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Ausgabe:

1895 Nr. 18

Spalte:

464-465

Autor/Hrsg.:

Maltzew, Alexios

Titel/Untertitel:

Andachtsbuch der orthox-kat´holischen Kirche des Morgenlandes. Deutsch und slawisch unter Berücksichtigung des griechischen Urtextes 1895

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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463 Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 18. 464

Freilich flehen dem Verfaffer, der jetzt, wenn ich nicht
irre, Profeffor der Byzantiniftik in Petersburg ift, auch die
bellen literarifchen Hülfsmittel zur Verfügung. Aber bei
alledem mufs man dem ftaunenswerthen Fleifs feine
Bewunderung zollen.

Von den katalogifirten Handfchriften oder ihren
Theilen fallen der Zeit nach auf das 8. Jahrhundert eine.
Es find 3 Blätter mit Bruchffücken aus Chryfoftomos.
Auf das 9. Jahrh. werden gerechnet IO undatirte und eine
datirte, auf das 9.—10. Jahrh. 4, auf das 10. Jahrh. 27
undatirte und 2 datirte, auf das 10.— II. Jahrh. 10, auf
das 11. Jahrh. 70 undatirte und 3 datirte, auf das II.—12.
Jahrh. 10, auf das 12. Jahrh. 34 undatirte und eine datirte,
auf das 12.—13. Jahrh. 3, auf das 13. Jahrh. 45 undatirte
und 4 datirte, auf das 13.—14. Jahrh. 8, auf das 14. Jahrh.
80 undatirte und 12 datirte, auf das 15. Jahrh. 48 undatirte
und 18 datirte, auf das 16. Jahrh. 90 undatirte
und 45 datirte, auf das 17. und 18. Jahrh. 162 undatirte
und 133 datirte, auf das 19. Jahrh. 6 undatirte und 20
datirte. Handfchriften mit Miniaturen aller Art find 115
Stück angegeben. Die Bibliothek enthält demnach, verglichen
mit anderen lebenden orientalifchen Sammlungen,
eine verhältnifsmäfsig grofse Anzahl älterer Codices.
Intereffant ift es auch, was man fonft auch beobachtet,
wie die Zahl der datirten Handfchriften in den einzelnen
Jahrhunderten allmählich zunimmt. In alter Zeit ift die
Bibliothek natürlich verhältnifsmäfsig reicher und koft-
barer gewefen. Um nur einiges anzuführen, fo flammt
ja die ältefte bekannte neuteftamentliche Minuskel, der
Codex des Porphyrios Uspenskij von 835 aus dem Sabas-
klofter. Auch ein Pfalter von 861—862 ift wie vieles
andere nach Petersburg gewandert.

Dem Inhalte nach gehören die meinen Handfchriften
zu den kirchlich-liturgifchen. Es find aufser den mannigfaltigen
Lectionarien die Liturgien, Euchologien, Minäen,
Anthologien, Triodien, Pentekoftarien, Horologien, Ako-
luthien, Typiken, Hagiasmatarien, Synaxarien, Heirmolo-
gien, Theotokarien und dgl., zufammen 330 Stück. Vom
A.T. ift namentlich der Pfalter vertreten, nämlich 32 mal,
meift auch liturgifch bearbeitet. Auch neuere Bearbeitungen
desfelben, fei es durch Auswahl, fei es durch
vulgärgriechifche Ueberfetzung, trifft man an. Man fieht,
wie das Buch in der griechifchen Kirche namentlich
gefchätzt ift. Leider fcheint unter den Pfalterien keines
zu fein, das die Pfalmen Salomoffs enthält. Vom N.T.
find die Tetraevangelien ipfach, die Acta mit den Briefen
Iimal vertreten. Die griechifchen Väter find natürlich
auch zahlreich vorhanden, namentlich wieder Chryfofto

der Grieche Antonios 1867. Befchreibungen der Bibliothek
gaben z. B. Lufignan 1753—54, Carlyle 1800, Scholz,
Curzon 1834. Wir erhalten im Anfchlufs daran auch
Tabellen zum Vergleich der verfchiedenen Kataloge,
fowie der abhanden gekommenen Handfchriften, foweit
das nachzuweifen.

Die Indices am Ende des Werkes find fehr reichhaltig
. Ich erwähne das der Schreiber, auch das der
Buchbinder. Der ältefte der letzteren heifst Simon und
hat im Jahre 1402 die Handfchrift Nr. 228 gebunden.

Sind auch manche Druckfehler in dem Werke flehen
geblieben, befonders auch in den deutfchen Texten, fo
mufs man doch dem Herrn Verfaffer im höchften Grade
dankbar fein, dafs er unermüdlich und mit eiferner
Energie feine Arbeit fortführt. Man kann nur immer
wieder wünfchen, dafs noch mehr folche Männer im
Orient erftänden, die die ungeheueren Mengen von Handfchriften
, die dort noch verborgen liegen, an's Licht zögen.

Erichsburg. Ph. Meyer.

