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Ausgabe:

1896 Nr. 23

Spalte:

588-590

Autor/Hrsg.:

Diehl, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Das Pronomen personale suffixum 2. u. 3. pers. plur. des Hebräischen in der alttestamentlichen Ueberlieferung 1896

Rezensent:

Rahlfs, Alfred

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Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 23.

588

keineswegs eine folche Gleichheit der Vocalifation, fondern
hat diefelben Unterfchiede wie fonft, und das ift
gewifs das im Semitifchen Urfprüngliche; dann ift aber
die Gleichheit der Auslaute im Aramäifchen und ebenfo
im Hebräifchen gewifs ganz fecundär, d. h. fie ift nicht
dadurch entftanden, dafs zunächft überall die Vocale
gleich gemacht wurden und dann überall diefelbe Con-
traction ftattfand, fondern umgekehrt ift zunächft durch
Contractionen und durch die Vermifchung mehrerer
urfprünglich getrennter Verbalclaffen eine neue, ftark
veränderte und in fich nicht mehr einheitliche Flexion
entftanden, die dann wieder ftark nivellirt, dadurch aber
zugleich von ihrem Urfprunge noch weiter entfernt wurde1).
Auch fo künftliche Erklärungen fyntactifcher Erfchein-
ungen wie die von § 139, «Dtm "H Sh5» mi "H Ni3N£
K&031 Efr. 5,4 bedeute eigentlich ,die Geräte, Umßand
der Zugehörigkeit zum Haufe Gottes liegt vor, näherbe-
ßimmender Umßand: Gold und Silber ßnd fie1, und
ObCITa ii «5Diri ebenda bedeute ,der Tempel, näher-
beflimmender Umßand: in Jerufalem iß er', würde Marti
vermieden haben, wenn er im Auge behalten hätte, dafs
il ein mit lö, SIT aufs engfte verwandtes, urfprüngliches
Demonftrativpronomen ift (vgl. Marti felbft § 26. 132),
alfo "151 «baiJi genau dem griechifchen 6 vabg b sv
ItQOvoaXrin entfpricht, und '151 «15«», in allerdings
fcheufslichem Griechifch, für das ich befonders um Verzeihung
bitten mufs, ausgedrückt, eigentlich xü O/ievrj rit
rov oiy.ov zov tleov xa %qvoov v.al aoyvQov heifsen
würde. Und fo hätte Marti auch fonft bei ii (§ 96. 132
—141) nicht mit dem abftracten ,Umftande' zu operiren
brauchen; ein Blick auf das Griechifche und auch auf
das Deutfche, wo das Demonftrativ der, die, das auch
zum Relativ wird, und das Neutrum dass, welches nur
eine jüngere, differenzirende Orthographie von das ge-
fchieden hat, ebenfo wie il als Conjunction dient, würde
Marti's ganze Darfteilung von dem abftracten Conftru-
iren befreit und ihn dem erftrebten ,Eindringen in den
Geift der Sprache' wefentlich näher gebracht haben. —
So liefse fich nun noch mancherlei anführen, aber ich
mufs mich kurz faffen und gebe daher zur Grammatik
nur noch ein paar kleine Notizen, ■jipa ($ 3 c Anm.)
hat Dagefch forte, denn es ift aus bcijtin entftanden;
vgl. die von Gefenius-Kautzfch 25 § 71 behandelten
Verba i"B mit ,affimilirtem' Jod. In § 39 hätte hervorgehoben
werden follen, dafs die Verba mit i und e
im Grunde identifch find, vgl. § 21 a. 40. 49 b. ,Der
erfte Radical bleibt vocallos' § 39 a ift fchlecht ausgedrückt
, Marti felbft fpricht gleich im folgenden Abfatz
von ,dem urfprünglichen Vocal a des erften Radicals'.
"llöSi, etc. find gewifs nicht aus Urformen ja'mar,

ma'mar, die zunächft zu jajmar, majmar wurden, entftanden
(§ 60 b, in § 14 c noch vorfichtiger ausgedrückt),
fondern einfach aus ji'mar, mi'mar. Zu DB § 76 f vgl.
das arabifche fum. Die Erklärung des 5Sp' 5D aus D -f-
bapb (§ 95 d), welche Nöldeke's befon deres Wohlgefallen
erregte, hat vor Marti fchon Mayer Lambert in der
Revue des etudes juives XXXI 47 gegeben 2). Nöldeke
erklärt mit Recht die fich auch bei Marti findende
.Hervorhebung des Unterfchiedes von Verbal- und
Nominalfatz, ganz nach Lehre der arabifchen Grammatiker
' für eine ,falfche Mode'; man verfuche nur

1) Im Hebräifchen ift diefe Nivellirung noch ftärker als im Aramäifchen
, auch kommt dort noch der ünterfchied von n und n. hinzu,
der meiner Anficht nach beim Verbum ebenfo fecundär ift wie beim
Nomen, wo ii _ = urfprünglichem aj und n. = urfprünglichem zunächft
bunt durch einander gewürfelt wurden und fich dann fo fchieden,
dafs jenes bei allen Nominibus (einfchliefslich der Participien), mochten
fie nun urfprünglich auf aj oder ij ausgelautet haben, für den stat. absol.,
diefes für den stat. constr. gebraucht wurde.

