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Ausgabe:

1895 Nr. 18

Spalte:

468-469

Autor/Hrsg.:

Kolde, Th.

Titel/Untertitel:

Die kirchlichen Bruderschaften und das religiöse Leben im modernen Katholizismus. Eine zeitgeschichtliche Studie 1895

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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467 Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 18. 468

des gedruckten Textes begnügen. Man follte denken, i redet? Zu den fpäteren Schickfalen von Simon Stumpf
die neue Biographie Zwingli's würde die Begeifterung j vgl. Blätter für württembergifche Kirchengefchichte 1891,
für den Theologen und Politiker, der mit Bibel und 1 S. 48. Die Lehre des Bremgartener Pfarrers Lindauer,
Schwert an der Wafferkirche in Zürich dargeftellt ifl, ', der in Baden predigte, dafs durch das Blut Chrifti nur
kräftig anfachen, fo dafs die leidige finanzielle Frage für i die Erbfünde getilgt werde, die nach der Taufe beeine
der Weimarer Lutherausgabe ebenbürtige Zwingli- I gangenen Sünden aber durch die Sacramente der Kirche
ausgäbe nicht in Betracht käme. Ift's doch urbi et orbi 1 gefühnt werden müffen, S. 358 fleht keineswegs verbekannt
, was fchweizerifcher Gemeinfinn für ideale Zwecke j einzelt da. Auch der Efslinger Pfarrer Sattler lehrte fo
zu opfern vermag. j (Förftemann, Neues Urkundenbuch, S. 192), ebenfo der

In einem Stück hätte Ref. wünfchen mögen, dafs j Franziskaner Mielich in Nürnberg (Roth, Die Einführung
Stähelin fich enger an das Vorbild von Köftlin ange- j der Ref. in N., S. 127) *), Sicher ifl; diefes Rettungsboot
fchloffen hätte. Des Letzteren grofse Lutherbiographie j für die römifche Gnadenlehre nicht von Lindauer oder
ift ein Nachfchlagewerk, wie man es fich nur wünfchen Sattler erfunden und eine Frucht der äufserflen Bekann
, und das ift es vorzugsweife durch feine reichen j drängnifs der Kirche, fondern weift auf älteren Urfprung,
Anmerkungen. Nicht nur giebt Köftlin Seite für Seite 1 wohl in Anlehnung an Auguftin, zurück. S. 467 Anm

die genaueften Quellennachweife, fondern auch im engften
Rahmen das reichfte Detail, fo dafs man, zumal in der
zweiten und dritten Auflage, kaum je vergeblich Auf-
fchlufs über irgend eine Frage fucht. Stähelin giebt
literarifche Nachweife in fparfamen Fufsnoten, welche die
Lesbarkeit des Buches nicht ftören, aber z. B. in Betreff
der bibliographifchen Angaben verweift er auf eine be-
fondere künftige Bibliographie. Es wäre zu wünfchen,
dafs am Schlufs des vierten Halbbandes wenigftens ein
ähnliches kurzes Verzeichnifs von Zwingli's Schriften
gegeben würde, wie von Köftlin für Luther's Werke.
Auch die Sparfamkeit im Detail hat Manches für fich.
Die Darfteilung ift überfichtlicher und damit geniefsbarer.
Aber manchmal wird man doch genöthigt fein, zu
Mörikofer zu greifen. Z. B. um den Umfang der Pfarrei
Glarus kennen zu lernen (S. 44), mufs man bei Mörikofer
1, 12 Auskunft fuchen, ebenfo über die zehn Unterzeichner
der Bittfchrift an den Bifchof S. 218, vgl.

ift Ref. als Verfaffer einer Studie in den mennonitifchen
Blättern ,Zur Würdigung Conrad Grebel's' genannt. Diefe
Arbeit flammt nach gütiger Mittheilung L. Keller's von
dem niederländ. Reichsgerichtsrath Hingft, dagegen mufs
Ref. die S. 468 Anm. 1 citirte Biographie Reiblin's oder,
wie die Schweizer fchreiben, Röubli's als feine Arbeit in
Anfpruch nehmen. Für den Zufammenhang der Dinge
wäre beachtenswerth gewefen, dafs die Zufammenkunft
Thomas Münzer's mit den Zürcher Wiedertäufern in
Griefsen ftattfand, wo Reiblin früher Pfarrer war, und wo
Pfarrer Rebmann als Aufrührer nach dem Bauernkrieg
geblendet wurde.

Sehr dankenswerth ift der Nachweis S. 263, dafs Erh.
Hegenwald Schulmeifter in Zürich war. Eine weitere
Mittheilung über feinen Lebensgang wäre den Literaturfreunden
willkommen.

