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Ausgabe:

1896 Nr. 9

Spalte:

247-248

Autor/Hrsg.:

Ketzscher, Paul

Titel/Untertitel:

Martin Luther‘s deutsche Sprüche in chronologischer Reihenfolge hrsg 1896

Rezensent:

Bossert, Gustav

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Seite 1

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247

Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 9.

248

xat a£i7iaQ&avov Magiag. = B. 9, fo hat man in der
Bibliotheca s. v. Maria die Nummer 9 aufzufuchen, bei
der die Druckausgaben diefes Xöyoc angemerkt find.

Den Befchlufs des in gröfster Regelmäfsigkeit und
Genauigkeit ausgeführten Werkes machen vier Indices.
Der erfte enthält die ,Menologia et menologiorum frag-
menta'. ,Utipoterunt, quicumque ordinem rerum restituere
cupiunf. Der zweite giebt die Namen der früheren Be-
fitzer der Handfchriften, feien es Privatperfonen oder
Kirchen oder Bibliotheken. In dem dritten, als dem
Hauptindex, der 21 Seiten umfafst, finden wir die Namen
der erwähnten Heiligen. Ein index auctorüm ift das vierte
Verzeichnifs. Im Ganzen find 361 Handfehriffen be-
fchrieben, wenn ich recht gezählt habe, und damit ift
wieder und zwar mit gewohnter Akribie eine reiche Fundgrube
eröffnet nicht allein für das Studium der Hagio-
graphie, fondern auch manche allgemeinere Gebiete der
Kirchengefchichte, wie denn die neuliche Herausgabe der
Acta graeca Sancti Apollonii Romani die Wichtigkeit der
hagiographifchen Forfchungen feitens der gelehrten Ge-
fellfchaft der Bollandiften wieder erwiefen hat.

Hannover. Ph. Meyer.

Ketzscher, Paul, Martin Luther's deutsche Sprüche, in

chronologifcher Reihenfolge herausgegeben. Altenburg
, Schnuphafe, 1896. (VIII, 47 S. 8.) M. —.60

Das kleine Heft ift für weitere Kreife beftimmt;
denn es verzichtet von vorne herein auf Quellennachweife
und giebt Luther's Sprüche in modernem Deutfch,
aber in einzelnen Anmerkungen finden fich Notizen von
D. Joh. Linke (S. 5). Seinen Stoff theilt K. ein 1. in
Sprüche, welche fich chronologifch beftimmen laffen,
2. in folche, bei denen das nicht der Fall ift, 3. in folche,
die Luther anderswoher entlehnt hat, refp. bei der ge-
dächtnismäfsigen Citirung umgeformt hat. Eine Ver-
gleichung mit Schleusner's hübfeher Schrift ,D. Martin
Luther's Dichtungen in gebundener Rede'fWittenberg 1892)
zeigt, dafs im dritten Theil vorzüglich das Neue zu fuchen
ift, das der Verf. bieten will. Seine chronologifchen
Beflimmungen werden gröfstentheils Zuftimmung finden,
fo bei Luther's Wahlfpruch (Nr. 3), der doch wohl zugleich
mit dem Petfchaft entftanden ift, fo bei dem Spruch
auf dem alten Wartthurm zu Landsberg bei Halle (Nr. 31).
Die Aneinanderreihung der Sprüche über das Papftthum
fcheint Ref. bei Schleusner finngemäfser, während Ketz-
fcher fie nach dem Exemplar der Marienbibliothek in
Halle giebt. Aufgefallen ift dem Ref., dafs die neueften
Ausgaben von Luther's Tifchreden nicht benützt find,
und doch bieten die von Preger veröffentlichten Tifchreden
aus der Feder Schlaginhauffen's wenigftens in
Nr. 161 einen Spruch, der freilich zu Ketzfcher's dritter
Claffe gehören wird. In den von Loefche herausgegebenen
Analecta findet fich ein gereimter deutfeher Spruch
S. 101 Nr. 103 vom Pfau. Der von K. S. 40 Nr. 3
gegebene Spruch ift jetzt nicht mehr blofs bei Goedecke,
fondern auch bei Loefche S. 200 Nr. 306 gedruckt.
S. 46 hat K. das Papftlied, das Mathefius Luther als
Gaftgefchenk bei feinem Befuche in Wittenberg 1545
mitbrachte, mitgetheilt. Er nimmt als ficher an, dafs es
von Mathefius (nicht Matthefius) gedichtet fei. Man
durfte doch erwarten, dafs hier Loefche (Joh. Mathefius
2, 214) zu Rathe gezogen wäre; derfelbe rechnet das
Lied'zu den Antilegomena und ift mit Chriftian Müller
geneigt, in Mathefius nur den Ueberarbeiter eines Volkslieds
zu fehen. Die Erklärung von ,Sekret' in jenem
Lied S. 47 mit Geheimfach dürfte mehr als zweifelhaft
fein, denn die guten Joachimsthaler Jungen, die das Lied
fangen, wufsten ficher nichts von einem Geheimfach.
Es ift das, was in Schwaben Privet heifst, der Abort.
S. 17 ift ftatt Leskendorff Beskendorff zu lefen. Ref. will
fcheinen, dafs K. mit der dritten Claffe feiner Sprüche

