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Ausgabe:

1896 Nr. 1

Spalte:

28

Autor/Hrsg.:

Funcke, Otto

Titel/Untertitel:

Wie man glücklich wird und macht 1896

Rezensent:

Hans, Julius

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Seite 1

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27

Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 1

28

alle Mitarbeiter Theologen find; das bedeutet aber noch
nicht, dafs alle diefe Beiträge eine Beurtheilung in einer
theologifchen Literaturzeitung erfordern. Ein Theil von
ihnen ift vielmehr entweder fo geftaltet, wie die Predigt
unterer Tage vor Gebildeten fich zu bewegen pflegt, oder
nimmt jenen geiftlichen Plauderton an, in welchem ge-
müthlichfter Weife ernfte Wahrheiten den Lefern nahegebracht
werden. Dafs diefe Anfaffungen von Herz und
Gewiffen ihres Eindrucks nicht verfehlen werden, dafür
bürgen die Namen der betreffenden Verfaffer Schlatt er.
Funcke, Frommel und Reichard. Der andere Theil
der Beiträge ifl fafl durchaus kirchengefchichtlichen Inhaltes
. Franklin Arnold behandelt Franziskus von Affifl
in der Gefchichtfchreibung und in der Kunft. Iis kommt
ihm hauptfächlich darauf an, dem Lefer diegefchichtlicheBe-
deutung diefer Perfönlichkeit verftändlich zu machen, wie
fle gegenüber einer ganz veräufserlichten Auffaffung von
Religion und Kirche einerfeits und einer peffimiftifchen
Schwärmerei andererfeits als eine urwüchfige, auf fich
felbft geftellte Individualität erfcheint. Franziskus wollte
im Gegenfatz zum damaligen Mönchs- und Kirchenthum
ein demüthiger und liebeseifriger, aber in aller feiner Erniedrigung
fröhlicher Jünger Chrifti fein und wollte Andere
zu folchen machen, während aus feinem Orden mit der
Zeit etwas ganz Anderes geworden ift, als er im Sinne
hatte. Zum Beweife diefer Behauptung führt der Verfaffer
aus dem Leben des Vielbewunderten alle die Züge und
Einzelheiten auf, die als hiftorifch völlig beglaubigt gelten
können, und knüpft daran einige Bemerkungen über
den Einflufs der Franziskaner mit ihrer urfprünglichen
Erfcheinung auf Dichtkunft und Malerei. Wir begreifen
und billigen an dem fehr interefianten und viele neue
Gefichtspunkte bietenden Auffatz alles aufser der Ueber-
fchritt, nach der der Lefer doch etwas ganz anderes
zu erwarten befugt ift. Robert König fchildert Leben,
Wirken und Perfönlichkeit des grofsen Baptiftenpredigers
Spurgeon und verbindet die unerläfsliche Mittheilung
von allerlei bekannten Dingen mit der fehr anregenden
Darfteilung deffen, was er mit feinem Helden felbft erlebt
und was er bei naher Berührung mit feinen Kreifen in
Erfahrung gebracht hat. Der mit wahrer Begeifterung
gefchriebene Auffatz bildet zweifellos eine werthvolle Ergänzung
der Nachrichten, die wir bis jetzt über Spurgeon's
Werden und Wirken haben; aber bisweilen geht uns der
Flug doch etwas zu hoch, nicht in der Würdigung von
Begabung, Selbftverleugnung und Pflichttreue des berühmten
Mannes, wohl aber in der Einfehätzung feiner allgemein
kirchlichen Bedeutung, die als eine aufserordentlich
hohe immer weniger ausgefprochen, als angedeutet und
vorausgefetzt wird. Wenn ein deutfeher evangelifcher
Chrift für Lefer fchreibt, die in ihrer grofsen Mehrzahl
der Kirche der deutfehen Reformation angehören, fo
mufs er doch unbefchadet feiner begeifterten Anerkennung
ficher falfchen Vorftellungen über die Bedeutung
eines Sectenpredigers und feiner Gemeinde irgendwie
begegnen, und wäre es nur mit dem leifeften Hinweis
auf die fchwache Stelle, die für jede nüchterne Betrachtung
der Sache vor Augen liegt. Eine kirchengefchicht-
liche Skizze liefert Paul Grünberg über Frau Doctor
Spener; fle ergiebt fleh wie ein fchöner Nebengewinn aus
feinen Studien zu der bekannten Biographie des grofsen
Mannes, der jener Frau den Namen gab, und fagt uns,
ftreng genommen, viel mehr von Spener felbft, von feinem
Familienleben und von feinen Kindern, als von feiner
Frau, über deren Schickfale nur fpärliche Nachrichten
vorliegen. Etwas Aehnliches kann man von Wilhelm
Baur's Darftellung fagen, die den Uebertritt des Freiherrn
Julius von Gemmingen, des Schwiegervaters Tholuck's,
zur evangelifchen Kirche behandelt. Zu den Nachrichten
über ihn, die wir der Lebensbefchreibung Henhöfer's von
Frommel danken, und die hier natürlich wieder aufgenommen
werden, treten einige nähere und fehr dankens-
werthe Mittheilungen, namentlich von Briefen des Freiherrn
, die aus dem Kreife feiner Familie flammen. Nach
dem Herkommen in wiffenfehaftlichen Blättern würde man
dies Neue unter Berufung auf die fchon vorhandene Literatur
als bisher ungedruckte Nachrichten veröffentlicht
haben; wir haben natürlich nichts dawider, wenn ein
fo gefchickter Erzähler das Neue mit dem Alten zur
Freude vieler Lefer verbindet und ein Neues daraus entfliehen
läfst. Unter den Beiträgen von freier Erfindung
treffen wir neben einer recht fchwachen Leiftung eine
Novelle von Oefer, welche die Bekehrung eines Zweiflers
auf eine recht zweifelhafte Art vor fleh gehen läfst; die
bekannte, nicht geiftlofe Darftellung des Verfaffers ift
ja auch fonft von Künftelei nicht frei, aber hier ift das
Mafs des Erlaubten wohl überfchritten.

