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Ausgabe:

1896

Spalte:

313-316

Autor/Hrsg.:

Wendland, Paul

Titel/Untertitel:

Die Therapeuten und die philonische Schrift vom beschaulichen Leben 1896

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 12. 6. Juni 1896. 21. Jahrgang.

Wendland, Die Therapeuten und die philo-
nifche Schrift vom befchaulichen Leben
(Schürer).

Lewis, Some pages of the four Gospels re-
transcribed from the Sinaitic Palimpsest etc.

uLTV^' T~, r j w ■ ' hind "(Kattenbufch)

Holzhey, Der neuentdeckte Codex syrus binai- >

ticus (Neftle).

Titius, Die neuteftamentliche Lehre von der

Seligkeit und ihre Bedeutung für die Gegenwart
. i. Thl. Jefu Lehre vom Reiche Gottes | die Glaubensfrage in Bezug auf das Aposto-
(Baldenfperger). licum (Kattenbufch).

Hopfen, Kaifer Maximilian II. und der Kom- i Die vier Evangelien in Predigten und Homilien

promifskatholizismus (Virckj.
Mako wer, Die Verfaffung der Kirche von England
(Kattenbufch).
Duhm, Das Geheimnifs in der Religion

(H. Schultz).
Schultze, D. Julius Müller als Ethiker und

ausgelegt, 3. Bd. Das Evangelium Lucä, von
Frommel (Wächtler).
Warneck, Miffionsflunden, 1. Bd. Die Miffion

im Lichte der Bibel, 4. Aufl. (Wurm).
Gott will es! Bericht über den Märtyrertod des

Stephanus Askjar von Lemm (Ders.).
Jahrbuch der fachfifchen Miffionskonferenz(Ders.).

Wendland, Paul, Die Therapeuten und die philonische Schrift
vom beschaulichen Leben. Ein Beitrag zur Gefchichte
des helleniftifchen Judentums. Befonderer Abdruck
aus dem 22. Supplementbd. der Jahrbb. für claff.

jüdifchen Literatur unterfucht (S. 701—719). Wie Maffe-
bieau und Conybeare nimmt auch Wendland an, dafs
die Befchreibung der Effener, an welche die Vita con-
templ. anknüpft, nicht diejenige in Qnod omnis probus
Uber, fondern diejenige in der verloren gegangenen

Philologie. Leipzig, Teubner, 1896. (S. 695—772. dnoloyia vneq 'Iovöalmv fei, aus welcher Euseb. Praep.

gr. 8.) M. 2. 80

evang. VIII, 11 eben nur die Befchreibung der Effener
uns erhalten hat. Diefe Apologie hält Wendland für

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; . ' ™ Lo. rrs ___r.nj. r._u________iot, o—7)i ' ^- 7°2- 7J5- 7J9- Die Vita contempl. fei

Litzp- i8or, 38; ff.) gefeilt ftch nun als dritter auch ein ,

Sehe? PhikVloge mit einer eingehenden Vertheidigung f[° ^e ^v^eil einer apologetifch-polemt-
dir E^theit vongPhilo's Schrift über das befchauhche ! fche» Scr™ft (für das Judenthurn, gegen das Heiden-
Leben. Auch er ift durch befonders gründliche Kennt-

nifs von Philo's Schriften ausgezeichnet; feine Stimme
daher, wie die jener Beiden, von hervorragender Bedeutung
, ja wie mir fcheint noch von gröfserer als die
feiner Vorgänger. Wendland's Unterfuchung geht mehr
in's Einzelne als diejenige Maffebieau's und ift umfich-
tiger und befonnener als diejenige Conybeare's. Verkehrte
Behauptungen, wie fie bei letzterem mehrfach
vorkommen, begegnen uns bei Wendland nicht. Darf
nun feine Arbeit als abfchliefsend betrachtet werden?
Ich glaube — trotz aller Vorzüge — doch nicht. Die
Gründe gegen den philonifchen Urfprung des Tractates
fcheinen mir auch jetzt ftärker als die für denfelben.

