Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1895

Spalte:

495-497

Autor/Hrsg.:

The Discourses of Philoxenus Bishop of Mabbôgh, A. D. 485 - 519. Vol. 1. The Syriac Text. Vol. 2. Introduction

Titel/Untertitel:

Translation, etc 1895

Rezensent:

Nestle, Eberhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

495 Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. ig. 496

Recht, epiktetifche Gedanken, die fich nicht aus der j harren. Hier nun zählt Budge S. XLVIII—LXVI nach
Ueberlieferung der Schule und Epiktet's eigenen Lehr- den fyrifchen Hdff. von London, Paris, Rom und Ox-
fätzen ableiten laffen, dagegen mit Chriftlichem lieh nahe ford 80 Arbeiten des Philoxenus auf — darunter, um

berühren, aus dem N.T. abzuleiten, ift an und für fich
gefährlich, weil die trümmerhafte Ueberlieterung der
älteren ftoifchen Literatur dabei ganz vergeffen wird,
doppelt gefährlich, wenn eine fo völlig unzureichende
Kenntnifs der kynifchen und ftoifchen Literatur, wie Zahn
fie befitzt, den Mafsftab abgeben foll. Manche fprach-
liche Berührungen des Epiktet mit dem N.T. rühren
daher, dafs die ftoifch-kynifche Diatribe ihre Sprache
wie die neuteftamentlichen Schriftfteller aus dem Vulgär-
griechifch bereichert hat. Manche Verwandtfchaft zwi-
fchen Ideen der Stoa und des Chriftenthums erklärt fich
wohl daraus, dafs aus ähnlichen Grundfätzen, Stimmungen
und Culturverhältnifsen fich verwandte Gedanken unabhängig
von einander entwickeln. So konnte noch der
Vergleich mit den Kindern D. I 29, 31 mit Matth. II, 16,
die ftrenge Verurtheilung des lüfternen Blickes D. II 18, 15
mit Matth. 5, 28 zufammengeftellt werden. Vielleicht
bleibt aber doch noch dies Verhältnifs des Stoicismus
ein Problem, deffen Löfung in einer von Zahn freilich
im allgemeinen S. 6 verdammten Richtung zu fuchen ift.
Lange bevor die chriftlichen Apoftel und Wanderprediger
die Heilsbotfchaft durch die Welt trugen, waren ihnen
die philofophifchen Prediger vorausgezogen, hatten nicht
nur die geiftige Atmofphäre der gebildeten Welt mit

nur dies eine zu nennen: ,über die Citate des Paulus
aus exoterifchen und anonymen Schriften' — nebft ihren
Ueberfetzungen ins Aethiopifche und Arabifche, und
giebt uns Text und Ueberfetzung von 13 erbaulichen
Abhandlungen, in welchen das chriftliche Leben fyfte-
matifch behandelt wird (Grundlegung, 1—3 Glaube,

4. 5 Einfalt, 6. 7 Gottesfurcht, 8. 9 Armuth, 10 Fleifches-
luft, 11 Enthaltfamkeit, 12. 13 Unfittlichkeit). Die ausführliche
Einleitung erörtert das Leben und den Glauben
des Philoxenus und giebt theils mit, theils ohne Ueberfetzung
noch weitere Proben feiner fchriftftellerifchen
Thätigkeit: Antwort eines Mannes, wenn er nach feinem
Glauben gefragt wird S. XCVI; Glaubensbekenntnifs

5. XCVIII; gegen diejenigen, welche unfern Herrn zer-
reifsen S. C; 12 Capitel gegen diejenigen, welche zwei
Naturen in Chriftus behaupten und eine Perfon S. CIV;
gegen jeden NeftorianerS.CXX; gegen Neftorius S. CXXIII;
über die Härefien S. CXXXVI, beginnend mit Math,
Marcion, Neftorius, übergehend zu Valentinus und Bar-
daifan (nicht Lantinos = Leontius, wie p. XLV gemeint
ift); Apollinaris, der die Incarnation avotjrmq lehrte
(nicht ,in an ignorant manner1, ebenda) und Eunomius:
Diodor, Theodor u. f. w. Wenn Wellhaufen unlängft
fchrieb, dafs man die Reden Jefu ohne Kenntnifs des

ihrer Moral erfüllt, fondern auch in weiteren Kreifen das Syrifchen nicht wiffenfehaftlich behandeln könne, fo gilt
Bedürfnifs einer tieferen Weltanfchauung geweckt und beinahe Gleiches von der Kirchen- und Dogmengefchichte,
einen lebendigen Austaufch fittlicher Ideen bewirkt, deffen 1 zumal hinfichtlich der chriftologifchen Streitigkeiten. Dafs

