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Ausgabe:

1896 Nr. 23

Spalte:

599-601

Titel/Untertitel:

Concilium Basiliense. Studien und Quellen zur Geschichte des Concils von Basel. I. Bd 1896

Rezensent:

Brandi, Karl

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599 Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 23. 600

funden, welche das durch die einfeitige Betonung der I feine Erzählung, aufser eigenen Tagebüchern, das offi

sola fide-hthre in Unfittlichkeit verfunkene rechtgläubige
Lutherthum zuerft zu einer wahrhaft fittlichen Kirche
gemacht haben. Im Uebrigen ftimmen wir dem Verf.
durchaus zu, wenn er fagt, dafs diefes alte Frömmigkeitsideal
für heute nicht mehr pafst. Auch nach unterer
Ueberzeugung ift es geradezu eine Lebensfrage für das
griechifche Mönchsthum, ob es, gleich dem abendländi-
fchen, fich den Zeitverhältniffen anzupaffen verlieht oder
nicht. Zukunftsreiche Keime erkennt der Verf. in den
von ihm uns zuerft erfchloffenen und fo liebevoll ge-
fchilderten idiorrythmifchen Klöftern. ,Die Kirche mufs

cielle Concilsprotokoll nicht nur benutzte, fondern oft
wörtlich, und niemals ungetreu, ausgefchrieben hat. Segovia
verfafste feine Darftellung nicht vor 1450, und zwar als
Benedictinerprior zu Aiton bei Aiguebelle, wohin er fich
von Laufanne aus erhebliche Theile des Concilsarchivs
mitgenommen zu haben fcheint. Obwohl äufserlich mit
der römifchen Curie ausgeföhnt, vertritt er als Hifto-
riker, wie früher als Publicift, die Rechtmäfsigkeit des
Concils und feines Wirkens; mit merkwürdigem Anklang
an die Bulle Unam sanctam hatte er einft gegenüber der kur-
fürftlichenNeutralitätargumentirt: ,Denecessitate salutis est,

untergehen oder beginnen, das Religiöfe im fittlichen j omnem animam subditam fore sublimiori potestali", und
Leben auszugeftalten und auch in ihrer Verkündigung i bezüglich der Unterfrage Fapft oder Concil hielt er an der
anzuerkennen, dafs das Sittliche das einzige und noth- j Autorität des Concils nach wie vor feil. H. knüpft

einige Erörterungen daran über die conciliare Theorie
überhaupt, die inzwifchen durch den Auffatz von Wenck
in der hiftorischen Zeitfchrift allerdings zum Theil überholt
find.

An neuen Quellen werden zunächlt die Berichte des
Concihum Basiiiense. Studien und Quellen zur Gefchichte Ulrich Stockei von Tegernfee vorgelegt. Der Vertreter
des Concils von Bafel, hrsg. mit Unterltützung der j der Freifinger Benedictiner war ein guter Beobachter und

wendige Gebiet ift, in dem nach dem Evangelium das
Religiöfe fich entfalten kann und foll'

Jena. H. Geizer.

hiltorifchen und antiquarifchen Gefellfchaft von Bafel, hatte obendrein vortreffliche Beziehungen, vornehmlicl
I. Bd.: Studien und Dokumente zur Gefchichte der ' zum Protector des Concils Herzog Wilhelm von Bayern.

T . T„„r u t , uii D ri Von feinen anfchaulichen Berichten war bisher nur eine

Jahre 1431—1437. Hrsg. von Jons. Haller. Bafel, ... A ,

d • u o rSt - o i kleine Anzahl gedruckt.

Reich, 1896. (XI, 480 S. gr. 8.) M. 16. — Die drei ietzten Abfchnitte mit den zugehörigen

Den vorliegenden Band anzeigen zu können, gereicht j Actenftücken betreffen die Reformarbeiten, den erften

Conflict mit der Curie, die Unionsverhandlungen und
den zweiten Conflict.

Zu den Reformarbeiten gehören eine Anzahl wichtiger
Gutachten, die vom Herausgeber aufgefunden, ana-

mir zu befonderer FYeude. Der Herausgeber ift längft
als Schriftfteller vorteilhaft bekannt und auch diefe neue
Arbeit foll nur die Vorbereitung fein zu einer umfaffen
deren Darftellung der Gefchichte des Bafeler Concils.

