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Ausgabe:

1895

Spalte:

65-67

Autor/Hrsg.:

Kuenen, Abrah.

Titel/Untertitel:

Gesammelte Abhandlungen zur biblischen Wissenschaft 1895

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Kiel.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

Nu 3. 2. Februar 1895. 20. Jahrgang.

Bovon, Theologie du Nouveau Testament, T.II: ! Fie,r,ric!1T' J°^n" Adatn M°hler der Sym-
L'enseignement des apotres (Derf.). | bollker (Karl Mi"ler).

Kuenen. Gefammelte Abhandlungen zur bibli-
fchen Wi(Tenfchaft (Schürer).

Stentzel, Weltfchöpfung, Sintfluth und Gott ! ancigucuicui ura apuuca ^"'.j. I 1. rsl»_jjr j u um- 1.

(Siegfried) Mirfat, Die Publiciftik im Zeitalter Gregors VII 1 Schultz, Herrn Grundnfs der chnfthchen

Greef, Die Feile der Hebräer in ihrer Be- | (Karl Müller). | Apologetik (Lobilem).

Ziehung auf die modernen kritifchen Hype- : Burdach, Vom Mittelalter zur Reformation, N u^lu^rfL. lnnerh*lb der Grenzen d«
thefen über den Pentateuch (Siegfried). I. Heft (Karl Müller). Humanität (Lobftein).

JÜ,cCu-er Ein,eitUDg in das Neue Teftament j Nuntiaturberichte aus Deutfchland, ,. Abth. i ^mtZfnr^/' nv G"adenlehre und die
(Schurer). Bd Legation Aleanders 1538—1539, „ , ^gTj }

Fulhquet, La pensee rehgieuse dans le Nouveau bearb von Friedensburg (Virck) ' Macdonald, Religion and Myth (Clemen).

Testament (Lobftein). " s I Hort, The way, the tnith, the life (Clemen).

Kuenen, weil. Prof. Dr. Abrah., Gesammelte Abhandlungen
zur biblischen Wissenschaft. Aus dem Holländifchen
überfetzt von K. Budde. Mit Bildnis und Schriften-
verzeichnifs. Freiburg i/B., J. C. B. Mohr, 1894. (XIV,
511 S. gr. 8.) M. 12.—

Das Verdienft, diefe Sammlung angeregt zu haben,
gebührt dem Verleger. In der Charakteriftik von Kuenen's
wiffenfehaftlichen Leiftungen, welche Budde in der Theol.
Literaturzeitung 1893 Nr. 15 gegeben hat, hat derfelbe
fein Bedauern darüber ausgefprochen, dafs gerade feine
Einzelarbeiten, in welchen feine Vorzüge am ftärkften
hervortreten, ,nicht in Ueberfetzungen vorliegen und
auch fchwerlich welche finden werden' (col. 371). Diefe
Bemerkung veranlafste den rührigen Inhaber der Mohr-
fche.il Buchhandlung, fich an Budde zu wenden mit dem
Anerbieten, eine Sammlung von Auflatzen Kuenen's in
deutfeher Ueberfetzung in Verlag zu nehmen. So ift
diefe Sammlung entftanden. Die Arbeit der Ueberfetzung
hat Budde felbft übernommen, wie auch die Auswahl
von ihm getroffen wurde. Die letztere wird man als eine
zweckmäfsige zu bezeichnen haben. Selbftverftändlich
waren die gröfseren Werke Kuenen's auszufchliefsen.
Aber auch von den zahlreichen Auffätzen in Sammelwerken
und Zeitfchriften find mit Recht nur die bedeutenderen
, auch für deutfehe Lefer wichtigen aufgenommen
worden. Das Princip der Auswahl ergiebt fich aus folgender
Inhaltsüberficht.

