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Ausgabe:

1896 Nr. 4

Spalte:

102-104

Autor/Hrsg.:

Stählin, Otto

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Kenntnis der Handschriften des Clemens Alexandrinus 1896

Rezensent:

Koetschau, Paul

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IOI

Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 4. 102

Trotz N.'s Hinweis auf .Ewald, Dichter I S. 2iof.' für
die Behauptung, dafs fchon vor David die Mufik der
Hebräer ,als eine felbftändige Kunft vom Gefang getrennt
' exiüirte (S. 94), will mir dies nicht glaublicher
werden. Jedoch ,Kunft' ift etwas ,Relatives'. Aus 2
Macc. 2,13 ift mehr für die Frage nach dem Sammeln
des Pfalters zu holen, als N. will (S. 81). Vgl. König,
Einl. S. 442f; mein ,Israels historia' 1894, S. 2i8f. Die
geniale Anficht Kloftermann's über die Entftehung des
Pfalters (Neue kirchl. Zeitfchr. 1890, S. 712—714) fcheint
dem Verfaffer unbekannt geblieben.

V. 132 kann ich nur vorexilifch und nicht nachexi-
lifch wie N. (S. 65) nennen. Der Pfalm geht auf Jofia's
Zeiten zurück und hängt mit der fonderbaren Notiz in
2 Chron. 35,3 zufammen, wie ich in ,Tidskrift for kyrklig
tro och bitdning1 1893, S. 236 zu beweifen verfucht habe.

Doch genug mit diefer meiner Kritik, die das Ver-
dienft des Verfaffers weder fchmälern will noch kann,
wenn ich auch mehrere Abweichungen meiner Anflehten
von denen des Verfaffers conftatiren mufste.

Stockholm. Pfarrer Lic. S. A. Fries.

Berg er, Samuel, Un ancien texte latin des Actes des Apötres,

retrouve dans un manuscrit provenant de Perpignan.
[Notices et Extraits des Manuscrits de la Bibliotheque
Nationale et autres Bibliotheques, Tome XXXV,
ire partie, Paris 1895, p. 169—208, 4°].

Sam. Berger, der verdiente Parifer Forfcher, dem die
Gefchichte der lateinifchen Bibel fchon fo manche reiche
Förderung verdankt, bietet uns aufs Neue eine überaus
werthvolle Gabe. Es ift eine Vulgatahandfchrift, auf die
er felbft zuerft die Aufmerkfamkeit gelenkt hatte {Histoire
de la Vulg. p. 77. Melanges Julien Havel p. 9), jetzt
Paris hibl. nat. lat. 321, zu Anfang des 13. Jahrhunderts
in Südfrankreich, vielleicht in Perpignan gefchrieben, wie
Berger aus mehreren auf die Gefchichte der Handfchrift

bezüglichen Notizen in derfelben und dem darin befind- I (nur den Pädagogus enthaltend), find lediglich zur Er-
lichen Heiligenkalender folgert, auf 240 Blättern das gänzung der fünf jetzt in P fehlenden Quaternionen

mit Randlesarten aus dem altlateinifchen Texte verfehen
ift: es zeigt fleh darin die grofse Verbreitung diefes jetzt
faft verfchollenen Textes im 10., ja noch im 13. Jahrhundert.
Möge es dem verehrten Herausgeber gefallen, aus feiner
einzigartig reichen Kenntnifs der Vulgatahandfchriften
noch mehr folcher Mifchtexte, die ficherlich darin verborgen
ruhen, zugänglich zu machen, z. B. gleich diefe
Bibel von Rofas. Er wird damit immer gröfsere Ver-
dienfte zu feinen bisherigen häufen. Erft wenn noch eine
beträchtliche Menge folchen Materiales herbeigefchafft ift,
wird es an der Zeit fein, über den Werth diefer Textform
ein Urtheil zu fällen.

Jena. von Dobfchütz.

Stählin, Gymn.-Lehr. Dr. Otto, Beiträge zur Kenntnis der
Handschriften des Clemens Alexandrinus. Progr. Nürnberg
, 1895. (35 S. gr. 8.)

Der Verf., der in feiner Inaugural-Differtation {Obser-
vationes criticae in dementem Alex., Erlangae 1890) theils
das Verwandtfchaftsverhältnifs der Clemens-Hff. näher zu
beftimmen gefucht, theils werthvolle Verbefferungen des
Clemenstextes vorgelegt hatte, veröffentlicht in der vorliegenden
Schrift die Refultate einer 1893/94 angeftellten
Prüfung der Clemens-Hff. Italiens, giebt Berichtigungen
und Ergänzungen zu feiner Differtation und bereichert
unfere Kenntnifs der hf. Ueberlieferung des Clemens in
erheblichem Mafse.

