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Ausgabe:

1897 Nr. 13

Spalte:

369-373

Autor/Hrsg.:

Römheld, C. J.

Titel/Untertitel:

Der Weg zum Leben 1897

Rezensent:

Diegel, J. Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 13.

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zugefchrieben werden, infofern eben von ihr das ausge- fafl nur noch dem Amte zuzuwenden, haben diefe Anzeige
lagt wird, was eigentlich vom Glauben gilt. Auf diefe leider arg verfpätet. Dadurch, dafs diefelbe dann zu lang
Weife wird man den biblifchen Ausfagen gerecht, ohne ausfiel und wiederholte Kürzung nöthig wurde, entftand
ins Myftifche zu fallen. weitere Verzögerung. Hier kann nur ein Auszug meiner

Wefentlich anders als bei Paulus, und viel äufser- 1 Bearbeitungen geboten werden. Dabei müffen die Beleglicher
, ifl das Verhältnifs von Taufe und Geiftesmitthei- ; Bellen meift wegbleiben, befonders die für Vorzüge, weil
lung in der Apoftelgefchichte aufgefafst, wenn es von 1 fie zwar in Menge vorliegen, aber faft alle vielen Raum
den'Samaritanern heifst, dafs fie getauft waren, aber den | beanfpruchen. Einige Sonderbarkeiten find rafch genannt,
heiligen Geift noch nicht hatten (8,15—16). Die hiBorifche ! Bleibt man aber an diefen hängen, dann verfehlt man

die Hauptfache.

R.'s Predigten haben grofse Eigenthümlichkeit. Dazu
gehört einiges Bedenkliche und viel Vorzügliches. Erfteres
erweift fich meift als Schattenfeite von letzterem. Ueber
die feine Grenzlinie, wo der Vorzug in einen Fehler

Exegefe hat hier einfach eine Verfchiedenheit der An-
fchauung zu conftatiren, während der Verf. fich hier
vollends mühfam abquält, um die Erzählung mit feiner
dogmatifchen Anfchauung zu harmonifiren (S. 38 ff.). Es
tritt eben durch die ganze Arbeit hindurch als ein be-

fonderer Mangel zu Tage, dafs der Verf. über die bib- j übergeht, werden die Anflehten oft verfchieden fein,
lifche Anfchauung vom heiligen Geilte fich keine Der wiffenfehaftliche Theologe kann fich abgeftofsen

irgendwie deutliche Vorltellung gebildet hat. Die treff- I fühlen, wenn ihm R.'s in deffen grofsem Werke Theologia
liehe Monographie von Gunkel (Die Wirkungen des j sacrosaneta dargelegte Lieblings-Anficht über Chriftus
heiligen Gelftes nach der populären Anfchauung der ! als Jehova entgegentritt. Würde diefelbe öfter fo fchroff
apoftolifchen Zeit und nach der Lehre des Apoftels Pau- , hervorgeftellt, wie in den Predigten vom 4. Advente und
lus, 1888) hätte ihm dabei werthvolle Dienfte leiften , Sonntage nach Neujahr, dann würde mich das in der
können. So viel ich fehe, ift gerade fie vom Verf., der fonft Empfehlung diefer Predigten zurückhaltend machen. Aber
die Literatur fehr fleifsig benützt, unbeachtet geblieben. ! beide bilden unter den 52, welche ich von den im Ganzen
Nur nebenbei mag noch erwähnt werden, dafs die J 70 genau durcharbeitet habe, fehr eine Ausnahme, ebenfo
volle Authentie des Taufbefehles Matth. 28 felbflver- , wie einige für die Kanzel wenig geeignete kurze Seiten-
fländlich aufrecht erhalten wird (S. 28, 116). Die hiflo- 1 blicke auf andere Pfarrer. Der Verf. Band mit einem Theile
rifche Kritik hat bekanntlich dagegen das fchwerwiegende | der neueren Theologie auf dem Kriegsfufse, aber die
Bedenken erhoben, dafs von diefer dreitheiligen Formel j Art, in welcher feine eigenthümliche Theologie meiB in
fich weder bei Paulus noch fonB irgendwo im N. T. eine j den Predigten auf oder auch zurücktritt, wird felbB bei in
Spur findet; überall hören wir nur von einer Taufe auf1 Einzelnem Bark Abweichenden die wahre Erbauung nicht
den Namen Jefu ChriBi. Diefes Argument iB aber nach ; wefentlich beeinträchtigen. Er hatte fich, natürlich nicht
S. 28 Anm. ,völlig verfehlt'. Ref. begreift diefes Urtheil; ohne mannigfache Anregungen, felbfifiändig zu einem
denn hiBorifche Gründe werden immer nur auf denjenigen j durchaus pofitiven Bibelglauben durchgerungen und fpäter,
Eindruck machen, der hiBorifch gefchult ifl. Und darüber J fern von den Wohnflätten der Wiffenfchaft, in Körpermag
uns noch ein Schlufswort geflattet fein. Wir l fchwachheit mit unermüdlichem Fleifse ein theologifches
möchten dem Verf., der fich in feiner Art redlich be- j Syflem erarbeitet, deffen Richtigkeit ihm ganz feflfland.
müht hat, nicht zu nahe treten. Er ifl ein Opfer der , Sein flarkes Selbflgefühl in diefer Beziehung war ihm
Schule, in welcher er fich gebildet hat. Es ifl die ge- fefler Glaube an die Offenbarung durch Chriffus. Seine
fchichtslofe Betrachtung der heiligen Schriften, die hier in Einigem bedenkliche Stellung zur Bibel hatte deshalb
wieder einmal ihre Triumphe feiert. Für fie giebt es | auch Barke Lichtfeiten. Er wurzelte, unbeirrt von jeg-
keine Unterfchiede, keine Entwickelung in den religiöfen 1 licher Kritik, nach Anleitung des Lutherifchen Bekennt-
Anfchauungen der heiligen Schriften. Alle einzelnen J niffes, auf Grund unabläffigen Forfchens, beffer wohl
Sätze find nur Beflandtheile eines grofsen Lehrfyflems. j Sich-Verfenkens, in der Bibel fowie Hingabe an Jefum
Seit nahezu hundert Jahren wiffen wir, dafs diefe An- j Chriflum. Vielfache gläubige Befchäftigung mit der

