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Ausgabe:

1895

Spalte:

577-586

Autor/Hrsg.:

Oldenberg, Herm.

Titel/Untertitel:

Die Religion des Veda 1895

Rezensent:

Bradke, Peter

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Theologische Literaturzeitung.

Herauscecreben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schüret*, Prof. zu Göttinnen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichis'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 23. 9- November 1895. 20. Jahrgang.

Oldenberg, Die Religion des Veda (v. Bradke). SanctiApollonii Romani ActaGraecaiHarnack). , Grünberg, Philipp Jakob Spener, 1. Bd. (Eck).

Girdlestone. Deuterographs, duplicate pas- : Schultze, Archäologie der altchriftlichen Kund j Hackenfchmidt, Wie werden wir unfers Glau-

sages in the Old Testament (Rahlfs). (Achelis). bens gewifs und froh? (Lobftein).

Weifs, Die Nachfolge Chrifti und die Predigt Luther's Werke, kritifche Gefammtausgabe, 1 Nachtrag zu der Befprechung von Conybeare,

der Gegenwart (Baldensperger). 14. Bd. (Kawerau). Philo about the contemplative life.

Oldenberg. Herrn., Die Religion des Veda. Berlin, Beffer, einftimmend erhalten (S. 29 f.). Neben Varuna und Ahura
IÖQ4 (IX, 620 S. er. 8.) M. II. —; geb. M. 12. 50 und eng mit ihnen verbunden fleht der vedifche Mitra,
17 v iranilche Mithra, wahrfcheinlich ein Sonnengott; Varuna

Es find bald fünfzehn Jahr, dafs uns der Herr Verfaffer jft das Haupt von heben Aditya, Ahura Mazdä fleht,
die ausgezeichnete Darfteilung des Brahmanismus und Alles überragend, an der Spitze der heben Ameflia
Buddhismus gefchenkt hat. Seitdem hat er fich befonders Spenta. Zu den fechs anderen Amefha Spenta (,Unfterb-
dem Veda zugewandt und Ergebnifse diefer Arbeit in liehen Heiligen'), deren Namen Eigenfcnaften wie den
mehreren Abhandlungen und in einem ftattlichen Bande, j guten Sinn und die belle Gerechtigkeit bezeichnen, wird
der Prolegomena zum Rigveda enthält, veröffentlicht. In j auch Mithra nicht gezählt; hier wie fonü in Iran hat die
dem vorliegenden Buch unternimmt es Prof.Oldenberg, die i zoroaftrifche Reform eingegriffen. Varuna und die Aditya,
vedifche Religion zu fchildern. wobei er auch die Mytho- mit anderen vedifchen Gottheiten, befonders Indra ver-
logie des Veda berucklichtigt. In der Einleitung (S. glichen, erfcheinen dem Herrn Verf. wie die Götter einer
1—38) werden die Quellen befprochen, die Art der alten höher cjvihflrten Welt neben einem Barbarengott (S. 188).
Indier und der vedifchen Poefie, die culttheologifche Himmel Licht Sonne find die phyfifchen Attribute des
Profaliteratur der Brähmana und Sütra, das Verhältnis heiligen, in ruhig leuchtender Erhabenheit die Ordnungen
des Veda zum Avefia, die anfehe oder indogermanifche des Kosmos bewahrenden, fündenftrafenden Königthums
Religionsgefchichte und allgemeine oder■ ethnologtfcheRe- Gott Varuna's und der Aditya. Daneben finden fich die
ligionsvergleichung. Im Edlen Abfchnitt (S. 39-101) , g n ejner Auffaffung| nach der Mitra infonderheit
behandelt der Herr Verf. die vedifchen Gotter und Da- über Sonne und Ta& Varuna über die Nacht herrfchte.
monen im Allgemeinen im Zweiten Abfchnitt (S. Mitra-Mithra ift urfprüglich Sonnengott, alfo Varuna-
102-301) d.e einzelnen Götter und Dämonen. Voran Ahura Mondgott) mit den fünf Pianeten füllen fie die
gehen allgemeinere Erörterungen über Mythus und Cult, alte siebenzahl aus. An diefen geficherten Satz laffe
die grofsen Gotter und die niederen Dämonen Anthro- fich mit grofser Wahrfcheinlichkeit die weitere Behauptung

