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Ausgabe: | 1895 Nr. 21 |
Spalte: | 537-540 |
Autor/Hrsg.: | Papers of the American Society of Church History. Vol. 5. Report and papers of the 5th annual meeting, held in the city of Washington |
Titel/Untertitel: | Dec. 27 and 28, 1892 1895 |
Rezensent: | Eck, Samuel |
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Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 21.
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kurzen Trennung, hinüberretten wollte in die nahe be-
vorftehende Zukunft, da der in feiner vollen Herrlichkeit
offenbare Chriftus das grofse Gottesmahl mit feinen
Jüngern halten würde in feines Vaters Reich.
Beim Rückblick auf die hier berührten Beziehungen
kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dafs die
Auffaffung des Abendmahls als Paflahmahl, wie auch
die Spitta'fche Hypothefe, beide in ihrer confequenten
und reinen Durchführung, fich durch eine Einheitlichkeit
und Gefchloffenheit auszeichnen, die vielleicht den hier
angedeuteten Gefichtspunkten fehlt. Indeffen ift dies
keineswegs ein Beweis gegen die Richtigkeit der vorge-
fchlagenen Erklärung, denn fobald man alle Elemente des
ProbTems in Betracht ziehen und fich vor der einfeitigen
Betonung des einen oder anderen hüten will, ftöfst man
auf eine Mannigfaltigkeit von Gedanken, deren Anfätze
an verfchiedenen Punkten des Lebens und der Verkündigung
Jefu zerftreut vorliegen und die in diefer inhalt-
fchweren Handlung ihre Zufammenfaffung oder ihren
Abfchlufs gefunden haben.
2. Der auf der /kirchlichen Conferenz der Graffchaft
Mark und der angrenzenden Kreife' in Hagen am 8. Mai
1895 gehaltene Vortrag Jofephfon's will die ,gläubige
Gemeinde' beruhigen und ihr die Verficherung geben,
dafs fie .keine Veranlaffung hat, fich durch die Entdeckungsmanie
theologifcher Wiffenfchaft in ihrer bisherigen
Auffaffung des heiligen Abendmahls erfchüttern
zu laffen'. . . . Die hier vorgenommene Discreditirung der
kritifchen Arbeiten zeichnet fich vor manchen ähnlichen
Elaboraten durch einen anftändigen Ton aus, und die
Bosheiten des Verf.'s athmen eine gewiffe Gutmüthigkeit,
die im Vergleich mit den von vielen Zionswächtern ausgehenden
Denunciationen und Verleumdungen immerhin
wohlthuend berührt. ,Vor einiger Zeit erzählte ein Theologe
in einem unferer politifchen Tagesblätter, er habe
in der Abficht, die akademifche Laufbahn einzufchlagen,
fich an einen Profeffor der Theologie mit der Bitte um
Auskunft gewandt, welche Schritte er dazu am beften
thue. Was bekam er zur Antwort? Er müffe eine Abhandlung
oder ein Buch fchreiben, worin er eine Stelle
der heil. Schrift völlig neu erkläre, im Gegenfatz zu
allen bisherigen Erklärungen, und diefe Erklärung mit
allen Mitteln der Wiffenfchaft zu vertheidigen wiffen.
Dadurch werde man auf ihn aufmerkfam werden. Sapienti
sati Wir haben den zwei letzten Worten des Verfaffers
weiter nichts hinzuzufügen.
Strafsburg i. E. P. Lobftein.
Papers of the American Society of Church History. Vol. V.
Report and papers of the 5th annual meeting, held
in the city of Washington, Dec. 27 and 28, 1892,
edited by Rev. Samuel Macauley Jackson, M. A.
New York & London, G. P. Putnam's Sons, 1893.
(LXXXII, 143 S. gr. 8.)
Papers of the American Society of Church History. Vol. VI.
Report and papers of the annual meeting, held in
New York City, Dec. 27 and 28, 1893. Edited by
Rev. Samuel Macauley Jackson, M. A. New York,
G. P. Putnam's Sons, 1894. (XXX, 224 S. gr. 8.)
Diefe beiden Bände des Jahrbuchs der Amerikanifchen
Gefellfchaft für Kirchengefchichte bieten die Vorträge,
welche in den Sitzungen von 1892 und 1893 gehalten
und befprochen worden find. Sie führen den Lefer
wieder durch das ganze Gebiet der Kirchengefchichte.
Dem Einzelnen wird es daher kaum möglich fein, den
Werth der Beiträge gleichmäfsig zu beurtheilen. Ich begnüge
mich mit einer kurzen Inhaltsangabe und wenigen
Bemerkungen zu Arbeiten, die mein Intereffe in befon-
derer Weife angezogen haben.
In die alte Zeit führen drei Arbeiten des VI. Bandes.
