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Ausgabe:

1897 Nr. 8

Spalte:

227-228

Autor/Hrsg.:

Faber, W.

Titel/Untertitel:

Licht und Heil. Predigten 1897

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Seite 1

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227

Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 8.

228

Rule hat fich der Unterfuchung mit grofser Gelehr- j gleich der Prediger die traditionelle f. g. Kirchenlehre
famkeit und nicht geringerem Scharffinn unterzogen; er nie verleugnet, hält er doch fehr wenig von toter Ortho

ift davon überzeugt, den Beweis erbracht zu haben, dafs
eine fubdantial identity vorhanden fei zwifchen den

doxie; er führt feiner Gemeinde das konkrete Leben mit
feinen bunten Verhältniffen vor Augen und zeigt ernft

urfprünglichen Theilen des Corpus-Manufcripts und dem und mahnend, ohne ein Blatt vor den Mund zu
im Jahre 597 nach England gebrachten Miffale Gregors; , nehmen, feine Schäden, um die Aufgaben des Chriften

der gegenwärtige Inhalt des Corpus-Manufcripts fei eine
Ueberarbeitung des Erzbifchofs Egbert im 8. Jahrh.

Mit dem Referat über Gegenftand und Beweis müffen
wir uns hier begnügen. Auf die Einzelunterfuchungen
näher einzugehen, würde bei weitem mehr Raum in An-
fpruch nehmen, als uns zu Gebote fteht. Soweit wir der
Beweisführung gefolgt find, fcheint uns das Refultat der
Unterfuchung wohl begründet zu fein.

Marburg. E. Chr. Achelis.

Faber, Hof- und Dompred. Gen.-Superint. W., Licht und

Heil. Predigten für alle Sonn- und Fefttage des
Kirchenjahres zumeift über freie evangelifche Schriftworte
. Magdeburg, Creutz, 1896. (VIII, 486 S. gr. 8.)

M. 6.—, geb. M. 7.—

Der erfte Theil diefer Poffille (vom 1. Advent bis
zum Trinitatisfefte) ift ,dem pietätsvollen Gedächtnifs'
einer entfchlafenen würdigen Chriftin, der zweite Theil
(vom erften Trinitatisfonntag bis zur Totenfeier) ,als be-
fcheidene Geburtstagsgabe Herrn Oberhofprediger D.
Kögel zum 16. Februar 1896', dem letzten Geburtstage
Kögels, gewidmet. Beide Widmungen find bezeichnend;

die Pflege frommer Pietät und die unbedingte Werth- ! Anklage. Allein die Schwäche bleibt doch beliehen.

n ein helles Licht zu (teilen. Allerdings reifst der
Eifer hier und da ihn zu Schroffheiten hin, die wir nicht
zu billigen vermögen; die Art, wie die, denen die neu-
teflamentlichen Berichte von der Himmelfahrt Jefu unüberwindliche
Schwierigkeiten bereiten (Referent gehört
nicht zu ihnen), als Läugner der Himmelfahrt charakte-
rifirt und ad abszirdam geführt werden, wird wohl nur
erbittern, nicht aber gewinnen; auch fcheint es mir
einfeitig zu fein, wenn (Nr. 13) der Mifserfolg der Predigt
Jefu heutiges Tages nur den Hörern als Schuld angerechnet
wird; vielleicht ift's dem Herrn Verfaffer nicht
bekannt, dafs nicht immer die Predigt Jefu durch das
Wort der Prediger in ihrer urfprünglichen Kraft und
Leutfeligkeit verkündet wird.

Die ftarke Seite des Predigers iff auch feine fchwache
Seite; der Geiftreichthum wird zur Geiftreichigkeit. Wir
find fern von dem Verdacht abfichtlichen Prunkens; die
befcheidene und gemüthvolle Art, wie der Herr Verfaffer
z. B. die Predigt eines Amtsbruders und die darin
vorgetragene Deutung von Joh. 21, 21. 22, wie er Kögel,den
Mann Gottes' citirt, wie er feine Gemeinde auf die Entdeckung
eines Parallelismus zwifchen den acht Selig-
preifungen (Mt. 5) und den acht Weherufen (Mt. 23) hinweift
, und vieles Andere verbieten jede unfreundliche

