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Ausgabe:

1896 Nr. 17

Spalte:

454-455

Autor/Hrsg.:

Maltzew, Alexios

Titel/Untertitel:

Die heilige Krönung nach dem Ritus der orthodox-katholischen Kirche des Morgenlandes 1896

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 17.

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Materials von Jahr zu Jahr. Dafs jetzt eine Neubearbei- I
tung und nicht etwa nur eine weitere Ergänzung geboten
wird, ift mit befonderer Freude zu begrüfsen. Der Lefer
erfährt aus dem Vorwort, dafs der Herausgeber erft feit
dem Uebertritt in den Ruheftand (er bekleidete vorher
die Stelle eines Bibliothekars des deutfchen Reichstags)
die viel verlangte neue Ausgabe zum Abfchlufs bringen
konnte — eine ,lange, fauere Arbeit, bei welcher mich
oft die Furcht vergeudeter Kraft und Mühe ergriff,
fchreibt Potthaft. In der That, es gehörte ein eiferner
Fleifs dazu, eine entfagungsvolle Hingabe und eine
umfaffende hiftorifche Bildung, um dem alten Werk die
neue Geftalt zu geben, welche es jetzt hat. Als Frucht
ernftefter Pflichterfüllung verdient es unfere Hochachtung,
als ein Hülfsmittel erften Ranges, welches jedem Hifto-
riker Stunden zeitraubenden und mühevollen Suchens
erfparen wird, wärmften Dank.

Die Anlage des Buches ift nicht verändert worden.
Der Gefammtumfang dürfte den der erften Auflage, obwohl
auch Kürzungen nicht fehlen (z. B. p. XXXVI
Archiv io storico Italiano vgl. I. Aufl. p. 26—28), über-
fchreiten. Den 800 Seiten der neuen Auflage entfprechen
450 der erften und 97 des Supplementbandes. Die Zahl
der Artikel ift vermehrt, die Berichte über die Sammelwerke
find forgfältig fortgeführt (z. B. Gefchichtfchreiber
der deutfchen Vorzeit p. LXXIV sq.), bezw. erweitert
(z. B. Migne p. XC1II—C1X), die Literatur ift nachgetragen
. Im Allgemeinen repräfentirt das Werk den
Stand der hiftorifchen Forfchung von 1894

Bei dem Durchblättern der Bibliotlieca ift mir Folgendes
aufgefallen. Unter Auguftin p. 126 finden nur
die Confessionen und die Epistolae Berückflchtigung,
während doch de civitate Dei von allen Schriften Auguftin's
am ftärkften auf das Mittelalter gewirkt hat. — Zu Al-
boinus presbyter p. 32 find die Ausgaben zu ergänzen,
welche p. 155 bei Bernold von St. Blafien libellus I
aufgeführt werden. — Der Artikel p. 115 ,Apologetica
episcoporiim et clericorum imperialiiim pro impcratore Hen-
rico IV contra papae Gregorii VII excommunicationem
Ausg. ap. Goldast, Apologia pro Henrico IV. Hannov.
1611 p. 46—48' ift zu ftreichen. Denn der von Goldaft |
p. 46. 47 (vgl. Dissertatio de auctoribus etc. p. 17 fr.) gebotene
Text ift keine Schrift aus der Zeit Gregors VII.
fondern entflammt Aventin's Annales ducum Boiariae 1
Hb. V cap. 14. (A.'s fämmtliche Werke ed. S. Riezler.III. Bd.,
1884, p. 126,,—127,„). — Die p. 115 genannte ,Apologia
Gregorii VII ad üttonem Constantiensem episcopmri ift
offenbar identifch mit dem Apologeticus des Bernold
von St. Blafien. Dann ift ftatt: Gretfer, Opera p. 546 zu
lefen: Gr., op. VI p. 54fr und hinzuzufügen: libelli de
Ute II 58 ff., ebenfo ift die Angabe über die Hand-
fchriften nach Libelli II p. 3, 59 zu ergänzen (vgl.
,Bernold' p. 155). Uebrigens wird der Codex von Ein-
fiedeln von Thaner, dem Herausgeber des Apologeticus,
als Nr. 169 bezeichnet, während Potthaft Nr. 45 nennt
(Druckfehler? andere Zählung?). — Wenn bei Cardinal
Ueno p. 146 eine englifche Ueberfetzung feiner zwei
Briefe namhaft gemacht wird, war die des deutfchen
Anonymus von 1619 (vgl. meine ,Publiziftik im Zeitalter
Gregors VII.' p.6l n. 2) nicht zu übergehen. — Irrthümlich
wird p. 147 unter den Ausgaben des Panegyricus des j
Benzo von Alba eine folche von H. Lehmgrübner ge- 1
nannt, den der Verfaffer dann mit Recht als Autor, I
freilich doppelt, anführt. — Zu Bcrengarius Turonensis bemerke
ich, dafs Bernold's Schrift ,dc Berengarii haere-
siarchae dammatione multiplicP auch bei Uffermann,
Monamentorum res alemannicas illustrantium, tom. II,
St. Blafien 1792, p. 427—437 fleh findet, und dafs Schwabe,
Studien zur Gefchichte des zweiten Abendmahlftreits,
Leipzig 1887, fowie J. Schnitzer, B. v. Tours, fein Leben
und feine Lehre, München 1890 unter den Erläuterungs-
fchriften zu nennen waren. — Für Bernhard v. Clairvaux
folgt die Literatur vielleicht unter vita. Von den libri V

