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Ausgabe:

1897 Nr. 14

Spalte:

390-391

Autor/Hrsg.:

Menzies, Allan (Ed.)

Titel/Untertitel:

Ante-Nicene Christian Library. Additional volume, containing early christian works discovered since the completion of the series, and selections from the commentaries of Origen 1897

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 14.

390

dem Schlufsabfchnitt der ,Kritik der Ephefer-und Coloffer-
briefe' 1872, S. 314 f. über ,die Controverfe wegen des
ephefinifchen Johannes' niedergelegt wurden: alfo allerdings
zwei Johannes im Urchriftenthum; aber nur Einer
in Ephefus. Diefer aber ift der Presbyter, ,die eigentlich
greifbare gefchichtliche Perfönlichkeit' (S. 36). Er trägt
diefen Namen, ,wahrfcheinlich, weil er lange Zeit —
er mag den Arifton an Bedeutung überragt haben — in
gewiffen Kreifen der letzte aus der alterten Generation,
der einzige Augenzeuge der Thaten und Reden des Herrn
war' (S. 37 f.). Ob der Ausdruck fia9r/ttti tov y.volov
in fo ftrengem Sinne zu nehmen irt, mag dahingeftellt
bleiben. Offen bleibt auch nach Harnack wenigrtens
,dafs fie (ich in der That mehr oder weniger flüchtig mit
dem Herrn berührt haben'. Jedenfalls waren fie aus Pa-
lärtina, wo [taihrral ,die alterte Selbrtbezeichnung der
chriftgläubigen Juden war' (Chronologie der altchrirtlichen
Literatur S. 660 f.). Unter diefer Vorausfetzung wird es
begreiflicher, wie Papias von feinen ,Presbytern' fo fabelhafte
Dinge vernommen haben kann, wie Irenaus fie bezeugt
(vgl. Harnack S. 335). Von einer engeren Faffung
des Begriffs ausgehend, gelangt dagegen unfer Verf. zu
einer Löfung der johanneifchen Erage, die fich theils mit der
gleich darauf an's Licht getretenen Darftellung Harnack's
(S. 656 f.), theils aber auch mit derjenigen von H. üelff
berührt: der kleinafiatifche Johannes wäre identifch zwar
nicht mit dem Zcbedäiden, wohl aber mit dem in Jeru-
falem einheimifchen Lieblingsjünger des 4. Evangeliums,
welches die jerufalemifche Tradition vom Leben Jefu
bringt, im Unterfchied von der galiläifchen der Synoptiker
(S. 44 f.). Daraus zieht unfer Verf. den kühnen
Schlufs, der Presbyter Johannes fei in dem Evangeliften
unmittelbar, in dem Apokalyptiker mittelbar wieder zu
erkennen, fofern auch diefe Apokalypfe für eine pfeu-
donyme Schrift zu halten irt, die aber am Finde den
Presbyter im Hintergrunde hat (S. 48 f.), eine , Vermuthung'
(S. 208), zu welcher auch gewiffe fprachliche Berührungen
einladen. Bei aller ftiliftifchen Gegenfätzlichkeit nämlich,
welche zwifchen Apokalypfe und 4. Evangelium befteht,
giebt es doch der Bindeglieder in Bezug auf Wortvorrath
, Bildung der Sätze, Gebrauch der Partikeln und Wahl
der Bilder nicht wenige (vgl. S. 206 f.). Man vergleiche
fofort in i, i—3 die Ausdrücke araialvtiv, itayzeoeh;
iiaozroia, z^oelv. ,Diefe Beobachtung legt die Vermuthung
nahe, dafs die Schrift zuerft als Ganzes in johanneifchen
Kreifen entftanden irt' (S. 213).

Gern würdeich mich nun noch auf eine Auseinander-
fetzung mit dem Verf. über die Wendung, die er der johanneifchen
Frage zu Theil werden läfst, einlaffen, und
zwar dies um fo mehr, als ich felbft früher auch in Ver-
fuchung gertanden habe, folche Wege gangbar zu finden
(f. Bibel-Lexikon S. 331 36b, Hand-Commentar IV'2,
S. 18 23). Aber der hier zu Gebote flehende Raum läfst
dies nicht zu. Nur fei mir in persönlichem Intereffe vergönnt
, mit Beziehung auf meine Auslegung des Buches
(Hand-Commentar IV2, 1893) zu bemerken, dafs mir bezüglich
der falfchen Aportel 2, 3 S. 236 eine Anficht zu-
gefchrieben wird, die ich nur unter Vorbehalt der Richtigkeit
weiterer Vorausfetzungen als Möglichkeit hinftelle
(H. C. S. 321); ebenfo S. 396 eine Beziehung des r]c>/tdo!h;
12,5 auf die Errettuug des Jefuskindes vor Herodes,
während ich die Nachrtellungen des Tyrannen vielmehr
in 12,4 angedeutet finde, 12,5 dagegen gleich unferm Verf.
auf die Erhöhung zum Himmel beziehe (H.-C. S. 306
340). Bezüglich der Deutung der apokalyptifchen Zahl
bin ich S. 429 der richtigen, S. 430 einer falfchen Gruppe
zugetheilt. Bezüglich der Auffaffung von 3,9 rüv Isynvzwv,
der Bertimmung des Subjects der Sänger 14,3 und der
Beziehung von 15,2 auf das Rote Meer vertrete ich die
mir S. 265 438 453 beigelegte Auffaffung jetzt nicht mehr
(H.-C. S. 324 344 346). Dagegen halte ich gegenüber
der Leugnung aller alttertamentlichen Parallelen zu 12,16
S. 404 den Hinweis auf Num. 16, 30 31 feft (H.-C. S. 341)

