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Ausgabe:

1897

Spalte:

278-279

Autor/Hrsg.:

Feldmann, Franz (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Narses, Syrische Wechsellieder, ein Beitrag zur altchristlichen syrischen Hymnologie nach einer Handschrift d. Königl. Bibliothek in Berlin 1897

Rezensent:

Schulthess, Friedrich

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2/" Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 10. 278

gangen, fiehe es ift Alles neu geworden', vollauf auch Narses, Syrische Wechsellieder, ein Beitrag zur altchrift-
von feiner Weltanfchauung galt, hat in feinem Durch- liehen fyrifchen Hymnologie nach einer Handfchrift
denken der Menfchheitserneuerung in Chrifto nicht fo der König]. Bibliothek in Berlin. Hrsg, überfetzt
ftark von vorchriftlichenBildungselementen bedingt bleiben , ° .. . -r, . _ „ , ,

können, wie hier angenommen wird'. Im Einzelnen trennt ! und bearbeitet von Repet. D. Prz. Feldmann.

fich B. von H. in der Beurtheilung des paulinifchen Be
grififs o/'qS, deffen von H. vertretenen helleniftifchen UrLeipzig
, Harraffowitz, 1896. (IX, 55 und 35 S. gr. 8.)

M. 5.

fprung B. in Abrede ftellt; es rückt ihm H. die Chrifto- ,. , , .,, .„ , ,

lSgiedes Paulus viel zu fehr aus dem Urchriftlichen ins V°n den. dichtenfchen Erzeugmffen des Narfes

Gnoftifche; endlich fährt für ihn nicht, wie für H., die i (t wahrfche.nhch am Anfang des 6. Jahrh ,n Nifibis), des
Lehre vorn Heilswerke Gottes in Chrifto in eine juri- i eren und hochangefehenen neftonanifchen Dichters ,ft
difche und eine myftifch-ethifche Deutung auseinander, ("e,De" viel Verlorenem) Allerlei auf uns gekommen, aber
weichein dem Denken des Paulus einen ungelöften Wider- < bisher erft zum kleinften Theil veröffentlicht. Jetzt macht
fpruch zurückgelaffen hätte. .Hiernach hätte die Holtz- ; u"s gen /eidmann mit einer Anzahl fogenannter
mann'fche Arbeit bei allem ihrem Anfpruch auf ernfte AVeclifelheder' bekannt. Es find verfchiedene Zw.ege-
Beachtung mich zu irgend erheblichen Aenderungen ^achf mJ°™ von' i* vier bebenfilbige Verfe um-
meiner Auffaffung des Paulinismus nicht veranlaffen , faffe,nde"' Strophen, von denen je zwei mit dem felben
können'. - Die in der zweiten Auflage gegen die erfte , Buchftaben beginnen und welche in diefer Weife eine,
eingetretenen Aenderungen beziehen fich zunächft auf im Unterfchtede gegenuberfrüheren Kunftformen der
zwei Capitel der fynoptifchen Lehre Jefu vom Reiche Art, confequenteund^

Gottes und von der Parufie. Beyfchlag ift feiner Grund- aufweifen. Nur die den Dialogen vorangehenden haben
anficht treu geblieben, hat aber die Darfteilung derfelben , ™ar ebenfalls Strophenform entbehren aber der Akro-
zu verbeffern gefucht feine Stellung zu Baldensperger ft,c.hen- DieBerliner Hs ..welcher^diefe Lieder entnommen
undjoh. Weifs ift diefelbe, die er in der dritten Auflage , find> enthalt neun folcher Soghjatha Eine ift bereits

u J : . - - ... . 1 „ ........t ... tt t , ! vnn Sarhan hpkannt npmarht' vnn Hnn TnVrf

feines Lebens Jefu (Band I. S. XXXVI-XLIV) dargethan
hatte; über die ihm erft feitdem bekannt gewordene
Schrift Schmoller's vgl. I, S. 56 —57, Anm. Ehrhardt's
Buch über den Grundcharakter der Ethik Jefu, 1895, hat
B. nicht berückfichtigt. B.'s Deutung des Parufiegedankens
berührt fich in vielen Punkten mit der Haupt'fchen Auf-

von Sachau bekannt gemacht; von den acht übrigen
find die drei erften irrthümlich, aber nicht unbegreiflicherweife
, unter die Werke Ephraem's gerathen und als folche
in Lamy's Ausgabe gedruckt. Aber freilich ftellt der
neu veröffentlichte Text jedenfalls eine ganz verfchiedene
Tradition' dar (p. VI). Bei einer genauen Vergleichung

faffung ,Hat Jefus unter dem Reiche Gottes nicht eine : hat fich mir ergeben, dafs von insgefammt 157 Strophen
fofort fich erweifende Heilsmacht gedacht, fondern ein ! nur 9 ubereinftimmen; oft find es blos einzelne Worte,
phantaftifches Zukunftsgebilde, das nie erfchienen wäre, die rvon einander abweichen, viel häufiger aber ganze
noch erfcheinen könnte, fo wäre sein ganzes Evangelium 1 v"fe. uad f°gar atrophen. Trotzdem find die VerSchwärmerei
.' Auch in der Erklärung der Abendmahls- I Jchiedenheiten meift von untergeordneter Bedeutung; die
handlung und -Worte ftimmt B. im Wefentlichen dem ! Stellen wo fie dogmatifch von Belang find, dürften wenig
Haupt'fchen Programm zu. ,Die neuerlichen Verfuche, ! zahlreich fein Doch mufs hier, wie bei allen diefen