Aber der Gefchichtsfchreiber wollte für feinen grofsen lylirt und in die älteren Materialien eingereiht worden
Vorwurf zugleich auch Herausgeber und Kritiker fein, find. Das erfte Gutachten entflammt noch der Thätig-
neue Quellen erfchliefsen, fie in Beziehung fetzen mit keit des durch Martin V. eingefetzten Cardinalsausfchuffes;
dem bekannten Stoffe und dabei nach ihrem Werth be- ! um 1430 wurde es überarbeitet und durch den Cardinal
urtheilen; er wollte die werthvollften Stücke des neuen 1 Cefarini felbft mit Zufätzen verfehen. Auf Cefarini gehen
Materials und die Ergebniffe feiner kritifchen Forfchungen j vielleicht auch die einflweilen als Denkfchrift eines Ano-
gefammelt vorlegen, um dadurch die fpätere Darftellung j nymus bezeichneten Reformvorfchläge zurück. Von den

zu entladen. Je feltener diefe Arbeitsweife ift, um fo
mehr darf man fie begrüfsen. Und die Leiftung ent-
fpricht den Erwartungen. Gegenüber den zahlreichen
Notizenfammlungen, die in den letzten Jahren auf den
Markt gebracht worden find, zeichnet freh diefe Publi

officiellen Anträgen des Ausfchuffes an das Concils-
plenum ift nur einer, die Expektanzen betreffend, erhalten
(No. 9); die übrigen, die der Herausgeber gesammelt
hat, find Anträge der deutfehen Nation (3 und 4)
oder Entwürfe einzelner Concilsväter, wie des Cardinais

cation aus durch feilen Zufammenhang, Folgerichtigkeit Cardio und des Andreas von Escobar.
und Vertiefung der Arbeit. Dafs fie in der Form fehr Bezüglich des erften Conflictes mit der Curie er-

forgfältig ift, mufs rühmend hervorgehoben werden. bringt H. endgültig den Beweis für die Echtheit der

Der erfte Abfchnitt ift der Quellenkunde gewidmet. Bulle Eugen's IV. vom 12. November 1431, die Hefele
Die Ueberlieferung der Acten und Correfpondenzen, fo beftimmt für eine Falfchung des Ceparelli erklärt
der privaten Sammlungen und der Darftellungen wird J hatte; in dem (als No. 14) mitgetheilten Schreiben des
kurz befprochen, ihr Werth gekennzeichnet. Aus einem j Papftes an Cefarini vom 18. December wird ausdrücklich
offenbar fehr reichen Materiale wird in den Anmerkungen auf jene Bulle Bezug genommen; die von Hefele her-
immer nur das Nöthigfte über die Gefchichte und den j vorgehobenen Abweichungen in der Begründung für
Verbleib der einzelnen Handfchriften beigefügt. Die | die Auflöfung des Concils erhalten dadurch erft ihre
officielle Verbreitung der eigenen Correfpondenzen durch j Bedeutung. Die Verhandlungen zwifchen Papft und

das Concil, die Führung umfangreicher Acten und Pro
tocolle, zumal über Proceffe in Difpens- und Gnaden-
lachen, zeugen von der Energie, mit der eine Zeitlang
in Bafel gearbeitet worden ift, freilich auch von den

Concil, ihre coneurrirenden Bemühungen bei den Höfen
und in Avignon werden in weitem Umfange aufgeklärt.
Den Tiefpunkt des päpftlichen Selbftbewulstfeins bezeichnet
ein Schreiben des Papftes an die Concils-

Anfprüchen auf die Adminiftration der Kirche, welche 1 cardinäle vom Juli 1434: „Eist superiori tempore visi
das Concil erhoben hat. — Entfprechend ihrer geringeren ' fuerimus aliquando invicem dissentire sinceritatem ta-
Bedeutung als Quellen werden die bekannten, nur zu ; men mentis nostre in vos promptam Semper habuimus
viel benutzten Schriften des Enea Silvio mit einer neque aliud de vobis existmare volumus, sed maligni-
fcharfen Characteriftik abgethan. Auch den unvollendeten 1 tati temporis totum asscribere. Optamus pacem, opta-
Darftellungen des Johann von Ragufa, von denen die J mus reformationem ecclesiae; scitis quia vero loqui-
,Verhandlungen mit den Griechen' (als No. 40) hier zum ! mur et tandem satis comprobastis, nam et cessimus vobis
erften Male gedruckt find, fchenkt der Herausgeber nur et quod petistis implevimus.'

einige orientirende Bemerkungen. Dagegen find die Merkwürdig rafch ift dann der Umfchwung zu

weitaus wichtigften Aufzeichnungen, die gesta concilii Gunften des Papftes erfolgt. Die Verhandlungen in
Basiliensis des Johann von Segovia mit grofser Liebe [ Conftantinopel und die Bemühungen der Franzofen, eine
unterfucht, die Perfönlichkeit des fpanifchen Theologen j Rückkehr der Kirchenregierung, zunächft des Concils,
klar gezeichnet. Es ift eines der werthvollften und ; nach Avignon zu erreichen, gehören zu den lehrreichften
zugleich ficherften Ergebniffe Haller's, dafs Segovia für Abfchnitten der ganzen Publication. 1433 waren zuerft