und kann im Zufammenhang damit auch nicht finden,
dafs ,die alte Schlange' 12,9 fchlechterdings S. 400 auf
den alten babylonifchen Mythus zurückweife. Vielmehr
offenbart fich eben hier zunächft nur die alte Feindfchaft
Gen. 3,15. Was dann wieder Altbabylonifches hinter
diefer Stelle flecken mag, irt eine Frage, welche direct
nur den Ausleger der Genefis berührt. Ich fcheide von
vorliegendem Werk mit aufrichtigem Dank für reichliche
Belehrung. Was der Verf. erftrebt hat, das hat er erreicht
: ,Orientierung darüber, wie weit wir in der Arbeit
auf unferem Gebiet gekommen find, an welchem Punkt
wir flehen, in welcher Richtung die Weiterarbeit fich bewegen
mufs' (S. V.).

Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

Ante-Nicene Christian Library. Additional volume, contai-
ning early Christian works discovered since the com-
pletion of the series, and selections from the commen-
taries of Origen. Ed. by Prof. D.D. Allan Menzies.
Edinburgh, T. & T. Clark, 1897. (VII, 533 S. gr. 8.)

12 s. 6 d.

Contents: The Gospel of Peter, the diatessaron of Tatian, the
apocalypse of Peter, the visio Pauli, the apocalypses of the Virgin
and Sedrach, the testament of Abraham, the acts of Xanthippe and
Polyxena, the narrative of Zosimus, the apology of Aristides, the
epistles of Clement (complete Text), Origen's commentary on John,
books I.—X.,and commentary on Matthew, books I., II., and X.—XIV.

Vor einem Vierteljahrhundert wurde das grofse
Unternehmen einer englifchen Ueberfetzung aller vor-
nieänifchen chrirtlichen Schriftfteller abgefchloffen (Edinburgh
, 1866—1872, 24 Bände). Inzwifchen irt, wie allbekannt
, eine grofse Zahl von Entdeckungen gemacht, eine
Reihe von Schriftftücken ganz odertheilweife aufgefunden
worden. So hat man fich entfchloffen, einen Supplementband
herauszugeben, in dem die neuen Texte vereinigt
werden füllten. Um Ueberfehenes gut zu machen, füllten
gröfscre Abfchnitte aus des Origenes Commentaren zu
Matthäus und Johannes beigefügt werden. An Stelle
der früheren Herausgeber, Donaldfon und Roberts,
irt Dr. A. Menzies, Professor of Biblical Criticism in
St. Marfs College, St. ..-indrews getreten, der fich der
Unterftützung mehrerer verdienter Fachgenoffen zu erfreuen
hatte: J. A. Robinfon hat das Petrusevangelium
und die Acten der fcillitanifchen Märtyrer überfetzt
; A. Rutherford die Petrusapokalypfe, die Visio
Pauli, die Apokalypfe der heiligen Jungfrau, die Apokalypfe
Sedrach's; H. W. Hogg das Diateffaron Tatian's;
W. A. Craigie das Tertament Abrahams, die Acten
der Xanthippe und Polyxena, die Narratio Zosivii;
J. Keith die Klcmensbriefe; M. Kay die Apologie des
Ariftides; A. Menzies den Brief des Origenes an Gregor
, fowie Buch I. 2. 6. IO und die Fragmente von Buch 4
und 5 desJohannes-Commentars; J. Patrick Buch 10—14
desMatthäus-Commentars. Man fieht, dafs die von James
und Robinfon in den Texts and Studies herausgegebenen
Aporkypha unbefehens als Documente der vornieäni-
fchen Literatur verwerthet werden. Irt hier vielleicht ein
leifer Tadel berechtigt, fo wird man andererfeits dafür
dankbar fein, dafs auch diefe Texte durch eine Ueberfetzung
bequem zugänglich gemacht find. Eine deutfehe
Ueberfetzung wird ja vermuthlich nie erfcheinen. Es irt
ohnehin nur in England und Amerika möglich, für derartige
Unternehmungen die nöthigen Abnehmer zu finden
. Unferen Bibliotheksvorrtänden möchten wir jedenfalls
mit Rückficht auf die grofse Sorgfalt, die auf die
Ueberfetzungen und auf die Einleitungen verwendet
worden irt, die Anfchaffung diefes Bandes dringend empfehlen
.

Eine befondere Erwähnung verdient Ueberfetzung
und Einleitung von Tatian's Diateffaron, die Rev. Hogg
in Gemeinfchaft mit feiner Frau angefertigt hat. Die Ein-