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Ausgabe:

1897

Spalte:

281-283

Autor/Hrsg.:

Birks, Rev.

Titel/Untertitel:

Life and correspondence of Thomas Valpy French, first bishop of Lahore 1897

Rezensent:

Richter, E.

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Theologiche Literaturzeitung. 1897. Nr. 10.

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weil wir den muthigen Magifter hier weiter feine Lehre
entwickeln fehen, noch dazu in Thefen, die nicht Me-
lanchthon, fondern er felbft verfafst hat. Die Thefen
der erften Lauterwald'fchen Disputation zu Wittenberg
(hier Nr. X) find bereits im Corp. Ref. XII, 585 ff gedruckt;
die Disputation felbft, die im Cod. Rigenfis 243 f 337 b
bis 343 b fteht, theilt Haufsleiter hier nicht mit, berichtet
aber daraus, dafs und wie fich Melanchthon daran betheiligt
hat (S. 73); die Thefen der zweiten dagegen,
welche im Corp. Ref. fehlen, druckt Haufsleiter S. 80 ff
aus dem Rigaer Codex 243, f. 54—6bb ab. Es entfpricht
ganz der Wichtigkeit Lauterwald's, dafs auch feine
Königsberger Thefen vom 6. April 1549 und fein Anklagebrief
über Ofiander an den Bifchof Polentz vom
16. April 1550 S. 77—79 aus Lehnerdt wiederholt werden.
Aus meinem .Urkundenbuche' Bd. III (1890) Nr. 2343
geht hervor, dafs diefer Brief der Anlafs wurde, auch
Speratus in die Anfänge des ofiandriftifchen Streites
hineinzuziehen. Melanchthon nahm in feiner Disputation
vom 29. Septbr. 1551, hier Nr. XII, S. 86ff, gegenüber
dem Ofiandrismus Stellung; es ilt das Vedienft Haufs-
leiter's, diefe wichtige Disputation datiert und fo in das
rechte Licht gerückt zu haben; der wichtigfte Abfchnitt
ihrer Thesen (1—53) wird dabei im Anhange mitgetheilt.
— Nr. XIII bringt Mittheilungen über die Disputation
vor der Promotion des M. Tilemann Heshufius vom
5. Mai 1553. Von ganz befonderem Intereffe aber ift
Nr. XIV, die Disputation vor der Promotion des M. Hen-
ricus Sthenius Munderus, bei Haufsleiter S. 114fr.
Als Amtsnachfolger des Antonius Corvinus darf
diefer Mann wohl befondere Beachtung beanfpruchen. So
.unbekannt', wie der Herausgeber meint, ift er zwar nicht;
nicht nur fein Zeitgenoffe Hamelmann, fondern auch der
Kirchenhiftoriker Hannovers Joh. Karl Fürchtegott
Schlegel, Kirchen- und Ref.-gefch. von Norddeutfchland
2. Band, Hannover 1828, S. 176 hat Mittheilungen über
ihn: er hiefs Heinrich Stein und hatte feine ,Verforgung'
zu Münder am Deifter, daher Munderus (worüber näheres
bei Schlegel a. a. O.). Die Nachrichten, welche
Haufsleiter gefammelt hat, bereichern aber unfere Kennt-
nifs diefes Mannes aufs befte; die Kirchengefchichte
Hannovers, fpeciell die des Fürftenthums Kalenberg-
Göttingen, ift durch diefes Stück feiner Edition recht
dankenswerth gefördert worden. In der grofsen Oede,
welche nach Corvinus' Tode (f 1553) bisher über der
Kirchengefchichte diefes Landes lagert, bis nach Erich's II.
Tode 1584 unter der Regierung Julius' von Braunfchweig-
Wolfenbüttel eine neue Periode beginnt, wird man nunmehr
auch der Perfon des Stenius weiter nachgehen
müffen. Es folgen ferner die Disputationen XV vor der
Promotion des M. Georgius Aemylius (Oehmler), des
Simon Mufäus und des M. Petrus Prätorius (5. Mai
1554) S. H9ff; XVI die des Paul von Eitzen (Sup.
in Hamburg, vom 18. Mai 1556) S. 128 ff; XVII des
Konrad Becker (Sup. in Stade, vom 31. üctbr. 1556),
S. 133 ff; XIX des Paul Eber, Erasmus Lätus,
Joh. Co geler und Paul Crell (vom 7. Decbr. 1559) und
zuletzt XX die Promotion des Königsberger Profeffors
David Voit (vom 19. März 1560), welcher fpäter, 1568,
dem Herzoge Albrecht vonPreufsen die Augen zudrückte.

Schon aus diefen Andeutungen dürfte hervorgehen,
dafs Haufsleiter uns eine reichhaltige reformationsge-
fchichtliche Gabe gefchenkt hat, welche nicht blofs die
Gefchichte der Theologie, fondern auch die Einzel-
forfchung vielfeitig fördern wird.

Göttingen. Paul Tfchackert.