An der Spitze Ifeht ein Auffatz über .Kritifche
Methode' (S. 3—46), welcher bisher nur in englifcher
Ueberfetzung in The Modern Reviezv 1880 gedruckt war.
Budde konnte für die deutfehe Ueberfetzung das von
Kuenen's Familie ihm zur Verfügung geftellte holländifche
üriginalmanufcript benützen. Der Auffatz ift nicht nur
für die Gegner der biblifchen Kritik, fondern auch für
diejenigen Anhänger derfelben, welche beliebige fubjective
Einfälle für ,Kritik' halten, in hohem Mafse beherzigens-
werth. Kuenen zeigt, dafs hiftorifche .Kritik' eine Kunft
fei, die gelernt fein will, eine ebenfo fchwierige wie für
die Erkenntnifs der hiftorifchen Wahrheit unentbehrliche
Kunft. Und wie meifterhaft hat er fie felbft ausgeübt!
Die Leetüre der hier zufammengeftellten Abhandlungen
gewährt einen eigenthümlichen Genufs. Ueberall echt
holländifche Nüchternheit und Umftändlichkeit; aber zugleich
eine Sicherheit in der Verfolgung des wiffenfehaftlichen
Zieles, die in dem Lefer das wohlthuende Gefühl
erweckt, dafs er diefem Führer fich vertrauensvoll über-
laffen könne. Keine Möglichkeit bleibt unerwogen, keine
auch noch fo unbedeutende Notiz, die als Bauftein zum
Gefüge des Ganzen dienen könnte, wird überfehen.

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Den eigentlichen Kern der Sammlung bilden die
fechs Abhandlungen aus den Verslagen e?i Mededeelingen
der Koninklijke Akademie v in Wetenschappen, Afdeeling
Letterkunde, Amsterdam. Sie erftrecken fich über einen
Zeitraum von 25 Jahren (1866—1890), fomit über die
ganze Blüthezeit von Kuenen's wiffenfehaftlichem Schaffen.
In ihrem Charakter find fie alle fich felbft gleich. Die
erfte ift die ,Ueber die Zufammenfetzung des San-
hedrin' 1866 (S. 49—81), deren Refultate zwar auch in
Deutfchland allgemeiner bekannt geworden find, die aber
felbft wohl nur Wenigen zu Geficht gekommen ift.
I Möchten jetzt noch recht Viele an ihrer ficheren und
überzeugenden Beweisführung fich erfreuen. — Aus dem
J. 1873 flammt die Abhandlung über ,den Stammbaum
des maforetifchen Textes desAlten Teftamentes'
(S. 82—124), welche an der Hand der biblifchen Chronologie
zu zeigen fucht, dafs die Schriftfteller des erften
chriftlichen Jahrhunderts (IV Efra, Jofephus, Affumptio
Mofis, Buch der Jubiläen) hinfichtlich ihrer Zahlenangaben,
trotz ihrer gegenfeitigen Abweichung, fo beftimmt auf
unferen maforethifchen Text zurückweifen, dafs alle
Zweifel an feinem damaligen Vorhandenfein abgefchnitten
zu fein fcheinen (S. Ii8); zugleich aber, dafs der mafo-
rethifche Text nicht auf eine beliebige corrumpirte Hand-
fchrift zurückgehe, welche zufällig die Norm der fpäteren
geworden fei, fondern auf einer verftändigen und glücklichen
Auswahl aus dem vorhandenen Material beruhe
(S. 118ff.). — Von der dritten Abhandlung ,Ueber die
Männer der grofsen Synagoge' 1876 (S. 125—160)
gilt dasfelbe wie von der verwandten über die Zufammenfetzung
des Sanhedrin. — In die Gefchichte der Exegefe
führt uns der Auffatz ,Hugo Grotius als Ausleger
des Alten Teftaments' 1883 (S. 161—185), ein Mufter
objectiver Würdigung, von falfchem Lob und Tadel gleich
entfernt. — Ein fchwieriges Problem der ifraelitifchen
Religionsgefchichte behandelt ,Die Melecheth des
Himmels' in C. 7 und 44 des Buches Jeremia (S. 186 —
211, vom J. 1888). Kuenen fucht hier namentlich gegen
Stade zu zeigen, dafs an den angeführten Stellen ein
einzelnes Geftirn, wahrfcheinlich der Planet Venus gemeint
fei. — Die letzte der fechs Abhandlungen betrifft
,Die Chronologie des perfifchen Zeitalters der
jüdifchen Gefchichte', 1890 (S. 212—251), welche fich
mit den von einzelnen Neueren hinfichtlich der Zeit Seru-
babel's und Efra's aufgeftellten kühnen Hypothefen be-
fchäftigtund ihnen gegenüber die herkömmlichen Anfatze
vertheidigt.

Während diefe eingehenden Specialunterfuchungen
in den Verslagen en Mededeelingen aus verfchiedenen
Perioden von Kuenen's wiffenfehaftlicher Thätigkeit her-

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