Rev. Mc Giffert befpricht das Petrusevangelium
und betont dabei namentlich zwei Punkte: die Benutzung
durch Juftin, die er, unter Billigung von Harnack's Nachweifen
, durch weitere Indicien zu fichern fucht, und die
angeblich doketifchen Anfchauungen in dem Fragment,
deren Dafein er entfchieden beftreitet. Richardfon
nimmt die Frage nach dem Verhältnifs des hiftorifchen
Fauft der Reformationszeit zu den Clementinifchen
Recognitionen auf und fucht gegenüber andern Hy-
pothefen den Zufammenhang beider auf literarifchem
Wege zu fichern. Der Name, den Fauftus bei Mutianus
Rufus fich beilegt, Helmitheus, ift nach des Verf.'s Anficht
ein Unicum, das auf handfchriftlicher Corruptel in den
Recognitionen beruht. Ift das richtig, fo dürfte bei aller
fonftigen Uebereinftimmung zwifchen Fauftus junior, ma*
gus secundus, mit Fauftus, dem Schüler des Simon magus,
ein Zweifel an directer literarifcher Abhängingkeit kaum
fortbeftehen. Rev. G. F. Williams erörtert den Urfprung
der Gebete für die Todten in der alten Kirche, m. E.
mit ftarkem Preffen der Angaben Tertullian's, der freilich
in feiner montaniftifchen Periode [de monog. 10; de exh.
cast. Ii; de cor. 3] darauf Bezug nimmt, aber doch in
I einer Weife, die kein Recht giebt, ihn zum Begründer
der .häretifchen' Neuerung zu machen. Denn Tertullian's
| Argumentation fetzt vielmehr durchweg die Uebung einer
Sitte voraus. Auf frühzeitigen abergläubifchen Gebrauch
führt ja fchon I Cor. 15, 29 und für die Annahme einer
Interpolation in 2 Macc. 12, 43 ff. finde ich keinen
Grund.
Gleichfalls mit drei Beiträgen ift das Mittelalter bedacht
. Im V. Bande bietet Ph. Schaff der Gefellfchaft,
die er gegründet, einen letzten Ertrag feines unermüdlich
arbeitsreichen Lebens: einen feinen Effay über St. Thomas
von Canterbury. H. Ch. Lea, auch den Lefern
I diefer Zeitung als gründlicher Kenner des Mittelalters
bekannt (f. 188S, Nr. 23; 1890, Nr. 23; 1893, Nr. 8, dazu
Max Loffen in Döllinger's Akad. Vortr. III, 24s2), erörtert
in einer an Beobachtungen und Beziehungen überaus
reichen Abhandlung die Abfolutionsformel der
Templer. Unter den,Anklagepunkten gegen den Orden
fand fich auch der, dafs die Brüder fich von ihren Vorgefetzten
jnastcr, visitor, preceptor), alfo von Laien, ab-
folviren liefsen. Der Verf. geht nun diefer Anklage nach
in den verfchiedenen Ordensregeln (Templer, Deutfehritter
— Benedictiner, Ciftercienfer) und bringt zur Evidenz,
dafs in der unleugbaren Thatfache vielmehr ein höchft
interefianter Reft älterer Bufspraxis fich erhalten hat.
Er ift dabei genöthigt, die ganze Gefchichte der Ur-
fprünge des Bufsfacraments kurz zu berühren. Ich wage
nicht zu entfeheiden, ob es lediglich meine Unkenntnis
auf diefem Gebiete ift, die mir aus der kurzen Arbeit
ein Fülle dankenswerter Einficht vermittelt hat. In
Hafe's Polemik etwa erfährt man kaum etwas von dem
Einflufs des Mönchthums auf diefe Gefchichte. Von
Harnack (D. G. III, 289) ift derfelbe berührt und noch
entfehiedener von Loofs (3. Aufl. S. 259 f.). Aber wenn
ich dabei den Mafsftab meiner Fähigkeit, zwifchen den
Zeilen zu lefen, anlegen darf, immer noch nicht mit der
Deutlichkeit, dafs es klar hervorträte: die Entftehung
und Ausbreitung des römifchen Bufsfacramentes ift geradezu
ein Capitel aus der Gefchichte des Mönchthums
im Mittelalter. Es fcheint mir auch nicht ganz richtig,
alte und mittelalterliche Kirche durch den Gegenfatz von
Gemeindebufse und Privatbufse gegen einander abzugrenzen
. Vielmehr ift im Mönchthum eine neue Form
| von Gemeindebufse (Zuchtübung innerhalb des Mönchsvereins
) die Grundlage des Sacraments geworden. Und
nur einerfeits die Unmöglichkeit einer einfachen Ueber-
tragung mönchifcher Gemeindefitte auf die grofse Kirche
j andererfeits dennoch die Gleichftellung der Befugnifse des
I mit facramentalen Prädicaten überhäuften Priefters mit
dem facramental indifferenten Vorfteher des Mönchs-
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