Birks, Rev., Life and correspondence of ThomasValpy French,
first bishop of Lahore. 2 Bde. London, John Murray,
1895. (XXIV, 406 u. II, 422 S. gr. 8.)
Innerhalb der neueren evangelifchenMiffionsgefchichte

ift es vornehmlich die Miffion Indiens, welche die meifte

Beachtung verdient. Hat es doch ganz den Anfchein,
als will Indien im künftigen Jahrhundert für die örtliche
Welt die Rolle fpielen, die Rom in den erften chriftlichen
Jahrhunderten gefpielt hat. icf. Smith, T/u- Conversion
of India, London, Murray 1894.)

Während nun in Indien die Miffion bisher die reichften
Ernten allerdings aus den füdindifchen Völkern gefammelt
hat und die nordindifche Miffion, abgesehen von derjenigen
unter den Aborigines (Santals und Kols), erft ver-
hältnifsmäfsig geringe Erfolge gehabt hat, so ist doch
unftreitig die Miffionsarbeit in Nordindien von gröfserem
Intereffe als die in Südindien. Denn Nordindien ift nicht
nur der Sitz einer alten und hohen Cultur, fondern auch
die Wiege uralter Religionsfysteme, fo der altindifchen
Vedenreligion und des Buddhismus, und in neuerer Zeit
der Tummelplatz für Anhänger der mannigfaltigften reli-
giöfen Bekenntniffe, für Hindus alten und neuen Glaubens,
Mohammedaner, für Sikhs und für Parteigänger verfchie-
dener neuerer Secten. Die Miffion hat hier mit gröfseren
Schwierigkeiten zu kämpfen als auf Gebieten, wo sie es
mit Naturvölkern zu thun hat. Sie hat an ihre Miffionare
hinfichtlich ihrer Vorbildung und geiftigen Fähigkeiten
höhere Anfprüche zu ftellen. Sie hat manche neue Wege
einzufchlagen und befondere Mittel zu erfinnen, um den
Angehörigen jener verfchiedenen Religionen das Chriften-
thum nahe zu bringen.

Das vorliegende Werk, die umfangreiche Biographie
eines der bedeutendften Miffionare der Gegenwart, des
anglikanifchen Bifchofs French, ift vorzüglich geeignet,
den Lefer in die nordindifche Miffionsarbeit orientirende
und inftructive Einblicke thun zu laffen. Ein reichhaltiges
Material über wichtige miffionstheoretifche und
-methodifche Fragen diefer intereffanten Miffion wird vor
uns ausgebreitet; man wird vielleicht in dem einen und
andern Falle eine andere Meinung haben als Fr., jedenfalls
wird man durch ihn zu neuem Nachdenken darüber
angeregt. Wir empfangen aus dem vollen Leben ge-
fchöpfte Schilderungen des modernen Hinduismus und
feiner neueren Umbildungen (z. B. des pantheiftifchen
Vedantismus), des indifchen Mohammedanismus, des
Sikhismus und des vielverbreiteten Scepticismus von
Jungindien; und diefe Schilderungen nehmen fich doch
wefentlich anders aus, als die auf dem Religions-Con-
grefs von Chicago gehaltenen Lobreden. Vor allem führt
uns die Lebensarbeit Fr's in das wichtigfte Miffionsprob-
lem, die Bildung einer Volkskirche auf dem Miffionsfelde,
ein. Das find durchweg gefunde und practifche Gedanken,
die er darüber ausführt, Gedanken, die es werth find,
von den dort arbeitenden Miffionsgefellfchaften reiflich
erwogen zu werden. Ein wefentliches Mittel zur Bildung
einer Volkskirche fah Fr. in der Gründung einer theolo-
gifchen Schule zur Heranbildung eingeborner Geiftlichen.
Das Ideal, das ihm dabei vor Augen fchwebte, waren
die Catechetenfchule, das Didaskaleion von Alexandrien
oder die theologifchen Schulen von Antiochien und
Edeffa. (S. feine ideenreiche Denkfchrift hierüber Bd. I.
242 ff.)

Der gröfste Teil des II. Bandes führt uns in den
mohammedanifchen Orient. Wir bekommen ein anfchau-
liches Bild von der derzeitigen Lage des Mohammedanismus
in Perfien und Syrien, wobei wir auch mit den
neuerdings vielgenannten modernen islamitifchen Secten,
dem Babismus und Sufismus, bekannt gemacht werden.
Man mufs in der Beurtheilung diefer Secten — wohl
entgegen der Meinung allzu optimiftifcher Beobachter z.
B. des P. Faber von der fo unglücklich geendeten Mo-
hammedanermiffion in Perfien ■— French Recht geben,
welcher in ihnen eine Richtung zum Chriftenthum hin
nicht erblicken kann. Auch in die zum gröfsten Theil
allerdings troftlofe Lage der orientalifchen Kirchen mit
ihrer Verknöcherung bekommt man einen Einblick. Davon
hebt fich die Schilderung der neubelebenden Wirk-
famkeit der amerikanifchen Miffionen (Presbyterianer und