r,ftm,i,nh,cnin^ imH I n f*r i r m r rrt h i c m n c Vpr/innL-p nnfr unn .. ... ... ... - _ ..... _ c o

pomorphismus und Theriomorphismus, Verdunkelung und
Neubildung, Fetifch und Totemismus; ferner über die
Vielheit der Götter, die hervorragende Stellung Indra's
und Varuna's, die Vermifchung der Göttertypen, den

anreihen, dafs das indo-iranifche Volk diefe Götter von
aufsen her übernommen habe. Die Vergleichung wefl-
arifcher Gottheiten verfage völlig; fo müffen die Oftarier
den Götterkreis gefchaffen oder entlehnt haben. Diefe

vedifchen Henothe.smus' Daran fchliefst fich die Be- Stämme hatten aber bereits von Alters her einen Sonnengott
handlung der einzelnen Gottheiten Agni s (S. 102-133), und Mondgott deren Namen mit denen der Sonne und
Indra s und Sornas (S. 134-185), dann kommen Varuna | deg Mondes identifch waren. Daneben erfcheine jetzt in
Mitra und die Aditya, die Agvin, Rudra. die übrigen Mitra ein zweiter Sonnengott, in Varuna-Ahura ein Mond-
Götter und Dämonen, die Heroen; anhangsweife wird gott, deffen Naturbedeutung fchon in indo-iranifcher Zeit
das Verhältnifs der Gotter zu Gut und Böfe befprochen über ethifchen Attributen vergehen wäre- und weiter
(S. 281-301). Der Dritte Abfchnitt (S. 302—523) be- hatten wir in diefem Kreife höchfler Herren der Welt,
handelt den Cultus, der Vierte und letzte (S. 524—591) gleichfalls ihrem urfprünglichen Wefen nach unverfländ-
den Seelenglauben und Todtencult; ein kurzer Rückblick jich geworden, Götter der fünf Planeten, um welche fich
(S. 591-597) befchliefst die Darfteilung Angehängt ift das vedifche und aveflifche Volk kaum bekümmerte und
ein Excurs über Sorna und den Mond (S. 599-612), und die überdies im iranifchen Glauben zu den böfen Mächten
das Regifler (S. 613—620). ■ gerechnet wurden. Ift es da nicht wahrfcheinlich, dafs
Von Alters her fleht der Cultus im Mittelpunkt des 1 die Indo-iranier hier von einem benachbarten Volk, das
arifchen Familien- und Stammeslebens; und auch die j ihnen in der Kenntnifs des geflirnten Himmels überlegen
Lieder des Rigveda, welche den Kern der vedifchen Ueber- war, von Semiten oder etwa Akkadiern entlehnt haben —
lieferung bilden, find grofsentheils cultifchen Zwecken entlehnt als etwas vielleicht von Anfang an nur halb
gewidmet. So ift der Verfuch befonders dankenswerth, Verftandenes? Die Aditya heben fich von den übrigen
den vedifchen Cult mit einiger Ausführlichkeit im Zu- Gottheiten des vedifchen Olymps als etwas Eigenartiges
fammenhang darzuflellen; über ein Drittel des Buches und Fremdes ab. Semiten fcheinen früher als die arifchen
handelt von ihm, und rechnen wir die Befprechung des Völker zum Ernft ethifcher Lebensbetrachtung heran-
Todtencultus im Vierten Abfchnitt hinzu, fo ift's bald gereift zu fein; auch merkt der Herr Verf. an, dafs der
die Hälfte. Die feinere und tiefere religiöfe Auffaffung akkadifch-babylonifche Hymnus an den Mondgott bei
knüpft fich im Kreife der vedifchen Dichter vor Allem Sayce, Hibbert Lectures 160f., dem Ton der Varuna-
an die Verehrung Gott Varuna's. Der Herr Verf. fetzt Hymnen ganz nahe flehe.

Varuna unmittelbar dem iranifchen Ahura Mazdä gleich, Von dem akkadifch-babylonifchen Mond-Hymnus

in beiden habe fich die erhaben königliche Geftalt des j darf ich wohl abfehen. Mitra läfst fich innerhalb des

grofsen indo-iranifchen Afura bis zu kleinen Zügen über- Indo-iranifchen etymologifch recht wohl anknüpfen; und

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