2) Derfelbe erklärt auch MEy-is Pred. 5,3 gewifs richtig aus
H»j>5-f S (blofses tiav ohne h kommt fonft nie vor), geht dann aber, indem
er diefe Deutung auch auf andere 5s des A. T. (Jef. 30 5 Hof. 9,5
Zeph. 3,< Pf. 45 w 74 3 n6,2) ausdehnt, über die Grenze der Wahr-
fcheinlichkeit hinaus.

einmal, die vorkommenden Sätze zu rubriciren, und man
wird fchon bei Dan. 27 "VB«i «abf! Äöbä (doppelter
Nominalfatz?) und noch mehr bei Dan. 217 '151 !"!iDi!"lb
Ninbü u. dgl. gründlich decken bleiben.

Ueber die Zugabe der Texte kann ich bei Marti nur
dasfelbe Urtheil fällen, wie bei Strack, obgleich hier
diefe Zugabe fchon durch den allgemeinen Plan der
Porta nahe gelegt war. Zu loben ift bei Marti die Beibehaltung
fämmtlicher Accente, zu tadeln dagegen, wie
fchon Nöldeke hervorgehoben hat, eine Reihe willkürlicher
und auch wohl ganz verkehrter Correcturen des
überlieferten Textes. Hinfichtlich des Gloffars wird das
Urtheil hier dadurch modificirt, dafs es, befonders durch
die von Andreas beigefteuerten Erklärungen der perfifchen
Wörter, felbftändigen Werth befitzt.

Der Druck ift gut und correct. Bei den in der
Grammatik und im Gloffar verwendeten hebräifchen
Typen flehen die beiden Punkte des e fo dicht zufammen,
dafs man es manchmal nur bei fehr fcharfem Zufehen
von ä unterfcheiden kann (Marti hat daher den Druckfehler
»noai im Gloffar überfehen); es wäre gut, wenn
Drugulin hier Abhülfe fchaffte.

Göttingen. Alfred Rahlfs.

Diehl, Pfarraffift. Lic. Wilh., Das Pronomen personale suffi-
xum 2. u. 3. pers. plur. des Hebräischen in der alttesta-
mentlichen Ueberlieferung. DifT. Giefsen, Ricker, 1895.
(84 S. gr. 8.) M. 2.25

Das Hauptgewicht fällt in diefer von einem Schüler
Bernhard Stade's verfafsten und ihm gewidmeten Differ-
tation auf die Unterfuchungen über Dfll und Drpni
(S. 7—13), 1*3 (S. 14—34) und die Verdrängung der weiblichen
Suffixe der 3. und 2. Perf. Plur. durch männliche
(S. 44—51. 54—58. 67 f. 69). Bei der erften kommt
Diehl zu dem Refultate, dafs Dtll in älterer Zeit allein
exiftirte, und DtTTil daneben erft etwa feit der Zeit
Jeremia's aufkam; wo DilTl in älteren Schriftftücken vorkommt
, findet es fich entweder in interpolirten Stellen,
oder es ift von fpäteren Abfchreibern aus urfprünglichem
ani abgeändert; dafs folche Abänderungen wirklich vorgekommen
find, wird S. 12 f. durch Parallelftellen, in
denen Dtll und DfTTl) vertaufcht find, erwiefen. Das
Suffix 1t) kommt nach Diehl nur in nachexilifcher Zeit
vor und gehört ,der Kunftfprache einer Pfalmendichter-
innung' an; die Pentateuchfitellen, in denen es fich findet,
befonders Exod. 15, find nachexilifch. Die häufige Er-
fetzung der weiblichen Suffixe durch die männlichen ift
nicht urfprünglich, fondern auf Rechnung der fchlechten
Ueberlieferung des altteftamentlichen Textes zu fetzen;
fie erklärt fich daraus, dafs in der den Schreibern geläufigen
neuhebräifchen Sprache, wie wir fie in derMifchna
finden, unter dem Einfluffe des Aramäifchen beide Formen
zufammengefallen waren, und fie daher die mascu-
linifchen und femininifchen Formen auch in dem abzu-
fchreibenden Texte nicht mehr ftreng auseinander hielten.

Diefen Refultaten vermag ich, mit einer Ausnahme,
nicht beizuftimmen. Der Hauptfehler fcheint mir darin
zu liegen, dafs Diehl feinem Wunfche, möglichft reinliche
Refultate zu erzielen, zu fehr hat die Zügel fchie-
fsen laffen; was fich nicht biegen wollte, das mufste
brechen. So vermag ich nicht einzufehen, weshalb alle
fich auf Feminina beziehenden Masculinfuffixe erft von
den fpäteren Abfchreibern herrühren follen. Für eine
folche Verwechfelung ift doch fchon im Althebräifchen
der Boden bereitet dadurch, dafs hier im Perfect des
Verbums die in den übrigen femitifchen Sprachen vorhandene
Femininform der 3. Perf. Plur. ganz durch die
Masculinform verdrängt ift, und auch fonft fchon zuweilen
beim Verbum Masculinformen für die Femininformen
eintreten (Gefenius-Kautzfch 25 § I44[). Und von
hier aus erklärt fich auch die Thatfkche fehr einfach,