fchätzung wahren Chriftenthums, wo immer es offenbar ! Nur hindeuten wollen wir auf die geiftreiche Spielerei
wird, anderfeits die geiftige Verwandtfchaft Fabers mit mit Worten und Gedanken, wie fie fleh S. 92. 97. 103.
Kögel find Charakteriftika der Predigtfammlung. P'aber ! 131 f. findet, auf die Durchführung des Themas ,Unfer
ift ohne Frage ein hochbegabter Prediger des Evange- | Stern und Stab' durch die Dies solis, lunae, Marlis,
liums; reich an tiefen, oft überrafchenden aber fofort uns ! Mcrcurii, Jovis, Veneris, Saturni und die Spielerei mit
überwindenden Gedanken (z. B. Lc. 15, 11—32: die beiden ] Bettlerftab, Gauklerflab, Zauberftab, Herrfcherftab u. f w.,
verlorenen Söhne), die auf dem Wege forgfältiger 1 Eleafer-, Aaron-, Mofes-Stab u. dergl. mehr. In der 10.
Exegefe und Meditation, auf Grund einerreichen Herzens- Predigt ,Rahels Mutterfchmerz und Marias Mutterglück'
und Menfchenkenntnifs, durch die Mittel eindringenden [ fteigert fich das Empfinden zu bedenklichen mytho-
Scharffinns und geidvoller Kombinationsgabe ge- logifchen Behauptungen. Wir kennen aus eigener Er-
wonnen find; dabei eine Meifterfchaft in der Beherrfchung j fahrung das Dürften nach Troft am Sterbebette geliebter

der Sprache, fern von aller Manier, bald in hohem fachlichen
Pathos Herz und Gewiffen ergreifend, bald feftlich
auf die Höhe führend, dann wieder einfach und (tili
fliefsend oder in kurzen Aphorismen fich ergehend, (tets
dem Inhalt innig angefchmiegt und den Inhalt durch die
Form deutend und ihm den Weg des Verftändniffes bereitend
. Eine befondere PLigenthümlichkeit ift die überKinder
, aber die Behauptung, dafs Gott die heimge-
gangenen Kleinen zu behütendem und Gottes Gnade vermittelndem
Engeldienft an den Eltern gebrauche, dals
die Kleinen im Himmel für uns bitten und dgl. Phanta-
fieen mehr, find doch pofitive Verirrungen.

Dafs die ftrahlende Sonne wahrnehmbare Flecken
hat, hindert uns nicht, an ihrem Licht und ihrer Lebensaus
grofse Mannigfaltigkeit der homiletifchen Form. Wir wärme uns zu erfreuen. Dem Herrn Verfaffer gebührt
finden einfache Bibelftunden und bis an die Grenze der ehrender Dank für feine fchöne und reiche Gabe, die an
Verkünftelung kunftvolle Propofitionen (S. 95 f. 192 f. Vielen fegnend fich erweifen möge.
301 f. 308f.); wir finden akroamatifche Katecheten mit Marburg. E. Chr. Achelis.

leltformuhrtem Pinalthema (S. 120, 292), Predigten ohne

Einleitung (S. 73 f. 377 f.), und eine Reihe von Be- -~~--

trachtungen, denen freilich nicht die Ordnung, wohl aber Bornemann, Prof. Lic. W., Zu Freiheit und Frieden. Redet
: ernhe.thche Gefichtspunkt und demgemäfs jede Pro- j. iöf Red Magdeburg, Creutz, 1893. (VIII, 244
pofitron fehlt (Nr. 7. 8. 10. II. 13. (31) 33, 35. 41. 48. 31. 8 8 »„ . »» (-

54- 62), auch Doppeltexte fehlen nicht (S. 48. 262), und I S" gr' 80 4-, geb. M. 4.60

2 Macc. 8, 21—23 (S. 373) befremdet immerhin. Eine j Durch ein Mifsgefchick, an dem Referent jedoch un-

fchuldig ift, hat diefe Anzeige der Religiöfen Reden
Bornemanns fich lange verzögert. Es würde einen Verlud
bedeuten, wenn fie in dem Leferkreife der Th. Lit.
Ztg. unbeachtet blieben. Schon der Titel ,Religiöfe
Reden' kündet es an, dafs die breite Strafse der Schablone
verlaffen id, und der Inhalt rechtfertigt den Titel.
Ohne irgendeine Phrafe, ohne Anwendung überkommener
rhetorifcher Mittel, in einer Kund der Sprache, die lediglich
in dem der Sache entfprechenden Ausdruck liegt,
quillt das Wort aus dem religiöfen und fittlichen Innenleben
des Redenden hervor; was er mit feinen eigenen
Augen wirklich fleht, wofür er eindehen kann, weil er
es gewifslich weifs, trägt er der Gemeinde vor mit den

folcheFreiheit nicht nur von der überlieferten homiletifchen
Form, fondern von der homiletifchen Form überhaupt ge-
dehen wir dem Meider willig zu; wir würden uns ihrer fogar
freuen, wenn unter den Käufern der Sammlung nicht fo
viele Prediger wären, welche die homiletifche Zucht haffen
und aus der Freiheit des Meiders fich einen Deckmantel
der Trägheit zurechtfehneiden.

Alles deht dem Prediger zu Gebote, Dickens und
Shakfpere, M. Claudius und eine nicht geringe Schaar
moderner Dichter, theilweife mit Namen genannt,
griechifche und deutfehe Heldenfagen und Göttermythen.
Aber alles dient dem homiletifchen Zweck, der dets
klar in religiöfer oder ethifcher Gedalt hervortritt. Ob-