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Ausgabe:

1895 Nr. 3

Spalte:

83-85

Autor/Hrsg.:

Friedrich, J.

Titel/Untertitel:

Johann Adam Möhler, der Symboliker 1895

Rezensent:

Mueller, Karl

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83 Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 3. 84

Grund für diefes fonderbare Benehmen ift allerdings viel- Schatz verwahrte, was er von Möhler befafs — eine An

leicht weniger in dem alten curialen Hochmuth, als darin
zu fuchen, dafs der für den Legaten und die Curie fo peinliche
Ausgang des Frankfurter Tages alle anderen Angelegenheiten
bei den römifchen Staatsmännern in den
Hintergrund drängte. Die dort von dem kaiferlichen
Orator, dem Erzbifchof v. Lund, und den Proteftanten
getroffene Vereinbarung, dafs man eine Concordie Zwilchen
den beiden Religionsparteien verfuchen wolle, ohne
dafs dabei des Papftes Erwähnung gefchah, traf den
ftolzen und ehrgeizigen Legaten wie ein Donnerfchlag.
Hatte er fich auch bei feinem Aufbruch nach Deutfch-
land die Schwierigkeiten feiner Miffion, die Deutfchen
vermittels der Concordie zur römifchen Kirche zurückzuführen
, nicht verhehlt, einen folchen Ausgang hatte er
denn doch nicht erwartet. Mit dem Bewufstfein, dafs
feine Miffion vollftändig gefcheitert fei, kehrte er verbittert
und krank nach Italien zurück. — Dafs die Bearbeitung
der Nuntiaturberichte durch Friedensburg eine
vortreffliche fei, darüber waren alle Recenfenten der
beiden erften Bände einig. Der 3. und 4. Bd. ftehen den
beiden erften Bänden nicht nach. An der Wiedergabe

zahl Briefe, eine ganze Menge Collegienhefte über die
paulinifchen Briefe, die chriftliche Literärgefchichte und die
gefammte Kirchengefchichte'. Diefen Nachlafs hat Friedrich
aus chaotifchem Zuftand heraus geordnet und ftudirt.
Er giebt ihm die Möglichkeit, das Leben Möhlers zu
ergänzen und feine wiffenfchaftliche Stellung genauer zu
bezeichnen.

In dem Beitrag zu Möhler's Leben erfahren wir
zunächft, wie Möhler's .Einheit der Kirche' 1825, von
der Fr. jetzt den intereffanten erften Entwurf der Vorrede
mittheilt, auf Döllinger wirkte. Sie wurde der An-
lafs, dafs Döllinger nun 10 Jahre lang die Abficht feft-
hielt, Möhler nach München zu bringen, obwohl er —
feit 1827 Ordinarius — noch nicht zur .inneren' Facultät
gehörte, die allein die Gefchäfte führte. Er wendet fich
erft an Sailer, der bei König Ludwig entfcheidenden Ein-
flufs auf die Befetzung der Facultäten hatte, fchilderte
ihm die troftlofe Lage der Facultät, verlangte einen NT-
lichen Theologen und fchlug dafür Klee oder Möhler
vor. Allein Sailer verfuchte es nur mit Klee und der
lehnte ab. — Mit 1829 beginnen die perfönlichen Be-

der Depefchen in extenso hat Friedensburg auch in den Ziehungen zwifchen M. und D., dadurch veranlafst, dafs
vorliegenden Bänden feftgehalten. Die dagegen geäufser- | M. Döllinger's Fortfetzung von Hortleder's KG. befprach

ten Bedenken, die am nachdrücklichften von Baumgarten
geltend gemacht wurden, fucht er in dem Vor wort zu
entkräften. Referent hegt indefs Zweifel, ob er viele
durch die von ihm vorgebrachten Gründe überzeugen
wird. Referent für feine Perfon ift der Anficht, dafs auch
in diefen beiden Bänden Manches zum Vortheil des
Ganzen hätte gekürzt werden können. — Verfehen und
Druckfehler finden fich fehr wenig. Referent hat in diefer
Beziehung folgendes angemerkt: Bd. III. S. 96 Z. 28 lies
,difficidtates' ftatt ,difficultes' S. 238 Z. 17 lies ,Nov. 7'
fiatt ,Oct. 7'. Bd. IV. S. 21 Z. 38 lies ,447' ftatt ,417';
S. 71 Z. 17 lies Jacturum' ftatt futurum'; S. 73 Z. 19 lies
,hortamur' ftatt ,ohrtamur'; S. 75 Z. 31 lies ,pace' ftatt
,place'; S. 81 Z. 14 ift nach ,sedl einzufügen ,quod'; S. 162
Anm. 4 ift unter den Werken, in denen fich die dort angeführte
Inftruction findet, auch zu nennen: Baumgarten,
Gefch. Karls V. Bd. 3 Anh. S. 243 Z. 20 lies ,264' ftatt
,265'; S. 257 Z. 14 lies ,re' ftatt ,res'; S. 258 Anm. I:
Unter dem von Aleander genannten Neumarkt ift nicht
das zwifchen Wels und Paffau liegende Städtchen genieint
, fondern Neumarkt an der Ips. S. 287 Z. 27 lies
fdtvitem' für dwitunf; S. 288 Z. IO wird hinter ,convivio'
,/uisse' einzufügen fein. S. 291 Z. 17 lies ,possent ftatt
,posset'; S. 293 Z. 24 lies ,cogitabundum' ftatt ,cogäabandum';
S. 312 Z. 1 lies ,proceriores' ftatt froceriones'; S. 351 Z. 17
lies ,/ossae' ftatt fossa'; S. 371 Z. 12 lies ,genera' ftatt
^eueres'; ebenda Z. 24 ift ,non' am Ende zu ftreichen.
S. 381 Z. 11 lies dnteremerunt1 ftatt jntertenerunf; S. 438
Z. 1 lies ,abstinuisse' ftatt ,obstinuissd. S. 453 Z. 9 ift nach
,pour' etwas ausgefallen; die Stelle ift nach Bd. III S. 205
Z. 22 wahrfcheinlich zu ergänzen ,pour reduire /es devoyez
et leur complaire1, etc. S. 459 Z. 5 lies ,me fauldray' ftatt
,ne fauldray'. S. 474 Anm. 3 Z. 35 lies ,27' ftatt ,28';
S. 551 Z. 7 ift ftatt ,nostri' wohl ptoster1 zu lefen. S. 552
Z. 23 lies dmpendet' ftatt dmpendit'; S. 574 Z. 9 lies Jitpre*
ftatt dictord'.

