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Ausgabe:

1896

Spalte:

513-521

Titel/Untertitel:

Greifswalder Studien. Theologische Abhandlungen, Hermann Cremer zum 25jährigen Professorenjubiläum dargebracht 1896

Rezensent:

Weiffenbach, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. SchÜrer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 20. 26. September 1896. 21. Jahrgang.

Gnoftifche Schriften des zweiten Jahrhunderts

(Bonwetfch).

Greifswalder Studien, Theologifche Abhandlungen
, Hermann Cremer zum 25jährigen ITo-
fefforenjubiläum dargebracht (Weiffenbach).

Schrift, die heilige, des A T. überfetzt von
Kautzfeh, 2. Ausg. (Budde).

Grenfell, An Alexandrian Erotic Fragment and
other Greek Papyri chiefly Ptolemaic (Schürer).

Nicephori Blemmydae curriculum vitae et car-
Bon 11 s, Collatio codicis Lewisiani rescriptievan- j mina nunc primum ed. Heifenberg (Ph.
geliorum sacrorum syriacorum cum codice Cu- 1 Meyer).

retoniano (Nestle). Baconi confessio fidei anglico sermone ante a.

t> i„ -i m- •• /v 1 MDCIV conscripta, cum versione latina a. G.

Bernoulh, Das Konzil von Nicaa Kruger . „ , , . j -

Kawley evulgata nunc denuo typis excusa

Nirfchl, Das Grab der heiligen Jungfrau Maria
(H. Achelis).

(Kattenbusch).
Straufs, Ausgewählte Briefe, hrsg. von Zell er.

(Eck).

Gnostische Schriften des zweiten Jahrhunderts.

Von einer überrafchenden, für die Gefchichte der
alten Kirche fehr werthvollen Entdeckung ift wieder zu
berichten. In der Sitzung der königl. Akademie der
VViffenfchaften zu Berlin vom 16. Juli hat Harnack eine
Mittheilung Dr. Carl Schmidt's vorgelegt (,Ein vorirenäi-
fches gnoftifches Originalwerk in koptifcher Sprache'),
welche wieder über die Auffindung alter gnoftifcher
Werke unterrichtet. In dem Inhalt einer im Januar d. J.
von Dr. Reinhardt in Kairo erworbenen Papyrushand-
fchrift, von welcher jetzt bereits in dem Aegyptifchen
Mufeum in Berlin jedes Blatt — nur 6 Blätter der ur-
fprünglichen Handfchrift fehlen — unter Glas geborgen
ift, hat nämlich Carl Schmidt gnoftifche Schriften

i) ,Der Cultus bei Arnos und Hofea' (S. 3—34)
betitelt fich die erfte, von Profeffor D. S. Oettli ver-
fafste Abhandlung. Der Verf. wendet fich darin gegen
die Anficht der Wellhaufen-Stade'fchen Schule, als
handele es fich bei der öffentlichen Thätigkeit des A.
und des H. um ,erftmalige prophetifche Klärung eines
Gottesbewufstfeins, dem bisher das alleinige Gottesrecht
Jahve's — als Schöpfergottes und Welt-Erhalters
p. 25 — noch nicht deutlich gewefen wäre' (/>. 21).
Nicht eine neue, meint er, fondern eine unter heid-
nifchem Einflufs verdunkelte alte Erkenntnifs wollen
jene zur Geltung bringen (/. 34. 25).

Was Verf. im Einzelnen als Belege für diefe Auf-
ftellung vorbringt (z. B. die hohe Bedeutung der priefter-
lichen Inftitution für das prophet. Urtheil,/». 17 f., das Ehe-

aus dem 2. Jahrhundert erkannt: ein EvamUovyxtxa gleich.njfs: der Jahve-Baals-Cultus Ehebruch oder durch
Maoiau (nach griechilcher Ruckuberfetzung) oder ^dnn-
v.Qi rpov 'Jwavföv, ferner eine Törpla 'lrtnov Xginrov (Harnack
wirft die Frage auf, ob es das Werk Valentin's
unter diefem Namen fei) und eine Hpäftc Ilizgov. Ein
befondefes Intereffe nehmen diefe Schriften aber
dadurch in Anfpruch, dafs das Evangelium Mariä, wie
Schmidt zeigt, ein von Irenäus, Adv. haer. I, 29 t?. zur
Darfteilung der Barbelognofis benutztes Werk ift, wir
alfo hier in den Stand gefetzt werden, die Arbeit des

