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Ausgabe:

1897

Spalte:

325-326

Autor/Hrsg.:

Lidzbarski, Mark

Titel/Untertitel:

Geschichten und Lieder aus den neuaramäischen Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin 1897

Rezensent:

Schürer, Emil

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitimg. 1897. Nr. 12.

326

unermüdlich thätigen Redacteur der Rivista bibliografica j im Text des cod. Sin. aber 1,21 f. 'Ays/yaoog, 11,17
italiana (f. Th. L. Z. 1896 No. 5). Die auf das Vorwort 'Aysi/.i'tQ, 14,10 'Aysr/.ctQog, im alten Lateiner Achicarus.
folgende Nota dei Libri che compongona la Biblia zeigt, Der Neffe und Pflegefohn kommt nur an zwei Stellen
für& welch' weite Kreife das Büchlein beftimmt ift; die bei Tobit vor. Im Vulgärtext heifst er an der einen
Literaturüberficht (S. XIV—XVI) fchliefst fich an Cornely I Stelle 11,17 Naaßdg, an der anderen 14,10 Aiiccv, da-
und Driver an, vergifst aber die bei Driver zu Jer. j gegen im Text des cod. Sin. 11,17 Naßad, 14,10 Nctddß,
genannten Commentare von Payne-Smith, Cheyne, 1 im alten Lateiner Nabal und Nabad, der cod. Vat. hat
Plumptre, ebenfo Bickell's kritifche Bearbeitung in der , 14,10 'Adaii^ Es ift klar, dafs die Formen des Vulgär-
Wiener Zeitfchrift für Kunde des Morgenlandes VIII. textes Naaßäg und Idiictv beide corrumpirt find, letztere

entfprungen aus der Aehnlichkeit der Gefchichte mit der
des Mardochai und Haman. Das Urfprüngliche wird
Naßäd oder Nadäß fein.

Ueber das Verhalten des Nadab gegen Achikar
giebt das Buch Tobit 14,10 nur eine dunkle Andeutung.
Es heifst, (nach dem Vulgärtext), dafs Nadab den Achikar
S/t znv (pioxbg rjyctysv slg zb oxnzog, dafs aber Gott den
Achikar gerettet und dem^ Nadab feine That vergolten
habe, v.ui avzng v.azsßi) slg zb ö/.bzog. Aehnlich, wenn
auch der Form nach anders, im Text des cod. Sin. Diefe
kurze Andeutung hat den Auslegern bisher viel Schwierigkeiten
gemacht. Sie ift eben nur verftändlich, wenn man
die Gefchichte felbft kennt. Augenfcheinlich durfte der
Verf. die Bekanntfchaft derfelben bei feinen Lefern vorausfetzen
. Dann aber ift fie älter als unfer Buch Tobit,
und zwar höchft wahrfcheinlich auch fchon in fchrift-
licher Fixirung. Diefer Schlufs gilt zwar nicht für die
uns erhaltenen Recenfionen, die wohl fämmtlich fekun-
där find, wohl aber für die ihnen zu Grunde liegende
Urgeftalt.

Göttingen. E. Schürer.

1894. IOI —129. Die Einleitung behandelt die Elegie,
diefe viola odorata dei boschi in Egypten, Babylonien,
Syrien, bei den Hebräern — S. 28 f. eine Ueberfetzung
von 2 Sa. I, 17 ff. Die Frage, ob unfere Klaglieder von
Jeremia find, wird offen gelaffen; ihr Gebrauch in der
Kirche, in der Hebdomada maior, wird genauer befprochen, j
als man in proteftantifchen Büchern gewöhnt ift. (S. 68 f.).
Die Ueberfetzung (S. 77—115) ift von einzelnen Anmerkungen
begleitet und von kritifchen Noten gefolgt
(S. 117 ff). Das Hohelied foll in ähnlicher Bearbeitung
folgen, ehe der Verf. die Arbeit an den Ew. wieder aufnimmt
.

Ulm. Eb. Neftle.

Lidzbarski, Mark, Geschichten und Lieder aus den neuaramäischen
Handschriften der Königlichen Bibliothek zu
Berlin. (A. u. d. T.: Beiträge zur Volks- und Völkerkunde
, 4. Bd.) Weimar, Felber, 1896. (XVI, 313 S. 8.)

M. 6.—

Die neu-aramäifchen Texte, welche hier in deutfcher
Ueberfetzung dargeboten werden, find fämmtlich von
Sachau auf feiner Reife in Syrien und Mefopotamien Friedländer, M., Das Judenthum in der vorchristlichen

gefammelt worden. Die Mehrzahl diefer Stücke find griechischen Welt. Ein Beitrag zur Entftehungsgefchichte
Märchen Fabeln und Schwanke, welche für die Ge- dgs Chriftenthums. Wien, M. Breitenftein, 1897. (V,
fchichte diefer Literaturgattungen von Intereffe find, dem I „ > y/- i»i

theologifchen Gebiete aber ferne liegen. Ein gröfseres j 74 Sr- °-j

Stück jedoch, welches die Sammlung Lidzbarski's er- Die Abficht diefer Darftellung ift: die Bedeutung und

