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Ausgabe:

1896 Nr. 19

Spalte:

508-509

Autor/Hrsg.:

Hashagen, Joh. Friedrich

Titel/Untertitel:

Seelsorgerliche Kreuzfahrten im Kampf wider kräftige Irrthümer. I. Bd 1896

Rezensent:

Drews, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 19

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Vorbemerkungen zur Einzelerklärung gegeben. Nachdrücklich
und mit vollftem Rechte wird für diefe die
Wahrnehmung der ,guten, alten Auslegungsregel' in Ausficht
geftellt, ,dafs jeder Schriftfleller durch fich felber
erklärt fein will, und dafs man dunkle Stellen durch
klare erläutern, nicht aber klare durch dunkle verdrehen
foll' (S. 25). Im befonderen Theil folgt dann die ,Einzel-
erklärung'. Nacheinander werden in genauem Anfchlufs
an den biblifchen Text des Matthäusevangeliums behandelt
: I.die Rechtbefchaffenheit des Chriften im Allgemeinen
5, 3—16; II. die R. d. Chr. iu feinem Verhältnifs zum
Gefetz 5, 17—48; III. die R. d. Chr. in ihrer Erfcheinung
vor anderen 6, 1—18; IV. d. R. d. Chr. in feinem Verhältnifs
zu den irdifchen Gütern 6, 19—34; V. d. R. d.
Chr. in feinem religiöfen Verhältnifs zum Nächften 7, 1
—12; VI. der von Jefus gelehrte Weg zur Rechtbefchaffenheit
im Gegenfatz zu dem von den Pharifäern
gelehrten 7, 13—27.

In Einzelheiten können wir uns nicht einlaffen; nur eine
allgemeineBemerkung fei unsgeftattet! Es kann nur gebilligt
werden, dafs die diY.aioöivr fo in den Vordergrund ge-
ftellt wird, wie es im befonderen Theil gefchieht. Auch
find wir vollftändig damit einverftanden, dafs öiy.aioavvrj
durch .Rechtbefchaffenheit' überfetzt wird, nicht etwa
blofs deshalb, weil die Schüler, wie die Erfahrung lehrt,
diefe Verdeutfchung, mag fie auch etwas nüchtern fein
und eines gewiffen fprachlichen Wohllautes entbehren,
fofort verftehen, fondern — und das ift felbftverftändlich
die Hauptfache — weil fie richtig ift. Henke geht zur
Begründung auf den griechifchen Sprachgebrauch zurück
, dafs viele griechifche Adjective,neben der activifchen
Bedeutung auch eine paffivifche haben'. So bedeute bei
Homer anlavTog fowohl den, der einen anderen nicht
beweint (Od. 4, 494), wie auch einen, der nicht beweint
wird (n, 54). Wo nun im N. T. von der 8iY.aioavvr des
Menfchen vor Gott oder vor feinen Mitmenfchen die
Rede fei, müffe dtxcnoc paffivifch erklärt werden (S. Ii).
Dies um fo mehr, möchten wir ergänzend hinzufügen,
weil das hebräifche p'HÄ in erfter Linie diefe paffivifche
Bedeutung hat, nplS aber Jef. 46, 12. Hi. 27, 6. Spr.
12, 28; vor allem 'aber in der berühmten Stelle 1 Mof.
15, 6 durch ,Rechtbefchaffenheit' überfetzt werden mufs.

Crefeld. F. R. Fay.

Barth, Sem.-Oberlehr. G. K., Die Systematik der beiden
evangelischen Hauptkatechismen. Eine religionswiffen-
fchaftliche Studie. Zum Gebrauch für Lehrer und
Studierende. Borna, Noske, 1896. (116 S. gr. 8.)

M. 2. -

Welche Aufgabe ftellt fich die vorliegende Abhandlung
?' fragt der Verf. zu Anfang des Vorworts. Seine
Antwort lautet: ,Den Aufbau des kleinen lutherifchen
Katechismus will fie darlegen, indem fie verfucht, dem
Zufammenhange unter und in den Hauptftücken nachzugehen
... Zu diefem Zwecke bedient fich die Arbeit
des methodifchen Mittels des Vergleiches, indem fie den
kleinen lutherifchen Katechismus feinem treffhchften
Nebenbuhler, dem Heidelberger Katechismus, an die
Seite ftellt'. So werden denn die Schemata der beiden
Katechismen (S. 16—37), die Syfteme der beiden Katechismen
nach ihrem Umfange (S. 38—62), die beiden
Katechismen nach dem Zufammenhange unter den
Hauptftücken (S. 63—90), die beiden Katechismen nach
der Syftematik innerhalb der Hauptftücke im Einzelnen
(S. 90—100) dargeftellt und eingehend beleuchtet. Das
Schlufsergebnifs fällt, wie mehr oder minder von vornherein
zu erwarten war, wefentlich zum Vortheil des
kleinen lutherifchen Katechismus aus, der S. 90 geradezu
als fParteiheiligthum' bezeichnet wird. Von ihm wird
zuletzt gefagt: ,An äufseren fyftematifchen Mitteln dem
Heidelberger Katechismus nachftehend, im Syftemumfange j

kleiner, als diefer, doch concentrirter und nicht minder
reichhaltig, in der Anordnung des Schemas paulinifcher(?),
in der Syftematik der einzelnen Hauptftücke plaftifcher
und lichtvoller, übertrifft der kleine lutherifche Katechismus
feinen betten Nebenbuhler an pädagogifcher
Einficht und hiftorifchem Sinn: Veranlaffung für uns
genug, auf unfer Schul- und Volksheiligthum ftolz zu
fein' (S. 116).