de consideratione hat der verdorbene J. H. Reinkens
unter dem Titel: Papft und Papfttum nach der Zeichnung
des h. Bernhard v. C!., Münfter 1870, eine Ueberfetzung
und Erläuterung gegeben. — Auf Seite 411 hätte
zwifchen der ypistola cuiusdam' und der ,epistola de morte'
die epistola cuiusdam adversus laicorum in presbyteros
coniugatos contumeliam (jetzt libelli de Ute II 437 ff)
mit einem Hinweis auf Sigebert von Gembloux einge-
fchaltet werden müffen. — Dafs p. VI der von H. Holtz-
mann herausgegebene Theologifche Jahresbericht, die
Realencyklopaedie für proteftantifche Theologie, das
Kirchenlexikon von Wetzer und Welte, fowie Brieger's
Zeitfchrift für Kirchengefchichte nicht genannt worden
find, bedauere ich im Intereffe der Nichttheologen, welche
die Bibliotlieca benutzen werden.

Marburg i. H. Carl Mirbt.

Maltzew, Propft Alexios, Die heilige Krönung nach dem Ritus
der orthodox.-katholischen Kirche des Morgenlands. Berlin,
Siegismund, 1896. (304 S. kl. 8.).

Das Buch enthält in ruffifcher und deutfeher Sprache
das officielle kirchliche Programm für die Krönung des
Zaren Nikolaus II., wie fie am 26. Mai ftattgefunden hat.
Es ift eine fehr willkommene Gabe. Nicht nur, dafs man
dem Gang der Feier genau folgen kann, fondern man
erfährt auch den ganzen Wortlaut der dabei gehaltenen
Anreden etc. Die Anfprachen find eben auch liturgifch
fixirt. Der Kaifer hat kein Wort gehört oder gefprochen,
welches nicht zum Voraus feftgeftellt und ftilifirt war.
Als ich meinen kleinen Auffatz ,Zur Zarenkrönung' für
die Chriftl. Welt (Nr. 21) fchrieb, war das Buch noch
nicht erfchienen. Im Wefentlichen konnte ich ja aus
anderen Quellen das Richtige mittheilen, aber einige
Zweifel, die ich hatte, wären leichter zu erledigen ge-
wefen, wenn ich das Buch fchon hätte benutzen können.
Einzelnes ift mir auch jetzt noch nicht klar, wenigftens
feiner Bedeutung nach nicht. So befonders die Vor-
fchrift, dafs bei dem allgemeinen Gebet für den Zaren,
welches gefprochen wird, nachdem zuvor der Zar felbft
für fleh und fein Volk gebetet hat, alles niederknien
mufs, auch die Geiftlichkeit, während der Zar allein fleht.
Ich habe geglaubt, darin die alte Proskynefe vor dem
,Kaifer' erkennen zu müffen. Ein anderer Punkt, über
den ich nicht mit Sicherheit zu urtheilen weifs, ift die
Frage, welcher Metropolit eigentlich die Feier leitet.
Ich glaubte, dafs es (feit Peter dem Grofsen) immer der
Metropolit von Nowgorod und Petersburg gewefen fei
und dafs er es wieder fein werde. Er ift es in der That
auch diesmal gewefen, wie nicht anders das vorige Mal.
Aber ich finde bei M. Angaben, wonach es fleh fo verhalten
hat, dafs jedenfalls zwei Mal, nämlich bei Alexander
I. und II. nicht er, fondern der Metropolit von
Moskau den Ceremonien vorgeftanden hat. Im Ritual
ift immer nur von dem ,älteften' Metropoliten als dem
Leiter die Rede. Natürlich ift der rangältefte gemeint.
Es kann fleh aber auch offenbar nur um die Metropoliten
der beiden Reichshauptftädte handeln. Doch bin ich
nicht ganz ficher, ob bei der Krönung des erften und
zweiten Alexander nicht der Stuhl von Nowgorod und
Petersburg vielleicht vacant gewefen. Der Zufall
müfste den Inhaber desfelben fonft merkwürdig bevorzugt
haben. Von principiellem Abwechfeln kann keine
Rede fein. M. hat dem Text des Rituals eine Reihe
werthvoller Mittheilungen über andere Krönungsriten
bez. -feiern angefchloffen. Er berichtet über die Entwicklung
des byzantinifchen Ceremoniells und über die im
Abendland im Allgemeinen gültigen Vorfchriften des
Pontifuale romanutn, fchildert dann fpeciell die Krönung
eines Kaifers in Frankfurt (und Rom), ferner diejenige
Napoleon's I., berührt kurz die Befonderheiten der Bräuche
bei der Krönung der alten Könige von Frankreich, Eng-