcher, die des Arabifchen und Syrifchen nicht
kundig find, dürfte fie dennoch, zufammen mit der Ueberfetzung
, die jetzt J. H. Hill von Ephräm's Fragmenten
veranftaltet hat (a Dissertation on the gospel commentary of
Saint Ephraem the Syriern. EdinburgJi 1896), grofsen Werth
behalten. Die Prolegomena zur Apologie des Ariftides
würden gewonnen haben, wenn der Bearbeiter, Dr. Kay,
von Seeberg's grofser Ausgabe Kenntnifs gehabt hätte.

Als einen wirklichen Mangel der Publication wird
man es betrachten müffen, dafs die Didache nicht darin
enthalten ift. Herr Prof. Menzies hat die Güte gehabt
mir mitzutheilen, dafs die Schrift mit Rückficht darauf,
dafs der amerikanifche Neudruck der Ante-Nicene Library
(Buffalo 1886ff.) bereits eine Ueberfetzung enthielt,
nicht aufgenommen ift. Damit ift aber' dem Befitzer der
alten englifchen Library offenbar nicht geholfen. Wenn,
wie ich aus der Aeufserung des Herrn Menzies entnehmen
mufs, gefchäftliche Rückfichten mitgefprochen haben, fo
will dem Dritten doch nicht recht einleuchten, warum
man nicht von zwei Uebeln das kleinere vorgezogen,
d. h. den Amerikanern die Didache zwei Mal vorgefetzt
hat. Möchten Messrs. Clark bei einer zweiten Auflage
fich diefes Winkes erinnern.

Giefsen. G. Krüger.

Arnold, T. W., B. A., The preaching of Islam. A history
of the propagation of the Muslim faith. Westminster,
A. Conftable & Co., 1896. (XVI, 388 S. m. 1 Tabelle,
gr. 8.)

Das Buch darf als eine zeitgemäfse Leetüre weiteren
theologifchen Kreifen entfehieden empfohlen werden.
Zunächft liegt, was die Statiftik der muslimifchen Bevölkerung
in den verfchiedenen Ländern betrifft, darin
eine bequeme Compilation vor. Der Verfaffer hat fich
die Mühe nicht verdriefsen laffen, aus den mannigfachften
Quellen und der Literatur der verfchiedenften Nationen die
oft fehr zweifelhaften Zahlen und Daten in Bezug auf
diefen Gegenftand zufammenzutragen; am Schluffe des
Buches giebt er eine lange Lifte der von ihm excerpirten
Werke. Wir gewinnen aus feiner Arbeit die Einficht,
dafs der Islam auf dem Boden Afiens und Afrikas
immer noch im Vordringen begriffen ift; ja die muham-
medanifche Propaganda greift bereits nach England,
Auftralien und Amerika über (S. 369 ff.): gab es doch
in England im Jahre 1894 bereits 137 muslimifche Con-
vertiten! Es ift daher kein Wunder, dafs die Muslimen
felbft ihre Religion als die der Zukunft zu betrachten
geneigt find

Im erften Capitel wird Muhammed als Prediger des
Islam gefchildert. Der Verfaffer fcheint nun freilich gerade
die Entftehungsgefchichte des Islam in allzu rofigem
Lichte zu betrachten. Ob die Kriege Muhammed's wirklich
alle fo rein defenfiv waren, wie er fie darftellt, ift
doch fehr zweifelhaft. Dafs der ,Dfchihad', der heilige
Krieg (vgl. Appendix 1, S. 347) fehr früh, als der Islam
neben der religiöfen Macht eine politifche wurde, aggref-
fiven Charakter hatte und die Bekehrung der Andersgläubigen
bezweckte, kann doch kaum geleugnet werden.

