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Ausgabe:

1896

Spalte:

442-446

Titel/Untertitel:

Gurupujakaumudi. Festgabe, zum 50jährigen Doctorjubiläum Albrecht Weber dargebracht 1896

Rezensent:

Dobschütz, Ernst

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von U. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schüret*, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint , „ Preis

alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark,

NE; 17. T5- Auguft 1896. 21. Jahrgang.

Minayeff, Rfcherch.es sur le Bouddhisme
(Oldenburg).

Gurupujakaumudi, Feftgabe zum 50jährigen
Doctorjubiläum Albrecht Weber dargebracht
(v. Dobfchütz).

Landau, Die gegenfinnigen Wörter im Alt-
und Neuhebräifchen (Schwally).

Meyer, Arnold, Jefu Mutterfprache (Dalman).

Ritus der orthodox katholifchen Kirche des
Morgenlandes (Kattenbufch).
Kübel, Predigten für alle Sonn- und Fefttage
des Kirchenjahres (Drews).

Feftfchrift zum 80. Geburtstage Moritz Stein-

fchneider's (Strack).
Callinici De vita S. Hypatii liber edd. semi-

narii philol. Bonnens. sodales (Krüger).
Marci diaconi vita Porphyrii episcopi Gazensis Evers, Ifraels Prophetentum (Fay).

edd. societatis philol. Bonnens. sodales (Derf.). Fauth, Ifraels Prophetentum (Derf.).
Potthast, Bibliotheca historica medii aevi, Koppelmann, Die Sittenlehre Jefu (Derf.).

2. Aufl. 1. Bd. (Mirbt.) ; Rieger, Das Gebet des Herrn (Drews).

Maltzew, Die heilige Krönung nach dem , Schultze, Leop., Kirchliche Baufteine (Drews

GurupüjäkaumudT. Feftgabe, zum 50jährigen Doctorjubiläum
Albrecht Weber dargebracht von feinen Freunden und
Schülern. Leipzig, Harraffowitz, 1896. (VII, 128 S. m.
1 Taf. Lex.-8.) M. 10. —

Diefe .Feftfchrift zu Ehren des Meifters' — das bedeutet
ungefähr der fremdklingende Titel —, zu der fich
Freunde und Schüler des um Indiens Literaturgefchichte
und Archäologie fo hochverdienten Berliner Gelehrten
zufammengethan haben, umfafst auf 127 Seiten nicht
weniger als 30 Abhandlungen, aus allen Gebieten indifchen
Wiffens. Darunter dürfte wohl nur ein Stück von
Intereffe für den theologifchen Leferkreis fein, der Beitrag
von Ernft Kuhn in München, der über ,Buddhiftifches
in den apokryphen Evangelien' handelt.

Es find zwei Erzählungen der Kindheitsevangelien,
das Umftürzen der Götterbilder vor dem Jefuskinde und
deffen beim Elementarunterricht bewiefenes wunderbares
Wiffen, die Kuhn aus analogen Gefchichten der nord-
buddhiftifchen Legende herleitet.

Ob buddhiftifche Einflüffe bei dem Chriftenthum
nachweisbar find, ift eine religionsgefchichtlich hochwichtige
Frage. Die bekannten Arbeiten Rud. Seydel's,
über die Oldenberg in diefer Zeitung 1882 Sp. 415—419
und 1884 Sp. 185—189 fein fachkundiges Urtheil ge-
fprochen hat, haben das Problem eher verwickelter gemacht
. Das Chriftenthum als folches erklärt fich nicht
aus buddhiftifchen Einwirkungen. Nicht nur der ur-
fprüngliche Buddhismus ift feinem Wefen nach toto coelo
vom Chriftenthum verfchieden, wie Oldenberg's glänzende
Darftellung desfelben zeigt; auch die fpäteren Entwick-
lungsphafen desfelben find, abgefehen davon, dafs fie
zeitlich fchwer zu fixiren find, und daher ihre Priorität
vor dem Chriftenthum nicht ficher feftgeflellt werden
kann, nicht im Stande, als Grundlage des Chriftenthums
zu gelten. Die ältefte chriftliche Tradition, wie fte in
unferen kanonifchen Evangelien niedergelegt ift, fteht
durchaus felbftändig da. Die Frage kann nur fein: Hat
im Laufe der Zeit die fortfchreitende Traditionsbildung
innerhalb der Chriftenheit befruchtende Einflüffe von
feiten der buddiftifchen Legende erfahren? Die Möglichkeit
ift nicht in Abrede zu ftellen. Um den einzelnen Fall
jedoch richtig zu beurtheilen, mufs man fich gegenwärtig
halten, wie weit auf Grund anderer analoger Fälle, in
denen die Sache klarer liegt oder gar entfchieden ift, im
voraus Wahrfcheinlichkeit für oder gegen buddhiftifche
Beeinfluffung geltend gemacht werden kann.