Folgen wir überall in der griechifchen und römifchen
Literatur fpüren, deffen geheime Wege fich der Er-
kenntnifs entziehen. Von ihnen haben die chriftlichen
Wanderprediger nachweislich vielfach die äufseren Formen
ihres Auftretens entlehnt. Nach den neueren Forfchungen
über die philofophifche Diatribe darf man aber auch

man in Antiochien einen Papagei das Trisagion mit der
Wendung lehrte o öravQcoHsic 61 mi'iq und dann ein fy-
rifches Gedicht von 2136 Zeilen über denfelben machte
(f. Ifaac Ant. I, 84 — 175), fpricht Bände. Oder dafs man
die Zweinaturenlehre, das itovyyvriog aTgeirziog etc. mit
rother und fchwarzer Tinte darfteilte, wie es Ref. vor

ohne Scheu die Frage aufwerfen, ob nicht fchon die j 20 Jahren in einer fyrifchen Handfchrift im Britifchen
urchriftliche Literatur in Stilformen, Ideen und namentlich 1 Muleum fah — nicht Jefus, menfehliche Natur, fchwarz;
Vergleichen von diefer Gedankenrichtung einen Einflufs Chriftus, göttliche Natur, rot = Neftorianismus, auch

erfahren hat, der gar nicht einmal literarifch vermittelt
zu fein braucht. Man wird die Frage mit Erfolg unter-
fuchen können, ohne darum in Bruno Bauer's Irrwege
zu gerathen.

Berlin. Wendland.

The Discourses of Philoxenus Bishop of Mabbögh, A. D.
485—519. Edited from Syriac Manscripts of the
sixth and seventh centuries, in the British Museum,
with an English Translation by E. A. Wallis Budge,
Litt. D., F. S. A. etc. Published under the Direction
of the Royal Society of Literature of the United
Kingdom. Vol. I. The Syriac Text. London,
Asher & Co. Keine Jahreszahl. (VI, [I], 625 S.)
4 Faksimiles. Vol. II. Introduction, Translation, etc.
1894. (CXCII, 597 S. 8.) In Halbkalbleder 42 s.

Zwei prachtvolle Bändeder erfte nur denen von
Werth, die Syrifch können, der zweite allen Dogmen-
und Kirchenhiftorikern zu empfehlen; ob er einzeln abgegeben
wird, weifs Ref. nicht. In der PRE2 11, 653,
655 hat Philoxenus einen Artikel von Gafs bekommen,
in welchem nach Affemani die lateinifchen Titel von 9
feiner Schriften aufgezählt find; in Harnack's Dogmengefchichte
wird er einigemal genannt, II, 391 mit der
Bemerkung, dafs die Werke diefes Mannes, den man
jüngft den beften fyrifchen Stiliften genannt habe, bisher
ganz vernachläffigt feien und noch des Herausgebers

1) Dafs auf dem Titelblatt des erften Bandes die Jahreszahl fehlt
und ein Komma zu viel, bezw. auf dem zweiten eines zu wenig fleht
(hinter centuries), fällt bei der trefflichen Ausftattung (Drugulins
Druckerei) auf.

nicht roth und fchwarz in einer häfslichen Mifchung, oder
eins vom andern überdeckt etc., zeigt, wie die chriftologifchen
Fragen nirgends lebhafter erörtert wurden, als
auf dem Boden diefer fyrifchen Kirchen. Ohne Berück-
fichtigung der fyrifchen Literatur ift ein voller Einblick
in die Gefchichte des chriftologifchen Dogmas unmöglich.
Ref. hat nicht weiter hierauf einzugehen; auch nicht auf
den Werth, den diefe Veröffentlichung für die Gefchichte
der homiletifchen und ascetifchen Literatur hat. Er hat
nur noch zu bemerken, dafs die Ueberfetzung, foweit er
fie geprüft hat, im allgemeinen correct ift, dafs fie aber,
wie fchon die oben angeführten Beifpiele zeigen, von
einzelnen Irrthümern nicht frei ift. Um folche Texte
überfetzen zu können, mufs man philologifche und
theologifche Kenntnifse verbinden und bis aufs einzelfte
genau fein. In der Theologie fcheint Budge nicht
ebenfo zu Haufe wie in den orientalifchen Sprachen.
Ein anderes Beifpiel. S. XXXI überfetzt er das Glaubensbekenntnifs
des Philoxenus. Da lautet ein Satz: Every
thing whielt is outsidc this Trinity, hath been created, but
whatsoever is contained tlterein hath been from everlasting.
And it [wer?] ts ado nable; nothing etc. Hier ift falfch
interpungirt: alles in der Trinität ift Gottheit und ift
anzubeten. Auf der nächften Seite: a person who Aas
come to an end, mufs heifsen: weil fte (die Trinität) vollkommen
ift. Ebenda ift der Satz XCVII 2. 3 falfch
conftruirt: ,Gott' ift wie ,Menfch' Prädicat, der Betonung
wegen vorangeftellt. Ganz falfch ift Z. 16 ff. als
Frage aufgefafst: For do not exalted tltings bclong to the
exalted? and lowly things to the humblef and divine qua-
lities to God? and human attributes to man? ftatt: nicht
gehören die göttlichen Eigenfchaften [blofs] der göttlichen
Seite an, die menfehlichen der menfehlichen.
S. XXXVI wird nach Budge dem Concil von Chalcedon