Crefeld. F. R. Fay.

Hashagen, Prof. Univ.-Pred. D. Joh. Friedr., Seelsorgerliche
Kreuzfahrten im Kampf wider kräftige Irrthiimer.

I. Bd.: Der Knecht Chrifti. Gütersloh, Bertelsmann
1896. (XII, 356 S. gr. 8.) M. 5.—; geb. M. 6.—

Diefe .Betrachtungen, Abhandlungen, Studien, Meditationen
' — der Verfaffer läfst im Vorwort felbft für
die Bezeichnung freie Wahl — gründen fich, in 14 Kapitel
gegliedert, auf Phil. 4, 8 u. 9. Jedes Capitel fetzt bei
einem neuen Gedanken jener Schriftftelle ein, und wieder
läfst der Verf. feinen Gedanken und Reflexionen freien
Lauf. Von ftreng gefchloffenem Aufbau kann weder bei
den einzelnen Kapiteln noch bei dem Ganzen die Rede
fein. ,Kreuzfahrten' nennt H. felbft fein Buch, verlegen
um einen befferen Titel; Kreuzfahrten sind's auch, die
er unternimmt, denn kreuz und quer treiben die Gedanken
. Was wird hier nicht alles behandelt, beurtheilt,
beleuchtet, erläutert, bekämpft! Die Inhaltsüberficht
z. B. für Kap. VIII u. IX giebt folgende Stichworte an:
,Das .Wohllautende' — Verwandtfchaft desfelben mit dem
Lieblichen — Woher ift die Stellung des Wohllautenden
im Leben St. Pauli allein erklärlich? — Das formal
Wohllautende in der gleichzeitigen Philofophie z. B. bei
Seneca — Der thatfächliche Mifston — Die Entftellung
des hiftorifchen Thatbeftandes — Jef. 6, 1—3 — Die
Denkbarkeit der Wege Gottes, Ezecn. 37, 3 — Der gute
Name — DerMifsmuth, die Verdroffenheit.. (IX) .Tugend'
— Der fprachliche Ausdruck — Der Kerkermeifter —
Gleichnifs vom Schatz im Acker — Lydia — Gleichnifs
von der koftbaren Perle — Der geiftliche Belitz und das
geiftliche Nachjagen — Geringfehätzung der Einfalt im
Glauben — Motive derfelben ■—■ Forderungen und Be-
dürfnifse gegenüber dem geoffenbarten Evangelium'. —
Darnach mag man ermeffen, auf wie viele Gebiete die
.Kreuzfahrten' uns führen. Eine Wiedergabe des Inhalts
ift deshalb unmöglich. Das ift an fich kein Uebel-
ftand, wenn die Fahrt nur lohnt, wenn wir nur bereichert
zurückkehren. Nun bietet H. nicht etwa blofs fromme
Phrafen, vieles, was er fagt, ift wahr und vortrefflich,
auch fehlt ihm weder Beobachtung noch Gefchick der
Darftellung, aber dem Ganzen fehlt alles Packende, Erwärmende
, Unmittelbare. Es ift nicht ein Buch, in dem
ich mir unwillkürlich einzelne Worte anftreiche oder das
ich Anderen in die Hand legen möchte. Die Reflexionen
find mitunter gefucht und erkünftelt, fo die Ausführungen
über den .merkwürdigen Widerfpruch zwifchen dem Geficht
in Troas (Apg. 16, 9 f.) und der Erfüllung desfelben
in Philippi' (S. 16) oder über den Charakter Pauli als
Benjaminit (S. 70) oder über den Unterfchied zwifchen
dem .Lehrwort' und dem .bildlichen Wort' in der Bibel
(S. 231 f.) — übrigens eine Unterfcheidung, die für die
Reden unferes Herrn wenig vortheilhaft ausfällt. Anderes
fleht wieder ganz im Banne einer dogmatisirenden Betrachtung
, fo die Ausführungen über die Sprache (S. 2261).
Dafür entfehädigt auch nicht, dafs der Verf. in zahlreichen
Anmerkungen Belegftellen und Parallelen aus
den verschiedenften Schriftftellern, vor allem aus den
Kirchenvätern und der englifchen Literatur beibringt.
Im Gegentheil wird durch die fortgefetzte Unterbrechung
die Lektüre nur erfchwert, um fo mehr, als die Anmerkungen
in den Anhang verwiefen find. Aber auf diefe
Anmerkungen gerade legt H. ein befonderes Gewicht,