Kuhn beruft fich auf feinen Nachweis über Barlaam
und Joafaph (Abhandlungen der k. bayer. Akad. der
Wiffenfchaften II. Cl. XX. Bd. 1. Abth.), worin er diefen
weitverbreiteten Roman des chriftlichen Mittelalters er-

441 442

Minayeff, J. P., Recherches sur le Bouddhisme. Traduit
du Russe par R. H. Assier de Pompignan. (Annales
du Musee Guimet, Bibliotheque d'etudes. IV.) Paris,
(Leroux), 1894. (V, XV, 317 S. gr. 8.)

Das in ruffifcher Sprache fchon vor faft einem Jahrzehnt
erfchienene Werk eines früh Hingegangenen, durch
deffen Ueberfetzung fich Herr A. de Pompignan An-
fpruch auf den lebhaften Dank Aller, die fich mit dem
älteren Buddhismus befchäftigen, erworben hat. Eine
Charakteriftik des Verdorbenen und feiner Arbeitsweife,
die E. Senart mit der ihm eigenen Feinheit gegeben
hat, dazu ein Lebensabrifs von der Hand feines Nachfolgers
an der Petersburger Univerfität, des Herrn
S. d'Oldenburg, leiten das Werk ein. Diefes felbft
ftellt fich als eine, urfprünglich auf weitere Fortfetzung
berechnete Reihe einzelner Unterfuchungen dar. Die
wichtigften derfelben beziehen fich auf die buddhiftifchen
Concilien, die mindeftens für uns hervortretendften Vorgänge
in der Gefchichte des älteren Buddhismus; andere
Capitel befchäftigen fich mit dem Stupa von Bharhut,
feinen Reliefs und feinen Infchriften, mit dem altbuddhi-
ftifchen Cultus, der Organifation der buddhiftifchen
Mönchsgemeinfchaft, den Schismen u. f. w. Treffend
fagt Senart von diefen Unterfuchungen: ,Cc sont vrai-
ment des recherches pliitdt que des solutions. II dresse
plus de poiuts d'ititerrogation qu'il n'acheve de theories
dogmatiques'. Ich meinerfeits kann die Ueberzeugung
nicht unausgefprochen laffen, dafs die Ueberlieferung,
mit welcher wir zu arbeiten haben, uns in der That erlaubt
weniger Fragezeichen zu machen und wefentlich
mehr beftimmte Behauptungen aufzuftellen als M. gethan
hat. Mir fcheint, dafs die Argumentationen, welche
das Vertrauen auf manche in diefer Richtung gemachte
Verfuche zu erfchüttern beftimmt find, vielfach
zu fchweren Bedenken Anlafs geben. Dies Urtheil
im Einzelnen zu begründen darf ich hier nicht
unternehmen; vielleicht findet fich dafür an anderem Orte
Gelegenheit. Und fo darf ich hier nur noch den Schmerz
darüber zum Ausdruck bringen, dafs, wenn mich hier
von einem hochverdienten Mitforfcher — travailleur
profondement honnete et devoue nennt d'Oldenburg ihn —
ernftlichfte Meinungsverfchiedenheiten trennen, es mir
nicht vergönnt ift, das was ich fagen möchte an einen
Lebenden zu richten.
Kiel. H. Oldenberg.