Dresden. Dr. ph.il. B. Kühn.

Funcke, Otto, Wie man glücklich wird und glücklich macht.

Bremen, C. E. Müller, 1895. (XI, 412 S. 8.) M. 3 —;

geb. M. 4 —; mit Goldfehn. M. 4. 20

Funcke fagt felbft im Vorwort, er fei weder fo be-
fchränkt, noch fo eitel, zu meinen, der Welt würde etwas
Wefentliches fehlen, wenn das vorliegende Buch ungedruckt
geblieben wäre. Aber nachdem er faft drei Jahre
lang kein Buch habe erfcheinen 1 äffen, fei er von fehr
vielen lieben Menfchen gebeten worden, doch nicht ferner
zu fchweigen. Und da es graufam fei, den Bittenden
nicht zu geben, wenn man geben könne, gebe er, was
er habe. So hat er denn eine Anzahl von Auffätzen und
Artikeln, kleinen Skizzen und Betrachtungen, die im Bremer
Kirchenblatt, im Stuttgarter Chriftenboten, in der Chrifto-
terpe und im Daheimkalender fchon erfchienen waren, ge-
fammelt,hat fle durchgefehen undhie und da etwasgeändert
oder ergänzt, hat ein paar neue dazu gefchrieben und dem
Ganzen dann den Titel gegeben: ,Wie man glücklich wird
und glücklich macht'. Dafs diefer Titel aus dem Inhalt
herausgewachfen fei oder auch nur den leitenden Grundgedanken
bilde, der fleh irgendwie erkennbar durch alles
hindurchziehe oder auf den alles bezogen werde, wird
man kaum behaupten können. Aber einen Titel mufs
ein Buch am Ende doch haben, und warum foll man
nicht einen wählen, der zum Lefen lockt? Dank feiner
Allgemeinheit pafst ja auch der gewählte fo ziemlich
auf jedes Buch erbaulichen Inhalts; und dafs das vorliegende
fo manches enthält, was als gute und richtige
Antwort auf die im Titel geftellte Frage dienen kann, werde
ich nicht erft zu verfichern brauchen. Jedenfalls werden
diejenigen, die Funcke's Art lieben und fich nach einem
neuen Buche von ihm gefehnt haben, vieles darin finden,
was ihnen wohlgefällt, was ihnen zu heilfamer Anregung
und Förderung dient. Denjenigen aber, denen er noch
fremd ift, wird fich in dem mannigfaltigen Inhalt reiche Gelegenheit
bieten, mit ihm bekannt zu werden und fich
ein Urtheil darüber zu bilden, ob er mit der ihm eigen-
thümlichen Gabe ihnen zu dienen im Stande ift.

Augsburg. J. Hans.

Bibliographie

von Cand. theol. Paul Pape, Zehlendorf bei Berlin.
iCcutfdhe Literatur.

Carus, P., Das Evangelium Buddhas. Nach alten Quellen erzählt. Unter
Mitwirkg. des Verf. aus dem Engl, überf. v. E. F. L. Gaufs. Chicago
, 1895. [Leipzig, W. Friedrich.] (XII, 352 S. 8.) Geb. 5. —

Falke, R„ Buddha, Mohammed, Chriftus, e. Vergleich der drei Per-
fönlichkeiten u. ihrer Religionen. I. darflell. Tl.: Vergleich der
drei Perfönlichkeiten. Gütersloh, Bertelsmann, 1893 (VII, 211 S
gr. 8.) 3. -

Stofch, G., Altteflamentliche Studien. I. Tl.: Die Entftehg. der Gene-
fis. Gütersloh, Bertelsmann, 1895. (VIII, 160 S. 8.) 2. —

Bachmann's, J., Präparationen u. Commentare zu den gelefetiften
Büchern des alten Teftaments. Kleine Propheten. Ii. Hft. Berlin,
Mayer & Müller, 1895. (gr. 8.) 1. 20

Sacharia. Analyfe, (jberfetzg., Dispofition. (III, 80 S.)