auf einem Wege war, deffen weitere Verfolgung fich noch
mehr gelohnt hätte, als die Zufammenftellung der gereimten
deutfehen Sprüche, nämlich eine Sammlung von
Luther's Sprichwörtern. Seit Heufeler's Sammlung
(Luther's Sprichwörter aus feinen Schriften gefammelt.
1824, vgl. Loefche, Analecta Lutherana, S. 9) ift das
Material ftark gewachfen. Die neue Weimarer Lutherausgabe
bietet in den Bänden, welche Texterläuterungen
geben, gute Vorarbeiten, und es ift zu hoffen, dafs künftig
alle Bände mit Erläuterungen hinausgehen. Wie Manches
bietet fchon die Kirchenpoftille! Hier könnte der erfte Satz
in Ketzscher's Einleitung erft recht feine Wahrheit finden:
,Luther, das Kind des Volkes, ift fo recht die Verkörperung
des deutfehen Volksgeiftes'.

Nabern. G. Boffert.

Neudrucke deutscher Litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts
. Nr. 139 —141. Halle, Niemeyer, 1896. (8.)

M. 1. 80

Flugfchrifcen aus der Reformationszeit. XI. Joh. Eberlin
v. Günzburg, ausgewählte Schriften, i. Bd. Hrsg. v. Ludw. Enders.
(VII, 228 S.)

Wenn einer der kleineren Geifter der Reformationszeit
es verdiente, dafs feine Flugfchriften neu gedruckt
wurden, fo war es Joh. Eberlin. Denn wie kaum einer
verftand es der alte Tandmärenprediger, deffen volks-
thümliche Predigtweife den Neid der Tübinger Theologen
erregte, nicht nur im Wort, fondern auch mit der Feder
das Gold, das die grofsen Geifter, wie Luther, aus dem
lange vergrabenen Schatz hervorholten, in kleine Münze
umzufetzen und unter das Volk zu bringen. Und be-
fonders feine erfte Flugfchriftenreihe, die fünfzehn Bundes-
genoffen, verdienen mit ihren oft originalen Reform-
vorfchlägen wieder bekannt zu werden. Aber ein neuer
Abdruck mufste Textkritik üben und mancherlei Erläuterungen
bieten. Denn Vieles aus jener Zeit ift fo gründlich
verfchollen, dafs auch ein fo eindringender Fleifs
wie der des braven Radlkofer in feiner grofsen Biographie
Eberlin's (Joh. Eberlin von Günzburg und fein Vetter Hans
Jakob Wehe von Leipheim. Nördlingen, 1887) nicht alles
ergründen konnte. Ganz befondere Schwierigkeiten mufste
dem neuen Herausgeber Enders als Frankfurter Kind der
fchwäbifche Dialekt bereiten. Enders hat fich alle Mühe
gegeben, in derfelben tüchtigen Weife, wie Luther's Brief-
wechfel, auch die 15 Bundesgenoffen zu bearbeiten. Ein
Gloffar wird ein zweiter Band geben. Aber manche
Fragen find doch noch offen geblieben. Sicher hat Enders
an verfchiedenen Orten um Auskunft angeklopft, auch
beim Ref. Aber manches, was demfelben beim Durchliefen
einzelner Druckbogen unklar blieb, hat er nunmehr
beim zufammenhängenden Studium des ganzen Buches
doch verftehen gelernt und wagt es hier zur Verwendung
im zweiten Band darzubieten.

S. 7, Z. 13 ift mit Ed. 1, 2 Hütte fo gut feftzuhalten
als Z. 23 Hut, denn der Schwabe fpricht heute noch
Hütte. S. 9, Z. 14 dürfte vfs der Ed. 1, 2 bleiben, was
im Gloffar mit uns zu erläutern wäre. Der Schwabe
fpricht theils ös, theils nfs. S. 17, Z. Ii v. u. dürfte an luft
feftzuhalten fein. Das war ja die Ironie am Faftengebot,
dafs man fich durch köftliche Speifen entfehädigte. S. 26,
Z. 8 v. u. ift wohl zu lefen ir rainigkeit und die Anmerkung
S. 211 zu ftreichen. Ebenfo Z. 2 vnuergunft. Wenigftens
kennt der Schwabe vnderbunft nicht. S. 28, Z. 1
ift wifs = wifch. Wie man fcheuen Pferden einen Stroh-
wifch vor die Augen hängt, fo hängt Gott einen Wifch
über die Geiftlichen. Vgl. 2 Cor. 3, 15. S. 52, Z. 3 nimmt
Enders eine Unterbrechung des Zufammenhanges an.
M. E. ift der Satz klar. Eberlin fragt: Warum wollt ihr
in einer Sache, die euer Seelenheil betrifft, verziehen,
nämlich, dafs regelmäfsige Predigten an einem beftimmten
Tag oder an vielen Orten gehalten werden. S. 58, Z. 34