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Ausgabe:

1895 Nr. 24

Spalte:

613-616

Autor/Hrsg.:

Anecdota Oxoniensia. Texts, documents

Titel/Untertitel:

and extracts chiefly from manuscripts in the Bodleian and other Oxford libraries. Semitic series. Part 8 1895

Rezensent:

Praetorius, F.

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Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 24.

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gifchen Wiffenfchaften entworfen worden, bald aber auch I
in 3 Auflagen als Sonderabdruck in beinahe 8000 Exem- |
plaren verbreitet. Diefer Erfolg ift wohl an fich bereits j
ein Zeugnifs für ihre Brauchbarkeit und fchliefst zugleich
ein beifälliges Urtheil der theologifchen Lehrer in fich, j
denn ohne ein folches würden die Theologiefludirenden,
unter denen wir doch wohl vorzugsweise die Käufer
diefes Compendiums zu fuchen haben, dem letzteren
fchwerlich eine folche Aufnahme bereitet haben. — Für
diefe Lefer ift auch in diefer 4. Auflage in befonders
dankenswerther Weife dafür geforgt worden, dafs fie
vor Allem, bevor es an die kritifche Analyfe geht, mit
dem Inhalte der betreffenden Bücher des A.T.'s in über-
fichtlicher Weife vertraut gemacht werden. Die Kritik
felbft ift von dem Verf. in durchaus objectiver Weife
behandelt worden. Obwohl er felbft in manchen Fragen
auf einem ganz andern Standpunkt fleht, hat er doch
namentlich bei der Pentateuchkritik in ganz eingehender
Art ein genaues Bild der Graf-Wellhaufen'fchcn Hypo-
thefe und ihrer Begründung gegeben. Damit ift er nun,
freilich ohne es zu beabfichtigen, nicht nur zu einem
alles Dankes werthen Verbreiter, fondern auch Ver-
theidiger derfelben geworden. Denn, wenn er es für
nöthig hält, die Studirenden in fo gründlicher Weife mit
ihr vertraut zu machen, fo mufs er fie jedenfalls für eine
fehr gut fundamentirte halten, wie es denn auch nach
Vorwort S. III wenigftens den Anfchein hat, als fei er
davon, ihr felbft völlig beizutreten, nur durch den Glauben !
an ,Wunder und Weisfagungen' abgehalten. Er unter-
fcheidet ,bezweifelbare Traditionen' und ,das für unfern
Glauben wirklich Bedeutfame'. Da er aber felbft das
Zeugnifs des N.T.'s für die Mofaicität des Pentateuchs
(S. 24) preisgiebt, fo fehen wir nicht, was fonft der Glaube
gegen die Graffche Hypothefe einzuwenden haben
fohte. — Bei der Literatur find uns einige Defecte aufgefallen
. Auf die Kritik des Bundesbuchs und auf die
Arbeiten von Budde, Rothftein und Baentfch wird nicht
eingegangen, ebenfo fehlen zu H. die Arbeiten von
Kloftermann und Baentfch. S. 206 fehlt Böhmer's Buch
der Thora, auch die Abhandlungen von Brufton in Revue
de thiol. et plülos. haben wir vergebens gefucht. Beim
Deborahlied fehlt die Schrift von C. Niebuhr 1894.
S. 211 fehlt Reufs über den 68. Pfalm, S. 212 Budde's
Beiträge zur Erklärung des Buchs Hiob 1876, S. 168 das
corpus inscr. lieh: von Chwolfon u. a. m. Wir würden
diefe Kleinigkeiten nicht hervorgehoben haben, wenn
nicht andererfeits eine ziemliche Anzahl von werthlofeften
Arbeiten und fogar Predigten über altteftamentliche
Bücher angeführt wären. Seltfam klang es, wenn S. 34.
41. 63. 68. 69 u. a. ,Herr' K. Budde neben andern blofs
mit Namen genannten Autoren begegnete. Wir gönnen
dem verehrten Strafsburger Collegen jede Auszeichnung,
aber fo vor allen Fachgenoffen hervorgehoben zu werden,
wird er trotz feiner Tüchtigkeit felbft nicht beanfpruchen.

Jena. C. Siegfried.

Anecdota Oxoniensia. Texts, documents, and extracts chiefly
from manuscripts in the Bodleian and other Oxford
libraries. Semitic series. Part VIII. Oxford, Clarendon
Press, 1895. (4.) 12 s. 6 d.

The Ethiopic Version of the Hebrew book of Jubilees, otherwise
known among the Greeks as ij ).(7ixrj reveotg. Edited from four
manuscripts and critically revised through a continuous comparison
of the Massoretic and Samaritan texts, and the Greek, Syriac, Vulgate
and Ethiopic versions of the Pentateuch, and further emended and
restored in accordance with the Hebrew, Syriac, Greek and Latin
fragments of this book, which are here published in füll, by R. A.
Charles, M. A. (XXVIII, 183 S.)