Weimar. H. Virck.

Friedrich, J., Johann Adam Möhler, der Symboliker. Ein

Beitrag zu feinem Leben und feiner Lehre aus feinen
eigenen und anderen ungedruckten Papieren. München,
Beck, 1894. (V, 139 S. 8.) M. 2.—

Wenn ich richtig vermuthe, liegt hier ein N^ben-
product vor, das fich bei einer Biographie Döllinger's
ergeben hat, die wir von Friedrich erhoffen dürfen. Die
Quellen, nach denen die Schrift gearbeitet ift, Hammen
aus dem Nachlafs Döllinger's, der ,wie einen heiligen

und die Jefuiten zu günftig, die Janfeniften zu ungünftig
charakterifirt fand. Einige weitere Briefe Möhler's zeigen,
dafs damit ein Verhältnifs des Vertrauens, der Mittheilung
und des gegenfeitigen Einfluffes zwifchen den
beiden Männern begründet war, das fie nicht mehr von
einander liefs. Herbft 1834 fuchte Möhler den Freund zum
erften Mal in München auf und ein Brief von ihm zeigt
uns, wie er fich dort von Döllinger's Perfon und Freundeskreis
wohlthätig berührt, geftärkt und beglückt fühlte in
einer Zeit, da es ihm in der proteftantifchen Luft Tübingens
und unter den Wirkungen feines literarifchen Streits mit
Baur immer weniger wohl zuMuthe war. Am wichtigften
aber war, dafs es damals Döllinger wirklich gelang, die
Berufung Möhler's in den entfcheidenden Kreifen vorzubereiten
. Der Umweg, den man dafür zu wählen gedachte
, wurde unnöthig, da inzwifchen Allioli die Facultät
verliefs und Döllinger nun in der inneren Facultät
fafs. Ringseis, damals Rector, fchrieb an den König.
Anfangs 1835 wurden die Verhandlungen begonnen und
nach neuen Zwifchenfällen im März beendigt. Es ift
merkwürdig, wie Möhler eilt. Der Boden Tübingens
brennt ihm unter den Füfsen: er wartet nicht einmal
die Ernennung ab. Zwifchen hinein fällt eine andere
Epifode, die Friedrich nun authentifch darftellen kann.
Schon 1830 hatte das preufsifche Minifterium, von deffen
Räthen Schmedding Döllinger und Möhler perfönlich
aufgefucht hatte, die Bonner Facultät nach Ritter's Abgang
auch über die beiden Gröfsen des neuen Katho-
licismus befragt. Hermes und Achterfeld hatten fich
aber gegen fie ausgefprochen und auf eine ablehnende
Aeufserung Erzbifchof Spiegel's über Möhler und König
Ludwig's über Döllinger berufen. Auf Döllinger ift man
in Folge deffen inPreufsen nicht wieder zurückgekommen.
Dagegen hat man mit Möhler einen neuen Verfuch für
Bonn gemacht. Aber diefe Epifode ift von Garns wie
Kinn in ihren Erinnerungen an M. ganz ungenau dar-
geftellt. Denn es zeigt fich jetzt aus M.'s Briefen felbft,
dafs die Berufung nicht an dem Widerftand des Erzbifchofs
Spiegel fcheiterte, während Möhler felbft gern gegangen
wäre, fondern dafs M. Anfangs 1835, alfo zur felben Zeit,
da es mit München ernft wurde, von Altenftein wirklich
berufen wurde ,mit prächtigen Anerbietungen', aber auch
mit der Forderung, über beftimmte Gegenftände, d. h.
ohne Zweifel die bymbolik, in künftigen Schriften nicht
mehr zu handeln. Möhler felbft hat gar nicht daran
gedacht, diefem Ruf zu folgen und ,in ein fchön ge-
fchmucktes Gefängnifs zu gehen. Lieber gut katholifch.es
bayrifches Bier, als den älteften preufsifchen Rheinwein
und feinen Nachbar, den Neckarwein, dazu gerechnet'.