Zwar bleiben die Grundlinien der Ueberlieferungs-
gefchichte, wie fie von Preufchen (in Harnack's Gefch.
d. altchriftl. Litt, bis Eufeb., I S. 298 f.) nach den Arbeiten
von Dindorf, Harnack, von Gebhardt, Zahn u. A. fixirt
find, beftehen: der berühmte Arethas-Codex Par. 451 (P)
a. 914 bildet für Protrepticus und Pädagogus als
Archetypus aller vorhandenen Hff. die Grundlage des
Textes, und die Abfchriften desfelben, Cod. Mut. III D 7
(M) s. XII. und Cod. Florent. Laurent. V 24 (F) s. XI.

ganze Neue Teftament umfaffend. Befonderes Intereffe
beanfprucht der Text der Apoftelgefchichte, als ein überaus
ftark mit altlateinifchen Elementen gemifchter. Zur
rechten Würdigung desfelben fchickt Berger eine vortreffliche
TJeberficht über das vorhandene altlateinifche
Material für den Text der AG. voran, woraus die bei
Gregory Prolegomena III 964 fgg. noch fehlende ,Bible

(Pädagog. I 1 —11 a.A.) und zur Feftftellung der urfprüng-
lichen Lesart in P an corrigirten Stellen heranzuziehen,
während die 3. Abfchrift, Cod. Oxon. Coli. Novi 139 (N)
s. XV., hierzu nicht dienen kann, da fie die grofse Lücke
und die jüngften Correcturen von P aufweift. Neu ift die
Mittheilung, dafs M mit dem von Petrus Victorius neben
F benutzten und bisher als verloren geltenden Cod. Car-

de Rosas1 Paris, bibl. nat. lat. 6 (Gregory: vulg. 1188) pensis (vgl. Preufchen a. a. O. S. 299) identifch ift; den
genannt fei, nebft ausgezeichneter Charakteriftik der hierin Beweis wird Herr P. Mordaunt Barnard veröffentlichen,
gebotenen Texte, bei der Berger zum Schlufs die Frage Neu und werthvoll, wenn auch noch nicht ganz abge-
aufwirft, ob es für die AG. überhaupt möglich fei, neben fchloffen, ift ferner die Claffificirüng der jüngeren Hff.,
dem afrikanifchen Texte noch zwei andere Textformen doch ift zu bedauern, dafs der Verf. dem Hff.-Verzeich-
(europäifche und italifche) zu unterfcheiden. Nachdem ' nifs S. 19 f. nicht auch ein Stemma fämmtlicher Hff. bei-

noch die Orthographie der Handfchrift eine eingehende
Würdigung erfahren hat, folgt der Abdruck des Textes
Act. 1 —136 27l6 31 (auf S. 44 = 208 fleht verfehentlich
XIII ftatt XXVII) als der vom altlateinifchen Text
beeinflufsten Partien. Die Lefungen Berger's find auf
feinen Wunfeh von White und Corffen controllirt. Um
die Bedeutung diefes Textes zu erweifen, der nach
Berger das gleiche Mifchungsverhältnifs zwifchen alt

gefügt und auch fonft die Ueberficht über feine Refultate
nicht gerade erleichtert hat. Auf P gehen alfo der
von Le Nourry neben P benutzte Cod. Par. S. Gr. 254
s- XVI.. wo die Lücke im I. Buche des Pädagog. aus
einer Hf. der Florentiner Gruppe ergänzt ift, und zwei
Papier-Hff. s. XVI., Monac. 97 und Valicellianus F. 33
(beide nur den Protrepticus enthaltend) zurück. Mit N
nah verwandt ift eine Hf. in Genua {Bibl. della Congre-

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lateinifchem Text und Vulgata zeigt, wie der lateinifche gazione della missione urb. di S. Carlo Nr. 28 s. XV.);
Theil des Cod. Laudianus, wird es genügen zu fagen, von Cod. F, der an zwei Stellen durch Blätterausfall
dafs er jene berühmte nur von Dd Aug. bezeugte Lesart ; lückenhaft ift, find abzuleiten die Codd. Bodl. 39, Mus.
zu Act. 1127 f. hat: eratque magna exultacio Con gregatis | Brit. Reg., Par. 452 und 587, Neap. II AA 14 s. XV, Venet.
autem nobis surgens unus ex Iiis nomine Agabus qui signi- Marc. Nachtrag Class. XI Cod. IV {XCJI7) o/im 652 s. XV.
ßcabat(l). Blafs' (3-Text hat einen neuen höchft werth- (aus diefem Venet. ift der von Sylburg benutzte Pal. 86
vollen Zeugen erhalten. Und was das Merkwürdigfte ift, | a. 1549 direct abgefchrieben), Pal. 302 (die von Sylburg
auch die zweite Hand {Saec. XIII) fügt hie und da, ftatt ; benutzten Excerpte aus Clemens enthaltend), endlich fehr
wie gewöhnlich der Vulgata zu affimiliren, altlateinifche j wahrfcheinlich Ottobon. 94, deffen eine Hälfte aber auf
Lesarten bei z. B. + prior Act. 214, fodafs auch hier gilt, | M zurückzugehen fcheint.

was Berger in noch höherem Grade von der Bibel von , Zu den beiden, die Stromata, die Excerpta ex
Rofas fagt, die von einer gleichzeitigen Hand {Saec. X) j Theodoto und die Eclogac propheticae enthaltenden Hff',