Mit den erften beiden Halbbänden hat Stähelin die
Hauptfchwierigkeiten der Biographie Zwingli's über-

Mörikofer 1, 109, den Pfarrer von Lande S. 267, vgl. wunden. Hier macht fich das Dunkel, das noch vielfach
Mörikofer 1, 153, über den Verfaffer des ,Gyrenrupfen' über Zwingli's Leben und Entwicklungsgang liegt, am
S. 273, vgl. Mörikofer I, 161, den Pfarrer von Ufenau j fchmerzlichften fühlbar. Wie lichtvoll fleht daneben
S. 315, vgl. Mörikofer 1, 185. Den intereffanten Brief des [ Luther's Leben auf der Univerfität, im Klofter und in
Züricher Chorherrn vom 28. Juni 1523 S. 303 giebt feiner erften Wirkfamkeit trotz aller Lücken! Aber
Mörikofer in einem willkommenen Auszug. Dies nur ! andererfeits wächft mit den beiden folgenden Halbeinige
Beifpiele. Oefters ift die Kürze der Deutlichkeit ; bänden die Aufgabe des Biographen, da Zwingli jetzt
hinderlich geworden. So ift S. 273 nicht recht verftänd- j aus dem engen Kreis von Zürich heraustritt, als Theolich
, wiefern der Titel ,Gyrenrupfen' eine Anfpielung löge den Kampf um das Abendmahl mit der deutfchen
auf Faber's Familiennamen Heigerlin fein foll. S. 269 Theologie unternimmt und als Politiker den kühnen,
ift der Name des ftadtbekannten Spafsmachers nicht weit ausfehenden Plan einer erweiterten Eidgenoffenfchaft

genannt. Wie verhält fich feine Aeufserung zu der von
Mörikofer berichteten des Abtes Joner (Mörik. 1, 153)?

verfolgt. Möge es Stähelin gelingen, das Werk in der-
felben Unbefangenheit, Klarheit und Vornehmheit der

Dem Ref. als Schwaben und anderen feiner Landsleute Darftellung zu Ende zu führen,

wäre eine Auskunft über den Schwaben Fabula, der fich 1 Nabern. G. Boffert.

mit Zwingli um die Leutpriefterftelle in Zürich bewarb j
S. 109 dankenswerth gewefen. Hiefs der Mann Mährlen?

Wo ftand derfelbe im Amt? S. 147 wäre der Name des Kol de, Prof. D. Th., Die kirchlichen Bruderschaften und das

Mönches der einige Predigten gegen Zwingli drucken religiöse Leben im modernen Katholizismus. Eine zeit-

laffen wollte, wünfchenswerth. Ueber Zwinghs Bezüge r , . .... , c. ,. „ , T T(. „ ,Q c Q.

von Seiten des Papftes dürften die päpftlichen Kammer- gefchichthche Studie. Erlangen, Junge, 1895. (48 S. 8.)

rechnungen, welche jetzt zugänglich find, Genaueres , ™. —• 60
geben. Zur Charakteriftik von Hugo von Landenberg Ueber das in diefer Schrift behandelte Thema hat
S. 126 dient befonders auch die Anekdote Luther's aus der Verfaffer im Februar in Frankfurt a. M. einen Vorfeiner
Studentenzeit in den Tifchreden (Braunfchweiger trag gehalten. Die ihm dafelbft von Neuem entgegen-
Lutherausgabe 8, 285). E. ift dort ficher Erfurt, wo getretene Thatfache, fagt er im Vorwort, wie unbekannt
Hugo ftudirt hatte. Der Konftanzer Weihbifchof heifst gewiffe, das heutige religiöfe Leben im Katholicismus
nicht Wattli S. 206, fondern Fattlin, vgl. Württb. Viertel- beftimmende und feine politifche Macht erklärende Be-
jahrshefte für Landesgefchichte 3,185, Nr. 893 und S. 187, j wegungen und Einrichtungen geblieben feien, habe ihn
Nr. 1118. S. 239 ift Hummelberg irrig als Pfarrer in I veranlafst, das dort Vorgetragene zu erweitern und es
Ravensburg bezeichnet. Er befafs nur eine Altarpfründe, j dem gröfseren Publicum zugänglich zu machen. ,Von
Die grofse, umfangreiche Pfarrei wäre dem mufsebedürf- ! directer Polemik, fügt er bei, ja fogar von der Beur-
tjgen Humaniften für feine Studien hinderlich gewefen. ! theilung der gefchilderten Thatfachen habe ich nach
S. 253 heifst wohl in Erinnerung an Andreas Bodenftein ! Möglichkeit abgefehen; ich wollte lediglich auf Grund
auch Böfchenftein Andreas, während S. 150 der richtige : der einfchlägigen katholifchen Literatur referiren'. Diefes
Vorname Johann angegeben ift. S. 264 1. ftatt Blanfch Referat ift fo quellenmäfsig, fo umfaffend und dabei fo
Plantfch; S. 314 ftatt Blaurer, welche Namensform aller- gut geordnet und fo anfchaulich, dafs die Schrift als
dings Preffel beibehalten hat, 1. mit Keim Blarer. Warum ein fehr dankenswerther Beitrag zur Charakteriftik des
follen wir hier die provinziellen Formen beibehalten,
während kein Menfch mehr von Saum oder Aulber

1) Vgl. dagegen Nie. Paulus, Barth. Arnoldi von Ufingen, S. 53.