aus der Abendmahlshandlung Jefu die Beziehung auf
feinen Heilandstod wegzudenken, werden wohl nur den
Werth von Sackgaffen behalten, aus denen man um eine
Erfahrung reicher auf den verlaffenen richtigen Weg zurückkehrt
' (I, 156—157, wo Harnack's und Spitta's Hy-
pothefen befprochen find). Von Spitta's und Maffebieau's
Anflehten über den jüdifchen Urfprung und Charakter
des Jacobusbriefs konnte B. noch keine Notiz nehmen;
er hält feine frühere Pofition unentwegt feft. ,Der fpöt-
tifche Ton, in welchem diefe Anficht in einigen neueren
Einleitungen zum N.T.behandelt wird, fcheint denMangel
ernfthafter Gegengründe verdecken zu follen'. (I, 347.)
Bei der Befprechung der Stelle I Petr. 3, 18. 19 hat B.
zur wichtigen Abhandlung Spitta's keinerlei Stellung genommen
, fondern diefelbe gänzlich ignoriert. — Die Darftellung
des paulinifchen Lehrbegriffs ift durch zahlreiche,
meift der Abwehr von Angriffen von Weifs und Lorenz
gewidmeten Bemerkungen bereichert; zwei längere Aus-
einanderfetzungen über die Chriftologie des Kolofferbriefs
(II, 81 — 82) und über die Erklärung von 2 Kor. 5, 14—15
(II, 142—143) find neu hinzugetreten. — Bezüglich der Apokalypse
, deren Einheitlichkeit B. nicht preisgegeben, ftimmt
der Verf. dem Urtheil Jülichers zu, ,die in jüngfter Zeit mit
der A. vorgenommenen kritifchen Experimente machen
den Eindruck, dafs auf dem Boden der neuteftamentlichen
Forfchung nichts ficher und man vor nichts ficher fei.'
(Vgl. die Auseinanderfetzungen mit Jülicher 11,364—371,
Gunkel 380—382, Hirfcht 396—397). — Durch diefe Bezugnahme
auf wichtige Veröffentlichungen greift B.'s

Liedern, das Urtheil dem Dogmenhiftoriker überlaffen
bleiben. Uebrigens darf man in diefer Beziehung nicht
zu viel erwarten. Zum Theil nämlich find fie in theolo-
gifcher Hinficht recht farblos, fo der erfte Dialog zwifchen
Maria und den Magiern, und der zweite, zwifchen Maria
und dem Engel Gabriel, und ift es nicht zu verwundern,
dafs gerade diefe auch aufserhalb des neftorianifchen Be-
kenntniffes Verbreitung fanden und z. B. in das Brevier
der Maroniten aufgenommen worden find (welche fich
ja freilich auch fonft gegen Andersgläubige weniger ablehnend
verhielten, als die Monophyfiten). Oefters ift es
geradezu, als rede vielmehr ein Ephraem zu uns, als ein
Neftorianer. Dogmengefchichtlich am intereffanteften ift
der (fünfte) Dialog zwifchen Cyrill und Neftorius, in
welchem Jeder feine Glaubensfätze mit dem Schriftbeweis
verficht; ob überall glücklich ift die Frage. Ziemlich
bedeutend fällt dagegen ab der (achte) Dialog
zwifchen dem König und den Märtyrern. Da er nirgends
auf ein beftimmtes hiftorifch.es Faktum hinweift, fondern
eine Scene fchildert, wie fie uns aus der Gefchichte
jener perfifchen Verfolgungen hundertfach nach derfelben
Schablone überliefert ift, fo glaube ich nicht, dafs der
Verfaffer ein fpecielles Ereignifs vor Augen gehabt hat
(gegen p. 49, Anm. 2). Für Narfes, falls diefer wirklich
überall der Verfaffer ift, die ,Cither des h. Geiftes', ift die
Sprache in grofsen Partien recht unpoetifch, nicht viel
mehr als eine ins Versmaafs gezwängte Profa, was immerhin
zum Theil durch den Stoff bedingt fein mag.

Herr Feldmann hat fich in der Wiedergabe des

Buch directer in die wiffenfehaftlichen Discuffionen der Textes genau an die Berliner Hs. gehalten (p. 3 des fyr.
auf der Tagesordnung flehenden Fragen ein; fonft aber Textes, Anm, 1), und er hat gut daran gethan; doch
ift daffelbe dem aus der erften Ausgabe bekannten Stand- bleibt fo noch mancher Anftofs zu befeitigen. Die nicht
punkt und Charakter treu geblieben. feltenen metrifchen Unebenheiten find zum Theil leicht

p, ., . t-* p T „in,;. zu corrigiren, und in diefer Hin ficht hätte er etwas mehr

Strafsburg 1. E. _ f. Lotmein. ; thun und fokhe FäUe |n den Fufsnoten wenigftens erwähnen
follen; z. B. III 21, 3 (wo Lamy richtig); VI 25,