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Ausgabe:

1896 Nr. 8

Spalte:

212-214

Autor/Hrsg.:

Gothein, Eberhard

Titel/Untertitel:

Ignatius von Loyola und die Gegenreformation 1896

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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21 I

Theologifche Literaturzeitung. 1896. Nr. 8.

212

kungen Eber's bestätigen manche Conjectur des Herrn
Herausgebers im erften Bande; fo ervveift fich die Ver-
muthung, dafs ad Rflumum (Nr. 1837) ad Rhemau fluuium
bedeute, als richtig, und gleichzeitig wird diefe Angabe
genauer beftimmt: nach Rheinpfalz; Germer (Nr. 1809),
im erften Bande mit einem Fragezeichen verfehen, ergiebt
fich als Germar (Goermar) bei Mühlhaufen in Thür.;
„vocirt in die Marek" (Nr. 1838) wird uns genauer angegeben
als: nach Curtfchau (Kurtfchow b. Kroffen);
das dunkele „gen der Sitte" (Nr. 1844) wird zu Witchen-
dorf (Wittgendorf b. Hirfchfelde); Duerftet (Nr. 1836)
berichtigt fich uns zu Ilferftet (Ilberftedt in Anhalt);
bemerkt fei zu diefen Notizen noch, dafs durch die
Freundlichkeit eines Mitgliedes des Prediger-Seminars
auf der Erichsburg das bei meiner Befprechung des erften
Bandes mir dunkele Boetzenn (Nr. 1253) mir — zweifellos
richtig — gedeutet ift als das heutige Kirchboitzen
(Infp. Walsrode). Im zweiten Bande erklärt fich uns
durch Eber's Aufzeichnungen beifpielsweife gleich das
zweite Wort im Ortsregifter Abietanus (Nr. 70) als: aus
Tannen (Tanna b. Schleiz); Albifontanus (Nr. 636) bedeutet
: aus Weifsenborn (Kgr. Sachfen); Arenhauenfis
(Nr. 66): aus Arntshain b. Kirchhain (Prov. Brandenburg);
Berulftadia (Nr. 346) ift Bernftadt (Prov. Schlehen); Elgoth,
das eine Meile davon liegen foll, fcheint übrigens heute
kein Pfarrort mehr zu fein; Bioldorp (Nr. 326) erklärt
fich uns als Biölberup (richtiger: Biolderup b. Tinglef)
in Schleswig u. a. m.1). So ift es dankbarft zu begrüfsen,
dafs der Herr Herausgeber auch das Eber'fche Ordinir-
tenverzeichnifs uns zugänglich gemacht hat.

Intereffant an diefem find auch die Bemerkungen
über die Fähigkeiten der Ordinirten, die uns zugleich
zeigen, dafs man keinen zur Ordination zugelaffen hat,
den man nicht vorher einer Prüfung unterzogen hätte,
ja Eintrag Nr. 120 (S. XIV) verräth uns, dafs es auch
damals fchon Examensnöthe gegeben hat: Petrus Urfinus
aus Biem b. Magdeburg hat es fich gewifs nicht träumen
laffen, dafs fein tinnitus aurium impediens auditum,
worüber er beim Examen klagte und der ihm die Cenfur
medioeriter respondit eintrug, verewigt werden würde. Endlich
läfst fich nach den Aufzeichnungen Eber's die Zahl der
Ordinirten vervollftändigen: S. VI, XIV, XX und XXIV
finden wir je eine, S. VIII zwei Eintragungen vergeffen.

Höchft dankenswerth ift die überfichtliche Darfteilung
der auf jedes Jahr entfallenden Anzahl der Ordinationen
(S. II), die mit dem Jahre 1537 beginnend bis zum Jahre
1816 — am 2. April 1816 war die letzte Ordination an
der altehrwürdigen Stätte — fortgefetzt ift. Die Ausführungen
Buchwald's erklären die erft allmähliche, aber
bald fehr bedeutende Verminderung der Wittenberger
Ordinationen. Zum Schlufs fei noch darauf hingewiefen,
dafs Buchwald S. III für eins der nächften Hefte der
Theol. Studien und Kritiken den Nachweis verfpricht,
dafs fchon feit dem 20. October 1535 Ordinationen in
Wittenberg ftattfanden, und dafs er ebenda auch Aufklärung
über die, wie fich nunmehr durch das noch vorliegende
Ordinations-Zeugnifs herausftellt, nicht eingetragene
Ordination des Benedikt Schumann geben wird,
die bekanntlich in Luther's Tifchreden (vgl. bei Förfte-
mann, 2. Abth. S. 383) erwähnt wird, und aus deren
Fehlen im Ordinirtenbuch Rietfchel (Luther und die
Ordination. Wittenberg 1883. S. 28) auf die nicht unbedingte
Zuverläffigkeit der Tifchreden glaubte fchliefsen
zu follen.

Möge die Publication diefes zweiten Bandes des
Ordinirtenbuches der Kirchen-, Schul- und Culturge-
fchichte reichen Gewinn und zu localgefchichtlichen
Studien mannigfache Anregung bringen!

Markoldendorf (Hann.) Ferdinand Cohrs.