, Vergeffen'und, Verführung'verfchuldeterA b fal 1 von Gott,
die Herftellung des normalen Verhältnifses Rückkehr zu
ihm,/. 26, u.a.m.), beruht auf forgfältiger Exegefe der ein-
fchlägigen Stellen und ift darum höchft beachtenswerth.
Anderes dagegen (wie die Spuren der Exiftenz einer ,ge-
fchriebenen Thora',/. 25, oder die faft völlige Identität
der h. Zeiten, Opfer, Bräuche und Cultusperfonen in
den Tagen des Arnos und Hofea mit den im Bundesbuch
, Deuteron, u. f. w. niedergelegten Formen, /. 34 u.

Irenäus zu controlhren. Das Ergebnffs diefer Controlle j a m ) imponirt weniger. Nach dem Allen fcheint der
wird freilich nicht uberrafchen. Es zeigt fich-,wlf! Heweis erbracht zu fein, dafs die oben erwähnte Well-

haufen'fche Formel jedenfalls zu ermäfsigen und von

die Anfchauungen feiner Gegner nur in unvollkommener
Weife zu erfaffen und darum nur in einem Zerrbild
wiederzugeben vermocht hat. Das entdeckte Original
eröffnet nun die Möglichkeit eines richtigen Verftänd-
nifses und gerechter Würdigung. Der Veröffentlichung
des Textes der neuentdeckten Schriften wird man nur
mit lebhafter Spannung entgegenfehen können.

Göttingen. N. Bonwetfch.

Greifswalder Studien. Theologifche Abhandlungen, Hermann
Cremer zum 25jährigen Profefforenjubiläum
dargebracht von Sam. Oettli, rTdr. Giefebrecht,
Adf. Schlatter, Otto Zöckler, Vict. Schultze,
Johs. Haufsleiter, Johs. Dalmer, Wilh. Lütgert,
Erich Schaeder, Ernft Cremer, Frdr. Lezius,
Mart. v. Nathufius. Gütersloh, Bertelsmann, 1895.
(III, 356 S. gr. 8.) M. 6. -; geb. M. 7. -

Unter diefem Titel find in einem dem fehr verdienft-
vollen Profeffor D. Herrn. Cremer huldigend dargebrachten
Sammelbande zwölf Arbeiten verfchiedenften j lichkeit der Erfüllung von Jeremia's Weisfagung (cap.
Inhaltes, Standpunktes und Werthes, die hier kurz be- l 28, 15—17) über Hananja's Tod aus dem dogmatifchen
fprochen werden follen, zufammengefafst. I Vorurtheil, dafs ein Prophet keine ,fpeciellen' Prädic-

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ihrer einfeitigen Spannung zu befreien ift. Auf der
anderen Seite aber dürfte Ref. doch den ftarken volks-
thümlich-naturalifti fchen Einfchlag der älteren ifrael.
Gottesanfchauung und -Verehrung unterfchätzt und den
entfeheidenden Umfchwung feit Am. und Hof. nicht
genügend gewerthet haben. Wäre das proph. Eingreifen
der beiden in der That nur die Wiederaufnahme der
genuin-ifraelitifchen Tradition und vom Gewiffens-
zeugnifs der Zuhörer 27) getragen gewefen, fo bliebe
der einem verzweifelten Sturmangriffe vergleichbare
leidenfehaftliche Zorneseifer der beiden Propheten gegen
die relig. Lethargie des Volks einfach ein Räthfel.

2) Eine ftarke und bewufste Annäherung an die
,neue Schule', hat D. Fr. Giefebrecht in feiner .Grundlinien
für die Berufsbegabung der altteftament-
lichen Propheten' 37—81) genannten Arbeit, die
Ref. für eine der bedeutendften, wenn nicht die be-
deutendfte der ganzen Sammlung hält, vollzogen (vgl
bef. p. 65—73).

Kuenen und Oort in Leiden hatten die Thatfäch-