Maltzew, Propft Alexios, Andachtsbuch der orthodox-katholischen
Kirche des Morgenlandes. Deutfch und flawifch
unter Berückfichtigung des griechifchen Urtextes.
Berlin, Siegismund, 1895. (CXII, 880 S. 8.) M. 12. —

Herr A. Maltzew hat es unternommen, den Gottes-
dienft der orthodoxen orientalifchen Kirche dadurch in
Deutfchland bekannt zu machen, dafs er die Gebete,
Lefungen, Gefänge etc., die zu den hauptfächlichften
Feiern gehören, in deutfcher Ueberfetzung (mit neben-
anftehendem flawifchem Text) mittheilt, durch Einleitungen
über die Zeit, den Sinn etc. der betreffenden
Feiern orientirt, auch durch mancherlei Anmerkungen
an gegebenem Orte dem Verftändnifs nachhilft (auch
dies alles doppelfprachig). Er ift des Deutfchen fo vollkommen
mächtig, dafs er ftiliftifch tadelfreie Ueber-
fetzungen liefert. Im Jahre 1890 erfchien als erfter Band
die Ueberfetzung der Liturgien, d. h. der dreierlei Formen
des (täglichen) euchariftifchen Gottesdienftes; 1892
folgte /Die Nachtwache', enthaltend den Abendgottes-
dienft [eansqivnv, Vesper, 6 Uhr Abends), den Morgen-
gottesdienft (opffrmc, 3 Uhr früh) und die erfte Höre
(6 Uhr früh). Vgl. über diefe beiden Bände den kurzen
Bericht in Theol. Lit.-Ztg. 1892, Col. 408—409. Von dem
erften Bande ift feither (1894) eine neue Auflage erfchienen,
die mancherlei willkommene Zufätze enthält (befonders
das bifchöfliche Ritual). Der foeben veröffentlichte dritte
mos, aber auch Gregor von Nazianz, Bafilios der Grofse, i Band behandelt den Mitternachts- und Abend-

Markos der Eremit, Ephraim der Syrer, Johannes Kli- | fchlufsgottesdienft, das Mefonyktikon und das Apo-
makos, Johannes von Damaskos, befonders auch Theo- ' dipnon (9 Uhr Abends). In meiner Darftellung der ortho-
doros von Studion in guten Handfchriften. Neutefta- ! doxen anatolifchen Kirche (Confeflionskunde I, S. 482 ff.)

mentliche Apokryphen find weniger vorhanden, als man
erwartet. Von neueren Griechen find Kyrillos Lukaris
gut vertreten, Agapios Landos durch ein Autograph und
der Thefauros des Studiten Damaskinos in türkifcher
Ueberfetzung, wieder ein Beweis, welche Bedeutung dies
Buch gehabt hat. Auch findet man einige Claffiker und
alte Philofophen, doch viel in der Bearbeitung durch
Korydalleus. Auffallend ift, dafs die byzantinifchen
Gefchichtsfchreiber, die Gefchichten und Typiken der
Klöfter, auch des Sabasklofters, fchlecht vertreten find.
Es wäre dem Herrn Verfaffer gewifs nicht fchwer, das
politifche Typikon des.Sabasklofters, das bis jetzt nur
bruchftückweife bekannt ift und wahrfcheinlich die Grundlage
aller fpäteren, auch des der Studiten, bildet, der
Welt zugänglich zu machen. Auch Urkunden von Patriarchen
, Synodalacten find höchft fpärlich vertreten.

Die zahlreichen Anhänge des Werkes enthalten
namentlich Abdrücke oder Auszüge aus früheren Katalogen
oder Befchreibungen der Sabasbibliothek. Der
ältefte Katalog flammt aus dem 16. Jahrhundert. Einen

habe ich in der Kürze vermerkt, wie es fich in der
Praxis mit den vielen Gottesdienften verhält. Sie werden
regelmäfsig (und doch auch da mit Unterfchieden) nur
in den Klöftern, nicht in den Pfarrkirchen, gehalten: für
die letzteren handelt es fich (abgefehen von der Liturgie)
nur um die Sonntage und Feile, auch da unter Ab-
ftufungen. In der orientalifchen Kirche beginnt der Tag
Abends um 6 Uhr (nach biblifcher Anfchauung). So ift
alfo die Vesper die erfte Feier. Auskunft über die that-
fächlichen Verhältnifse, die mancherlei Combinationen
der verfchiedenen Feiern geftatten, giebt M. nicht ganz
in der Vollftändigkeit oder Deutlichkeit, die für einen
Unkundigen erwünfcht wäre. Vielleicht bietet er uns
einmal an einem anderen Orte eine zufammenhän-
gende, überfichtliche Schilderung nicht blofs des
officiellen, fondern des thatfächlichen Cyklus der
Gottesdienfte, die das Kirchenjahr füllen, alfo eine
Ueberficht über die Feiern, die täglich gehalten werden,
die den Sonntag füllen, die an den Hauptfeften üblich
find, derjenigen in den gewöhnlichen und in den Faften-

andern lieferte der Engländer Coxe 1857, einen dritten ! Zeiten, derjenigen, die nur in den grofsen Kirchen ge-