1) Aufgefallen ift mir, dafs Nr. 62 Bernoenlis im Text (S. 3) und
Bernouenfis im Regifter (S. 2071 fteht; hätten nicht vielleicht Bernau
(Nr. 813), Bernoenlis (Nr. 62) und Bernow (Nr. 1065) im Regifter unter
erfterem Stichwort zufammengezogen werden dürfen?

Gothein, Eberh., Ignatius von Loyola und die Gegenreformation.

Halle, Niemeyer, 1895. (XII, 795 S. gr. 8.) M. 15. —

Eine frühere Schrift des Verfaffers über Ignatius
von Loyola, die in den Schriften des Vereins für Refor-
mationsgefchichte gedruckt ift, gehört zu den beften
kleineren Behandlungen des Gegenftandes. Die vorliegende
gröfsere Arbeit darf unbedenklich als die befte
Monographie über Ignatius und als einer der werthvollften
Beiträge zur Gefchichte der Gegenreformation bezeichnet
werden.

Der Verfaffer fpricht in der Vorrede die Befürchtung
aus, er werde mehr eigentliche Theologie in die Dar-
ftellung hineinziehen müffen, als dem Hiftoriker lieb fein
werde, während der Theologe vielleicht noch mehr
wünfehen werde. Ich glaube, Hiftoriker und Theologen
fchulden ihm Dank für die ebenfo klare und anfehau-
liche, wie gründliche und belehrende Weife, wie die
theologifche Seite des Gegenftandes behandelt ift. Es
mag gleich hier befonders erwähnt werden, dafs das Buch
in confeffioneller Hinficht durchaus objectiv gehalten ift,
und dafs der in clericalen Blättern erhobene Vorwurf
einer antikatholifchen Darfteilung nur eben beweift, wie
unmöglich es für den echten Hiftoriker ift, den Forderungen
der modernen clericalen Tendenzfchriftftellerei
gerecht zu werden. Gothein hat fich felbft in einem
fehr fchönen Artikel in der Kölnifchen Zeitung Nr. 10
vom 4. Januar vertheidigt.

Aufser dem gedruckten Quellenmaterial, auch den
in neuefter Zeit gedruckten Briefen von Ignatius und
Faber, hat Gothein auch ungedrucktes Material in den
Archiven von München, Köln, Paris, Venedig und Florenz
benutzt. Seine Darfteilung ift aber namentlich dadurch
werthvoll geworden, dafs gründlich auf die Zeit und die
Umgebung, in der Ignatius gelebt hat, eingegangen wurde.
Man kann vielleicht fagen, dafs Gothein in diefer Hinficht
den Rahmen etwas weiter gefpannt habe, als ftrenge
genommen nöthig war. Aber auch die Stellen, wo er
von Perfonen oder Dingen fpricht, die nicht in engem
Zufammenhange mit Ignatius ftehen, find fo belehrend
und intereffant, dafs man fie ungern vermiffen möchte.
Ich nenne beifpielsweife die Stellen, die von Raimundus
Lullus (S. 25) und Philippus Neri (S. 198) handeln.
Ueber Raimundus Lullus, den Gothein S. 25 als ,das
bedeutendfte Talent und die originellfte Perfönlichkeit
bezeichnet, welche das chriftliche Spanien im Mittelalter
überhaupt hervorgebracht hat', und den er als den
Ignatius Loyola des Mittelalters bezeichnet, hat der Verfaffer
eine behendere Abhandlung in Ausficht geftellt.

Das erfte Buch hat die Ueberfchrift ,Die Genefis der
Gegenreformation' und behandelt im 1. Capitel die reli-
giöfe Entwicklung des fpanifchen Volkes. Befonders
wichtig ift hier der Abfchnitt über die fpanifche Myftik.

Das 2. Capitel behandelt die religiöfe Bewegung in
Italien, das 3. die Herftellung des katholifch-kirchlichen
Lebens. Hier tritt Pietro Caraffa (fpäter Paul IV) in den
Mittelpunkt, von dem Gotheim S. 179 fagt: ,Seine Thätig-
keit läuft derjenigen Loyola's parallel. Man möchte
diefe beiden Männer die Brennpunkte nennen, um die
fich die Entwicklung der Gegenreformation bewegte, fo-
bald fie erft einmal ihre Ziele klar erkannt hatte'.

Das zweite Buch: .Ignatius Loyola und die Gefell-
fchaft Jefu' (S. 208) beginnt mit Capitel I: Ignatius Loyola
bis zur Beftätigung der Gefellfchaft Jefu. Hier ift auch die
Rede von der Anfeindung, die Ignatius als Alumbrado von
der bifchöflichen Inquifition in Spanien zu erdulden hatte,
dann eingehend von den Exercitien (S. 227), die Ignatius
felber als die eigentliche Erziehung der Jefuiten betrachtet
hat' (S. 243) und dem Aufenthalte in Paris.

Der Name, den Ignatius feinem Orden gab, Compania
de Jesus, ift, wie S. 284 hervorgehoben wird, nicht
,Gefellfchaft Jefu' zu überfetzen, fondern im Sinne des
Ignatius ,Fähnlein Jefu'. ,Nicht um fich als Genoffen Jefu