Wendland prüft zunächft die Gefchichte der Ueber-
lieferung. Er geht davon aus, dafs der Tractat zu dem
Corpus philonifcher Schriften gehöre, welches fich im
4. Jahrh. in der Bibliothek zu Cäfarea befunden habe.
Da diefe Bibliothek von Origenes und Pamphilus ge-
fchaffen fei, habe er bereits dem Origenes vorgelegen.
In der That laffe fich nicht nur bei diefem, fondern auch
fchon bei Clemens Alexandrinus die Benützung nachweifen
. Der Ausgangspunkt diefer Erörterung, dafs die
Vita contemplativa zur Zeit des Eufebius unter den philonifchen
Schriften in der Bibliothek zu Cäfarea fich befunden
habe, fcheint auch mir fehr wahrfcheinlich; alles
andere problematifch. Es ift nicht erweislich, dafs der
ganze Beftand der Bibliothek, wie ihn Eufebius kannte,
von Origenes herrührte. Und die literarifchen Berührungen
mit Clemens und Origenes find nicht der Art,
dafs fie die Priorität der Vita contempl. beweifen; am
wenigften bezüglich des Origenes, aber auch nicht bezüglich
des Clemens. Denn der Gemeinplatz und deffen
Nutzanwendung, worin fich beide ftark berühren, kann
von beiden aus gemeinfamer Quelle gefchöpft fein.
Für die Echtheitsfrage würde überdies, auch wenn Clemens
die Schrift fchon gekannt hat, nichts entfehieden fein.
Werthvoll ift der zweite Abfchnitt, welcher die Stelthum
) und von diefem Gefichtspunkte aus zu verftehen
Dies giebt Wendland Veranlaffüng, die Methode der jüdifchen
Apologetik und Polemik zu charakterifiren, wofür
er namentlich Jofephus und Pfeudo-Phokylides benützt,
aber auch fonft noch mannigfaches Material herbeizieht.

Schon in diefem Abfchnitte berührt Wendland die
Hauptpunkte, welche mir gegen die Echtheit zu fprechen
fcheinen. Er äufsert fich darüber viel behutfamer als
Conybeare und fchafft fo eine gemeinfame Bafis, auf
welcher Gegner und Vertheidiger der Echtheit mit einander
verhandeln können. Den Thatbeftand erkennt er
im Wefentlichen fo an, wie er auch mir erfcheint. Es
handelt fich alfo nur um die Beurtheilung desfelben.
1) Gegen Conybeare erkennt W. S. 716 an, dafs an keiner
andern Stelle bei Philo ,fich ein klares Zeugnifs für die
Exiftenz ganzer Colonien von Asketen findet'. Das ift
ein gewichtiges Zugeftändnifs. Denn wenn W. dann doch
an einigen Stellen die Beziehung auf die Therapeuten
für möglich erklärt, fo ift damit nicht viel gewonnen.
Es bleibt auffallend, dafs Philo auch an folchen Stellen,
wo er durch den Zufammenhang faft nothwendig darauf
geführt wurde, nichts von der Exiftenz einer ganzen
Colonie von Asketen, wie es die Therapeuten waren, erwähnt
, 2) Ein wefentlicher Punkt fcheint mir die Differenz
zwifchen der unbedingten Verherrlichung des ftlog
d-eu>QijTix6g in der Vita contempl. und der Verwerfung
einer frühzeitigen Plinwendung zu diefem vor Bewährung
im ßiog nqaAzr/.ög, wie wir fie in de profugis finden.
Diefe Differenz wird von Wendland im Grunde nicht be-
ftritten. Er meint nur S. 718, dafs ich ,den Bogen viel
zu ftraff fpanne'. Aber er erkennt gegen Conybeare an,
,dafs manche Therapeuten fchon in der Jugend fich dem
befchaulichen Leben gewidmet haben' (S. 719). Eben
dies verwirft aber Philo, während es dem Verf. der / 1/a
contempl. offenbar rühmlich erfcheint. 3) Auch über die
verfchiedene Stellung zur griechifchen Philofophie, in-
fonderheit zu Plato (in der Vita contempl. heftige Pol

lung der Schrift im philonifchen Schrifttum und in der 1 mik gegen Plato, bei Philo Hochachtung vor demfelben)

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