Schrift bringt aber, nach meiner Erfahrung im Predigt-
Studium, dem Prediger, felbB wenn Barke Einfeitigkeiten
mit unterlaufen, reichen Segen, befonders wenn diefe
Befchäftigung nicht blofs auf Denken und Darflellung,
fondern auch auf Gemüth, Wille und Handeln einwirkt,
und die andere Behandlungsweife wird als die .ungläubige' So war es bei R.
verurtheilt. Der hiBorifche Sinn wird dadurch erflickt; Hiermit kommen wir zu einer Haupteigenthümlich-

und die durch folche Schule Gehenden für eine hiBorifche 1 keit und einem Hauptvorzuge der Predigten R.'s, nämlich

fchauung unhaltbar ifl, weil fie dem einfachen Thatbe-
Band, wie er vorliegt, widerfpricht. Trotzdem wird nicht
nur in den Conventikeln der Laien, fondern auch auf
manchen akademifchen Kathedern die Exegefe noch fo
betrieben, als ob die erflere Anfchauung zu Recht beBände;

Auffaffung der Dinge unfähig gemacht. Dabei giebt es
mannigfache AbBufungen, infofern die hiBorifche Methode
bald mit mehr, bald mit weniger Confequenz ferngehalten
wird. Welche von beiden Methoden in der Wiffenfchaft
und in der evangelifchen Kirche heutzutage die
alleinberechtigte ifl, kann aber doch nicht zweifelhaft fein.
Göttingen. E. Schürer.

Römheld, weil. Pfr. Dr. C. J., Der Weg zum Leben, in

Predigten über die von Dr. Nitzfeh vorgefchlagenen
epiflolifchen Perikopen auf alle Sonn- und Fefltage
des Kirchenjahres dem evangelifchen Volke gezeigt.
Unter Mitwirkung eines heffifchen Geifllichen hrsg.

von Gymn.-Lehr. Dr. Friedr. Römheld. Mit dem j auftauchende Anwandlungen zu Lächeln oder Anflofs

^ ' n 1 r- Vr-t 1 i-l K/if/d*-L^J VX T_____ _1 1 1 III« 1

zu der Art, wie in denfelben deffen Perfönlichkeit
hervortritt. Mancher wird diefes Hervortreten als zu
oft und zu Bark beanflanden, in Verbindung damit auch
ein zu bequemes Sich-Gehen-Laffen in einigen fpäter
zu erwähnenden Sonderbarkeiten. Wer auf folches hin
meinte, R. habe eine komifche oder barocke oder auch
nur volksthümlich witzige oder derbe Seite gehabt, würde
völlig irren. Er war überaus ernfl, mehr Bill und zurückhaltend
als lebhaft, nach meiner Anficht den Anfprüchen
Anderer gegenüber oft viel zu rückfichts- und aufopferungsvoll
. Seine durch das Gepräge durchaus wahrhafter,
entfehiedener, inniger Frömmigkeit und im Glauben getragener
Leiden gleichfam geweihte Perfönlichkeit hat
bei dem Predigen gewifs bei den Zuhörern einzelne etwa

Bildnis und der Lebensgefchichte des sei. Verfaffers
Stuttgart, Greiner & Pfeiffer, 1894. (XII, 581 S. gr. 8.)

alsbald befeitigt. Was er glaubte und lehrte, das hatte
er erbetet, erlitten und erlebt, das fühlte und wollte er,
das fuchte er in Betern Ringen um die Gnade feines
M. 5.—; geb. M. 6.— Heilandes auch Bändig im äufseren Leben zu verwirk-
Die Nothwendigkeit, meine durch Alter und Kränk- > liehen, das war ihm gleichfam die allerperfönlichfle An-
lichkeit fehr gefchwächt'en Kräfte in den letzten Jahren | gelegenheit. Deshalb durfte und mufste feine Perfönlich-