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Ausgabe:

1897

Spalte:

360-363

Titel/Untertitel:

Deutsche Reichstagsakten. Jüngere Reihe. 2. Bd 1897

Rezensent:

Virck, H.

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359

Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr..13.

letzte mögliche Konfequenz zugegeben. Anzuerkennen
ift dabei, dafs Verf. die gewöhnlichen Ausflüchte und
halben Vermittlungen, die man bis Ueberdrufs gehört hat,
wenigftens in ihrer Nichtigkeit erkennt. Aber auch feine
eigenen Ausführungen find nicht überzeugend. So foll
z.B. die Annahme Jacobs zum Erben den Gedanken feiner
Annahme zum meffianifchen Heil einfchliefsen. Dagegen
wird es verwehrt, bei der Verwerfung des Efa.u an eine
endgültige Verwerfung zu denken. Ziemlich rathlos ift

fcheinlich in Flandern, gegen Ende des 13. Jahrh. ge-
fchrieben. Sie enthält aufser einigen anderen Stücken
namentlich eine Ueberfetzung mehrerer Bücher der Bibel
und eine Sammlung von Heiligen-Legenden,

Die biblifchen Bücher, welche die Handfchrift
enthält, find: Ge n efis, Richter, Könige und Makka-
bäer. Von diefen vier find zwei, Richter und Könige,
auch in einigen andern Handfchriften erhalten, und hierdurch
bereits bekannt. Ganz eigenartig und bisher kaum

D. dem Beifpiel der Verftockung des Pharao gegen- i beachtet, find dagegen die altfranzöfifchen Texte der
über. Hier mufs er felbft den Gedanken einer doppelten j Genefis und des 1. Makkabäerbuches. Durch ihre
Prädeftination zugeben. Und das Pharao-Beifpiel wiegt um j genaue Befchreibung giebt uns der Verf. eine werthvolle
fo fchwerer als Paulus aus diefem den allgemeinen Satz ! Ergänzung zu Berger's zufammenfaffendem Werke (La
gewinnt ov Dt'Ati iksel ov oe 9&Let 6/tkqovvsi. Zwar ' Bülte frangaisc au moycu äge 1884, vgl. Theol. Litztg.
fchwächt D. durch allerlei Claufeln dies Zugeftändnifs j 1885, Sp. 380). Die Texte find nämlich mehr freie Bear-
wieder ab, aber er ift von der Tragweite feiner Einwürfe beitungen als Ueberfetzungen. Ganz befonders gilt
felbft nicht überzeugt. D's Ausführungen über die wich- dies von der Genefis. Der Bibeltext ift hier mit gröfster
tigen Sätze V. 19 f. (xi ovv ün fisfttpeväi) bekenne ich Freiheit behandelt, bald verkürzt, bald dichterifch er-
nicht verftanden zu haben. In V. 22 und 23 fpricht ! weitert. Dabei begegnet man' oft rythmifchen Phrafen,
Paulus meines Erachtens den Gedanken aus, dafs Gott ! ja wirklichen, Reimen. Nicht feiten laffen fich durch
von • vornherein zum Zorn bereitete Gefäfse (nämlich ' kleine Modificationen achtfilbige Verfe herftellen. Der
das Volk Ifrael -/.ata ((doxa) in Geduld doch fo lange ; Text ift alfo nicht Ueberfetzung aus dem Lateinifchen,
getragen habe, bis das Heil zu der neuen aus Juden und 1 fondern profaifche Bearbeitung eines uns nicht erhaltenen
Heiden beftehenden Gemeinde gekommen fei. D. will | franzöfifchen Gedichtes. Dies gilt jedoch nur für Cap.
jedoch bei dem y.aiTjüziaiitva tlg ooyrv jeden Gedanken
an Gott als den Urheber ausfchliefsen, überfetzt etwa
,Gefäfse vollbereit (reif) zum Zorn' und meint ferner den
Gedanken ergänzen zu können, dafs Gott die Zorngefäfse
in Geduld getragen habe, um ihnen eine Möglichkeit zur
Bufse zu laffen. Beide Erklärungen Rheinen mir höchft
unglücklich und ganz unmöglich zu fein. Nach V. 20 f.
kann man an gar nichts anderes denken, als dafs die