öffnet, fällt direct in den Bereich des theologifchen In- A~~ z?:„a..r„ j— .•.•:-i:r_i---r-»:_r----

tereffes: Die „Gefchichte des weifen Chikar" (S.
1—41). Sie hat einige Aehnlichkeit mit der Gefchichte
von Mardochai und Haman im Buche Efther. Der weife
Chikar, Minifter des Königs Sancherib von Affyrien,
hat einen Neffen, Namens Nadan, welchen er wie feinen
Sohn erzieht und in aller Weisheit unterrichtet. Der
Neffe vergeudet aber das Vermögen feines Oheims, und
als diefer ihm die Verfügung darüber entzieht, finnt
Nadan auf Rache. Durch gefälfchte Briefe weifs er es
dahin zu bringen, dafs Chikar vom Könige zum Tode
verurtheilt wird. Das Urtheil wird aber nicht vollzogen.
Es kommt vielmehr nach mancherlei Zwifchenfällen

fchliefslich dahin, dafs Chikar's Ehre wiederhergeftellt j treten, gilt augenfcheinlich die Sympathie des Verfaffers;
wird, und Nadan felbft eines elenden Todes ftirbt. denn fie haben das Judenthum zu einem Licht für die

Der neu-aramäifche Text, welchem Lidzbarski folgt, j Völker gemacht. — Im Einzelnen wäre wohl da und
ift Ueberfetzung aus dem Arabifchen. Es giebt aber 1 dort ein Fragezeichen zu machen; die Ausdrücke find
auch zahlreiche andere Recenfionen : arabifch, aethiopifch ! nicht immer mit der nöthigen Vorficht gewählt, und die

den Einflufs der jüdifchen Diafpora in der helleniftifch-
römifchen Zeit nachzuweifen. Nicht das engherzige
pharifäifche Judenthum Paläftina's, fondern das weitherzige
griechifche Judenthum der Diafpora hat eine welt-
gefchichtliche Miffion ausgeübt.

Der Stoff wird unter fechs Rubriken geordnet: I. Die
Miffion der jüdifchen Diafpora in den letzten vorchrift-
lichen Jahrhunderten. II. Die Synagoge der Diafpora.
III. Die griechifche Bibel. IV. Der Sabbath. V. Die
Reaction (Angriffe heidnifcher Literaten gegen die Juden).
VI. Die religiöfen Parteiungen der jüdifchen Diafpora. —
Sehr ausgiebig werden die fibyllinifchen Orakel und die
Schriften Philo's benützt. Der Richtung, welche fie ver-

und flavifch. Moderne Ueberfetzungen des arabifchen
Textes im Anfchlufs an IOOI Nacht, in deren Hand-
fchriften fich die Legende aber nicht findet, verzeichnet

culturgefchichtliche Miffion der jüdifchen Diafpora wird
doch überfchätzt. Im Grofsen und Ganzen aber hat
der Verf. Recht, wenn er diefelbe ftark betont. Am

Kuhn (Byzantin. Zeitfclir. I, 129). Eine deutfche Ueber- wenigften befriedigend fcheint mir der letzte Abfchnitt
fetzung des flavifchen Textes hat vor mehreren Jahren über die religiöfen Parteiungen der jüdifchen Diafpora.
Jagic veröffentlicht (Byzantin. Zeitfchr. I. Bd. 1892, S. 107 Der Verf. glaubt innerhalb derfelben zwei Richtungen

-126). Die beiden Hauptperfonen heifsen hier Akyrios
und Anadan. Vgl. über die verfchiedenen Geftalten der
Legende: Benfey, Kleinere Schriften II. Bd. 3. Abth.
S. 181 ff. 185 ff. Kuhn, Byzantin. Zeitfchr. I, 127—130.
Meifsner, Zeitfchr. der DMG. XLVIII, 1894, S. 171 —
197. Lidzbarski, ebendaf. S. 671—675.

Diefe Gefchichte ift nun für uns deshalb von be-
fonderem Intereffe, weil fie in ihrer Urgeftalt augenfcheinlich
fchon dem Verf. des Buches Tobit vorgelegen
hat. Der Hauptheld heifst im Vulgär-Text des

nach weifen zu können: eine confervative, welche die
nationalen und religiöfen Satzungen beobachtet wiffen
wollte, und eine radicale. Die erftere ift vertreten durch
Philo und das III. und V. Buch der fibyllinifchen Orakel,
die letztere z. B. durch die Therapeuten und das IV. Buch
der Sibyllinen. Eine folche Spaltung der Diafpora in zwei
einander entgegengefetzte Parteien läfstfich m. E. nicht er-
weifen. Es hat hier gewifs manche Abftufungen gegeben.
Aber auch die Freieften haben gewiffe Hauptpunkte des
Ceremonialgefetzes feilgehalten: die Feier des Sabbaths

Buches Tobit Axictyagog (Tobit. 1,21 f. 2,10. 11,17. H.10)» I ur>6 die elementarften Speife- und Reinheitsgefetze. Das