Seitdem Dillmann im Jahre 1859 das Uber Jubilae-
oritm ,nunc nonnisi in Geec lingua conservatus1 nach den
beiden damals bekannten äthiopifchen Handfchriften

äthiopifch herausgegeben, find noch zwei andere äthiop.
Handfchriften des Buches bekannt geworden. Aufserdem
aber eine zwar längft nicht vollttändige, aber doch einen
erheblichen Bruchtheil des Buches umfaffende lateinifche
Ueberfetzung. Letzterer Umftand namentlich forderte zu
einer Neubearbeitung des äthiopifchen Textes auf, welcher
fich nunmehr Hr. R. A. Charles mit Aufwendung fichtlichen
grofsen Fleifses und fehr guter Sprachkenntnifs
unterzogen hat.

Ueber die Arbeit feines Vorgängers urtheilt Ch. (S.
XVII ff.) nicht ganz mit Recht, wie mir fcheint, ziemlich
hart; und wenn ich mich nicht täufche, fo zeigt
Ch.'s Arbeit thatfächlich die Umkehrung des Fehlers,
den er bei Dillmann rügen zu muffen glaubt. Bei Herausgabe
der äthiop. Ueberfetzung des Jubiläenbuches
konnte die Aufgabe m. E., wie in jedem ähnlichen Falle,
nur die fein, den äthiop. Text mögliclilt fo herzuftellen,
wie ihn der Ueberfetzer wirklich niedergefchrieben, mit
all den Fehlern, die er felbft verfchuldet und die er bereits
in feiner Vorlage vorfand; nur inneräthiopifche
Verderbnifse durften entfernt werden. Bei der bekannten
fchlechten Ueberlieferung der äthiop. Handfchriften würde
man diefem Ziele allerdings nur bei zahlreicherem Hand-
fchriftenmaterial einigermafsen nahekommen können;
immerhin aber bieten die äthiopifchen Handfchriften die
Grundlage zur Feftftellung der äthiop. Ueberfetzung, und
ihre Lesarten find nicht ohne guten Grund zu verlaffen.
Das aber hat Ch. m. E. zu viel gethan! Es fieht manchmal
geradezu fo aus, als habe er eine nach der latein.
Ueberfetzung, nach den Parallelftellen des Maf. Textes,
der Septuag. u. f. w. verbefferte äthiopifche Ueberfetzung
herausgeben wollen, fo fehr verläfst er zuweilen die
übereinftimmenden Lesarten der äihiop. Handfchriften.
Und wo die letzteren auseinander gehen, kommt es mir
manchmal vor, als habe er lediglich aus einer gewiffen,
vielleicht unbewufsten Abneigung gegen den Dillmann-
fchen Text die Lesarten der beiden anderen Handfchriften
bevorzugt.

Namentlich da, wo die vier äthiop. Handfchriften
nicht nur unter fich, fondern auch mit dem Lateiner
übereinftimmen, dürfte — falls nicht täufchender Zufall
mitfpielt — durch eben diefe Uebereinftimmung der
Beweis erbracht fein, dafs beide Ueberfetzungen an der
betr. Stelle richtig überliefert find, und dafs bereits die
gemeinfame griechifche Vorlage beider den entlprechen-
den Wortlaut hatte. Ich möchte es daher nicht gut
heifsen, wenn Ch. beifpielsweife Cap. 13, 21 westa medr
,auf der Erde' einfügt gegen das Zeugnifs fämmtlicher
vier äthiop. Handfchriften und des Lateiners — weil in
der Parallelftelle Gen. 13, 17 der entfprechende Ausdruck
flehe. Mag derfelbe immerhin auch im Urtexte des
Jubiläenbuches geftanden haben (was indefs keineswegs
als ficher anzunehmen), fo fehlte er aller Wahrfcheinlich-
keit nach doch fchon in der griechifchen Ueberfetzung
des Buches, die dem Aethiopen und Lateiner als Vorlage
diente. Ebenfo verhält es fich 15,26, wo das äthiop.
eska ,bis' genau mit dem latein. usque übereinftimmt, Ch.
aber gleichwohl ama ,am' verbeffert — offenbar deshalb,
weil Sept. in der Parallelftelle Gen. 17, 14 iv r« t'ifieQa
haben. Mit Unrecht fetzt der Herausgeber weiter 34,11 u.
39,14 für das von fämmtlichen Handfchriften überlieferte
mabsclan oder mabasselän ,Köche', was von der an letzterer
Stelle erhaltenen ht. Ueberfetzung (cocorum) be-
ftätigt wird, 'aqabt ,Hüter' ein, weil die Ueberfetzung des
Aethiopen und des Lateiners ein inappropriate rendering
des mafor. D^nStafi der biblifchen Parallelftellen fei. Als
ob es darauf ankäme!

Auch da, wo die äthiop. Handfchriften allein unter
fich übereinftimmen, würde ich glauben, nicht ohne Noth
nach dem Lateiner verändern zu dürfen. Wenn z. B. 16, 6
alle Handfchriften haben kaum k*ennanehä (od. k-enna-
nehömtt) lasadöm ,vvie das Gericht Sodoms', fo fehe ich
nicht, weshalb Ch. nach dem hier gerade fichtlich ver-