Die Hauptthefe, welche der Verfaffer durch das ganze
Buch hindurch verficht, ift die, dafs der Islam wefentlich
auf fried lichem Wege Eingang fand. Aber darin folgt
Herr Arnold unferes Erachtens doch zu einfeitig muslimifchen
Autoritäten. Allerdings hat der Handel ficher
viel zur Verbreitung jener Religion beigetragen; ferner
hat bei manchen heidnifchen Völkern der Islam lediglich
durch feine Einfachheit den polytheiftifchen Religions-
fyftemen gegenüber Eingang gefunden. Auch die fociale
Gleichberechtigung, welche der Convertit, — man denke
an die vielen Armen und Bedrückten des Orients und an
die niederen Kalten Indiens (S. 208) — bei feinen neuen
Glaubensbrüdern errang, zog mächtig an. Mit Recht
wird auch betont, wie die Unduldfamkeit der chriftlichen
Geiftlichen in Afien und Afrika, fowie auch der Byzantiner
auf europäifchem Boden die Zunahme von Bekehrungen
zum Islam mächtig förderte. Die Mongolen
und Tataren (S. 175) wären beinahe Chriften geworden,
als der Islam bei ihnen eindrang. Es mag wohl auch
feine Richtigkeit haben, dafs die fchlechte Behandlung,
welche die Einwohner von Kreta durch die Venediger
erfuhren, dem Islam Vorfchub leiftete. Der Verfaffer
verfolgt feine oben genannte Thefe mit Gefchick bei
der Schilderung der Verbreitung des Islams unter den
verfchiedenften Nationen: Cap. 3 den Weftafiaten, Cap. 4
den chriftlichen Nationen Afrikas, Cap. 5 den Chriften
in Spanien, Cap. 6 den europäifchen Völkern unter
türkifcher Herrfchaft, Cap. 7 den Perfern und Central-
afiaten, Cap. 8 den Mongolen und Tataren, Cap. 9 den
Indiern, Cap. 10 den Chinefen, Cap. 11 den Berbern, Cap. 12
den Malaien. Das letzte Capitel enthält die P'olgerungen
und die Beantwortung der Frage, warum die islamifche
Miffion ftets, trotz mangelhafter Organifation, fo mächtige
Erfolge hatte und noch hat. Wenn aber der Verfaffer
von der Duldfamkeit und Einfachheit des Islam
fo fehr entzückt ift, wäre doch andererfeits wohl hervorzuheben
, dafs erftens der Islam feinen Zuwachs doch
bisweilen auch politifchen Umwälzungen, Kriegen, kurz
der politifchen Machtftellung verdankt, zweitens aber,
dafs ihm, mag er auch bis zu einem gewiffen Grade
emaneipiren und glücklich machen, doch gerade in Folge
des fo ftark betonten Rationalismus und Ritualismus,
Züge anhaften, die weiteren religiöfen Fortfehritten einen
Riegel vorfchieben. Es ift ja wahr, dafs der Neger
Weftafrikas, welcher den Islam annimmt, dadurch dem
Einfluffe der europäifchen Branntweineinfuhr entzogen
wird, dafs alfo der Islam einen Fortfehritt für ihn bezeichnet
. Aber neueren Ereignifsen gegenüber, in unferem
Jahrhundert, ift doch der Islam culturhemmend und von
der Duldfamkeit der Muslimen hat unfer Jahrzehnt ja
genügende Proben erhalten.

Diefen Ausheilungen wäre noch beizufügen, dafs der
Verfaffer des — wir wiederholen es, intereffanten und lehrreichen
— Buches doch bisweilen feine Quellen etwas
kritiklos benutzt hat und fich auch in fprachlicher Beziehung
hin und wieder Blöfsen giebt. Im Ganzen aber
ift die Leetüre des Buches zu empfehlen.

Leipzig. A. Socin.

Baedae Venerabiiis historiam ecclesiasticam gentis Anglo-
rum, historiam abbatum, epistolam ad Ecgberctum una
cum historia abbatum auetore anonymo, ad fidem
codicum manuscriptorum denuo recognovit, commen-
tario tarn critico quam historico instruxit Carolus
Plummer M. A. 2 voll. Oxford, Clarendon Press,
1896. (CLXXVIII, 458 u. XL, 545 S. 8.) Geb. 21 sh.

Eine kritifche Ausgabe der hiftorifchen Schriften
Baeda's des Ehrwürdigen mufs jenfeits des Kanals mit
grofser Freude begrüfst worden fein und darf auch bei
uns auf volle Beachtung rechnen. Wir benutzten bisher
| für die Historia Ecclcsiastica die handliche Ausgabe von