1—31 der Genefis. Von da an ändert fich der Charakter,
indem der profaifche Bearbeiter jetzt einer anderen Vorlage
folgt, nämlich einem in der franzöfifchen Literatur-
gefchichte wohlbekannten Gedichte des Herman von
Valenciennes (Meyer S. 8). — Von anderer Art ift
der Text des 1. Makkabäerbuches. Hier überwiegt
die Ueberfetzung aus dem Lateinifchen. Aber dazwifchen
finden fich auch hier wiederholt Stücke, welche mehr
Zorngefäfse von Gott bereitet find, und der Gedanke ; oder weniger ftark eine poetifche Vorlage verrathen. Für
der Bufse liegt hier ganz fern. Es ift vielmehr bereits den Theologen ift eine Thatfache noch von befonderem
Langmuth Gottes, wenn er Zorngefäfse nicht fchon j Intereffe. An die Wiedergabe des erften Makkabäer-
lange vernichtet, fondern bis jetz.t getragen hat. — Cap. 1 buches fchliefst fich unmittelbar die Fortfetzung der
10 foll nach D. der Gedanke der Verfchuldung Ifraels [ jüdifchen Gefchichte nach Jofephus an, ohne dafs der
gar nicht der Hauptgedanke fein; es ift mir jedoch nach J Uebergang von der einen Quelle zur anderen irgendwie
D's Ausführungen nicht klar geworden, wie er fich den j bemerklich gemacht würde. Wir haben es alfo mehr
Gedankenzufammenhang hier denkt. Und in den letzten j mit einem Stück ,Hiftorienbibel' als mit einer Bibelüber-
Verfen von Cap. 10 foll nach D. wieder zum Ausdruck j fetzung zu thun.

gebracht fein, dafs die Schuld Ifraels doch eine von Gott Die Sammlung von Heiligenlegenden, welche

verhängte und voraus beftimmte fei, fo dafs hier Cap. 1 die Handfchrift enthält, umfafst 69 Nummern. Aefin-
IO wieder in den Gedanken von Cap. 9 einmünde. Ich j liehe Sammlungen in franzöfifcher Sprache find zahlreich
glaube nicht, dafs Paulus bei dem einfachen Schriftbe- vorhanden (nach Meyer S. 35 mehr als dreifsig). Sie
weis für den Ungehorfam Ifraels diefen Gedanken hat j gehen alle auf einen Grundftock zurück, welcher fran-
betonen wollen. Für ganz verfehlt halte ich es, wenn j zöfifche Original-Arbeit zu fein fcheint; denn es ift keine
D. endlich aus dem gröfsten Theil von Cap. n den Ge- J lateinifche Sammlung bekannt, welche diefelben Legenden
danken einer Wiederbringung Gefammtifraels zu ent- j in gleicher Ordnung enthielte (Meyer a. a. O.). Die
fernen fucht. Die Exegefe von H12 und I r 15 halte ich j Sammlung unferer Handfchrift beginnt mit einigen
für die verfehlteften Partien in der ganzen Schrift. Bei j Stoffen der evangelifchen Gefchichte (darunter auch das
1125 ff. mufs D. dennoch diefen Gedanken zulaffen. Er 1 Evangelium Nikodemi). Es folgen Legenden des Petrus,
erwartet demgemäfs mit Paulus von der Zukunft eine i Paulus, Johannes, Jakobus, Matthäus, Simon und Judas,
Gefammtbekehrung Ifraels. Darüber läfst fich nun fchlecht j Philippus, Jakobus Minor, Bartholomäus, Markus, Lukas,
ftreiten. Aber wenn irgendwo, fo Rheinen mir hier die I Barnabas, Thomas, Andreas, Stephanus, Longinus,
Gedanken des Paulus zeitgefchichtlich bedingt zu fein, j Sebaftian und von noch etwa 40 anderen Heiligen.

Eine angenehme Leetüre ift das Schriftchen Dalmer's
nicht; trotz allen anerkennenswerthen Scharfiinns find in
diefer Auslegung eines neuteftamentlichen Textes ver-

Göttingen. E. Schürer.

uiuc. «usicgung en.es neutenan.euu.eue.. .cx.es vex- D t h Reichstagsakten. Auf Veranlaffung Sr. Maj. des
wickelte und fchwienge Fragen noch fchwienger und ; »5i»"»»ä»«»«"- & j

verwirrter geworden, als fie es in Wirklichkeit find.
Göttingen. W. Bousset.

Meyer, Paul, Notice du MS. Bibl. Nat. Fr. 6447 (Traduction
de divers livres de la Bible. Legendes des Saints).
Tire des Notices et Extraits des Manuscrits de la
Bibliotheque Nationale et autres Bibliotheques, tome
XXXV, 2e partie. Paris, Klincksieck, 1896. (78 p. 4.)

Fr. 3.20

Die Handfchrift, deren genaue Befchreibung uns j pfangen wir mit dem 2. Band nun wirklich, was der Titel

Königs v. Bayern, hrsg. durch die hiftorifche Kom-
miffion bei der königl. Akademie der Wiffenffhaften.
Jüngere Reihe. 2. Bd. Gotha, F. A. Perthes, 1896.
(Lex. 8.) M. 50.—

Deutfche Reichstagsakten unter Kaifer Karl V. 2. Bd. Bearb. v.
Adolf Wrede. (V, 1007 S.)

Während der I.Band der Reichstagsakten unter Karl V.
die Erwartungen infofern täufchte, als er nicht Reichstagsakten
, fondern nur eine Einleitung zu denfelben brachte,
da er lediglich Akten zur Wahl Karl's V. enthielt, em-

hier geboten wird, ift in nordfranzöfifcher Sprache, wahr- verfpricht. Denn der 2. Band ift zum gröfsten Theil den